Wirtschafts-Revolution von unten – mit Dr. Ulrich Gausmann

12. Jan 20243 Kommentare

Die Corona-Zeit hat offenbart, wie schnell Bürgerrechte und Eigen-Verantwortung ausgehebelt werden können. Es wächst die Sorge vor Entmündigung, Preisexplosionen, Verarmung – und die Sehnsucht nach Parallel-Gesellschaften. Nach einer menschlicheren Gesellschaft, in der Wirtschaft und Finanzen für den Menschen da sind und nicht umgekehrt. Und es gibt sie, diese handfesten Projekte. Der Autor und Sozialwissenschaftler Dr. Ulrich Gausmann hat sich in der Szene alternativer Wirtschafts- und Finanzprojekte umgeschaut. Herausgekommen ist das Buch „Wirtschaft und Finanzen neu gedacht“. Was macht Sinn? Was funktioniert? Und gibt es sie schon, die Revolution von unten?

Anfragen an Ulrich Gausmann: revolutiondermenschlichkeit@posteo.de

Buchbestellung „Wirtschaft und Finanzen neu gedacht: https://www.masselverlag.de/The-Great-WeSet/Wirtschaft-und-Finanzen-neu-gedacht/

Termine für Buchvorstellungen mit anschließender Diskussion:
16.2.2024 DieBasis München, Schleißheimer Straße 189
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20.2.2024 Nachdenkseiten Lesekreis Berlin-Moabit
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11.4.2024 Kulturkreis Pankow, Berlin-Pankow

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Milena Preradovic

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Interview mit Dr. Ulrich Gausmann (deutsch)

Milena Preradovic: Viele Menschen sehen mit großen Ängsten in die Zukunft. Die Zeit hat offenbart, wie schnell Bürgerrechte und Eigenverantwortung ausgehebelt werden können. Es wächst die Sorge vor Entmündigung, Preisexplosionen, Verarmung, Abschaffung des Bargelds und digitalem Euro. Es wächst auch die Sehnsucht nach Parallelgesellschaften, nach selber etwas tun gegen das Diktat von oben und auch nach einer menschlicheren Gesellschaft, in der Wirtschaft und Finanzen für den Menschen da sind und nicht umgekehrt. Und es gibt sie, diese handfesten Projekte. Mein Gast hat sich in der Szene alternativer Wirtschafts- und Finanzprojekte umgeschaut: Was macht Sinn, was funktioniert? Darüber sprechen wir jetzt in Punkt Preradovic. Hallo, Dr. Ulrich Gausmann. Schön, dass du da bist.

Dr. Ulrich Gausmann: Ja, vielen Dank für die Einladung. Ich freue mich auch.

Milena Preradovic: Ich stell dich kurz vor. Du bist Buchhändler, Autor und Sozialwissenschaftler. Deine Interessenschwerpunkte sind Kapitalismusanalyse und Kritik, die Soziologie sozialer Bewegungen und politische Gegenwartsfragen. Du hast außerdem lernbehinderte Kinder und Jugendliche unterrichtet. In der Coroner Zeit bist du schnell kritisch geworden und hast gemerkt, wie sich die Menschen fragten, wie eine wirtschaftlich sichere und menschliche Zukunft aussehen könnte. Startschuss für das Buch Wirtschaft und Finanzen Neu gedacht Revolution der Menschlichkeit. Aus der Reihe Der große Weg des Massenverlags. Dafür hast du mit Initiatoren verschiedener alternativer Wirtschafts und Finanzprojekte gesprochen. Von diesen alternativen Wirtschaftsprojekten hört und liest man ja recht wenig. Wie viele Projekte gibt es denn so ungefähr? Und wie viele hast du dir angeschaut?

Dr. Ulrich Gausmann: Also wie es wie viele es weltweit gibt, kann man kaum zählen, zumal ja auch ständig neue dazukommen oder auch andere untergehen. Im Buch selber habe ich ungefähr 20 Projekte mir mehr oder weniger genau angeschaut. Das ist aber auch nur exemplarisch. Ist nur eine kleine Auswahl und dann noch in den Bereichen Produktion, Handel und Geldsysteme.

Milena Preradovic: Gibt es denn etwas, was all diese Projekte gemein haben?

Dr. Ulrich Gausmann: Ja, man könnte vielleicht sagen, die wollen im Grunde genommen alle aus dem Wachstumszwang raus aus dieser Gewinn- und Profitlogik raus zugunsten einzelner Personen. Also man könnte vielleicht sagen, das ist ein Weg vom Profit zum Bedarf, vielleicht vom haben-sollen, zum haben-wollen oder müssen. Also da entwickelt sich das. Sehr schön hat das übrigens Wolfgang Fabricius mal in einem Buch formuliert. Profitfreie Räume heißt das, wo er das aufgearbeitet hat. Es geht dann immer um solidarisches Eigentum, selbstorganisierte Produktion, Verteilung und auch Bezahlsysteme.

Milena Preradovic: Dann würde ich sagen, wir schauen uns mal ein paar ganz genau an, mir ist da das Projekt „menschlich wirtschaften“ aufgefallen? Erzähl mal!

Dr. Ulrich Gausmann: Ja, menschlich wirtschaften ist in der Tat ein sehr, sehr interessantes Projekt. Es ist eigentlich schon viel mehr als ein Projekt. Inzwischen ist es eine gestandene Genossenschaft, sitzt in Stralsund, hat etwa 300 Genossenschaftsmitglieder und ist eine typische in Anführung „Corona Gründung“. Also ist gibt es auch seit zwei Jahren etwa erst. Angefangen wurde mit einer Handelsplattform, also eine Handelsplattform einzurichten, wo also Interessenten ihre Produkte Dienstleistungen anbieten können. Das Interessante und auch das Alleinstellungsmerkmal von der Genossenschaft ist zum einen, dass sie aufgebaut ist nach bestimmten Prinzipien, nämlich nach den Prinzipien der sozialen Dreigliederung. Das geht auf Rudolf Steiner zurück, auf die Sozialreform von Steiner vor etwa 100 Jahren, am Ende des Ersten Weltkrieges. Und das Ziel ist eigentlich Anbieter und zwar regionale und Konsumenten zusammenzuführen, also so etwas wie assoziative Wirtschaft, einen eigenen Absatzmarkt zu organisieren. Und über die Handelsplattform, wo man wie gesagt mit Interessenten in Kontakt kommen kann und Umsätze erzielt, davon geht ein kleiner Teil der Umsätze in die Genossenschaft. Und die Genossenschaft wiederum finanziert aus diesen Mitteln eigene Projekte. Da gibt es inzwischen schon einige, die entstanden sind. Das Aktuelle ist zum Beispiel eine eine Produktion von Olivenöl in Griechenland. Das ist mitfinanziert worden von der Genossenschaft und auch eine freie Schule auf Usedom. Und ich hatte ja von Steiner gerade gesprochen, die Schule würde jetzt gehören in den Bereich des Geisteslebens, und die Produktion von Olivenöl würde gehören in den Bereich des Wirtschaftslebens. Aber es gibt noch viel mehr. Es gibt Reiseangebote, es gibt Gesundheit, Einkaufen, Handwerk, Künstler können sich darstellen, Wohnprojekte, und das Ganze wird begleitet von einer Akademie. Wenn man will, kann man sich anthroposophisch schulen lassen. Das würde auch in den Bereich des Geisteslebens gehören.

Milena Preradovic: Und die beschäftigen sich auch mit Gesundheitswesen. Ich glaube, Dr. Wodarg ist auch dabei.

Dr. Ulrich Gausmann: Ja, der ist einer der Initiatoren und oder Gründer, wie man sagen kann. Ich glaube, es gibt im Moment zwei Bereiche und zwar wurden Kompetenzteams gebildet. Das eine Team arbeitet rund um das Thema Gesundheitshaus. Da geht es um den Aufbau von ambulanten Gesundheitszentren und die Hilfe besteht darin, Fördermittel zu recherchieren, zu beantragen. Man braucht auch betriebswirtschaftliche Kenntnisse, um so etwas aufzubauen, Privat- und Kassenpraxen. Man braucht Architekten, Gutachter zur Bewertung von Immobilien. Das ist der eine Bereich. Und der zweite Bereich nennt sich Häuser des Heilens. Das sind Praxen, aber auch mehr: Kliniken, Wohngruppen, Garten der Genesung beispielsweise, also etwas umfassendere, holistische Medizin. Da gibt es auch ein Kompetenzteam, die sich jeden Monat einmal treffen, online treffen und die den Stand der Dinge besprechen.

Milena Preradovic: Und das Menschliche an menschlicher Wirtschaften ist dann, dass sie zwar Profite erzielen, das heißt auch Wachstum generieren, das aber gleich wieder in menschliche Projekte überführen oder wie muss ich das mir vorstellen?

Dr. Ulrich Gausmann: Ja, der der grundsätzliche Unterschied, dass zwar Gewinne erzielt werden, das geht ja auch gar nicht anders. Aber die fließen nicht in die Taschen Einzelner, sondern fließen in die Genossenschaft und von dort wieder in Projekte. Also dann, Damit bereichert sich niemand persönlich. Das geht auch gar nicht in der Genossenschaft. Und es geht dann eben von der Genossenschaft definierte Projekte. Man kann auch Projekte anbieten, zum Beispiel wenn man Unterstützung und Hilfe braucht. Oder sie suchen sich selbst welche.

