„Hochschulen sind heute nur noch Pfeiler des Wahrheitsregimes.“ Das sagt der Medienforscher Prof. Dr. Michael Meyen. Der kritische Kommunikationswissenschaftler der Uni München ist selbst einer Cancel-Kampagne ausgesetzt, angeführt von medialen Attacken, die die Universität unter Druck setzen. Der Autor von „Wie ich meine Uni verlor“ meint: „Mit der Einführung des Bologna-Prozesses hat die Unterwerfung der Unis begonnen. Wissenschaft dient heute in erster Linie der Legitimierung von Politik. Durch den schulischen Aufbau interessieren sich Studenten sich vor allem für Regelwerk und Noten – Neugierde und Debattenlust bleiben auf der Strecke.“ Die Unterwerfung der Unis sei deswegen so wichtig, weil dort die künftigen Entscheider ausgebildet werden.
Buchbestellung „Wie ich meine Uni verlor“ : https://www.eulenspiegel.com/verlage/edition-ost/titel/wie-ich-meine-uni-verlor.html
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Interview mit Prof. Dr. Michael Meyen (deutsch)
Milena Preradovic: Was passiert gerade an Deutschlands Universitäten? Der Ort der freien Lehre des freien Denkens hat sich in der Corona Zeit komplett der rigiden Maßnahmen-Politik unterworfen und mitgemacht. Wer nicht im Sinne des Systems spurte, der wurde ausgegrenzt und gemobbt. Und nach Corona geht es nahtlos weiter. Professor Ulrike Guerot, die sich kritisch mit dem Ukrainekrieg auseinandergesetzt hat, verlor unter einem Vorwand ihre Anstellung bei der Uni Bonn. Und auch mein Gast bekommt gerade die Wucht des medial politischen Zensurkomplexes zu spüren. Er sagt: „Die Unterwerfung der Unis hat schon viel früher begonnen und ist deswegen so wichtig, weil dort die künftigen Entscheider herangezogen werden.“ Darüber sprechen wir und über vieles mehr. Jetzt in Punkt Preradovic. Hallo, Professor. Dr. Michael Meyen. Schön, dass du da bist.
Prof. Dr. Michael Meyen: Danke für die Einladung.
Milena Preradovic: Ich stell dich kurz vor. Du bist Kommunikationswissenschaftler und seit 2002 Professor beim Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung an der Ludwig Maximilians Universität in München. Du hast in den 90er Jahren selber schon als Journalist gearbeitet, zum Beispiel beim Sender MDR Info und der Leipziger Volkszeitung und warst Lehrbeauftragter an den Unis Leipzig und Halle. Deine kritische Haltung gegenüber den Corona Maßnahmen und dem real existierenden Journalismus haben dir an deiner Uni viel Ärger eingebracht. Momentan läuft ein Disziplinarverfahren gegen dich. Du hast außerdem einen Blog namens Medienrealität und bist Autor einiger Bücher. Über den Bestseller „Die Propaganda Matrix“ haben wir schonmal gesprochen. Dein neuestes Buch heißt: „Wie ich meine Uni verlor – 30 Jahre Bildungskrieg Bilanz eines Ostdeutschen“. Ich bin ja echt über den Untertitel gestolpert. Was verstehst du unter 30 Jahre Bildungskrieg?
Prof. Dr. Michael Meyen: Der Untertitel war ein Kampf. Mein Untertitel hieß eigentlich „ein Report aus dem Herzen der Macht“. Ich wollte zeigen, wie wichtig Wissenschaft für das System heute ist. Wollte zeigen, wie dieser Motor des Wahrheitsregimes funktioniert. Der Verleger meinte aber, das ist Schwurbelei. Ich bin ja diesmal zu einem Verlag gegangen, der nicht in der Anti Corona Blase beheimatet ist und der meinte, wir müssen was anderes machen. Wir müssen anknüpfen an Debatten über Ostdeutschland, die von Dirk Oschmann und Katja Heuer zum Beispiel angetrieben worden sind. Und wir müssen irgendwie dieses Bildungsthema da reinbringen. Und dann habe ich lange mit dem Covergestalter Robert Schumann, der auch schon dieses Buch „die Propagandamatrix“ gemacht hat, diskutiert. Und wir kamen am Ende auf diese „30 Jahre Bildungskrieg“, die den Inhalt ein bisschen überziehen, weil es nicht genau 30 Jahre sind. Das, was ich da beschreibe, geht eher in den späten Neunzigern los. Ich beschreibe ja auch ein bisschen meine Studienzeit in der DDR. Deswegen hieß es erst 35 Jahre. Wir haben uns dann auf 30 geeinigt, weil das so ein fassbares Zeitraum zu sein scheint.
Milena Preradovic: Und was ist jetzt der Bildungskrieg?
Prof. Dr. Michael Meyen: Der Bildungskrieg ist der Kampf gegen die Universität als ein Ort, an dem man erwachsen werden kann. Das ist die Frage, was ist Bildung? Für mich ist Bildung, das beschreibe ich in dem Buch, für mich ist Bildung Erwachsen werden, Urteilskraft gewinnen. Also in der Lage sein, selbst zu Entscheidungen zu kommen, Informationen zu sammeln und sich so zu entscheiden, dass man vielleicht auch mal gegen die Empfehlungen, die in Leitlinien gegeben werden oder von anderen Instanzen gegeben werden, handeln kann. Diese Möglichkeit, Urteilskraft zu entwickeln, war, das ist meine Erinnerung in der alten Universität eher gegeben, als es heute der Fall ist. Der Bildungskrieg, den ich da beschreibe, vollzieht sich auf allen Ebenen von der Lehre über das Verhältnis zu den Professoren bis zur Ausrichtung der Forschung, letztlich sogar bis zur Besoldung von Professoren der, wo man letztlich ein System installiert hat, das Professoren zwingt, nach politischem Geld zu schauen und bestimmte Publikationsformen zu bevorzugen und andere dafür wegzulassen.
Milena Preradovic: Du hast auch das Bologna System als einen Verursacher für diesen Bildungskrieg klar gemacht. Was hat Bologna verändert an den deutschen Universitäten?
