Haltung statt Journalismus – mit Marcus B. Klöckner

15. Apr 20221 Kommentar

Wer sich auf allen Seiten informiert, merkt schnell: die Alt-Medien und die Öffentlich-Rechtlichen machen ihre Arbeit nicht. Sie bilden das gesellschaftliche Spektrum nicht ab, und halten viele Fakten zurück, die dem Narrativ der Regierung widersprechen. Journalisten der sogenannten Leitmedien beteiligen sich außerdem rege an der Diffamierung von Andersdenkenden und Minderheiten wie den Ungeimpften. Was läuft falsch in deutschen Redaktionsstuben? Der Medienkritiker Marcus Klöckner sieht die Probleme in einem Haltungs-Journalismus, dessen Aufgabe es ist, das eigene Weltbild zu verteidigen.

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Ich würde mich freuen, wenn ihr meine unabhängige journalistische Arbeit unterstützen würdet, damit ich auch in Zukunft weitermachen kann. Vielen Dank!

Ich möchte mich auch ganz herzlich bei allen bedanken, die mich bereits unterstützen.

Milena Preradovic

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Interview mit Marcus B. Klöckner (deutsch)

Milena Preradovic: Heute geht es um Zombie-Journalismus. Wer sich nur bei den Alt-Medien informiert, der ist nicht mehr gut informiert. Alternative Kanäle wie dieser hier liefern die fehlenden Informationen, die man braucht, um sich eine fundierte Meinung bilden zu können. Punkt Preradovic bekommt natürlich kein Geld vom Staat oder von Google, oder von Gates oder von irgendjemanden sonst. Nur ihr unterstützt mich und ich möchte mich ganz herzlich bedanken, dass ich diese Arbeit hier machen kann. Ist übrigens die ehrlichste Entlohnung. Jeder kann, keiner muss. Vielen Dank. Und jetzt geht’s los. Das Meinungsspektrum in Deutschlands Medien und da meine ich die Alt-Medien ist inzwischen so breit wie ein Faden. Gut zu beobachten bei meinen eigenen Gästen. Viele von ihnen saßen früher in den Talkshows der Öffentlich-Rechtlichen oder wurden auch gerne in den Leitmedien zitiert, zu einer Zeit, als andere Meinungen und Fakten noch gefragt waren. Heute werden sie nicht mehr gehört und oft genug sogar für ihre Aussagen diffamiert. Es gilt die geltende Wahrheit. Wer nicht mitmacht, ist raus und im Zweifel sogar rechts. Eine sehr beunruhigende, sehr undemokratische Entwicklung vor unser aller Augen. Zombie-Journalismus. Darüber sprechen wir jetzt in Punkt Preradovic. Hallo Marcus Klöckner.

Marcus B. Klöckner: Hallo. Ich grüße Sie.

Milena Preradovic: Ich stelle Sie kurz vor. Sie haben Soziologie, Medienwissenschaften und Amerikanistik in Marburg studiert. Ihre Arbeitsschwerpunkte als Journalist sind Herrschafts- und Medienkritik. Sie sind erfolgreicher Autor von Büchern wie Medienkritik zu den Verwerfungen im journalistischen Feld, wie Eliten Macht organisieren und sabotierte Wirklichkeit, oder wenn Journalismus zur Glaubenslehre wird. Zuletzt haben Sie „Zombie-Journalismus. Was kommt nach dem Tod der Meinungsfreiheit geschrieben“, eine leidenschaftliche Abrechnung mit dem real existierenden Journalismus, vor allem der letzten zwei Corona-Jahre. Und dazu gleich mal die Frage: Was waren in den letzten zwei Jahren die größten Sünden der Alt-Medien, wie ich sie gerne nenne?

Marcus B. Klöckner: Wow, das ist eine sehr gute Frage und ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, wo ich anfangen soll. Also wenn man sich den Journalismus anschaut in den vergangenen Jahren, da sind die Verwerfungen einfach so groß, so gigantisch, dass man sagen muss, da ist so ziemlich alles schief gelaufen. Und das ist natürlich eine harte Kritik und man darf auch einwenden, dass es sicherlich hier und da ein Journalismus gibt, der den Namen verdient. Es gibt immer wieder gute Beispiele.

Milena Preradovic: Von denen reden wir ja nicht. Was waren die größten Sünden?

Marcus B. Klöckner: Na ja, denken Sie an Corona. Denken Sie an Corona. Allein das, was wir in Corona in der Corona-Zeit gesehen haben, in der Pandemie-Zeit. Das war ein Journalismus, der entkoppelt war von der Realität. Im Großen und Ganzen war das einfach ein Journalismus, der den Namen nicht mehr verdient. Und von daher fällt es mir schwer, die Frage zu beantworten, was waren die größten Sünden. Der Journalismus, den wir sehen, ist eine einzige große Sünde in Hinblick auf das, was Journalismus eigentlich leisten sollte.

Milena Preradovic: Wir können ja, wir können ja mal an Beispiele gehen, zum Beispiel die Corona-Demos. Da wandern ganz normale Menschen über die Straßen und sahen sich dann abends in der Tagesschau als Nazis, Reichsbürger oder im Zweifel, das Beste war noch blöd. Auch da hatten Sie den Eindruck, dass das wissentlich geschehen ist, dass man diese Demonstrationen wissentlich diffamieren wollte? Oder glauben diese Journalisten das, was sie da gedreht haben und gesendet?

Marcus B. Klöckner: Ja, das ist wahrscheinlich eine Mischung aus beidem. Einerseits glaube ich, dass viele Journalisten wahnsinnig ideologisch verblendet sind. Sie schauen auf die Ereignisse, über die sie berichten sollen, mit ihrer ideologischen Brille. Und dadurch entsteht eine enorme Verzerrung. Gleichzeitig glaube ich aber auch, dass zumindest bei einigen Journalisten es so ist, dass sie sehr genau wissen, was sie tun. Sie wissen, dass sie die Realität verbiegen. Sie wissen, dass sie nicht objektiv berichten. Und sie wissen, dass sie hier und da sozusagen frisieren und die Berichte so anpassen, dass es ihrer Weltanschauung entspricht. Und von daher würde ich sagen, dass es auf jeden Fall eine Mischung aus beidem.