Milena Preradovic: Jetzt, was wir jetzt gerade haben, das sind ja die Probleme der Landwirtschaft, die in aller Munde sind. Die kleinen Höfe verschwinden, die großen profitieren ungleich mehr von den Subventionen. Es wird schon auch von Versorgungsengpässen generell gemunkelt. Welche erfolgversprechenden Projekte gibt es denn da auch in Richtung Selbstversorgung?

Dr. Ulrich Gausmann: Ja, wir haben ja gerade in dieser Woche die Bauernproteste. Die sind ja auch nicht zufällig entstanden, sondern den Bauern geht es wirklich an den Kragen. Und zwar in großem Stile. Das ist auch kein neues Problem. Das ist ein älteres Problem, auch in Deutschland, aber auch in Europa. Ich habe ein Beispiel gefunden, was sich, was ich für sehr berichtenswert halte. Und zwar ist das die Regionalwert AG in Freiburg. Das ist eine Gründung älter als zehn Jahre alt. Das Besondere daran ist Sie konzentrieren sich auf die Versorgung mit Lebensmitteln, und zwar in den Regionen mit dem Ziel einer Ernährungssouveränität, das heißt den Bauern in der Region, die Höfe haben, die entweder zu klein sind, um eine Rendite abzuwerfen, oder auch wiederum zu klein sind, um Kredite zu bekommen, die sitzen in der Falle, in der Sackgasse eigentlich. Und dann macht die Regional wert AG folgendes Sie gibt Aktien aus, es ist eine Aktiengesellschaft, und mit diesem Geld, aus den Aktien werden Höfe erworben. Oder man beteiligt sich daran. Aber nicht einfach so, sondern das ist gebunden an die Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien. Das gehört in den großen Bereich der Gemeinwohlökonomie, zum Beispiel, dass Biodiversität eingehalten wird, also keine Monokulturen, bestimmte Arbeitsqualität, eine eigene regionale Wertschöpfung vor allen Dingen. Na ja, und das führt dann dazu, dass Schlachtereien zum Beispiel mobil sind oder lokal sind statt langwieriger Tiertransporte, kurze Lieferwege, Kreislaufwirtschaft, Arbeitsplätze werden sozialversichert statt Wanderarbeiter, wie man sie aus den großen Schlachtereien kennen, Kompost vom eigenen Vieh und kein synthetischer Dünger, zum Beispiel aus Russland, Ukraine oder woanders her.

Milena Preradovic: Und verkaufen die dann die Produkte in eigenen Läden oder wie geht das dann an die Leute?

Dr. Ulrich Gausmann: Genau so geht die Wertschöpfungskette weiter. Es gibt eigene Läden, wo das dann verkauft wird. Das läuft auch sehr, sehr gut. Es kommt noch was anderes hinzu. Es gibt eine eigene IT Leistungsrechnung, es gibt eine andere Bilanz. Wir kennen ja alle die Finanzbilanzen oder Handelsbilanzen, das ist das Normale. Sie haben eine eigene Bilanzierungstechnik entwickelt, die heißt QuarterVista. Und in dieser Bilanzierungstechnik werden die Nachhaltigkeitsleistungen bewertet und auch vergütet. Also, was ich eben sagte Biodiversität, Diversität, Arbeitsplätze, also qualitative Merkmale auch vergütet, die über einen Fonds finanziert werden, also zusätzlich vergütet werden, wenn die Kriterien eingehalten werden. Inzwischen hat sich das auch ausgeweitet. Es gibt nach meinem Stand acht Regionalwertags in Deutschland, weitere sind auch in Planung Bauernhöfe, Lebensmittel, Handwerker, Händler, Gastronomen. Und man sieht daran sehr schön, wie das Früchte trägt. Die AG hat auch inzwischen Nachhaltigkeitspreise abgeräumt, schon 2009, ich glaube 2020 auch noch mal ausgezeichnet worden. Gerade auch mit diesem Bewertungssystem der eigenen Leistungsrechnung.

Milena Preradovic: Und wenn sich jetzt, wenn jemand sagt: „Oh, das finde ich interessant, da möchte ich mitmachen“, was macht, was macht der dann?

Dr. Ulrich Gausmann: Dann wendet er sich an die Regionalwert AG, kauft dort Aktien, Das ist begrenzt. Oder Genussrechte, das sind zwei verschiedene Formen, wie man sich beteiligen kann und ist dann Mit-Aktionär oder Genussrechtsinhaber und kann diese Dinge finanziell unterstützen in einem begrenzten Rahmen.

Milena Preradovic: Interessant ist ja auch ein Ansatz, mit dem sich kleine Bauernhöfe retten können. Stichwort Pflegebauernhöfe.

Dr. Ulrich Gausmann: Ja, das ist eine interessante Situation. Da bin ich selber auch erst eigentlich durch Zufall darauf gestoßen. Das ist auch schon älteren Datums, glaube 2011, entwickelt von Guido Pusch in einem kleinen Ort in Marienrachdorf, ist das in Westerwald. Der hat seinen eigenen Bauernhof umgebaut und dort Wohnungen eingerichtet für Seniorinnen und Senioren. Ich glaube, 22 wohnen da inzwischen. Das ist im Grunde genommen ein laufender Landwirtschaftsbetrieb mit sozialer Dienstleistung, also Unterbringung, Betreuung älterer Menschen. Das sind nicht unbedingt schwerst pflegebedürftige, aber einfach ältere Menschen, die Einschränkungen haben. Und um die kümmern sich Pflegeprofis mit einem eigenen Pflegedienst inzwischen und der landwirtschaftlichen Landwirtschaftsfamilie. Das ist also mehr als das, was man normalerweise unter Mehrgenerationen-WG kennt, also Tiere, Rinder, Schweine, Katzen, Hühner, Biene, Alpakas, Gänse usw. Die Tiere werden versorgt, die Frauen gehen morgens meinetwegen in den Hühnerstall und sammeln die Eiern auf.

Milena Preradovic: Die Senioren?

Dr. Ulrich Gausmann: Ganz genau. Und man sieht in einem kleinen Filmbericht, den es auch gibt bei SWR wie ein älterer Herr, ich denke mal so irgendwo zwischen 75 und 80 mit einer Kappe auf dem Hut, ganz glücklich auf dem Trecker sitzt und bei der Einbringung von der Ernte hilft. Also das kann man sich sofort vorstellen. Daraus ist ein eigenes Beratungskonzept entstanden. Das gibt es inzwischen auch und über 20 Projekte, die es inzwischen gibt. Und mir ist am Telefon erzählt worden, es gibt sogar Anfragen bis aus Japan, die sich um das um diesen Pflegebauernhof kümmern oder sich dafür interessieren. Spannend.

Milena Preradovic: Ja, total spannend also. Und auch so logisch. Und man braucht allerdings, um auf so was zu kommen, offenes Denken. Und du schreibst in deinem Buch auch darüber, dass wir von uns eingeredeten Denkfallen und Glaubenssätzen falsch beeinflusst werden. Da möchte ich mal ganz kurz hören: Was sind das für Glaubenssätze?

Dr. Ulrich Gausmann: Die kennen wir eigentlich alle. Wir haben ja selbst auch dran geglaubt oder glauben noch dran. Zum Beispiel, dass der Privatbesitz öffentlicher Güter öffentlicher Dinge immer nur gut ist und deren Erhalt dient. Da mache ich mal, wenn ich mir die Bahn angucke oder die Post mal ein großes Fragezeichen dran. Das war ja auch mal öffentliches Unternehmen.

Milena Preradovic: Oder die englische Bahn?

Dr. Ulrich Gausmann: Genau das gilt auch für Krankenhäuser usw Oder dass zum Beispiel dieses Dogma, dass andauernde es Wirtschaftswachstum, wie wir es kennen, unbedingt notwendig sei, um gut leben zu können. Das ist ja gerade das Thema, dass andere das in Frage stellen und sagen, so eine Art von Wachstum ist gerade das Gegenteil dessen, was wir brauchen. Oder auch zum Beispiel Kunstkonsum. Möglichst viel Konsum macht uns glücklich. Also der Konsumfetischismus, das wird in Frage gestellt, das sind, das sind diese Denkfallen oder Glaubenssätze.

Milena Preradovic: Das gehört ja auch zusammen. Das heißt, es gibt ja zum Teil auch nur mehr Wachstum, wenn wir daran glauben, dass wir immer mehr konsumieren müssen.

Dr. Ulrich Gausmann: Ja, klar. Aber die Ergebnisse des Wachstums wirken sich ja nicht für alle Beteiligten gleichermaßen gut aus. Also wenn man genau guckt, wer wächst denn da eigentlich und mit welchen Folgen auch. Das ist ja gerade das Problem, in dem wir stecken.

Milena Preradovic: Ja, ja, genau. Klar, die kleinen Leute wachsen nicht mit. Das ist es ist die Schere. Geht ja weiter auseinander, wie wir ja inzwischen wissen. Aber wie komme ich jetzt raus aus diesen Glaubenssätzen? Einfach sagen: „Och, glaube ich nicht mehr“, ist ja nicht so einfach.