Prof. Dr. Michael Meyen: Ja, Bologna kommt ja parallel mit Pisa, das läuft beides Hand in Hand und ist jetzt 25 Jahre, 30 Jahre her. Man bekommt ja, wenn man Zeitzeuge ist, das gar nicht so, was da passiert. Ich selbst habe es auch nicht mitbekommen. Ich bin Professor geworden, als gerade die ersten Bachelorstudiengänge eingeführt worden sind. Und die ganzen ersten zehn Jahre hat sich das nicht sehr viel anders angefühlt als in der Magister und Diplomzeit. Zum einen, weil ältere Studenten noch da waren, Leute, die das alte System kannten und den Jüngeren einfach gesagt haben, wie so ein Universitätsstudium auszusehen hat, dass es da Partys geben muss, dass man Vorlesungen einfach mal auslässt, dass es auch nicht so darauf ankommt, jedes Semester alles zu machen, was verlangt ist, sondern einfach sich Zeit zu nehmen, um erwachsen zu werden. Dazu kam, dass die Dozenten aus dieser alten Magister und Diplomzeit kamen und einfach ihre Konzepte weiter weitergemacht haben. Aber im Laufe der Zeit schleichend hat sich das verändert. Im Laufe der Zeit haben sich die Prüfungsformen verändert. Mein wichtigster Unterschied ist, glaube ich, dass heute in jeder Veranstaltung am Ende ein Leistungsnachweis zu erbringen ist. Manchmal werden zwei oder drei Veranstaltungen gebündelt. Man macht am Ende einer solchen Veranstaltung Prüfung, das heißt, in jedem Semester vom ersten Semester an hat man acht, neun Prüfungen bei uns in den Sozial- und Geisteswissenschaften. Während man früher nach vier Semestern mal so eine Zwischenprüfung gemacht hat und sich nach acht, neun Semestern überlegt hat „okay, jetzt könnte es Zeit werden, Magisterarbeit zu machen, suche ich mir mal eine Betreuerin oder einen Betreuer“.
Prof. Dr. Michael Meyen: Heute ist man eigentlich vom ersten Tag im Prüfungsstress. Genau wie in der Schule. Bei uns werden die Vorlesungen in aller Regel mit einer Multiple Choice Klausur abgeschlossen. Das heißt, der Student bekommt einen Fragebogen vorgelegt, wo er ankreuzen muss, was richtig und was falsch ist. Meine Idee von Universität wurde ja so aussehen, dass Studenten mit an Wahrheiten arbeiten. Wahrheit wissenschaftliche Wahrheit verstanden als aktueller Stand des Irrtums. Ich habe das so kennengelernt. Ich habe im ersten Semester angefangen zu forschen. Ich habe mit meinem Mentor damals angefangen, Pressegeschichte in der Weimarer Republik zu untersuchen und habe gemerkt, man kann sich einbringen, man kann ins Archiv gehen, findet dort Dinge, die so nicht in Lehrbüchern stehen und kann dann selber Texte machen und diese Lehrbücher herausfordern. Heute ist die Meta Botschaft, die mit jedem dieser Klausurbögen verbunden ist, ist die Meta Botschaft: Es gibt eine Wahrheit und auch nur genau diese eine und die hat schon jemand herausgefunden. Und du musst eigentlich nur zu einem Termin diese Wahrheit auswendig lernen und danach kannst du sie wieder vergessen. Die Idee, das ich selber mit in diesen Wissenskampf hineingehe, die Idee wird heutigen Studenten überhaupt nicht mehr nahegelegt.
Milena Preradovic: Also sie müssen nicht mehr nachdenken, sie müssen auswendig lernen wie in der Schule. Was bedeutet das fürs erwachsen werden, wenn man nicht selber zu Schlüssen kommt, nicht mehr selber denkt?
Prof. Dr. Michael Meyen: Das bedeutet letztlich, dass ich als Erwachsener immer noch ein Schüler bin, dass ich einfach nur nach Instanzen schaue, die mir diese Wahrheit nahebringen, auch jenseits der Universität. Man kann es natürlich nicht so pauschal verallgemeinern. Es gibt bei den 200 Erstsemestern, die ich da jedes Jahr habe, gibt es schon 10,15 %, die eine andere Idee von Universität haben, die mich auch herausfordern, die Fragen stellen und nicht einfach alles schlucken, was ich ihnen vorsetze. Aber das ist die Ausnahme geworden. Eigentlich ist die typische Studentenfrage heute: „Herr Professor, was muss ich wann tun, um meine Leistungspunkte zu bekommen? Warum geben Sie mir nur eine 1,3? Warum ist dieses Kreuz in dem Fragebogen falsch gesetzt?“ Ich habe dann irgendwann aufgehört, diese Klausurbögen auszuteilen. Bei mir laufen die Prüfungen anders. Man kann das erlauben, die Prüfungsordnung, man kann mündlich prüfen, man kann die Leute auch zu einer Recherche rausschicken. Gerade in meiner Geschichtsvorlesung mache ich das so, sage Sucht euch irgendeinen historischen Fall, redet mit einem Zeitzeugen, geht ins Archiv, guckt euch eine alte Zeitung an, das ist schon möglich, aber machen die meisten Kollegen nicht, weil der Fragebogen, den wertet der Computer aus und man muss sich hinterher nicht streiten, warum das eine 1,3 oder eine 1,7 ist. Weil der Computer verspricht ja Eindeutigkeit und dann können die dann sitzen, wenn sie ihre Klausurbögen angucken, vergleichen mit dem, was der Nachbar bekommen hat und sehen okay, ich bin gerecht bewertet worden. Bei allem anderen ist natürlich auch Subjektivität im Spiel und die wird wird auf die Weise ausgeschaltet.
Milena Preradovic: Also geht es eigentlich nur noch darum, einen Abschluss zu bekommen, die Uni quasi mit einem Abschluss zu verlassen. Es ist nur noch so ein Sprungbrett, um irgendwo unter zu kommen, bei einer großen Zeitung oder beim Fernsehsender?