Milena Preradovic: Sie haben Ideologie angesprochen, das gab es natürlich früher ja auch. Also es gab da die Linkeren und da gab es die rechteren Journalisten. Man hatte ein relativ breites Meinungsspektrum vom Spiegel über die FAZ, die eher konservativ war. Und jetzt sind sie alle so homogen, sie machen alle das Gleiche. Wie konnte es dazu kommen, frage ich mich oft?

Marcus B. Klöckner: Genau. Ja. Was wir erleben, ist eine soziale Schließung des journalistischen Feldes. Das klingt jetzt erst mal sehr soziologisch, aber der Sachverhalt, der dahinter steht, ist noch nicht mal so schwer zu erfassen oder zu erklären. Wir wissen aus der großen Journalisten-Studie aus dem Jahr 2005. Beziehungsweise sie wurde 2006 dann veröffentlicht von Siegfried Weischenberg, ein Kommunikationswissenschaftler. Aus welchen Milieus Journalisten kommen? Ja, wir haben es mit Journalisten zu tun, die zu 68, 69, 70 %, das war damals aus der veritablen Mittelschicht kommen. Und ich gehe davon aus, dass es heute noch das Ergebnis, wenn man eine ähnliche Studie durchführen würde, würde wahrscheinlich noch deutlicher ausfallen. Das heißt, wir haben es mit Journalisten zu tun, die alle über relativ ähnliche Wahrnehmungs- und Denkschemata verfügen, aufgrund ihrer Sozialisation, ihres Elternhauses, natürlich auch ihrer schulischen beruflichen Sozialisation weiter. Das heißt, diejenigen, die eigentlich objektiv und sachlich und unabhängig auf die soziale Wirklichkeit schauen sollten, schauen zum großen Teil durch die Brille ihrer Sozialisation auf diese Wirklichkeit. Das tun wir natürlich alle. Wir alle sind vorgeprägte Individuen und Wesen. Wir alle haben eine gewisse Brille auf, durch die wir die Realität betrachten. Das Problem ist aber wenn nur noch, wenn es sozusagen ganz viele Journalisten mit derselben Brille auf ein und denselben Sachverhalt schauen. Und dann wird die Berichterstattung immer ähnlicher. Und früher war es noch so, dass man durchaus breitere soziale Hintergründe hatte und von daher gab es auch noch mehr oder größere Unterschiede in der Berichterstattung, in der Wahrnehmung der Realität. Aber durch diese soziale Schließung des journalistischen Feldes sehen wir das einfach nicht mehr. Und das ist ein ganz großes Problem.

Milena Preradovic: Warum ist die geschlossen? Es ist dieses Feld geschlossen. Oder kann man sagen Wer hat’s geschlossen? Wieso gibt es keine Journalisten aus anderen sozialen Schichten?

Marcus B. Klöckner: Das ist aus soziologischer Sicht natürlich sehr interessant, wie so eine soziale Schließung oder eine Schließung eines Feldes abläuft. Es ist ganz einfach so, dass diejenigen, die irgendwann in der Mehrzahl sind, das Feld sozusagen bewachen. Sie sie wachen darüber, wer Eintritt in dieses Feld bekommt und wer nicht. Und es findet dann sozusagen eine Art, na ich setze das mal in Anführungszeichen, aber das ist im Grunde genommen durchaus treffend, so eine Art „Gesinnungsprüfung“ statt. Man schaut, wer hat die richtige Gesinnung, wer passt zu uns? Und da spielt eben dann die Frage eine Rolle: Wer hat den richtigen Habitus, wer hat die „richtige“ Anführungszeichen, „Sozialisation“ durchlaufen, wer verfügt über dieselben Wahrnehmungs- und Denkschemata? Ja, das ist jetzt erst mal noch sehr abstrakt, aber ich kann das gerne mal konkret machen. Nehmen wir doch jetzt mal den Konflikt mit Russland. Wir sehen in den Medien eine Berichterstattung, die sehr eintönig ist, sehr einseitig in eine Richtung gehen. Das hatten wir schon bei Corona, das haben wir bei vielen anderen Themen auch. Und hier erkennt man, was diese soziale Schließung des journalistischen Feldes auch anrichtet. Wir haben es mit Medien, mit Journalisten zu tun, die eben alle einheitlich, wie schon gesagt, auf diese Sachverhalte blicken, zum Beispiel auf den Konflikt jetzt mit Russland. Und ja, würde es jemanden geben, der Eintritt in das journalistische Feld haben möchte, würde man ihn daran hindern, weil er einfach eine falsche Einstellung, ja eine falsche Sicht der Wirklichkeit hat. Also wenn das jetzt jemand wäre, der den Konflikt anders bewerten würde, als es in der Mehrheit, in der Mehrzahl der Medien eben der Fall ist. Und an diesem Beispiel kann man, glaube ich, sehr gut erkennen, was es bedeutet, wenn ein Feld, wenn das journalistische Feld geschlossen ist, es kommen einfach keine Akteure mehr hinein mit anderen Meinungen. Es gibt diese Ausnahmen sicherlich auch noch. Ja, aber im Großen und Ganzen eben.

Milena Preradovic: Hat das vielleicht auch finanzielle Gründe, dass Leute aus sozial schwächeren Schichten nicht mehr in den Journalismus kommen? Es gibt ja welche die Praktika machen,usw., die werden manchmal gar nicht bezahlt oder schlecht.

Marcus B. Klöckner: Genau. Also das ist natürlich spielt natürlich auch eine große Rolle, dass der Journalisten-Beruf im Grunde genommen so aufgestellt ist, dass ihn ja in der Regel auch nur junge Menschen ergreifen können, die über gewisse finanzielle Mittel verfügen bzw deren Elternhaus über diese Mittel verfügt. Und das spielt natürlich auch eine Rolle dahingehend, dass viele, die vielleicht eine andere Ansicht haben und gerne Journalist in den Journalismus gehen würden, einfach diesen Berufswunsch schon von vornherein verwerfen, weil sie wissen, dass die Bedingungen so aufgestellt sind, dass sie mit wenig Geld einfach große Probleme haben werden, in diesem Beruf zu ergreifen. Wie soll eine was weiß ich alleinerziehende Mutter, die Hartz vier bekommt, ihrem Sohn oder ihrer Tochter einen Praktikumsplatz in Hamburg, in München und in Frankfurt finanzieren? Das ist einfach unmöglich.