Dr. Ulrich Gausmann: Nein, man kommt eigentlich raus durch eigenes Tun. Ich habe im Zusammenhang mit der Recherche Peter Schmuck kennengelernt. Auf den kommen wir vielleicht noch zu sprechen und ich nenne die mal die Schmuckschen Postulate. Er hat einige aufgeführt, wie man stattdessen eigentlich an die Dinge herangehen könnte. Er sagt zum Beispiel: „Guckt mal, geht mal aus dieser dieser Kaninchenposition raus und guckt euch mal den großen Rahmen des Lebens an, seid offen neugierig, vertraut euch Menschen an, setzt euch anspruchsvolle Ziele, werdet konkret dabei, plant Zwischenschritte ein, beteiligt euch am politischen Protest und gewinnt dadurch auch neue Mitstreiter“. Das ist das, was allen schon passiert ist, denke ich mal, was in den letzten Jahren erlebt hat. Inspirationen suchen, bei anderen auch. Mal gucken, was machen eigentlich andere, Wie geht das woanders vernetzen, Kräfte bündeln, Mut machen, auch bei den Funkensprühern mal gucken, die Macher, sich denen anschließen und am allerwichtigsten vielleicht am Ende Erfolge auch feiern.

Milena Preradovic: Ja, der Gerald Hüther nennt ja das, der Neurowissenschaftler, der Hirnforscher sagt ja, das ist eine Verwandlung, wenn man ins Tun, also ins Machen kommt, das heißt, wenn man sich auch bei solchen Projekten engagiert, macht das was mit einem. Ist es das, was du meinst, oder was macht das noch mehr mit uns?

Dr. Ulrich Gausmann: Gemeint ist wahrscheinlich eine Bewusstseinsveränderung, eine Bewusstseinsveränderung, die ausgelöst wird durch die Veränderung der Umstände, in denen ich mich befinde. Das fällt ja nicht vom Himmel. Also das kann man sich nicht wünschen, sozusagen oder irgendwo anlesen, sondern das muss man erleben durch praktisches Tun. Und diese praktische Tätigkeit in einem anderen Umfeld, mit anderen Beteiligten, vor allen Dingen mit Dingen, die einen interessieren, für die man brennt. Also wenn man sein Ding gefunden hat, dann ist man ja kaum aufzuhalten und das ändert das Bewusstsein auch. Und das trägt einen förmlich auf einer Woge. Eine ganze Zeit lang jedenfalls. Und das ist vielleicht damit gemeint.

Milena Preradovic: Ja, und der Pessimismus, der gerade momentan oder in den letzten Jahren so viele Leute befallen hat. Ich glaube, der löst sich dann auch einfach in Luft auf, wenn man etwas tut, was einen erfüllt, wenn man Erfolge sieht da, oder?

Dr. Ulrich Gausmann: Ja, natürlich, klar. Das ist eine andere Frage von Wahrnehmung, von auch körperlicher Wahrnehmung und auch eine andere Art von Sicht auf die Welt einfach. Ich kann immer gucken und sagen das Glas ist halb leer und der andere kommt rein und sagt: „Wieso? Wo hast du das Problem? Das Glas ist doch halb voll“.

Milena Preradovic: Stimmt. Kommen wir noch mal zu ein paar Projekten. Ein großes Topthema ist ja auch die Energie und die Angst vor unbezahlbarer Energie. Das ist ja das, was die Leute umtreibt. Und da gibt es das Projekt der Energiewende-Dörfer, wie funktionieren die denn?

Dr. Ulrich Gausmann: Ja, das ist wirklich ein gravierendes Thema. Das ist ja auch nicht aus der Luft gegriffen. Die Energiewende-Dörfer hängen zusammen mit dem schon angesprochenen Peter Schmuck. Peter Schmuck ist oder war Professor für Psychologie, zuletzt in Göttingen, aber war auch an mehreren Universitäten, war weltweit unterwegs und hat ´97 angefangen, mit einem eigenen Team sich um das Thema Energieversorgung und regional verfügbare nachhaltige Rohstoffe zu kümmern, also Holz, Stroh, Biomasse usw und hat dann 2005 in Jüde bei Göttingen, das ist ein kleiner Ort bei Göttingen, das erste Energiewendedorf gegründet. Was kommt raus? Am Ende kommt raus: Die Dörfer produzieren nahezu 100 % ihres Strombedarfs selber, etwa 50 % der Wärme und den eigenen Treibstoff. Inzwischen gibt es deutschlandweit über 160 Energiewendedörfer, kleinere Orte oder Landschaften, Regionen, die sich zusammenschließen und das machen quer über die Republik verteilt. Auf der Internetseite Energiewende-Dörfer kann man das auch nachsehen. Auf einer Karte steht auch alles in meinem Buch.

Milena Preradovic: Und was zahlen die Bewohner dieser Energiewende Dörfer im Gegensatz zu anderen für Energie?

Dr. Ulrich Gausmann: Ich kann es nicht für jedes Dorf genau sagen. Ich nenne mal ein Beispiel. Das ist auch im Buch drin. Aus dem Ort Feldheim. Das ist ein kleiner Ort bei Treuenbrietzen im Berliner Umland. Da kostet die Kilowattstunde Strom 0,12 € und die Wärme kostet 7,5 Cent die Kilowattstunde.

Milena Preradovic: Das ist 1/3 des normalen Preises?

Dr. Ulrich Gausmann: Ja. Die Zahl ist etwa ein Jahr alt oder ein 3/4 Jahr alt etwa. Die Beteiligten lehnen sich ganz entspannt zurück und sagen: „Energiewende oder was da Klimahammer oder Doppelhammer oder Reizungshammer das interessiert uns alles nicht, davon sind wir nicht betroffen“.

Milena Preradovic: Also das ist ein Projekt, das wahrscheinlich wachsen wird. Ist diese regionale Energieversorgung die Zukunft?

Dr. Ulrich Gausmann: Auf jeden Fall ist sie ein Teil der Zukunft. Das zeigen ja die Beispiele. Wenn man weiter guckt und sagt, könnte das eine Zukunft sein für die Versorgung eines Großkonzerns wie einem weiß ich BASF zum Beispiel oder ein Automobilproduzent, das kann ich nicht beurteilen. Auf jeden Fall für den privaten räumlichen Raum ist es auf jeden Fall eine Alternative.

Milena Preradovic: Ja, finde ich super spannend. Auch spannend in deinem Buch ist das Thema Regionalwährungen und da frage ich mich, was sind die eigentlich? Weil so Richtung richtig Währung dürfen die ja nicht sein.

Dr. Ulrich Gausmann: Ja, genau, das ist ein kleines Begriffsproblem. Also eine Währung nennt man dann eine Währung, wenn sie von der nationalen Zentralbank oder der EZB zugelassen ist. Das ist eine zugelassene Währung. Bei uns ist das halt der Euro und der Cent. Was wir meinen jetzt in unserem Gespräch, sind die Komplementärwährungen eigentlich. Also Komplementärwährungen sind solche, die halt die laufende offizielle Währung quasi ergänzen oder eine Alternative darstellen. Da gibt es inzwischen eine riesige Zahl weltweit. Es ist kein deutsches Thema alleine, ich würde sagen mindestens 10.000 oder mehr alternative Komplementärwährungen. Da sind aber die Kryptowährungen auch mit enthalten gegen etwa 200 nationale Währungen, die sich halt komplementieren. Und das Besondere sind noch die Regionalwährungen. Das sind solche, die regionalgebunden sind und in der lokalen Wirtschaft angebunden werden. Das bekannteste Beispiel ist der Chiemgauer. Die gibt es schon ewig lange ist, wie der Name schon sagt, im Chiemgau entstanden, also die Gegend um Rosenheim Traunstein. Dort sind auch keine offiziellen Währungen, werden aber geduldet. Die Anstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, die BaFin, hat eine Bereichsausnahme gemacht, wenn es geografisch beschränkt bleibt. Die betrachten die praktisch die Gutscheine nicht wie eine echte Währung.

Milena Preradovic: Was ich auch in deinem Buch gelesen hatte, hatte ich vorher schon mal gesehen, aber jetzt wieder gelesen, dass laut Oxfam das Vermögen der reichsten acht Milliardäre größer ist als das der unteren Hälfte der Weltbevölkerung. Und das sind rund 3,6 Milliarden Menschen. Und das herrschende Finanzsystem nutzt ja vor allem den Reichen. Das hast du in deinem Buch auch ganz verständlich beschrieben. Also allein deswegen haben wir Regionalwährungen ihren eigenen Charme. Aber wie funktionieren die genau und welche Vorteile haben die dann am Ende?

Dr. Ulrich Gausmann: Ja, Regionalwährungen werden in die Welt gebracht, indem man einen Verein gründet, der sie herausgibt. So läuft das eigentlich. Sie haben auch in der Regel Gemeinsamkeiten, die sie alle miteinander verbinden. Sie haben in der Regel keine Zinsen. Es gibt keine Zinsen, sind lokal und regional angebunden. Sie werden basisdemokratisch geschöpft, produziert über den Verein zum Beispiel. Es gibt sie in Scheinform, also Papierform in Münzen, auch elektronisch oder eine Mischform. Dann braucht man Akzeptanzstellen vor Ort, damit man die auch loswerden kann und eintauschen kann und die, der die Geldwirtschaft damit betrieben werden kann. Und es wird in der Regel ein Verrechnungskurs festgelegt in Bezug zum Beispiel auf den Euro oder auf die nationale Währung, die halt gilt. So läuft das.