Prof. Dr. Michael Meyen: Gut das mag früher auch so gewesen sein, irgendwann war man nur auf den Abschluss aus. Was heute ein Problem ist, das ich halt in jedem Semester Prüfungen habe, in jedem Semester auch eine Rückmeldung in Form von Noten bekomme, was dazu führt, dass über Noten diskutiert wird. Das war in den 90er, als ich als Dozent angefangen habe, wurde nicht über Noten diskutiert. Und wenn man von einem Dozenten eine drei oder eine vier bekam, dann ging man halt zu dem anderen. Da hat man es da probiert und hat den Schein mit drei oder vier weggeworfen. Man meinte: „okay, der kriegt irgendwie nicht mit, der gibt mir nur drei oder vier, obwohl ich doch genial bin. Der muss irgendwie falsch drauf sein.“ Heute werde ich vom ersten Semester an gewogen als Student, kriege Noten und kämpfe natürlich um die Noten. Das sind die so gewöhnt aus der Schule. Die Schule setzt sich eigentlich fort, die Schule geht weiter an der Universität. Und das ist natürlich nicht der Sinn der alten Universität gewesen. Mag auch mit so Veränderungen wie Hochschulquote zu tun haben. Wir hatten in den 60er in der alten Bundesrepublik unter 10 % Hochschulquote, also nur weniger als jeder zehnte eines Jahrgangs ging an die Universitäten. Heute sind wir bei 55 % Hochschulquote. Das verändert natürlich die ganze Atmosphäre. Wenn ich heute im Prinzip jeden Zweiten aus jedem Jahrgang an der Hochschule habe, na dann muss sich die Qualität verändern. Man kann sich das ja einreden, dass die Leute heute besser aus der Pisa Schule kommen, kommen sie nicht. Wenn man die Pisa Schule anschaut, die funktioniert ja genauso. Die funktioniert mit Lückentexten, die setzt keine komplexen Denkoperationen mehr voraus um zu einem Abiturzeugnis zu kommen.
Milena Preradovic: Also Denken ist eigentlich gar nicht mehr erwünscht. Und die Uniabgänger, das sind ja die, die künftig auch Politik und Wirtschaft beherrschen, also die im Grunde auch hinterher uns beherrschen. Was kommt da auf uns zu? Was glaubst du, was ist das für eine Generation?
Prof. Dr. Michael Meyen: Das war letztlich der Anlass, warum ich das Buch machen wollte. Wenn man sich fragt, mit Corona konnte sich das ja jeder fragen, was ist was eigentlich mit dieser Gesellschaft los? Und wenn man dann schaut, wer sitzt heute in den Führungsetagen, dann findet man dort die ersten Absolventen der Pisa Schule und der Bologna Universität. Das sind heute Mittdreißiger, Anfangvierziger, die zum Teil in Parteispitzen-Ämtern sind, in Ministerämtern sind, Behörden leiten, Professuren haben. Wir haben die ersten Professoren, die aus diesem Bologna System kommen, dann findet man die also in allen Bereichen. Ich muss ja durch die Universität gehen, wenn ich in irgendeinem Bereich der Gesellschaft was zu sagen haben will und die Art zu denken, die Art, mit Wissensbeständen umzugehen, eben nicht mehr zu zweifeln, nicht mehr zu hinterfragen, einfach wiederzukäuen, was mir andere vorgeben, diese Art prägt dann Behördenleiter. Und das ist für mich eine der Erklärung, warum es so wenig Widerspruch aus all den Instanzen kam, die ja für Widerspruch eigentlich gemacht worden sind: Kultur, Kirche, mal selbst das Gesundheitssystem. Vielleicht war es im Medizinstudium schon immer so, das kann ich schlecht beurteilen, ob nicht da schon immer diese Art von Auswendiglernen an der Tagesordnung war. In Geistes- und Sozialwissenschaften, also da, wo Behördenleiter produziert werden, Landräte, Politiker, all diese Leute, da ist das halt erst mit der Bologna Universität so geworden.
Milena Preradovic: Es gibt ja inzwischen auch Rankings für Universitäten, die immer wichtiger werden wie das Shanghai-Ranking oder Times Higher Education,THE, was hat das für einen Einfluss auf die Arbeit der Universitäten?
Prof. Dr. Michael Meyen: Na, so ein Ranking ist halt ein Ausweis für Leistung geworden. Heute können Universitäten jedes Jahr zeigen, wie gut sie sind. Gerade ging wieder das Shanghai Ranking durch die Medien, das mittlerweile nach Disziplinen auch funktioniert. Man kann also als Kommunikationswissenschaft, sagen: „wir in München. Unser Institut in München ist auf Platz 15,16,17 oder so was“. In Shanghai, damit in Europa und in der Welt relativ weit vorne, gemessen an den Ressourcen, die wir da zur Verfügung haben und das zählt als Nachweis für wissenschaftliche Exzellenz. Wenn man dann reinschaut, was messen denn diese Rankings, dann sieht man schnell, dass das Leistungen sind, die von ganz anderer Stelle festgelegt werden, die im Web of Science hinterlegt werden. Das ist eine Publikation, eine Rechercheplattform, wo alle Publikationen, die von einem bestimmten Konglomerat für relevant gehalten werden, aufzufinden sind. Dieses Buch, was ich jetzt gemacht habe, zum Beispiel nicht, das hätte ich also für Web of Science nicht schreiben müssen, weil das da gar nicht auftaucht, sondern bestimmte Fachzeitschriften, US Fachzeitschriften, Zeitschriften, bestimmte US basierte Verlage, vielleicht auch britische Verlage tauchen da auf. Verändert die Art, wie publiziert wird, verändert die Themen, die bearbeitet werden. Mit meinen alten Forschungsthemen Mediengeschichte, DDR, komme ich nicht in US oder British basierte Fachzeitschriften und Verlage. Das interessiert die da nicht. Und da müsste ich also irgendeinen Dreh finden, um das für ein US Publikum spannend zu machen. Ich muss, wenn ich dort auftauchen will, wenn das gezählt werden soll in Shanghai und in Times Higher Education muss ich mit Kollegen aus möglichst vielen Ländern zusammenarbeiten und dafür sorgen, dass meine Sachen zitiert werden. Muss in ganz bestimmten Publikationsformen, also bestimmten Zeitschriften, auftauchen. Sonst wird das alles gar nicht gewichtet. Das führt dazu, dass bei der Berufung von Personal, Professoren vor allen Dingen, Leute bevorzugt werden, die genau das liefern, was in Shanghai und in Times Higher Education gemessen wird. Und da beißt sich dann sozusagen die Katze in den Schwanz oder da erfüllt sich das System, wenn man so will.
Milena Preradovic: Da werden dann nicht mehr die Besten herausgesucht, sondern die Geschmeidigsten, die am besten den Unis helfen, in irgendwelchen Rankings hoch zu kommen?