Milena Preradovic: Okay, das ist auch schon ein großes Ungleichgewicht. Aber Sie haben natürlich vorhin gesagt, das richtige Weltbild ist ganz wichtig. Also die Haltung, da frag ich mich, ist Journalismus umdefiniert worden? Weil Journalismus ist ja eigentlich was anderes als ich habe eine Haltung und dräng die euch auf.

Marcus B. Klöckner: Absolut. Ja, natürlich. Ja. Also das kann man durchaus so sagen. Diese Umdefinition hat stattgefunden nur in einem komplexen Prozess. Natürlich nicht so einfach, dass die führenden Chefredakteure oder Verleger sich zusammengesetzt haben und sagen: „Wir definieren jetzt mal den Journalismus um“. Sondern diese Umdefinition, wenn man es so nennen will, hat über viele Jahre und Jahrzehnte stattgefunden. Die hat sich ganz allmählich in Journalismus eingeschliffen. Wir können das erfassen in dem Begriff Haltungs-Journalismus.

Milena Preradovic: Den Eindruck habe ich auch. Und ich habe auch den Eindruck, dass sich diese zwei Corona-Jahre oder der Journalismus der Coronajahre jetzt in diesen Russland-Ukraine- Krieg einfach fortsetzt. Sie haben ja einen Artikel geschrieben über den Auftritt einer Politikwissenschaftlerin bei Lanz. Erzählen Sie doch mal, ganz interessanter Fall.

Marcus B. Klöckner: Im Grunde genommen unfassbar. Ungeheuerlich. Es war am Dienstagabend Markus Lanz. Ja, wir kennen alle die Sendung. Verschiedene Gäste sitzen dort, reden über dies und jenes. Und da war eben auch Florence Gaub, eine Politikwissenschaftlerin, zu Gast, die sich dann über Russland oder zu Russland geäußert hat, zu dem Krieg und gesagt hat: „Ja, die Russen sehen zwar so aus wie wir Europäer, aber es sind gar keine Europäer. Und außerdem haben die Russen ja auch ein ganz anderes Verhältnis zur Gewalt und zum Tod“. Und ich musste zweimal mir das anhören, um zu realisieren, dass die Dame gesagt hat, was sie gesagt hat. So eine Aussage ist meines Erachtens geladen von rassistischen Ressentiments oder sie ebnet zumindest auch den Weg dorthin. Also in dieser eh schon wirklich aufgeladenen konfliktträchtigen Situation auf das Aussehen von von Menschen zu sprechen zu kommen und dann irgendwie einen künstlichen Unterschied herbeireden zu wollen. In mir hat das ganz viele Assoziationen geweckt. Ja, also quasi dieser russische Anführungszeichen „Untermensch“. Man weiß ja ja, wie die Russen so sind, die haben ein anderes Verhältnis zum Tod, wenn man da die Soldaten als Kanonenfutter verwendet werden. Ach Gott, die russischen Mütter und Väter, die weinen doch nicht über ihre Söhne und es sind doch alles Barbaren. Ja, also das war im Grunde genommen das, was unausgesprochen im Raum gestanden hat. So kann man das interpretieren. Das halte ich auch für sehr richtig, diese Interpretation. Und das war eine schlimme Entgleisung in der Sendung Markus Lanz.

Milena Preradovic: Wer hat da eingegriffen dagegen?

Marcus B. Klöckner: Niemand. Ich habe jetzt im Nachgang gehört, die eine SPD Politikerin, die zu Gast war, hätte irgendwann noch etwas gesagt. Nur das kam dann ziemlich spät. Also ich kann nur sagen, hier hätte man sofort intervenieren müssen, auch von Seiten des Moderators.

Milena Preradovic: Aber ich habe auch den den Eindruck, die Russen sind die neuen Ungeimpften. Man darf alles über sie sagen, man darf sie diffamieren, man darf sie entmenschlichen. Das ist ja auch also, was wir ja gerade gehört haben, das ist eine Entmenschlichung. Da gibt es diese Schlagzeilen „Der irre Putin“ usw.. Ich habe immer den Eindruck, dass unser Journalismus zusammenfasst mit den vielen Politikern oder dass dieser Journalismus fast schon so eine Art Kriegshetze gerade betreibt.

Marcus B. Klöckner: Wir sehen Medien, die im Grunde genommen Kriegspartei sind. Ja, also vor kurzem hat ein General gesagt, wenn wir schwere Waffen an die Ukraine liefern, dann werden wir im Grunde genommen zur Kriegspartei. Und ich muss sagen, die Medien sind meines Erachtens bereits Kriegspartei. Also sie schüren ja wirklich ganz starke Emotionen gegen Russland und sie wollen auch das, dass Deutschland Waffen liefert oder zumindest ein großer Teil. Ein beachtlicher Teil der Medien möchte das, dass Deutschland Waffen und schwere Waffen anscheinend liefert. Und das ist meines Erachtens absolut unverantwortlich. Das ist ein Wahnsinn. Also Waffen zu liefern in dieser Situation, in diesem Krieg, das ist so, als wollte man Feuer mit Benzin löschen. Also das ist unmöglich.

Milena Preradovic: Menschenleben werden dadurch mit Sicherheit nicht gerettet.

Marcus B. Klöckner: Ein Ding der Unmöglichkeit.

Milena Preradovic: Ja, und ich habe aber auch den Eindruck, es gibt ja dieses Gut-Böse-Prinzip, dieser Hyper-Moralismus. Also es wird entschieden, der ist gut, der ist böse und damit hat sich’s. Wer versucht zu differenzieren, ist gleich auf der bösen Seite. Seit wann haben wir das? Das gibt es ja auch in der Politik. Wir sehen ja diese Empörungswellen, die wir gerade haben. Also dieses komplette Gut-Böse-Schema, dieses Moralisieren. Seit wann gibt es das in der Politik und vor allem auch im Journalismus? Es war ja nicht immer so!

Marcus B. Klöckner: Ja, also schon lange. Also ich glaube wahrscheinlich schon 20 Jahre, wahrscheinlich sogar schon ein bisschen länger. Also es gab es früher mit Sicherheit auch, aber das hat zugenommen und wurde immer stärker und wurde immer stärker. Und mittlerweile ja, wird ja alles nur noch sozusagen nach moralischen Maßstäben…

Milena Preradovic: Aber wer hat es erfunden? Wo kommt es her?