Milena Preradovic: Und welchen Vorteile haben die diese Regionalwährung? Warum sollte ich das tun?

Dr. Ulrich Gausmann: Na ja, sie sind einmal nicht gebunden an das Wohl und Wehe des Euro, zum Beispiel an Währungsschwankungen. Bzw. werden Schwankungen dort über einen Verrechnungskurs ausgeglichen. Der schlagendste Vorteil, den ich sehe, ist die Kreislaufwirtschaft. Ich habe ein Gespräch geführt mit einem Bürgermeister in Rettenbach. Das ist im Allgäu ein kleiner Ort, wo es auch die auch eine Energiewende Dorf sind übrigens, und die haben eine Währung eingeführt, die heißt der Weichtaler und der Bürgermeister ist ehrenamtlich und der Gemeinderat auch. Und der hat mir erzählt, der Weichtaler wird im Ort verwendet, ein Weichteil entsprechend 5 €. Das ist der Kurs. Damit kann man Wurst und Käse kaufen, kann den Handwerker bezahlen, kann die kommunalen Steuern bezahlen und auch er als Bürgermeister und die Gemeinderäte, deren Sitzungsgelder werden auch in Weichteile bezahlt. Die kann man aber nur im Ort ausgeben, das ist ja klar, was da passiert. Alle profitieren davon, wenn das Geld quasi im Hause bleibt.

Milena Preradovic: Stimmt. Und um das noch besser zu verstehen, habe ich in deinem Buch habe ich ja gelesen die Geschichte des Wunders von Wörgl. Wörgl ist eine Gemeinde in Tirol und da hat der Bürgermeister damals, 1932, sogar die Arbeitslosigkeit gesenkt und teure Projekte umgesetzt mit der Einführung einer Art von Regionalwährung. Kannst du das ganz kurz schildern?

Dr. Ulrich Gausmann: Ja, gerne. Also das Wunder von Wörgl ist ein Filmtitel. Ein sehr sehenswerter Film übrigens dazu. Ich muss ein klein wenig zurückgehen. Das Ganze geht zurück auf Silvio Gesell. Das steckt dahinter. Wer war Silvio Gesell? Silvio Gesell war ein Deutscher, der als Kaufmann nach Argentinien ging 1890 ungefähr und während der Wirtschaftskrisen in Argentinien beobachtete, wie die Menschen sich mit ihrem Geld verhalten. Und er stellte fest: Je höher die Zinsen, desto mehr wird gespart, das Geld gehortet und je niedriger Zinsen wird das Geld in Umlauf gebracht, also ausgegeben. Das hat ihn auf das Zinsthema gebracht, hat dann eine eigene Schrift geschrieben, dass über das Münzwesen als Brücke zum sozialen Staat. Daraus ist dann die Freigeld-Bewegung oder die Freiwirtschaftsbewegung entstanden. Also es geht um den Zins und die Abschaffung des Zinses und den Ersatz des Geldes durch Schwundgeld, das Geld einfach an an Wert verliert, wie andere Waren auch, also verderblich wird. Kartoffeln, Himbeeren kann man ja auch nicht ewig lange aufbewahren, aber Geld kann man fast unbegrenzt aufbewahren. Das wollte er abschaffen und wollte diesen Jokervorteil nannte er das, den man im Kartenspiel ziehen kann, zu jeder Zeit kann man Geld einsetzen, wann man will, aufheben. Also mit einer Parkgebühr praktisch versehen wie in einem Parkhaus. Wenn man zwei Stunden im Parkhaus steht, beeilt man sich beim Einkaufen, weil man sonst nachzahlen muss. Entfällt die Parkgebühr, lässt man sich Zeit. Oder beim Standgeld für Lokomotiven oder Eisenbahnwaggons. Und dieser Michael Unterguggenberger in Wörgl in Tirol hat Gesell studiert und das fiel halt, wie du ja schon sagtest, mitten in die Weltwirtschaftskrise ´32. Und dann hat er mit seinen seinem Gemeinderat in Wörgl den Beschluss gefasst, einstimmig übrigens, Arbeitswertscheine herauszugeben, parallel zu dem österreichischen Schilling, und zwar in einem kleinen Betrag. 32.000 Schilling waren das nur. Das war, umgerechnet auf den Kopf der Bevölkerung, lächerliche sieben Schilling 59.

Dr. Ulrich Gausmann: Nur so viel Geld war in Umlauf, aber Umlauf gesichert, also der Schilling unterlag dem Ganzen. Aber der entscheidende Unterschied war Wertverfall. Der Arbeitswertschein hat nämlich im Monat 1 % an Wert verloren. Das ging so, dass die Marken kaufen mussten. Wir kennen da vielleicht doch von früher, die Rabattmarken, also solche Rabattmarken kaufen mussten. Die mussten aufgeklebt werden, damit der Schein eingetauscht wurde. Und dadurch verlor der Arbeitswertschein pro Monat 1 %, also 12 % im Jahr. Der Effekt war aber, dass das, was die Leute sahen, zu, dass sie die Arbeitswertscheine los wurden, weil die an Wert verloren. Das macht ja gar keinen Sinn, sie zu sparen und aufzuheben, sondern auszugeben in dieser kurzen Zeit. Wir reden über 15 Monate von Juni 32 bis September 33 hat sich der Geldumlauf vervierfacht, um 400 % gestiegen. Der Effekt war auch enorm Einnahmen wurden generiert, Ausgaben, Rückstände wurden aufgeholt, Gewerbesteuern wurden mehr als 34 % erhöht. Das war sogar so, dass der Buchhalter zu Michael Unterguggenberger nach kurzer Zeit ging und ihn ansprach sagte es ist so erstaunlich viel Geld auf dem Konto der Gemeinde angekommen und Betrug vermutete, dass die Arbeitswertscheine kopiert wurden. Das stimmt aber nicht, sondern es war eigentlich nur eine Zunahme der Umlaufgeschwindigkeit und Investitionen wurden getätigt. Wird das doch kurz sagen darf was kam raus? Sie haben zum Beispiel der kurzen Zeit in 15 Monaten eine Sprungschanze neu gebaut, die mehrere Straßen asphaltiert. Sie haben eine Betonbrücke gebaut. Sie haben die Kanalisation des Gemeinde und Schulhauses in Ordnung gebracht. Sie haben eine weitere Notstandsküche eingerichtet, haben den Park umgestaltet, der Bahnhof ist und die Modernisierung der Straßenbeleuchtung. Und dann wurde Wörgl praktisch von einem Meer der Verzweiflung zu einer Insel der Hoffnung, und die Arbeitslosenquote ging auf 15 % zurück, während sie woanders stieg.

Milena Preradovic: Ja, das ist schon spannend. Aber das verderbliche Geld oder Geld, das man quasi ausgeben muss und nicht horten kann, das habe ich auch im Zusammenhang mit der Einführung des digitalen Euros schon gelesen, dass das eventuell auch ein Plan ist, dass man dort Geld eben nicht sparen kann, nicht horten kann, sondern ausgeben muss. Wobei mir da eher mulmig geworden ist.

Dr. Ulrich Gausmann: Ja, natürlich, dass die entscheidende Frage ist die: wer verfügt darüber? Wer bestimmt darüber, welches Geld in Umlauf gebracht wird und wie die Konditionen sind? Solange das die EZB oder andere internationale NGOs oder Einrichtungen sind, bin ich genauso skeptisch wie du. Aber grundsätzlich könnte man das auch anders machen.

Milena Preradovic: Gibt es eigentlich noch andere interessante alternative Projekte in Sachen Finanzen?

Dr. Ulrich Gausmann: Jede Menge gibt es da. Also es gibt bei den Regionalwährungen noch weitere. Ich habe im Buch einige Beispiele aus Deutschland, Italien, Belgien, der Schweiz. Bei der Schweiz gibt es ein interessantes Beispiel, nicht nur aktuell, sondern auch älteren Datums schon. Es gibt die Base, die WIR-Bank. Eine Genossenschaft gibt es schon seit 1934, die seit über 30 Jahren eine eigene Währung emittieren, nämlich den „WIR“ und an den Geldkreislauf des „WIR“ sind angeschlossen 80.000 Unternehmen und es ist das größte mittelständischen Netzwerk in der Schweiz, muss man sich vorstellen, parallel zum Schweizer Franken. Daneben gibt es aber noch im Buch auch dargestellt, solche Beispiele wie Gradido Minuto, Sardex auf Sardinien, Limon am Genfer See, jetzt aktuell auf Blockchain Basis. Ja, und andere.

Milena Preradovic: Wie verrückt. Man erfährt irgendwie gar nichts davon. Jetzt haben wir über so einzelne Projekte geredet. Gibt es eigentlich auch passende Konzepte, wie eine neu gedachte Zukunft 4.0 Aussehen könnte? So eine unabhängige von den jetzigen großen Playern und auch natürlich auch eine, die Sinn macht?