Prof. Dr. Michael Meyen: Na gut, das sind natürlich nach dieser Lesart sind das die Besten. Wir leben ja in einer Zeit, in der wir alles auf Zahlen verdichten wollen. Und wenn man dann sieht, okay, eine bestimmte Zahl, x100 sowieso, das verspricht ja Objektivität. Zahlen versprechen Eindeutigkeit. Letztlich ist es das gleiche Prinzip wie bei diesen Klausuren. Der Student streitet nicht mehr, wenn da 1,3 steht, vom Computer ausgeworfen. Und so wirft Shanghai so eine Zahl aus und dann ist das halt so, dann sind das die letztlich die besten. Es gibt ja dieses Ranking auch für Einzelforscher, den Hirschfaktor oder H-index, wo jeder Einzelforscher die Leistung jedes Einzelforschers vom Mathematiker über den Mediziner bis zu mir als Medienforscher auf eine Zahl verdichtet wird. Und diese Zahl hängt zum einen von der Menge an Publikationen ab, die ich in bestimmten Zeitschriften vorgelegt habe, und von der Zahl der Zitationen. Ich muss also dafür sorgen, dass das, was ich mache, von möglichst vielen zitiert wird. Und dazu muss ich Zitationsgemeinschaften, Zituationskartelle kann man sagen, bilden, damit ich wahrgenommen werde und einen möglichst hohen H-Index haben. Das sind die besten, weil sie den höchsten H-index vorweisen. Ob das, was sie dann machen, relevant ist, ob das für die Gesellschaft wichtig ist, das spielt dann überhaupt keine Rolle mehr.
Milena Preradovic: Also das ist wie bei der Meinungsfreiheit. Auch die Forschungsfreiheit wird im Grunde durch solche Dinge total eingeschränkt. Und wenn die Unis jetzt nicht mehr der Hort der freien Lehre sind, was ist dann die Rolle der Unis heute?
Prof. Dr. Michael Meyen: Die Universitäten sind der der wichtigste Pfeiler im Wahrheitsregime geworden und diese Rankings und der Index, der für jeden einzelnen Forscher geht, das ist ja was vom digital finanziellen Komplex gesteuert wird, wie Ernst Wolff das nennen würde. Oder vom umgekehrten Totalitarismus, von dieser großen Koalition aus Staat und Konzernen, IT-Konzernen vor allen Dingen, die dafür sorgen, dass halt genau das in diesen Rankings und Indizes gemessen wird, was ihnen in den Kram passt. Wenn man dann in die Ausrichtung der Forschung schaut, dann muss man auch über die Politisierung sprechen, vor allen Dingen über politische Gelder, die gerade Geistes- und Sozialwissenschaften geflutet haben in den letzten Jahren.
Milena Preradovic: Für welche Themen?
Prof. Dr. Michael Meyen: Ja, für die Themen, die gerade auf der politischen Agenda stehen. Was wir da machen, also meine Fächergruppe Geistes- und Sozialwissenschaften habe ich das jetzt genannt, also von Historikern über Politikwissenschaftler, Soziologen bis hin zu Medienforschern, diese Themen sind ja die Ideen, die wir letztlich in den Leitmedien finden. Die Leitmedien sind der Kanal, auf dem das ausgespielt wird, was jeder mit zu singen hat, was jeder zu kennen hat. Die Universitäten sind der Ort, an dem die Lieder komponiert werden, an dem auch die Musiker konditioniert werden, die später in den Leitmedien und in den Behörden diese Lieder singen. Also man braucht heute die Weihe der Universität, die Weihe akademischer Forschung, wenn man irgendwas durchsetzen will. Früher hat man das mit dem Verweis auf Religion gemacht, das hat halt eine höhere Macht, will das so oder man hat es mit Verweis auf Traditionen gemacht. Wir haben das schon immer so gemacht oder mit Verweis auf Weltanschauungen. Das würde heute alles nicht mehr funktionieren. Heute braucht man wissenschaftliche Studien, die sagen genau so muss es sein, also finanziert man in die Personen, die an den Universitäten Forschung betreiben und man setzt Themen fest. Das ist eklatant, wie in den letzten 25 Jahren der Anteil von politischem Geld in der akademischen Forschung gestiegen ist. Der Staat finanziert die Universitäten schon immer. Ich meine, ich werde ja auch aus staatlichen Geldern bezahlt. Das ist die sogenannte Grundfinanzierung, die mir aber nach Artikel fünf Grundgesetz ja Freiheit gibt. Forschung und Lehre sind frei. Ich kann da also machen, was ich will. Ich könnte die Kommunikation der Plüschtiere untersuchen. Das wäre von der Freiheit nach Artikel fünf Grundgesetz gedeckt. Wenn ich das tun würde, dann würde ich aber kein politisches Geld gewinnen können. Denn der Staat hat in den letzten 25 Jahren dafür gesorgt, dass zusätzlich zur Grundfinanzierung jede Menge Geld für ganz bestimmte Themen in die Unis geflossen ist. Wenn ich der Staat sage, dann ist das ganz konkret auch der Staat, die Bundesministerien. Aber es ist die EU auch, es sind Landesministerien.
Milena Preradovic: Sind das auch so Themen wie Gender Studies und solche Sachen?
Prof. Dr. Michael Meyen: Gut das sind dann spezielle Professuren, die da gestiftet werden. Klar, das haben wir auch. Wir haben Stiftungsprofessuren, jede Menge, nicht nur für Gender Studies. Wir haben von Konzernstiftungen wie zum Beispiel Schwarz, das ist Lidl und Kaufland, die in Heilbronn einen Riesencampus der TU München finanzieren, mit 40 Lehrstühlen, die so im weitesten Sinne Wirtschaftswissenschaften machen, im engeren Sinne eher KI in Heilbronn. Da gibt es also von einer der weltbesten Universitäten mittlerweile einen riesen Ableger, weil die Schwartz Stiftung, Lidl-Kaufland, einer der reichsten Deutschen, weil die wollen, dass eine bestimmte Art von Forschung gemacht wird. Also das haben wir auch Stiftungslehrstühle. Wir haben aber dann große Forschungsverbünde. Am bekanntesten, wahrscheinlich in letzter Zeit, ist das Forschungsinstitut „Gesellschaftlicher Zusammenhalt“. Darf man sich nicht vorstellen als ein Institut an einem bestimmten Ort. Das ist ein Institut, was über ganz Deutschland verstreut ist, mit ungefähr 100 Professoren, die da mitmachen, 200 Menschen, die da forschen an elf verschiedenen Standorten, also so richtig viel Geld reingeflossen. „Gesellschaftlicher Zusammenhalt“ ist ganz klar, in welche Richtung das Ziel geht. Da geht es um Anti-AfD Forschung. Um diese Töpfe haben sich viel, viel mehr Professoren beworben, als am Ende den Zuschlag bekommen haben.