Marcus B. Klöckner: Auch da kann man wieder sagen, das kommt einfach von Personen, von Akteuren, die ja bestimmte bestimmte Vorstellungen von Wirklichkeit haben und auch sehr schlau sind und sehr clever und wissen, wenn sie sozusagen vorgeben, im Sinne der Moral zu handeln, dass sie damit in der Öffentlichkeit punkten. Ja, also wir haben es ja hier mit Leuten zu tun, die sich immer als die oberste moralische Instanz inszenieren, ja, als als Person, die über jeden Zweifel erhaben sind, ja, die die wandelnde Moral sozusagen. Das sehen wir in den Talkshows. Und so weiter. Das hat natürlich nichts mit der Realität zu tun. Und von daher, also das ist also wir erleben einfach hier ein großes, wirklich ein großes Problem mit Medien, die, ja, ich sag das mal etwas salopp, im Grunde genommen freidrehen.

Milena Preradovic: Ja, aber ich denke sicher, das wird ja immer schlimmer. Also jetzt auch gerade in dieser Corona-Zeit. Ich zitiere nur einen Kollegen, den RTL Politikmann Nikolaus Blome, der ausdrücklich Nachteile für Ungeimpfte gefordert hat und dann noch sagt: „Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen“. Das sagt ein Journalist. Hätten wir das gesagt, auf der anderen Seite wäre es wahrscheinlich Volksverhetzung. Zu befürchten hat Herr Blome natürlich gar nichts. Und da frage ich mich natürlich: Es dreht sich ja immer weiter, kann sich das alles noch steigern?

Marcus B. Klöckner: Ja, also bereits zur Pandemie habe ich gedacht, dass man das noch weiter steigern kann, fällt mir schwer zu glauben oder anzunehmen. Aber wir sehen das ja jetzt im Krieg. Ich meine, es geht jetzt um ganz viel. Es geht jetzt wirklich um die große Frage des Friedens oder Krieg. Wir stehen, so würde ich das einschätzen, an der Schwelle zum Dritten Weltkrieg. Also hier fehlt nicht mehr so viel. Und in dieser Situation brauchen wir ganz dringend einen Journalismus, der genau hinguckt, der nicht Kriegstreiber ist, der unabhängig auch von seinen Aversionen gegen Putin und Russland in der Lage ist, objektiv die Verhältnisse zu erfassen. Und das kann er nicht und das will er auch nicht. Und von daher sage ich ja, also Medien sind meines Erachtens mit Kriegspartei, zumindest viele, wie ich das sehe. Und diese Medien, ja, die bringen uns Unglück, großes Unglück. Und letzten Endes es liegt an jedem Bürger, hier sehr wach zu sein, an die Medien heranzutreten, Emails zu schreiben, zu telefonieren, anzurufen, gegebenenfalls auch mal vielleicht anzuklopfen, Gespräch mit dem verantwortlichen Chefredakteur zu suchen, sich hinzusetzen und zu sagen: „Das und das ist mir aufgefallen in eurer Berichterstattung, das geht so nicht, das kann nicht sein, das darf nicht sein“. Und ich meine, das ist…

Milena Preradovic: Hat bisher allerdings noch keinen interessiert. Ich meine…

Marcus B. Klöckner: Es ist naiv gedacht von mir.

Milena Preradovic: Kann man von einer gewissen Arroganz gegenüber dem Zuschauer, dem Leser, dem Bürger, dem Konsumenten reden?

Marcus B. Klöckner: Ja, natürlich. Es gibt diese Abgehobenheit auf Seiten der Journalisten. Viele fühlen sich als etwas Besseres als über den anderen stehend. Ja, auch das hat natürlich nichts mit der Realität zu tun. Wir erinnern uns daran, wenn wir in die Leser-Foren schauen und dann lesen, was die Foristen, die Kommentatoren dort unter den Artikeln von Journalisten schreiben. Und da denke ich mir immer, meine Güte, die besseren Journalisten sitzen da unten im Forum. Ja, das sind Leser, mit welchen Hintergründen auch immer. Die zerlegen Artikel förmlich. Ja, und von daher denke ich mir immer, meine Güte, also so mancher Journalist sollte wirklich runterkommen von seinem hohen Ross und ein bisschen mehr Demut lernen.

Milena Preradovic: Aber was machen Sie stattdessen manchmal, sie schließen die Foren.

Marcus B. Klöckner: Genau. Das ist es genau. Da, da erkennt man das ja auch, diese Arroganz. Ja, da ist einfach kaum ein Durchdringen. Es gibt kaum eine Möglichkeit, nach den Prinzipien von Argument und Gegenargument miteinander zu reden. Ja, das findet nicht statt, sondern die Prämisse ist: „Wir haben recht. Wir haben die Weisheit und die Wahrheit gepachtet und alle anderen nicht“. Und das ist natürlich keine gute Ausgangsbasis für eine vernünftige Diskussion. Dann kann man es auch bleiben lassen.

Milena Preradovic: Ich möchte Sie nach einem Satz aus Ihrem Buch fragen. Da haben Sie geschrieben „Manche Journalisten wollen offensichtlich die Demokratie mit den Mitteln der Diktatur“. Was meinen Sie damit?

Marcus B. Klöckner: Ja, na ja, wenn man jetzt zurückdenkt an die Corona-Pandemie, wie Journalisten da agiert haben, wie sehr sie sich an das Autoritäre gehängt haben, wie sehr sie die Maßnahmen unterstützt haben. Also ich denke jetzt nur an das Beispiel Ausgangssperre. Und eine Ausgangssperre ist schon ziemlich heftig, würde ich sagen. Und wenn man ab neun oder 22:00 nicht mehr auf die Straße gehen darf, das hat schon so eine gewisse Qualität. Und ich kann das ja bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen, wenn es jetzt so wäre, dass diese Maßnahme dabei hilft, dass sich das Corona Virus sich nicht weiter verbreitet, dann würde ich ja sagen ja, okay, kann man akzeptieren. Nur wenn eine Regierung zu dieser Maßnahme greift, dann ist sie erst mal in der Beweispflicht. Sie muss erst mal zeigen, dass dem so ist. Und ich kann als Journalist da nicht einfach das Ganze akzeptieren und sagen Ja, das ist doch ok, gehe abends nicht raus, das akzeptiere ich und alle anderen sollen das auch akzeptieren. Und wenn sie das nicht machen, sind sie Feinde der Demokratie. Und da muss ich sagen: „Nein, ich glaube, es ist eher umgekehrt“. Ja, das sieht man dann sozusagen zugespitzter Form, was es heißt, wenn Journalisten von Demokratie sprechen, aber im Grunde genommen irgendwie Sympathien für diktatorische Tendenzen haben.