Dr. Ulrich Gausmann: Ja, die gibt es auch meines Erachtens. Am weitesten fortgeschritten sind da die Holländer. Die Holländer waren uns ja auch uns in Anführung weit voraus, schon im 16. Jahrhundert mit dem Handelskapitalismus und ihren Kolonien. Dass aber jetzt ein anderer Zusammenhang. In Holland ist ja auch die Enteignung der Bauern durch Rutte geplant worden. Das schlägt jetzt schon zwei, drei Jahre zurück, und 2020 ist ein Buch erschienen unter dem Titel Society 4.0. Das hat Bob DeWitt geschrieben. Der ist Professor in Inrode in Rotterdam an der Universität, und das fiel zusammen mit dem Beginn einer Bürgerbewegung der Bauern. Die haben natürlich protestiert, sind auf die Barrikaden gegangen. Holland ist ein Agrarland, auch ein Agrarüberschuss. Die leben davon. Und was ist dann passiert? Sie haben dann Crowdfunding gestartet, haben aus dem Geld des Crowdfundings 1000 Server gekauft, haben die in Holland regional verschiedenen Orten stationiert, eine Blockchain Technologie draufgelegt, eine Handelsplattform eingerichtet und Komplementärwährungen programmiert, die elektronisch sind als Schwarmorganisation in Genossenschaften. Ich war vor ein paar Wochen in Holland und dann hat der Bob DeWitt aus der Hosentasche ein Bündel Geldscheine gezogen. Vier verschiedene, die in Holland kursieren, in verschiedenen Regionen vier verschiedene Papiergeldscheine als Alternativwährungen. Und inzwischen ist es so weit, dass sie neun große Bereiche aufgemacht haben, in denen sie tätig sind: Unternehmertum, demokratisches Unternehmertum, regionale Wirtschaft, eine Bank mit lokalem Geld, digitale Infrastruktur, Regionalversorgung, Wasser und Energie, Gesundheit, Regionales gesundes nachhaltiges Essen, Wohnen und Lernen und Entwicklung. Das sind Schulen und solche Dinge.

Milena Preradovic: Aha. Das Denken dahinter ist auch menschlicher Wirtschaften?

Dr. Ulrich Gausmann: Ja, auf jeden Fall. Auf jeden Fall geht es um Regionalisierung. Es geht darum, die Dinge in die eigene Hand zu nehmen. Es geht darum diese verheerende Wachstumsdynamik auszuschalten. Und zwar Produkte zu erstellen und Dienstleistungen zu erstellen, die die Menschen brauchen, die nicht, die sie brauchen sollen und die sie konsumieren sollen, sondern sie wirklich brauchen und die anderen eben nicht. Interessanterweise gibt es inzwischen eine europäische Ausweitung. Es ist inzwischen gibt es Ableger oder Interessenten in Belgien, in Dänemark, Spanien, Italien und in diesem Jahr neuerdings auch in Deutschland. Es gibt einen Telegram Kanal, der heißt Akademie 4.0 und darüber wird das im Moment gesteuert. Also wer sich interessiert, kann ins Buch gucken bei mir und findet dort alle Hinweise.

Milena Preradovic: Ein Kapitel deines Buches heißt ja „Revolution von unten“. Gibt es die bereits?

Dr. Ulrich Gausmann: Meines Erachtens ja. Meines Erachtens gibt es die. Ja, die hat auch schon längst begonnen. Ich datiere den Beginn auf 2008, also etwa die letzte Finanzkrise 2007/2008. Dann gab es weltweit Revolten, Aufstände, Riots dagegen und man hat diese weltweiten Revolten nicht in den Griff bekommen. Dann kam er auf die Nummer mit der Pandemie der Gesundheits-Pandemie, so sehe ich das. Das war eine klassische, für mich konterrevolutionäre Maßnahme, weil man das nicht mehr in den Griff bekam. Also das war für mich kein medizinischer Notfall, sondern ein politischer Notfall. Und es gibt eine heute existierende Sorge ausgehend von der Gesundheit, also Lebensmittel gehören dazu, Krankenversorgung gehört dazu, Pharma gehört dazu, Ärzte und eine dazu kommende weitgehende Delegitimierung des Staates sieht man ja. Wahlergebnisse, Wahlbeteiligungen usw. Weil diese Gesundheitsfrage eine existenzielle ist. Wenn das alles rauskommt, was da im Hintergrund gelaufen ist und vieles kommt ja raus und kommt ja zunehmend raus und dazu trägst du ja auch erheblich bei, zum Beispiel. Die Frage ist dann, was passiert dann? Und es ist ja so, dass viele Menschen beginnen, sich anderen Quellen zuzuwenden, sich woanders informieren. Der grassierende Verlust von Auflagenhöhen der Zeitung, Einschaltquoten bei Fernsehsendungen usw macht das ja deutlich. Und die spannende Frage ist was passiert dann? Und jetzt verbindet sich das vielleicht mit sozialen Forderungen. In Frankreich, wie ich das noch sagen darf, war es so: Wir erinnern uns zum Beispiel an diese Bewegung der Gelbwesten. Das fing mit einer Benzinpreiserhöhung an, das war der Auslöser, hat sich dann mit sozialen Forderungen verbunden. Das war kurz vorm vom Kippen der Macron Regierung. Und dann kam Corona.

Milena Preradovic: Okay, jetzt haben wir die Bauernproteste gegen die Streichung der Subventionen für Agrardiesel. Schauen wir mal, was wird, oder?

Dr. Ulrich Gausmann: Na ja, ich meine, wer sich ein bisschen informiert, weiß ja, was wirklich dahinter steckt. Das ist ja nur die Spitze des Eisberges. Dahinter stecken C40 Städte, Digitalisierung, das ist die Gefangenschaft, von der ich spreche, die Gefangennahme der Menschen im umfassenden Sinne. Wenn wir uns davon befreien, wenn wir uns von der Gefangennahme und der Angst, die damit verbunden ist, befreien und dazu können diese alternativen Gesellschaftsformen, Bewegungen beitragen, dann ist der Weg frei.

Milena Preradovic: Ich bin sicher, dass sich der eine oder andere Zuschauer jetzt fragt Oh, wie kann ich mich jetzt näher informieren?

Dr. Ulrich Gausmann: Das ist eigentlich ganz einfach. Zum einen ganz einfach über das Buch. In dem Buch ist alles ausführlich geschildert. Es gibt auch einen Anhang, wo man weitere Adressen genannt sind, zum Beispiel an die fast 60 Internetseiten, 70,75 Bücher habe ich angegeben, 600 Anmerkungen. Da kann man sich weiter vertieft informieren und weitere Texte auch anfordern über den Verlag. Ich selbst stehe auch für Buchvorstellung und Diskussionen dazu gerne zur Verfügung. Da gibt es eine Adresse, an die man schreiben kann und dann melde ich mich dazu.

Milena Preradovic: Genau die Adresse verlinken wir also unter dem Video und auch deine Buchtermine, also deine Buch und das Vorlese- und Diskussionstermine. Vielen Dank, Uli, für diese Vorstellung dieser interessanten Projekte. Irgendwie geht es mir jetzt auch schon besser. Ich habe jetzt auch schon ein bisschen Energie bekommen und im Buch gibt es natürlich noch viele andere. Du hast es gesagt. Aber nicht nur das. Es gibt auch ganz spannende Einordnungen. Wir haben jetzt nur einen Teil des Buches besprochen. Es gibt spannende Einordnungen der wirtschaftlichen Jetztzeit und auch einen ordentlichen Blick in die Zukunft. Und da erfahrt ihr auch, wie der Uli so denkt. Danke, dass du da warst.

Dr. Ulrich Gausmann: Ja, danke fürs Gespräch. Viel Erfolg weiterhin.

Milena Preradovic: Danke schön. Tja, Leute machen macht glücklich. Ja, das ist ganz klar. Mal ganz abgesehen davon, dass machen der Regierung und den Profiteuren zeigt, dass wir Bürger und keine Lämmer sind. Ich wünsche euch eine gute Zeit. Bis bald.

Interview with Dr. Ulrich Gausmann (english)

Milena Preradovic: Many people look to the future with great fear. Time has revealed how quickly civil rights and personal responsibility can be undermined. There is growing concern about disenfranchisement, price explosions, impoverishment, the abolition of cash and the digital euro. There is also a growing longing for parallel societies, for doing something ourselves against the dictates from above and also for a more humane society in which the economy and finances are there for people and not the other way around. And they do exist, these tangible projects. My guest took a look around the scene of alternative economic and financial projects: What makes sense, what works? That’s what we’re going to talk about in Punkt Preradovic. Hello, Dr. Ulrich Gausmann. Nice to have you here.

Dr. Ulrich Gausmann: Yes, thank you very much for inviting me. I’m delighted too.

Milena Preradovic: Let me introduce you briefly. You are a bookseller, author and social scientist. Your main areas of interest are the analysis and critique of capitalism, the sociology of social movements and contemporary political issues. You have also taught children and young people with learning disabilities. During the Corona period, you quickly became critical and realized how people were asking themselves what an economically secure and humane future could look like. Launch of the book Economy and Finance Reimagined Revolution of Humanity. From the series Der große Weg des Massenverlages. You spoke to the initiators of various alternative economic and financial projects. We hear and read very little about these alternative economic projects. Roughly how many projects are there? And how many have you looked at?

Dr. Ulrich Gausmann: It’s almost impossible to count how many there are worldwide, especially as new ones are constantly being added or others are going under. In the book itself, I looked more or less closely at around 20 projects. But that’s just an example. It’s just a small selection and then in the areas of production, trade and monetary systems.