Prof. Dr. Michael Meyen: Ich weiß es, weil mein Institut sich auch beworben hat und am Ende ganz überrascht war, dass wir nicht den Zuschlag bekommen haben für den Medienteil in diesem Forschungsinstitut „Gesellschaftlicher Zusammenhalt“. Und da wird an den Themen geforscht, die die Ampelregierung zum Beispiel unter Demokratie leben, noch mal auf ganz andere Weise fordert. Oder Antirassismus und solche Dinge. Man kann sich die Projektliste anschauen im Internet, kann sehen, was da bezahlt wird. Da kann man sich auch vorstellen, welche Nachwuchswissenschaftler da produziert werden, die dann ja wieder mit dieser Konditionierung auf die Suche nach der nächsten Geldern gehen. Und die bringen halt eine ganz bestimmte Art zu forschen mit. Die wird vorgegeben vom Geldgeber, die Sprache wird vorgegeben. Also diese Genderlehrstühle allein reichen ja nicht zu erklären, warum mittlerweile ja flächendeckend in den Geistes- und Sozialwissenschaften, da diese Sternchen verteilt werden über die Texte. Das hat auch mit solchen Ausschreibungen zu tun, wo man gar nicht zum Zuge kommen würde, wenn man nicht eine bestimmte Art zu schreiben beherrschen würde, was ein bestimmtes Wording braucht.
Milena Preradovic: Bei dir habe ich auch gelernt, dass es natürlich jede Menge Geld gibt inzwischen für Institute für Rechtsextremismusforschung. Und du schreibst, du könntest inzwischen den Wildwuchs an Projekten kaum noch überblicken, die sich um Hate Speech, Fake News und überhaupt um alles kümmern, was aus den Tiefen des Internets die Demokratie bedrohen soll. Wird so die Wissenschaft instrumentalisiert, um uns loszuwerden, die ungeliebten Kritiker und ungeliebten Journalisten?
Prof. Dr. Michael Meyen: Ja, ist die Frage, ob das Instrumentalisierung richtig beschreibt, ob das Wort das Richtige ist. Weil ich glaube auch, dass da selbst auf der Forschungsseite ein Bedarf da ist. Wir haben das mal angeschaut in einem früheren Projekt, unserem Demokratieprojekt. Welche Erzählungen werden eigentlich verbreitet, wenn es um Gefährdung der Demokratie geht? Dann wird aber nie nach Lebensbedingungen geschaut. Nach dem, was im Alltag der Leute sich verändert hat, wird nicht danach gefragt, woher Unzufriedenheit möglicherweise kommen konnte. Man hat eine relativ leichte Erzählung, die seit ein paar Jahrzehnten eigentlich schon läuft mittlerweile. Das Internet ist schuld, Internet ist schuld, dass Leute plötzlich auf dumme Gedanken kommen. Nach dieser Erzählung war erst das Internet da und dann die Unzufriedenheit. Und ich habe das in diesem Projekt in etlichen biografischen Leitfaden Interviews gemacht. Wir sind also zu Leuten hingefahren, haben mit denen geredet. Und wenn man dann nach den Befunden fragt es ist eigentlich genau andersherum. Zuerst ist die Unzufriedenheit da und dann wird Punkt Preradovic eingeschaltet. Dann entdeckt man, da gibt es doch ein Format, wo ich Erklärungen für meine Unzufriedenheit finde. Aber die Forschung pflegt das Narrativ: „Die Gefahr kommt aus dem Internet“ und die Politik steigt darauf ein, weil es natürlich leichter ist, Kritiker im Internet zu bekämpfen, als jetzt die Lebensbedingungen von Leuten zu ändern. Da müsste man ja an ganz anderen Hebeln ansetzen, als jetzt Forschung zu bezahlen, die dann in Feiertagsreden zu irgendwelchen Demokratie- und Grundgesetz-Gedenktagen produziert werden. Da liefert die Wissenschaft Sprachformeln. Ich habe ja schon vor Corona habe ich dagegen angekämpft, habe versucht, auch gegen die Tendenz in der Medienforschung anzuschreiben, entsprechende Sprachformen zu liefern, bin da aber abgeblockt worden, wenn man so will, weggebloggt.
Milena Preradovic: Ja okay, inzwischen ist das nicht das erste Mal gewesen, aber ich meine, vor dem Internet gab es ja kaum reichweitenstarke Portale oder irgendwelche Publikationen, die eine Menge Leute erreicht haben und die sich kritisch mit Regierung und Politik und all dem, was allen großen Themen auseinandergesetzt haben. Heute gibt es jede Menge kritischer Portale und die staatlichen Erzählungen wanken ja durchaus. Heißt das eigentlich, uns wurden früher auch schon Märchen erzählt, nur ohne Gegenrede?
Prof. Dr. Michael Meyen: Klar, das Wahrheitsregime bis Ende der 90er hat anders funktioniert und da warst du ja selber ein Teil davon. Die Leitmedien waren unangefochten im Verkünden der Wahrheit, aber vielleicht nicht die Kanäle, bei denen du gearbeitet hast.
Milena Preradovic: Durchaus.
Prof. Dr. Michael Meyen: Am Anfang schon, aber eigentlich war es eher so was wie Tagesthemen oder Tagesschau und heute Journal.
Milena Preradovic: Bei RTL sind wir ein bisschen weiter vorgeprescht und haben noch mal nach links und rechts geguckt. Ein bisschen.