Milena Preradovic: Wir haben jetzt über Haltung-Journalismus, über Arroganz, über Angst gesprochen, aber wir müssen auch über Geld reden. Also wenn man sich das so anschaut, zum Beispiel haben die Medien durch Anzeigen des Gesundheitsministeriums in den letzten zwei Jahren mehr als 250 Millionen € bekommen. Das BMG will allerdings nicht sagen, an wen das Geld gegangen ist. Das finde ich eigentlich auch erstaunlich, dass man das so darf. Also einfach nichts sagen. Dann zahlen Google, Facebook, Gates, die zahlen Milliarden. Das sagen Sie ja selber weltweit für Journalismus. Am liebsten tun sie das an Leitmedien. Das liegt natürlich auch daran, dass die Medien nehmen das Geld gerne, weil natürlich die großen Werbemärkte, die noch in den 90er Jahren da waren, die sind natürlich durch das Internet weggebrochen. Das heißt, die meisten Zeitungen haben ein ganz großes Problem und haben auch noch keine Form gefunden, im Internet wirklich Geld zu verdienen. Das heißt, sie nehmen das Geld, woher es auch immer kommt sehr gerne. Aber kann man wirklich eine unvoreingenommene Berichterstattung machen, wenn man auf Kosten anderer lebt?

Marcus B. Klöckner: Ja, die Finanzierung, das ist ein Thema für sich und spielt auch eine große Rolle. Wobei ich mir denke, der Spiegel hatte natürlich auch wohl Einbußen, was Werbeeinnahmen und soweiter angeht. Aber ob so ein Haus, so ein Medium, das ja nicht schlecht ausgestattet ist, Geld von Bill Gates nehmen muss, weiß ich nicht. Aber wir sehen ja, dass viele Medien die Hand aufhalten und das Geld nehmen, das von unterschiedlicher Stelle eben kommt. Und ja, man kann durchaus sagen, dass diese Gelder nicht unbedingt direkt zu einem Einfluss führen müssen. Ja, der Journalismus kann in gewisser Weise immer noch eine gewisse Objektivität haben, aber trotzdem kann man das ja auch nicht…

Milena Preradovic: Aber jetzt schlägt der gesunde Menschenverstand den Soziologen oder Volksmund sagt Ja: „wes Brot ich ess, dess Lied ich sing“…Kommen wir mal zu einer möglichen Lösung. Ganz schwierig. Ich weiß nicht, wie man eine Lösung für dieses Journalismus-Problem finden will. Also freiwillig gehen die ja nicht weg. Warum sollten sie das tun? Sie werden von der Politik unterstützt. Sie haben nichts zu befürchten. Die alternativen Medien sind natürlich unterfinanziert, sind auf Spenden angewiesen. Nochmal Danke. Aber natürlich haben die eine ganz andere Macht als diese großen Etablierten. Also wie könnten wir das wieder ins Gleichgewicht bringen? Haben Sie da irgendeine Idee?

Marcus B. Klöckner: Das ist sehr schwierig. Sie haben jetzt gerade was sehr Gutes auch angesprochen im Grunde genommen. Also man darf die Medien, das journalistische Feld natürlich nicht isoliert betrachten. Das journalistische Feld, die Medien stehen in einem Austausch mit anderen Feldern, zum Beispiel dem politischen Feld, dem kulturellen Feld. Und so weiter und so fort. Also das heißt, wir sehen, dass die Art und Weise, wie Medien berichten, die anderen Felder sozusagen auch stützen. Ja, Medien stützen die Politik. Und der Politik kommt diese Berichterstattung ja auch, wenn es hier und da natürlich Kritik gibt und Ärger usw. aber im Grunde genommen doch gelegen, denn wir haben eine Herrschaft stabilisierende Berichterstattung, und das ist in diesen Zeiten und unter diesen Verhältnissen ein großes Problem. Von daher wird es erst mal sehr schwer, diese Verhältnisse innerhalb der Medien aufzubrechen, weil viele andere Eliten, andere gesellschaftliche Akteure ein Interesse daran haben, dass die Medien so funktionieren und agieren, wie sie das gerade oder seit Jahrzehnten jetzt tun. Also ich sehe keine Möglichkeit ehrlich gesagt, dieses journalistische Feld noch aufzubrechen.

Milena Preradovic: Ja Mensch, also richtig gelöst haben wir es natürlich nicht, aber wir haben es ein bisschen aufgearbeitet. Vielen Dank, Marcus Klöckner für diese Einordnung des real existierenden Journalismus. Und tja, Leute, die einzige Chance, gut informiert zu sein, ist, sich alle Seiten anzuschauen und sich dann eine Meinung zu bilden. Die muss man allerdings dann immer wieder überprüfen. Es ist wirklich anstrengend geworden, ein mündiger Bürger zu sein, aber es hilft nichts. Nur Auszeiten sind auch wichtig. Ich wünsche euch frohe Ostern. Bis bald. Tschüss.

Interview with Marcus B. Klöckner (english)

Milena Preradovic: Today we are talking about zombie journalism. People who only get their information from the legacy media are no longer well informed. Alternative channels like this one provide the missing information needed to form an informed opinion. Point Preradovic gets of course no money from the state or from Google, or from Gates or from anyone else. Only you support me and I want to thank you very much that I can do this work here. By the way, this is the most honest payment. Everybody can, nobody has to. Thank you very much. And here we go. The spectrum of opinion in Germany’s media, and by that I mean the old media, is now as broad as a thread. Good to observe with my own guests. Many of them used to sit on the talk shows of the public broadcasters or were also gladly quoted in the leading media, at a time when other opinions and facts were still in demand. Today, they are no longer heard and are often enough even defamed for their statements. The prevailing truth applies. Anyone who doesn’t go along is out and, in doubt, even on the right. A very disturbing, very undemocratic development before all our eyes. Zombie journalism. We’ll talk about that now in point Preradovic. Hello Marcus Klöckner.

Marcus B. Klöckner: Hello, I greet you.