Milena Preradovic: Is there something that all these projects have in common?

Dr. Ulrich Gausmann: Yes, you could perhaps say that basically they all want to get out of the growth imperative, out of this logic of profit and gain for the benefit of individuals. So you could perhaps say that this is a path from profit to need, perhaps from wanting to have to have or have to have. That’s where it’s developing. Incidentally, Wolfgang Fabricius once formulated this very nicely in a book. Profit-free spaces is the name of the book in which he explores this. It’s always about solidarity-based ownership, self-organized production, distribution and payment systems.

Milena Preradovic: Then I’d say we should take a closer look at a few, I noticed the „menschlich wirtschaften“ project? Tell me about it!

Dr. Ulrich Gausmann: Yes, menschlich wirtschaften is indeed a very, very interesting project. It’s actually much more than just a project. It is now an established cooperative, based in Stralsund, has around 300 cooperative members and is a typical „Corona foundation“. So it has only been around for two years. It started with a trading platform, i.e. setting up a trading platform where interested parties can offer their products and services. The interesting and unique feature of the cooperative is that it is structured according to certain principles, namely the principles of the threefold social structure. This goes back to Rudolf Steiner, to Steiner’s social reform around 100 years ago, at the end of the First World War. And the aim is actually to bring together suppliers, namely regional and consumers, in other words to organize something like an associative economy, a separate sales market. And via the trading platform, where, as I said, you can come into contact with interested parties and generate sales, a small proportion of the sales go to the cooperative. And the cooperative in turn uses these funds to finance its own projects. There are already a few that have been created. The latest one, for example, is the production of olive oil in Greece. This has been co-financed by the cooperative, as has a free school on Usedom. And I had just spoken of Steiner, the school would now belong in the area of spiritual life, and the production of olive oil would belong in the area of economic life. But there is much more. There are travel offers, there is health, shopping, crafts, artists can present themselves, housing projects, and the whole thing is accompanied by an academy. If you want, you can get anthroposophical training. That would also belong in the area of spiritual life.

Milena Preradovic: And they also deal with healthcare. I believe Dr. Wodarg is also involved.

Dr. Ulrich Gausmann: Yes, he is one of the initiators and or founders, as you can say. I think there are two areas at the moment, and competence teams have been formed. One team is working on the topic of health centers. It’s about setting up outpatient health centers and the help consists of researching and applying for funding. You also need business knowledge to set up something like this, private and statutory health insurance practices. You need architects and experts to value real estate. That’s one area. And the second area is called houses of healing. These are practices, but also more: clinics, residential groups, gardens of recovery, for example, in other words more comprehensive, holistic medicine. There is also a competence team that meets once a month, meets online and discusses the status of things.

Milena Preradovic: And the human aspect of human economies is that they generate profits, i.e. they generate growth, but they immediately transfer this back into human projects, or how should I imagine that?

Dr. Ulrich Gausmann: Yes, the fundamental difference is that profits are made, there is no other way. But they don’t flow into the pockets of individuals, they flow into the cooperative and from there back into projects. So then, nobody enriches themselves personally. That’s not possible in the cooperative. And it goes to projects defined by the cooperative. You can also offer projects, for example if you need support and help. Or you can look for them yourself.

Milena Preradovic: What we’re facing right now are the problems in agriculture that everyone is talking about. The small farms are disappearing and the large ones are benefiting far more from subsidies. There are also rumors of supply bottlenecks in general. What promising projects are there in the direction of self-sufficiency?

Dr. Ulrich Gausmann: Yes, we’ve just had the farmers‘ protests this week. They didn’t happen by chance, but the farmers are really up against it. And on a large scale. This is not a new problem. It’s an older problem, not only in Germany but also in Europe. I have found an example that I think is very newsworthy. It is the Regionalwert AG in Freiburg. It was founded more than ten years ago. The special thing about it is that it concentrates on the supply of food in the regions with the aim of achieving food sovereignty, i.e. the farmers in the region who have farms that are either too small to generate a return or are too small to get loans, who are trapped, in a dead end in fact. And then Regional wert AG does the following It issues shares, it is a public limited company, and farms are acquired with this money, from the shares. Or you take a stake in it. But not just like that, it’s tied to compliance with sustainability criteria. This is part of the broad area of the economy for the common good, for example, that biodiversity is respected, i.e. no monocultures, a certain quality of work and, above all, regional value creation. Well, and that leads to slaughterhouses being mobile or local instead of lengthy animal transport, short delivery routes, a circular economy, jobs with social insurance instead of migrant workers as we know them from the large slaughterhouses, compost from our own livestock and no synthetic fertilizers, for example from Russia, Ukraine or elsewhere.

Milena Preradovic: And do they then sell the products in their own stores or how do they get them to the people?

Dr. Ulrich Gausmann: That’s exactly how the value chain continues. We have our own stores where the products are sold. That also works very, very well. There is something else too. We have our own IT service accounting, there is a different balance sheet. We all know the financial balance sheets or commercial balance sheets, that’s the normal thing. You have developed your own accounting technique called QuarterVista. And in this accounting technique, sustainability performance is assessed and also remunerated. So, as I just said, biodiversity, diversity, jobs, i.e. qualitative characteristics are also remunerated, which are financed via a fund, i.e. additionally remunerated if the criteria are met. In the meantime, this has also expanded. As far as I know, there are eight regional value tags in Germany, and more are being planned for farms, foodstuffs, craftspeople, traders and restaurateurs. And you can see very clearly how this is bearing fruit. In the meantime, the AG has also won sustainability prizes, as early as 2009 and I think again in 2020. Especially with this evaluation system of its own performance accounting.

Milena Preradovic: And if someone now says: „Oh, I think that’s interesting, I’d like to take part“, what do they do?

Dr. Ulrich Gausmann: Then he turns to Regionalwert AG, buys shares there, which is limited. Or profit participation rights, which are two different ways in which you can participate and then become a co-shareholder or holder of profit participation rights and can support these things financially within a limited framework.

Milena Preradovic: Another interesting approach is one that can save small farms. The keyword is care farms.

Dr. Ulrich Gausmann: Yes, that’s an interesting situation. I only came across it myself by chance. It’s also older, I think 2011, developed by Guido Pusch in a small village in Marienrachdorf, which is in the Westerwald. He converted his own farm and set up apartments there for senior citizens. I think 22 people live there now. It’s basically a running farm with social services, i.e. accommodation and care for older people. These are not necessarily people in need of the most severe care, but simply older people who have limitations. And they are looked after by care professionals who now have their own care service and the farming family. So this is more than what is normally known as a multi-generational flat share, i.e. animals, cattle, pigs, cats, chickens, bees, alpacas, geese, etc. The animals are looked after, the women go to the henhouse in the morning and collect the eggs.

Milena Preradovic: The senior citizens?

Dr. Ulrich Gausmann: Exactly. And in a short film report, which is also available on SWR, you can see an elderly gentleman, I think somewhere between 75 and 80 with a cap on his hat, sitting happily on a tractor and helping to bring in the harvest. You can imagine that immediately. This gave rise to our own advisory concept. This now exists and there are now over 20 projects. And I’ve been told on the phone that there are even inquiries from as far away as Japan who are interested in this care farm. That’s exciting.

Milena Preradovic: Yes, totally exciting. And also so logical. But you need an open mind to come up with something like that. And you also write in your book about how we are wrongly influenced by thought traps and beliefs that we have been led to believe. I would like to hear that very briefly: What kind of beliefs are these?

Dr. Ulrich Gausmann: We’re actually all familiar with them. We have believed or still believe in them ourselves. For example, that private ownership of public goods is only ever good and serves to preserve them. When I look at the railroads or the post office, I put a big question mark next to it. That used to be a public company too.

Milena Preradovic: Or the British railroads?

Dr. Ulrich Gausmann: Exactly the same applies to hospitals, etc. Or that, for example, this dogma that continuous economic growth, as we know it, is absolutely necessary in order to live well. That is precisely the issue that others are questioning and saying that this kind of growth is precisely the opposite of what we need. Or the consumption of art, for example. As much consumption as possible makes us happy. So consumer fetishism, that is being questioned, these are, these are these thought traps or beliefs.

Milena Preradovic: That also goes together. In other words, to some extent there is only more growth if we believe that we have to consume more and more.

Dr. Ulrich Gausmann: Yes, of course. But the results of growth are not equally good for everyone involved. So if you look closely, who is actually growing and with what consequences. That is precisely the problem we are facing.

Milena Preradovic: Yes, yes, exactly. Sure, the little people aren’t growing with us. That’s the gap. It’s getting wider, as we now know. But how do I get out of these beliefs? Simply saying: „Oh, I don’t believe it anymore“ is not that easy.

Dr. Ulrich Gausmann: No, you actually get out of it through your own actions. I got to know Peter Schmuck in connection with the research. Perhaps we’ll come back to him and I’ll call him Schmuck’s postulates. He listed a few ways in which you could actually approach things instead. For example, he says: „Look, get out of this rabbit position and take a look at the bigger picture of life, be openly curious, confide in people, set ambitious goals, be specific, plan intermediate steps, take part in political protests and win new supporters in the process“. I think that’s what has happened to everyone in recent years. Looking for inspiration from others. Seeing what others are actually doing, how things work elsewhere, networking, joining forces, encouraging others, also taking a look at the „sparklers“, the movers and shakers, joining them and, most importantly, perhaps celebrating success in the end.