Prof. Dr. Michael Meyen: Ja, da gab es ein paar andere Möglichkeiten. Aber eigentlich bis Ende der 90er ist das Wahrheitsregime relativ sicher im Sattel, weil man Kritikern konnte man einfach die Aufmerksamkeit entziehen. Kein Sendeplatz im öffentlich rechtlichen Fernsehen, keine Druckplätze in den großen Zeitungen. Dann wusste niemand, dass es diese Kritiker überhaupt gibt. Das ändert sich ab Ende der 90er, in den Nullerjahren. Klar, man kann das Internet natürlich beschreiben als eine Infrastruktur, die von Geheimdiensten geschaffen worden ist, um Bevölkerung zu kontrollieren. Da könnten wir über Überwachungskapitalismus reden. Wir könnten darüber reden, was heute alles bekannt ist über das, was Menschen tun, dadurch, dass es das Internet gibt. Gleichzeitig gibt das Internet Menschen die Möglichkeit, alternative Erzählungen, die genauso plausibel sind wie das, was die Tagesthemen machen, heranzuziehen für die eigene Meinungsbildung. Das verlinke ich an dem Buch auch. Das ist meiner Meinung nach auch der Grund, warum man damals Ende der 90er Jahre begonnen hat, die Universitäten zu unterwerfen. Alle drei Hebel, die ich da beschreibe. Wir haben über Forschung und Lehre gesprochen, wir haben über Politisierung der Forschung gesprochen, also über Lehrerausbildung haben wir gesprochen und über diese Indizes, die dann ab den Nullerjahren kommen. All das ist damals installiert worden, um die Wissenschaft gefügig zu machen, um die als neue Legitimationsinstanz für die Erzählungen, die von Regierungen kommen zu installieren.
Milena Preradovic: Und die Medien machen ja so was von mit inzwischen, also die lassen sich auch so einsperren jetzt vor den Karren der großen Erzählungen. Das Netzwerk Klimajournalismus hat dieses Jahr einen Kodex herausgegeben, also eine Vorgabe, wie über Klima berichtet werden muss und Journalisten und Verlage, unter anderem auch die österreichische Nachrichtenagentur APA unterschreiben sowas. Warum geben die freiwillig ihre journalistische Freiheit ab?
Prof. Dr. Michael Meyen: Ich bin ja Medienforscher und habe lange die These auch unterschrieben. An den Medien hängt das alles. Wenn in der Tagesschau erzählt werden würde, dass es zum Thema Klimawandel verschiedene Ansichten gibt, dann in der Tagesschau erzählt worden wäre, was mit diesen MRNA-Behandlungen ist, was mit Corona ist, dass es einfach unterschiedliche Ansichten gibt, dann war meine These so, dass dann wäre das alles nicht passiert, dann hätten wir jetzt diese Klimadebatte nicht. Dieses Buch über die Universitäten hat mir gezeigt, dass man eigentlich noch an einem ganz anderen Ende ansetzen muss. Die Menschen, die heute in APA, STANDARD, Netzwerk-Klimajournalismus das Sagen haben, die sind ja Produkte eines Wissenschaftssystem, die diese genau zu dem gemacht haben, was sie heute sind. Also würde ich heute sagen, wir müssen eigentlich noch eine Ebene drüber ansetzen. Wir müssen bei der Ausbildung ansetzen, in der Schule ansetzen, an den Universitäten ansetzen und dann werden wir vielleicht, wenn wir Glück haben, in eins, zwei Generationen wieder andere Journalisten produziert haben. Wenn man diese Unterwerfung der Universitäten, die ich in dem Buch beschreibe, das war ein Generationsprojekt, das hat 30 Jahre gedauert oder 25, das wird wieder so lange dauern, bis wir eine neue Journalistengeneration herangezogen haben.
Milena Preradovic: Und welche Rolle spielen die Medien, wenn es darum geht, die Unis gefügsam zu machen und auch ihre Professoren?
Prof. Dr. Michael Meyen: Klar, man kann als Forscher in den Leitmedien sehen, welche Themen gerade funktionieren. Ich brauche heute zwar nicht offiziell, aber inoffiziell schon. Ich brauche heute Leitmedien Präsenz, wenn ich als Forscher Erfolg haben will. Ich habe ja selber drei interdisziplinäre Forschungsverbünde geleitet als Sprecher, die anders als in den Nullerjahren noch in den zehn Jahren, als ich dieses Geld bekommen habe, vier statt drei Jahre gefördert worden sind. Das vierte Jahr war immer für PR. Das vierte Jahr war dafür da, dass wir das, was wir Großartiges rausgefunden haben mit politischem Geld, dass wir das in der Öffentlichkeit verbreiten können. Gleichzeitig habe ich bei der Antragsstellung gesehen, welche Themen funktionieren werden, weil ich natürlich weiß, dass Leitmedien genutzt werden, um zu wissen, was die anderen wissen. Wenn ich die Tagesschau sehe oder die Süddeutsche lese, möchte ich wissen, was Entscheider in Ministerien oder bei solchen Geldtöpfen halt für die Wirklichkeit halten. Also kann ich über die Leitmedien sehen, was sich als Antragsthema lohnt. Insofern sind die Sachen schon verschränkt. Akademische Forschung, Leitmedien und Entscheider in Behörden, in Ministerien, in Parteien beobachten sich über über Leitmedien, Präsenz gegenseitig. Insofern ist es wahrscheinlich ist es unterkomplex, wenn ich jetzt gesagt habe, wir müssen nur bei den Universitäten ansetzen. Wahrscheinlich spielen all diese Sachen zusammen.
Milena Preradovic: Ja, ja, ich meine Medienpräsenz. Über zu wenig kannst du dich eigentlich nicht beklagen, aber das ist, glaube ich, eine andere, als du eigentlich haben wolltest. Bei dir haben ja die Medien Druck auf die Uni ausgeübt. Das heißt, du bist ja wie bei Ulrike Guerot, die jetzt ihre Anstellung bei der Uni Bonn unter einem Vorwand verloren hat, Du bist ja auch schon schwer attackiert worden, sowohl im Jahr 2020 als auch jetzt. Wie hat das begonnen und wie geht es weiter?
Prof. Dr. Michael Meyen: Na, der Druck auf die Uni läuft ja dann über die Drohung mit Reputationsverlust. Der Druck funktioniert so, dass Unileitung oder Institutsleitung gesagt bekommen Wenn ihr diese Forscherin Ulrike Guerot oder diesen Forscher Michael Meyen länger in euren Reihen duldet, dann verliert ihr unsere Gunst. Dann kriegt ihr vielleicht keine Stiftungsprofessur mehr, dann kriegt ihr nicht dieses Event in eurer Hauptaula, wo dann vielleicht der Bundespräsident auftritt oder irgendjemand, weil man sagt na ja, so ganz koscher ist das da ja nicht, weil die ja diese wehrhafte Demokratie noch nicht verstanden haben und sich nicht selbst gereinigt haben. Das ist der Mechanismus, über den das funktioniert, weil eigentlich so ein Unipräsident in meinem Laden, ich meine wir haben 700 Professoren an der LMU in München. Die Medienforschung ist da nicht der Bringer bei Shanghai oder bei den ganz großen Geldtöpfen, die aus Brüssel kommen. Also eigentlich ist das unserer Disziplin für so eine Hochschulleitung egal, aber man möchte nicht negative Medienberichterstattung haben. Das möchte man verhindern. Und das ist der Hebel, der bei mir 2020 schon gezogen wurde, als ich im Frühjahr ja relativ früh über Corona und Journalismus nachgedacht habe öffentlich.