Milena Preradovic: Let me introduce you briefly. You studied sociology, media studies and American studies in Marburg. Your work as a journalist focuses on the critique of power and the media. You are a successful author of books such as Media Criticism on the Distortions in the Journalistic Field, How Elites Organize Power and Sabotaged Reality, or When Journalism Becomes a Doctrine of Faith. Most recently, you published „Zombie Journalism. Was kommt nach dem Tod der Meinungsfreiheit geschrieben“ (What comes after the death of freedom of speech), a passionate reckoning with real existing journalism, especially of the last two Corona years. And here’s the question: What were the biggest sins of the legacy media, as I like to call them, in the last two years?

Marcus B. Klöckner: Wow, that’s a very good question and I honestly don’t even know where to start. So if you look at journalism in recent years, the dislocations are just so big, so gigantic, that you have to say pretty much everything has gone wrong. And that is, of course, a harsh criticism, and one may also object that there is certainly journalism here and there that deserves the name. There are always good examples.

Milena Preradovic: We’re not talking about those. What were the biggest sins?

Marcus B. Klöckner: Well, think of Corona. Think about Corona. Just what we saw in Corona in the Corona period, in the pandemic period. That was journalism that was decoupled from reality. By and large, that was just journalism that was no longer worthy of the name. And from there, I have a hard time answering the question, what were the biggest sins. The journalism we see is one big sin in terms of what journalism is supposed to do.

Milena Preradovic: We can yes, we can go to examples, for example the Corona demos. There completely normal people wander over the streets and then saw themselves in the evening in the daytime news as Nazis, Reichsbürger or in doubt, the best was still stupid. Even there you had the impression that this was done knowingly, that one wanted to defame these demonstrations knowingly? Or do these journalists believe what they shot and broadcast there?

Marcus B. Klöckner: Yes, it’s probably a mixture of both. On the one hand, I think that many journalists are insanely ideologically blinded. They look at the events they are supposed to report on with their ideological glasses. And that creates an enormous bias. But at the same time, I think that at least with some journalists, it’s the case that they know very well what they’re doing. They know that they are bending reality. They know they’re not reporting objectively. And they know that they sort of fudge here and there and adjust the reports to fit their worldview. And so I would say that it’s definitely a mixture of both.

Milena Preradovic: You mentioned ideology, which of course also existed in the past. So there were the left-wing journalists and there were the right-wing journalists. There was a relatively broad spectrum of opinion, from Spiegel to FAZ, which was more conservative. And now they are all so homogeneous, they all do the same thing. How could it come to this, I often ask myself?

Marcus B. Klöckner: Exactly. Yes. What we are experiencing is a social closure of the journalistic field. That sounds very sociological at first, but the facts behind it are not even that difficult to grasp or explain. We know this from the major journalist study from 2005, or rather, it was published in 2006 by Siegfried Weischenberg, a communications scientist. Which milieus do journalists come from? Yes, 68, 69, 70 percent of the journalists we’re dealing with come from the veritable middle class. And I assume that if you were to conduct a similar study today, the results would probably be even clearer. In other words, we are dealing with journalists who all have relatively similar patterns of perception and thinking, due to their socialization, their parental home, and of course also their professional socialization at school. In other words, those who are supposed to look at social reality objectively and objectively and independently are largely looking at this reality through the lens of their socialization. Of course, we all do that. We are all preformed individuals and beings. We all have certain glasses on through which we look at reality. The problem, however, is when there are, so to speak, quite a few journalists looking at one and the same set of facts with the same glasses. And then the reporting becomes more and more similar. And in the past, it was still the case that people had broader social backgrounds and therefore there were also more or greater differences in reporting, in the perception of reality. But because of this social closure of the journalistic field, we simply don’t see that anymore. And that is a very big problem.

Milena Preradovic: Why is it closed? It is this field that is closed. Or can you say Who closed it? Why are there no journalists from other social classes?

Marcus B. Klöckner: From a sociological point of view, this is of course very interesting, how such a social closure or a closure of a field takes place. It is quite simply the case that those who are in the majority at some point guard the field, so to speak. They watch over who gets entry into this field and who doesn’t.

And then a kind of, well, I’ll put that in quotation marks, but that’s basically quite accurate, a kind of „attitude test“ takes place. We look at who has the right attitude, who fits in with us? And then the question plays a role: Who has the right habitus, who has undergone the „right“ quotation marks, „socialization,“ who has the same perception and thought patterns? Yes, that’s still very abstract for now, but I’d be happy to make it concrete. Let’s take the conflict with Russia. In the media, we see very monotonous reporting, very one-sided in one direction. We already had that with Corona, and we have it with many other topics as well. And here you can see what this social closure of the journalistic field also does. We are dealing with media, with journalists, who all look uniformly, as I said, at these issues, for example, at the conflict with Russia. And yes, if there were someone who wanted to enter the journalistic field, he would be prevented from doing so because he simply has a wrong attitude, a wrong view of reality. So if this were someone who would evaluate the conflict differently than is the case in the majority, in the majority of the media. And this example shows very well, I think, what it means when a field, when the journalistic field is closed, there are simply no more actors coming in with other opinions. There are certainly still these exceptions. Yes, but on the whole.

Milena Preradovic: Is it perhaps also for financial reasons that people from socially weaker backgrounds no longer come into journalism? There are those who do internships, etc., who are sometimes not paid at all or are paid poorly.

Marcus B. Klöckner: Exactly. So of course that also plays a big role, that the journalism profession is basically set up in such a way that it can usually only be taken up by young people who have certain financial means or whose parents have these means. And that of course also plays a role in that many who perhaps have a different view and would like to go into journalism simply reject this career aspiration from the outset because they know that the conditions are set up in such a way that they will simply have great problems with little money to take up this profession. How is a single mother who gets Hartz four supposed to finance an internship for her son or daughter in Hamburg, in Munich and in Frankfurt? That is simply impossible.

Milena Preradovic: Okay, that’s also a big imbalance. But of course you said earlier that the right world view is very important. So the attitude, I wonder, has journalism been redefined? Because journalism is actually something other than I have an attitude and impose it on you.

Marcus B. Klöckner: Absolutely. Yes, of course. Yes. So you can definitely say that. This redefinition took place only in a complex process. Of course, it’s not as simple as the leading editors-in-chief or publishers sitting down and saying, „Let’s redefine journalism. Rather, this redefinition, if you want to call it that, has taken place over many years and decades. It has very gradually become ingrained in journalism. We can capture this in the term attitude journalism.