Milena Preradovic: Yes, Gerald Hüther calls it that, the neuroscientist, the brain researcher says that it’s a transformation when you get into action, into doing, in other words, when you get involved in such projects, it does something to you. Is that what you mean, or what else does it do to us?

Dr. Ulrich Gausmann: I’m probably referring to a change in consciousness, a change in awareness that is triggered by the change in circumstances in which I find myself. It doesn’t just fall from the sky. So you can’t wish for it, so to speak, or read about it somewhere, but you have to experience it through practical action. And this practical activity in a different environment, with other people involved, above all with things that interest you, that you are passionate about. Once you’ve found your thing, you can hardly be stopped and that also changes your consciousness. And that literally carries you on a wave. At least for a while. And maybe that’s what it means.

Milena Preradovic: Yes, and the pessimism that has afflicted so many people at the moment or in recent years. I think that simply disappears into thin air when you do something that fulfills you, when you see success, doesn’t it?

Dr. Ulrich Gausmann: Yes, of course, of course. It’s a different question of perception, of physical perception and also a different way of looking at the world. I can always look and say the glass is half empty and the other person comes in and says: „Why? What’s the problem? The glass is half full“.

Milena Preradovic: That’s right. Let’s come back to a few projects. Energy and the fear of unaffordable energy is also a major hot topic. That’s what people are concerned about. And there’s the energy transition village project, how does that work?

Dr. Ulrich Gausmann: Yes, it really is a serious issue. It’s not something that has been plucked out of the air. The energy transition villages are linked to Peter Schmuck, who I mentioned earlier. Peter Schmuck is or was a professor of psychology, most recently in Göttingen, but has also worked at several universities, has traveled around the world and in ’97 started to work with his own team on the topic of energy supply and regionally available sustainable raw materials, i.e. wood, straw, biomass, etc. and then founded the first energy transition village in 2005 in Jüde near Göttingen, which is a small town near Göttingen. What is the outcome? In the end, the villages produce almost 100% of their own electricity, around 50% of their heat and their own fuel. There are now over 160 energy transition villages, smaller towns or landscapes, regions across Germany that have joined forces and are doing so all over the country. You can also look them up on the Energiewende Villages website. There’s also a map of everything in my book.

Milena Preradovic: And what do the inhabitants of these energy transition villages pay for energy compared to others?

Dr. Ulrich Gausmann: I can’t say exactly for every village. I’ll give you an example. It’s also in the book. From the village of Feldheim. It’s a small village near Treuenbrietzen in the Berlin area. A kilowatt hour of electricity costs €0.12 and heat costs 7.5 cents per kilowatt hour.

Milena Preradovic: That’s 1/3 of the normal price?

Dr. Ulrich Gausmann: Yes. The figure is about a year old or 3/4 of a year old. The people involved sit back and relax and say: „We’re not interested in the energy transition or the climate hammer or the double hammer or the stimulus hammer, we’re not affected“.

Milena Preradovic: So this is a project that will probably grow. Is this regional energy supply the future?

Dr. Ulrich Gausmann: It is definitely part of the future. The examples show that. If you look further and say it could be the future for supplying a large corporation like BASF, for example, or a car manufacturer, I can’t say. In any case, it is definitely an alternative for private spaces.

Milena Preradovic: Yes, I find that super exciting. The topic of regional currencies is also exciting in your book and I wonder what they actually are. Because they’re not really supposed to be currencies.

Dr. Ulrich Gausmann: Yes, exactly, that’s a bit of a terminological problem. A currency is called a currency if it is authorized by the national central bank or the ECB. That is an authorized currency. For us, that’s the euro and the cent. What we are actually talking about now are complementary currencies. Complementary currencies are those that supplement the current official currency, so to speak, or represent an alternative. There are now a huge number of them worldwide. It’s not just a German issue, I would say there are at least 10,000 or more alternative complementary currencies. But that also includes cryptocurrencies against around 200 national currencies that complement each other. And the special thing is the regional currencies. These are currencies that are tied to a specific region and are linked to the local economy. The best-known example is the Chiemgauer. As the name suggests, it has been around for ages and originated in the Chiemgau region, i.e. the area around Rosenheim and Traunstein. There are no official currencies there either, but they are tolerated. The Federal Financial Supervisory Authority (BaFin) has made an exception to this if it remains geographically limited. In practice, they don’t regard vouchers as a real currency.

Milena Preradovic: What I had also read in your book, I had seen before, but have now read again, is that according to Oxfam, the wealth of the richest eight billionaires is greater than that of the bottom half of the world’s population. And that’s around 3.6 billion people. And the current financial system mainly benefits the rich. You described this quite clearly in your book. So for that reason alone, we regional currencies have their own charm. But how exactly do they work and what advantages do they have in the end?

Dr. Ulrich Gausmann: Yes, regional currencies are brought into the world by founding an association that issues them. That’s how it actually works. As a rule, they all have something in common. As a rule, they have no interest. There is no interest, they are locally and regionally linked. They are created democratically at grassroots level, produced via the association, for example. They are available in bill form, i.e. paper form in coins, also electronically or in a hybrid form. Then you need local acceptance points so that you can get rid of them and exchange them, and so that the money economy can be operated with them. And as a rule, a conversion rate is set in relation to the euro, for example, or to the national currency that applies. That’s how it works.

Milena Preradovic: And what are the advantages of this regional currency? Why should I do that?

Dr. Ulrich Gausmann: Well, for one thing, they are not tied to the weal and woe of the euro, for example currency fluctuations. Fluctuations are balanced out by a clearing rate. The most striking advantage I see is the circular economy. I had a conversation with a mayor in Rettenbach. It’s a small town in the Allgäu, where there is also an energy transition village, by the way, and they have introduced a currency called the Weichtaler and the mayor is a volunteer, as is the local council. And he told me that the Weichtaler is used in the village, one soft part equals €5. That’s the exchange rate. You can use it to buy sausage and cheese, pay the craftsman, pay local taxes and he as mayor and the local councillors, whose meeting fees are also paid in soft parts. But you can only spend it in the village, it’s clear what happens there. Everyone benefits when the money stays at home, so to speak.

Milena Preradovic: That’s right. And to understand this even better, I read the story of the miracle of Wörgl in your book. Wörgl is a municipality in Tyrol and back then, in 1932, the mayor even reduced unemployment and implemented expensive projects by introducing a kind of regional currency. Can you briefly describe that?

Dr. Ulrich Gausmann: Yes, with pleasure. So the miracle of Wörgl is a movie title. A very worthwhile movie, by the way. I have to go back a little. The whole thing goes back to Silvio Gesell. That’s what’s behind it. Who was Silvio Gesell? Silvio Gesell was a German who went to Argentina as a merchant in 1890 or thereabouts and observed how people behaved with their money during the economic crises in Argentina. And he noticed that the higher the interest rates, the more people saved and hoarded money and the lower the interest rates, the more money was put into circulation, i.e. spent. This brought him to the topic of interest rates, and he then wrote his own paper on the coinage system as a bridge to the social state. This gave rise to the free-money movement or the free-market movement. So it is about interest and the abolition of interest and the replacement of money with shrinkage money, which simply loses value like other goods, i.e. becomes perishable. You can’t keep potatoes and raspberries forever, but you can keep money almost indefinitely. He wanted to abolish that and wanted to call it the joker advantage, which you can draw in a card game, you can use money at any time, whenever you want, keep it. In other words, a parking fee, just like in a parking garage. If you stand in the parking garage for two hours, you have to hurry to do your shopping because otherwise you have to pay extra. If there is no parking fee, you take your time. Or the parking fee for locomotives or railroad wagons. And this Michael Unterguggenberger in Wörgl in Tyrol studied Gesell and, as you said, that was in the middle of the world economic crisis in ’32. And then he and his local council in Wörgl decided, unanimously by the way, to issue work value bills, parallel to the Austrian schilling, and in a small amount. It was only 32,000 schillings. Converted to the head of the population, that was a paltry seven shillings 59.

Dr. Ulrich Gausmann: Only that much money was in circulation, but circulation was secured, so the schilling was subject to the whole thing. But the decisive difference was depreciation. The labor voucher lost 1% of its value per month. This meant that the stamps had to be bought. Perhaps we know this from earlier times, when they had to buy discount stamps. They had to be stuck on so that the ticket could be exchanged. As a result, the work voucher lost 1% per month, i.e. 12% per year. But the effect was that what people saw was that they got rid of the work vouchers because they lost value. It makes no sense to save them and keep them, but to spend them in this short period of time. We are talking about 15 months, from June 32 to September 33, the amount of money in circulation quadrupled, increasing by 400%. The effect was also enormous: income was generated, expenditure, arrears were made up, business taxes were increased by more than 34%. It was even such that the accountant went to Michael Unterguggenberger after a short time and told him that an astonishing amount of money had arrived in the municipality’s account and suspected fraud, that the work vouchers had been copied. But that wasn’t true, it was actually just an increase in the rate of circulation and investments were being made. Will you briefly say what came out? For example, they built a new ski jump in 15 months and asphalted several roads. They built a concrete bridge. You repaired the sewage system of the community and school building. They set up another emergency kitchen, redesigned the park, the railroad station and modernized the street lighting. And then Wörgl practically went from a sea of despair to an island of hope, and the unemployment rate fell to 15%, while it rose elsewhere.