Prof. Dr. Michael Meyen: Hat dann dazu geführt, dass ich letztlich heute eigentlich in der Wissenschaft selber nichts mehr machen kann. Ich kann heute nicht mehr in irgendeinem Sammelband publizieren, weil die anderen Autoren und die Herausgeber sagen würden: „Mit dem Meyen zusammen wollen wir nicht in einem Buch sein“. Ich habe Aufsätze zurückbekommen, die begutachtet waren, für den Druck reif waren, die habe ich zurückbekommen, weil es hieß, das wäre nicht zumutbar für die anderen Autoren, die beteiligt sind. Ich kriege keine Einladung mehr für irgendwelche Tagungen. Also in diesem ganzen normalen akademischen Betrieb bin ich nicht mehr vermittelbar. Das hat Vorteile. Ich bin dann auf die Weise frei, jetzt zum Beispiel mit dir dieses Interview zu führen. Ich habe jetzt mitten im Semester halt dieses Buch über die Universitäten in den letzten 30 Jahren schreiben können, was früher nie gegangen wäre, weil ich zweimal in den USA gewesen wäre, für irgendeinen Vortrag, irgendwelche Anträge hätte schreiben müssen, damit ich wieder Forschungsgelder bekomme. Heute weiß ich, wenn mein Name auf so einem Antrag steht, dann wird es gleich zurückgeschickt.
Milena Preradovic: Also du bewirbst dich auch nicht mehr um Gelder?
Prof. Dr. Michael Meyen: Das macht keinen Sinn mehr.
Milena Preradovic: Ja. Also, Du bist schwer attackiert worden. Unter anderem von der Süddeutschen Zeitung. Intern auch Alpen Pravda genannt. Ja, und du bist auch schon als Antisemit bezeichnet worden. Nun kenne ich dich jetzt, kann ich mir nur gar nicht vorstellen, was war die Begründung da?
Prof. Dr. Michael Meyen: Und das war das linke Bündnis gegen Antisemitismus München, was mich da attackiert hat mit einer ganzen Reihe von Argumenten, unter anderem mit meinen Auftritten bei Rubikon und KenFM, schon lange vor Corona. Das galt dann auch vor Gericht als Gesetz, dass das antisemitische, verschwörungstheoretische und rechtsextremistische Portale seien. Da konnte man auch gar nicht gegen argumentieren. Wikipedia sagt das so und dann ist das in beiden Instanzen für die Richter klar gewesen, dass das so stimmt. Der Knackpunkt bei Antisemitismus war eine Veranstaltung, die ich 2018 gemacht habe mit Andreas Zumach, taz, Journalist, bei der es um den BDS Beschluss des Münchner Stadtrats ging. Es vielleicht eine Lokal Affäre, die dann aber bundesweite Bedeutung bekommen hat. Der Stadtrat München hatte 2017 beschlossen, keine städtischen Gelder und städtischen Räume mehr für Veranstaltungen zu geben und für Personen zu geben, die sich mit BDS, dieser Protestkampagne in Israel Palästina beschäftigen. Und mich hat als Medienforscher interessiert, kann ein Parlament mit einer Mehrheit der Abgeordneten ein bestimmtes Thema aus einer städtischen Öffentlichkeit verbannen? Dafür habe ich Andreas Zumach eingeladen, Völkerrechtsexperte und wir hatten eine krasse Veranstaltung. Man kann die im Internet angucken, wir haben die gefilmt, weil wir geahnt haben, dass das Probleme machen würde mit einem knackvollen Hörsaal und haben dann die Vorwürfe bekommen, die du gerade erwähnt hast. Heute würde ich nicht mehr klagen gegen dieses linke Bündnis und ich habe das zwar dann gewonnen, aber es hat a) ein Haufen Geld gekostet, b) jede Menge Nerven und Ressourcen und c) ist dieser Vorwurf nicht aus der Welt. Ich glaube, Veranstalter, die überlegen, ob sie mich einladen für einen Vortrag, finden das relativ schnell oder werden auch darauf gestoßen und schrecken dann zum Teil zurück. Insofern ist das immer noch in der Welt, trotz dieses Sieges vor Gericht.
Milena Preradovic: Ja, es ist ja auch alles absurd und widersprüchlich. Die Landesanwaltschaft, also die Disziplinarbehörde für Beamte hat ja auf Wunsch Deiner Uni ein Disziplinarverfahren gegen dich eröffnet. Wenn ich mich recht erinnere aus deinem Buch auch weil du Geld an eine linksextremistische Organisation gegeben haben sollst. Ich meine, du bist Rechtsextremist und Linksextremist. Das musst du mir erklären. Wie geht das denn?
Prof. Dr. Michael Meyen: Ja, das ist eine Spende für die Rote Hilfe gewesen, die ja auch Menschen aus den Regierungsparteien, den heutigen Regierungsparteien als Mitglieder hat. Wir haben damals eine Lesereise zu einem Buch über die Kurden gemacht. Abdullah Öcalan, PKK haben bei jeder Veranstaltung Spenden bekommen. Die kurdischen Menschen in Not zugutekommen sollten, wollten das Geld nicht selber verteilen und haben eine Organisation gesucht, die das kann und macht. Die Rote Hilfe lag dann nahe, weil die kurdische Freiheitsbewegung, also die Menschen, die sich Abdullah Öcalan nahe sehen, eine relativ enge Bindung an die Linkspartei und entsprechende Organisationen haben. Das war so eine Spende von 2019, die jetzt wieder herausgekramt wurde, weil auch dieser andere Teil, der Anklagen, da wo es um verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates geht, ist wenn man es genau anschaut, es ist schon sehr, sehr merkwürdig. Ich habe mir dann diesen Verfassungsschutzbericht des Landes Berlin mal angeschaut, was alles gegen die Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand, um die es da geht, da vorgebracht wird.