Milena Preradovic: I have the same impression. And I also have the impression that these two Corona years or the journalism of the Corona years is now simply continuing into this Russia-Ukraine war. You wrote an article about the appearance of a political scientist on Lanz. Tell me about it, quite interesting case.

Marcus B. Klöckner: Basically unbelievable. Monstrous. It was Markus Lanz on Tuesday evening. Yes, we all know the show. Various guests sit there, talk about this and that. And Florence Gaub, a political scientist, was also a guest, who then spoke about Russia or Russia, about the war and said: „Yes, the Russians look like us Europeans, but they are not Europeans at all. And besides, the Russians also have a completely different relationship to violence and death.“ And I had to listen to that twice to realize that the lady said what she said. Such a statement, in my opinion, is loaded with racist resentment, or at least it also paves the way to it. So in this already really charged conflict-ridden situation, to come to talk about the appearance of people and then to somehow want to conjure up an artificial difference. That aroused a lot of associations in me. Yes, so to speak this Russian quotation mark „subhuman“. You know how the Russians are, they have a different relationship to death, when soldiers are used as cannon fodder. Oh God, the Russian mothers and fathers, they don’t cry over their sons and they are all barbarians. Yes, so that was basically what was unspoken in the room. That’s how you can interpret it. I think that is also very correct, this interpretation. And that was a terrible derailment in the show Markus Lanz.

Milena Preradovic: Who intervened against that?

Marcus B. Klöckner: Nobody. I have now heard in the aftermath, the one SPD politician who was a guest, would have said something at some point. But that came rather late. So I can only say, here one should have intervened immediately, also on the part of the moderator.

Milena Preradovic: But I also have the impression that the Russians are the new unvaccinated. You can say anything about them, you can defame them, you can dehumanize them. That is also what we have just heard, that is dehumanization. There are these headlines, „Mad Putin,“ and so on. I always have the impression that our journalism sums up with the many politicians or that this journalism is almost a kind of warmongering.

Marcus B. Klöckner: We see media that is basically a war party. Yes, so recently a general said that if we supply heavy weapons to Ukraine, then we basically become a war party. And I have to say, in my opinion, the media is already a war party. So they are really stirring up very strong emotions against Russia and they also want Germany to deliver weapons, or at least a large part of it. A considerable part of the media wants Germany to supply weapons and heavy weapons, apparently. And I think that is absolutely irresponsible. That is a madness. So to supply weapons in this situation, in this war, that’s like trying to put out fire with gasoline. So that is impossible.

Milena Preradovic: It certainly won’t save human lives.

Marcus B. Klöckner: An impossibility.

Milena Preradovic: Yes, and I also have the impression that there is this good-evil principle, this hyper-moralism. So people decide who is good, who is bad, and that’s it. Anyone who tries to differentiate is immediately on the bad side. Since when have we had that? That also happens in politics. We’re seeing these waves of indignation right now. This complete good-evil scheme, this moralizing. Since when has that existed in politics and especially in journalism? It wasn’t always like this!

Marcus B. Klöckner: Yes, for a long time. I think it’s probably been around for 20 years, probably even a bit longer. So there was also in the past for sure, but that has increased and became stronger and stronger. And in the meantime, yes, everything is only done according to moral standards, so to speak….

Milena Preradovic: But who invented it? Where does it come from?

Marcus B. Klöckner: Again, you can say that it simply comes from people, from actors, who have certain specific ideas about reality and are also very smart and very clever and know that if they pretend to act in the sense of morality, so to speak, that they will score points with the public. Yes, so we’re dealing here with people who always present themselves as the supreme moral authority, yes, as a person who is beyond all doubt, yes, the walking morality, so to speak. We see that on the talk shows. And so on. Of course, that has nothing to do with reality. And from that, so that’s so we’re just experiencing a big, really a big problem here with media that, yes, I’ll say it a little bit casually, basically freewheeling.

Milena Preradovic: Yes, but I certainly think this is getting worse. So right now also in this Corona time. I’m just quoting a colleague, the RTL politician Nikolaus Blome, who has explicitly called for disadvantages for the unvaccinated and then still says: „May the entire republic point its finger at them.“ That’s what a journalist says. If we had said that, on the other hand, it would probably be incitement of the people. Of course, Mr. Blome has nothing to fear. And that, of course, makes me wonder: It just goes on and on, can it all get any worse?

Marcus B. Klöckner: Yes, I already thought at the time of the pandemic that it would be possible to increase this even further, but I find that difficult to believe or assume. But we are seeing this now in the war. I mean, there is a lot at stake now. It really is now about the big question of peace or war. I would say that we are on the threshold of the third world war. So there’s not that much left to do here. And in this situation, we urgently need journalism that looks closely, that is not warmongering, that is capable of objectively grasping the situation, regardless of its aversion to Putin and Russia. And he can’t do that, and he doesn’t want to do that. And from there, I say yes, so media, I think, are with war party, at least many, as I see it. And these media, yes, they bring us misfortune, great misfortune. And at the end of the day, it’s up to every citizen to be very awake here, to approach the media, to write emails, to make phone calls, to call, if necessary, maybe to knock on the door, to seek a conversation with the responsible editor-in-chief, to sit down and to say: „This and this is what I noticed in your reporting, this is not possible, this cannot be, this must not be“. And I mean, that’s…

Milena Preradovic: But so far nobody has been interested. I mean…

Marcus B. Klöckner: It’s naive thinking on my part.

Milena Preradovic: Can one speak of a certain arrogance towards the viewer, the reader, the citizen, the consumer?

Marcus B. Klöckner: Yes, of course. There is this aloofness on the part of journalists. Many feel that they are better than others. Yes, of course, that also has nothing to do with reality. We remember this when we look at the reader forums and then read what the forumists, the commentators write there under the articles of journalists. And then I always think to myself, my goodness, the better journalists are sitting down there in the forum. Yes, they are readers, with whatever backgrounds. They literally dissect articles. Yes, and so I always think to myself, my goodness, some journalists should really come down from their high horse and learn a bit more humility.

Milena Preradovic: But what do you do instead sometimes, you close the forums.

Marcus B. Klöckner: Exactly. That’s exactly it. There, there you can see that, this arrogance. Yes, there is simply hardly any penetration. There is hardly any possibility to talk to each other according to the principles of argument and counter-argument. Yes, that doesn’t take place, but the premise is: „We are right. We’ve got the wisdom and the truth and everybody else hasn’t.“ And that, of course, is not a good starting point for a reasonable discussion. Then you might as well let it be.