Milena Preradovic: Yes, that’s exciting. But the perishable money or money that you have to spend and can’t hoard, so to speak, I’ve already read in connection with the introduction of the digital euro that this is possibly also a plan, that you can’t save money there, can’t hoard it, but have to spend it. Although that made me rather queasy.

Dr. Ulrich Gausmann: Yes, of course, the crucial question is: who has it? Who decides what money is put into circulation and what the conditions are? As long as it’s the ECB or other international NGOs or institutions, I’m just as skeptical as you are. But in principle, it could be done differently.

Milena Preradovic: Are there actually any other interesting alternative projects in terms of finance?

Dr. Ulrich Gausmann: There are plenty. So there are other regional currencies. I have some examples in the book from Germany, Italy, Belgium and Switzerland. There is an interesting example from Switzerland, which is not only current, but also older. There is the base, the WIR Bank. There has been a cooperative since 1934, which has been issuing its own currency, the „WIR“, for over 30 years and 80,000 companies are connected to the „WIR“ money circuit and it is the largest SME network in Switzerland, you have to imagine, parallel to the Swiss franc. But there are also examples in the book, such as Gradido Minuto, Sardex in Sardinia, Limon on Lake Geneva, now currently on a blockchain basis. Yes, and others.

Milena Preradovic: How crazy. You somehow don’t hear anything about it. Now we’ve talked about individual projects. Are there actually any suitable concepts for what a reimagined future 4.0 could look like? One that is independent of the current big players and, of course, one that makes sense?

Dr. Ulrich Gausmann: Yes, in my opinion there are. The Dutch are the most advanced in this respect. The Dutch were way ahead of us in terms of leadership, back in the 16th century with merchant capitalism and their colonies. But that’s a different context now. In Holland, Rutte is also planning to expropriate the farmers. This has already happened two or three years ago, and in 2020 a book was published entitled Society 4.0, written by Bob DeWitt. He is a professor at Inrode University in Rotterdam, and it coincided with the start of a farmers‘ civil movement. They protested, of course, and took to the barricades. Holland is an agricultural country, with an agricultural surplus. They live off it. And what happened then? They then started crowdfunding, used the crowdfunding money to buy 1,000 servers, stationed them in various regional locations in Holland, added blockchain technology, set up a trading platform and programmed complementary currencies that are electronic as a swarm organization in cooperatives. I was in Holland a few weeks ago and then Bob DeWitt pulled a bundle of banknotes out of his trouser pocket. Four different ones circulating in Holland, four different paper bills as alternative currencies in different regions. And in the meantime, they have opened up nine large areas in which they are active: Entrepreneurship, democratic entrepreneurship, regional economy, a bank with local money, digital infrastructure, regional supply, water and energy, health, regional healthy sustainable food, housing and learning and development. These are schools and things like that.

Milena Preradovic: I see. The thinking behind this is also more humane management?

Dr. Ulrich Gausmann: Yes, definitely. It’s definitely about regionalization. It’s about taking things into our own hands. It’s about eliminating this devastating growth dynamic. It’s about creating products and services that people need, not that they should need and that they should consume, but that they really need and that others don’t need. Interestingly, there is now a European expansion. There are now offshoots or interested parties in Belgium, Denmark, Spain, Italy and, this year, also in Germany. There is a Telegram channel called Academy 4.0, which is currently being used to manage the project. So if you’re interested, you can look in my book and find all the information there.

Milena Preradovic: One chapter of your book is called „Revolution from below“. Does it already exist?

Dr. Ulrich Gausmann: In my opinion, yes. In my opinion, it does exist. Yes, it started a long time ago. I date the beginning to 2008, around the last financial crisis in 2007/2008. Then there were revolts, uprisings, riots against it worldwide and these worldwide revolts were not brought under control. Then he came up with the number with the health pandemic, that’s how I see it. That was a classic counter-revolutionary measure for me, because they couldn’t get a grip on it. So for me, it wasn’t a medical emergency, but a political emergency. And there is a concern that exists today based on health, i.e. food is part of it, health care is part of it, pharmaceuticals are part of it, doctors are part of it and you can see the extensive delegitimization of the state. Election results, voter turnout, etc. Because this health issue is an existential one. When all this comes out, what has been going on in the background and a lot of things are coming out and are increasingly coming out and you are also making a significant contribution to this, for example. The question is, what happens then? And the fact is that many people are beginning to turn to other sources and look for information elsewhere. The rampant loss of newspaper circulation, TV ratings, etc. makes this clear. And the exciting question is what happens then? And now this is perhaps combined with social demands. In France, if I may say so, it was like this: we remember the yellow vest movement, for example. It started with a petrol price hike, that was the trigger, and then it was combined with social demands. That was shortly before the Macron government was toppled. And then came corona.

Milena Preradovic: Okay, now we have the farmers‘ protests against the removal of subsidies for agricultural diesel. Let’s see what happens, shall we?

Dr. Ulrich Gausmann: Well, I mean, anyone who does a bit of research knows what’s really behind it. That’s just the tip of the iceberg. Behind it are C40 cities, digitalization, that’s the captivity I’m talking about, the captivity of people in the broad sense. If we free ourselves from this, if we free ourselves from the imprisonment and the fear associated with it, and these alternative forms of society and movements can contribute to this, then the path is clear.

Milena Preradovic: I’m sure that one or two viewers are now asking themselves Oh, how can I find out more?

Dr. Ulrich Gausmann: That’s actually quite simple. Firstly, quite simply via the book. Everything is described in detail in the book. There is also an appendix where you can find further addresses, for example almost 60 websites, 70.75 books I have listed, 600 notes. You can get more in-depth information there and also request further texts from the publisher. I myself am also available for book presentations and discussions. There’s an address you can write to and I’ll get back to you.

Milena Preradovic: So we’ll link the address under the video and also your book dates, i.e. your book and the reading and discussion dates. Thank you very much, Uli, for introducing us to these interesting projects. Somehow I’m already feeling better. I’ve already got a bit of energy and of course there are many more in the book. You’ve said it. But not only that. There are also very exciting classifications. We’ve only discussed part of the book. There are exciting classifications of the current economic situation and also a good look into the future. And you can also find out what Uli thinks. Thank you for being there.

Dr. Ulrich Gausmann: Yes, thank you for talking to us. Good luck for the future.

Milena Preradovic: Thank you. Well, making people happy. Yes, that’s quite clear. Quite apart from the fact that making people shows the government and the profiteers that we are citizens and not lambs. I wish you a good time. See you soon.

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3 Kommentare

  1. Sofie

    Thank you for the translation in English!

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  2. Esbe

    Recht interessant das Gespräch, doch die eine oder andere Frage stellt sich mir doch.
    Z.Bsp. zu den sich selbst energieversorgenden Dörfern. Grundsätzlich gute Idee, doch nur in einem übersichtlichen örtlichen Rahmen durchsetzbar. Vor allem: wagen diese Dörfer denn wahrhaftige Autarkie und Autonomie? Ist es nicht doch so, daß (falls notwendig) die Versorgung durch ext.Energieversorger aufrechterhalten wird? Kann das Dorf ausreichend Energie aufbringen, wenn das Windrad steht und wieder zum Anlaufen gebracht werden muß? Sind in den 0,12Cent/kwh eine Beteiligung an der notwendigen Infrastruktur (Umspannwerke, Freileitungen, Netzüberwachung, Betriebsführung) und den vielen Menschen, die daran mitarbeiten,enthalten oder dürfen das solidarisch die lieben Mitbürger zahlen? Wird nicht auch eingespeist und nach erfolgter Abregelung, weil das Stromnetz mal wieder durch die vielen Einspeiser überlastet ist, evtl.die Hand aufgehalten(es steht einem ja zu!) -wieder solidarisch durch die Mitbürger finanziert?
    Trägt sich das auch ohne öffentliche Förderung? Dann gern mehr davon.

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  3. Astrid Wenke

    Das Thema ‚Geld‘ finde ich sehr interessant! Zur Zeit lese ich von Monika Stemmer ‚Staat, Macht, Geld‘, erschienen vor 1/2 Jahr im Westend Verlag. Vorgestellt wird die Modern Money Theorie. Anliegen der Autorin ist, Gerechtes Wirtschaften und letztlich auch Ausstieg aus der Wachstumsspirale.Allerdings auf der Basis von Zentralbankgeld und mit hohem Vertrauen in den Guten Willen staatlicherseits. Das bringt mich zum Schlucken unter anderem, wenn Corona Massnahmen selbstverständlich als sinnville Massnahme da stehen, ändert aber nichts daran, dass die Modern Money Theorie ein intetessanter Blick aufs Geld ist und Frau Stemmer die wirtschsftlich-geldlichen Zusammenhänge sehr verständlich vermittelt. Ausserdem hat die Staatsgläubigkeit der Autorin den Vorteil, dass sich Habeck Aussprüche ‚Das finanziert der Staat, nicht der Bürger‘ einordnen lassen. Ich finds erhellend! Bin etwa bei der Hälfte.

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