Milena Preradovic: I would like to ask you about a sentence from your book. There you wrote „Some journalists obviously want democracy by the means of dictatorship.“ What do you mean by that?

Marcus B. Klöckner: Yes, well, if you think back now to the Corona pandemic, how journalists acted there, how much they clung to authoritarianism, how much they supported the measures. So I’m just thinking of the curfew example. And a curfew is pretty severe, I would say. And if you’re not allowed to go out on the street after nine or 10 p.m., that already has a certain quality. And I can understand that to a certain extent, if it were the case that this measure helps to prevent the Corona virus from spreading further, then I would say yes, okay, one can accept that. But if a government takes this measure, then it has the burden of proof. It must first show that this is the case. And as a journalist, I can’t just accept the whole thing and say, yes, that’s okay, I won’t go out in the evening, I accept that and everyone else should accept that too. And if they don’t, they are enemies of democracy. And that’s when I have to say, „No, I think it’s rather the other way around.“ Yes, that’s what it means, so to speak, when journalists talk about democracy, but basically have sympathies for dictatorial tendencies.

Milena Preradovic: We have now talked about attitude journalism, about arrogance, about fear, but we also have to talk about money. So if you look at it, for example, the media have received more than €250 million through advertisements from the Ministry of Health in the last two years. However, the BMG does not want to say to whom the money has gone. I think that’s actually also astonishing that you’re allowed to do that. So just don’t say anything. Then Google, Facebook, Gates, they pay billions. You say that yourself worldwide for journalism. They prefer to do that to the leading media. Of course, that’s also because the media are happy to take the money, because of course the big advertising markets that were still there in the 1990s have of course collapsed due to the Internet. This means that most newspapers have a very big problem and have not yet found a way to really earn money on the Internet. That means they are very happy to take the money, wherever it comes from. But can you really do unbiased reporting if you live at the expense of others?

Marcus B. Klöckner: Yes, financing, that’s an issue in itself and also plays a big role. Whereby I think Spiegel, of course, has also suffered losses in terms of advertising revenue and so on. But I don’t know whether such a house, such a medium, which is not badly endowed, has to take money from Bill Gates. But we see that many media hold out their hands and take the money that comes from different sources. And yes, it’s fair to say that this money doesn’t necessarily lead directly to influence. Yes, journalism can still have a certain objectivity in a certain way, but nevertheless you can’t…

Milena Preradovic: But now common sense beats sociologist or vernacular says Yes: „whose bread I eat, whose song I sing“…Let’s come to a possible solution. Very difficult. I don’t know how anyone wants to find a solution to this journalism problem. They won’t leave voluntarily. Why would they do that? They are supported by politics. They have nothing to fear. The alternative media, of course, are underfunded, rely on donations. Thanks again. But of course, they have a very different power than these big established ones. So how could we rebalance that? Do you have any ideas about that?

Marcus B. Klöckner: That is very difficult. You have just mentioned something very good, basically. Of course, you can’t look at the media, the journalistic field, in isolation. The journalistic field, the media are in an exchange with other fields, for example the political field, the cultural field. And so on and so forth. So that means we see that the way media report also support the other fields, so to speak. Yes, the media support politics. And this kind of reporting comes in handy for politics, even if there is criticism here and there, of course, and anger, etc., but basically because we have reporting that stabilizes power, and that is a big problem in these times and under these conditions. Therefore, it will be very difficult to break up these relationships within the media, because many other elites, other social actors have an interest in the media functioning and acting the way they do now or have done for decades. So I don’t see any possibility honestly to break up this journalistic field yet.

Milena Preradovic: Yes man, so of course we haven’t really solved it, but we have worked it up a bit. Thank you very much, Marcus Klöckner for this classification of real existing journalism. And well, people, the only chance to be well informed is to look at all sides and then form an opinion. But then you have to check it again and again. It has become really exhausting to be a responsible citizen, but it doesn’t help. Only time-outs are also important. I wish you a happy Easter. See you soon. Bye.

 

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1 Kommentar

  1. Arturo

    Wenn das Prinzip ‚Argument und Gegenargument‘ nicht mehr funktioniert, wenn der Auftrag der ÖR – der ist ja nachlesbar und festgeschrieben – nicht erfüllt wird, dann liegt es natürlich nah (so sind wir ‚alle‘ erzogen worden), Leserbriefe zu schreiben, Proteste zu äussern, Änderungen zu verlangen. Es ist uns so beigebracht worden, ‚konstruktiv‘ zu sein, ist der erste Impuls.

    Nur: das setzt voraus, dass auf die Reaktionen konstruktiver LeserInnen demokratische Antworten folgen. Dass der Journalist antwortet, oder die Redaktion, oder die Kommentarseite, oder der Herausgeber … So war einmal der Ablauf der Dinge.

    Es gab Auseinandersetzung, Dissens und Zustimmung und irgendwann eine nächste – bessere, durchdachtere, demokratischere – Ebene. Bis zum nächsten Beitrag, der Kritik weckte.

    So ist es aber nicht mehr. Diese Form der Auseinandersetzung funktioniert nicht mehr. Der Leser soll (der geschriebenen Meinung) gehorchen. Wer nicht gehorcht, soll fühlen:

    Nun, das könnt ihr haben, ‚liebe Altmedien‘! Die meisten Leser reiben sich nicht mehr zwischen (Un-)Wahrheit und Meinung auf und gehen direkt dorthin, wo es lebendigen Diskurs gibt.

    … die Foren werden geschlossen … oder erst garnicht angeboten, wie etwa auf ‚theplattform‘. Das ist schade, treibt uns aber nicht zurück.

    Inzwischen werden die ‚Altmedien‘ merken, dass sie nicht mehr gesehen und gelesen werden, dass ihre ‚Meinungen‘ nicht mehr massgeblich sind. Und das tut weh.

    Das wird ihre Arroganz platzen lassen, wenn sie merken, dass die ’neuen‘ Referenzen jene Namen sind, die frei berichten und betrachten.

    Wir sind schon längst an neuen Ufern angekommen, und wir sind dabei beweglich geworden. Wer Sprachen spricht, vermisst die ‚alten‘ schon lange nicht mehr.

    Antworten

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