Milena Preradovic: Wo du kurzfristig als Herausgeber firmiert hast.
Prof. Dr. Michael Meyen: Wo ich als Herausgeber dieser Wochenzeitung war. Da hat halt mal auf einer Demo jemand ein Schild hochgehalten, auf dem Frieden mit Russland gefordert worden ist. Es hat jemand ein Schild hochgehalten, wo es um freie Impfentscheidung ging bei dieser Demo am 7. April 22. Also Bundestagsentscheidung zu Impfpflicht, also Dinge, die dann sogar von der Bundestagsmehrheit so entsprechend beschlossen wurden. Das ist jetzt da alles im Kontext Delegitimierung des Staates genannt worden. Ich habe da jetzt eine Stellungnahme geschrieben, habe auch mich sehr kritisch mit diesem Verfassungsschutzbericht auseinandergesetzt, auf den sich das Ganze stützt. Es geht da bisher jedenfalls nicht um einzelne Äußerungen, Textstellen von mir, sondern eher um diesen Kontaktschuld-Mechanismus. Ich habe also mit Leuten zu tun, Rote Hilfe, die sich nicht von der RAF distanziert haben soll. Ich habe mich nie mit der Roten Hilfe so intensiv beschäftigt. Kann sein, dass das so stimmt oder die solche Demos Frieden mit Russland organisieren oder für freie Impfentscheidungen und das wird mir da zur Last gelegt, bin ich mal gespannt. Ich war ja mittlerweile zur ersten Anhörung, das ist noch nicht im Buch. Hatte ich schon Redaktionsschluss mit dem Buch, habe da zweieinhalb Stunden mit dem Ermittler geredet. War schon eine ganz interessante Erfahrung, was da so an Fragen kommt. Da ging es dann auch um meine Kritik an den Leitmedien, um Mediennutzung. Also in einem Video habe ich offenbar mal Manowar und Reitschuster empfohlen, diese Seiten vor Studenten. Und da wurde dann gefragt, wie ich dazu komme, jungen Leuten diese gefährlichen Seiten nahezulegen.
Milena Preradovic: Das darf man gar nicht mehr. Also man darf nicht, dann darf man wirklich nichts kritisieren. Also wenn du schon sagst, dass es darum ging, dass du Leitmedien kritisierst, ist das schon verdächtig heutzutage?
Prof. Dr. Michael Meyen: Der Ermittler hat das natürlich erst mal ganz neutral und offen gefragt. Ich habe einfach aus den Fragen entnommen, dass das ein Problem sein könnte, weil er dann wissen wollte. Das war eine Veranstaltung mit „Studenten stehen auf“, einer eher kritischen Studentengruppierung, also einer Minderheit der Studenten, wenn man so will. In München haben wir, glaube ich, weniger als 1000 Mitglieder in dieser Telegram Liste von „Studenten stehen auf“ bei 100.000 Studenten. Also weniger als 1 %. Da dachte ich, kann ich auch offen über Reitschuster und Mannova reden. Er wollte dann wissen, ob ich das auch in meinen regulären Lehrveranstaltungen empfehle. Dachte ich, Okay, das scheint also ein Problem zu sein.
Milena Preradovic: Das kann denn bei diesem Disziplinarverfahren rauskommen. Also was kann da passieren?
Prof. Dr. Michael Meyen: Es gibt fünf mögliche Strafen bei Disziplinarverfahren gegen Beamte. Das meiste trifft für mich nicht zu. Also so was wie Beförderungstopp oder Gehaltskürzung oder solche Dinge. Es kann einen Verweis geben oder den Rausschmiss. Das sind die beiden Varianten.
Milena Preradovic: Du kannst einfach rausgeschmissen werden. Verlierst du dann auch deine Pensionsansprüche?
Prof. Dr. Michael Meyen: Genau. Ich habe jetzt gelernt, über dieses Verfahren, warum auch pensionierte Beamte relativ ruhig geblieben sind, in den Corona-Jahren. Ja, ich dachte mir okay, wenn ich jetzt schon im Ruhestand bin und nicht mehr auf Forschungsgelder aus bin, nicht mehr Angst haben muss, dass meine Schüler irgendwie da in Sippenhaft genommen werden, dann könnte ich eigentlich offen sein, hab aber gelernt, es könnte auch gegen Pensionäre so ein Disziplinarverfahren eröffnet werden und das hätte dann möglicherweise den Verlust des Pensionsanspruchs zur Folge. Erklärt, warum auch die vielen älteren Exprofessoren ruhig geblieben sind. Und manche der ganz alten Professoren sind ja mit 100 % Lohn-Anspruch in Ruhestand gegangen. Da geht es also richtig um Geld. Das ist für meine Generation nicht mehr der Fall. Aber das könnte eine mögliche Folge sein.
Milena Preradovic: Ja, Wahnsinn. Passend dazu schreibst du in deinem Buch: „DDR Vergleiche sind ein NoGo in einer Öffentlichkeit, die von Westdeutschen dominiert wird und von einer Geschichtserzählung, die eine Diktatur braucht, damit der Sieger strahlen und alle Fragen beiseite wischen kann. Unser Journalismus und die roten Wurstblätter von damals, Gott bewahre!“ Siehst du denn Parallelen zur DDR inzwischen?
Prof. Dr. Michael Meyen: Gut das alles, was ich jetzt auch über die Universitäten aufgeschrieben habe, was ich vorher an Medienkritik gemacht habe, wäre ja nicht denkbar ohne diese Erfahrung im Herbst 89 und dann im ganzen Jahr 1990. Das ist ja eine Zeit, die völlig wild war. Die wird in den Geschichtsbüchern auch ausgeblendet. Wir haben diese Diktaturerzählung zur DDR, und wir haben dann diese Freiheitserzählung Bundesrepublik ab 3. Oktober 1990. Dazwischen liegen ja Monate, in denen Anarchie geherrscht hat, wo es an den Universitäten eigentlich keinen mehr gab, der sagen konnte, wo es langgeht. Viele der alten Professoren waren diskreditiert oder sind auch von selbst gegangen, weil sie schon geahnt haben okay, ich habe da vielleicht mit der Stasi irgendwas zu tun gehabt oder war in der Partei zu weit oben. Ich werde ohnehin in diesem neuen System keine Gelegenheit mehr bekommen. Wir haben als Studenten damals Dozenten eingeladen aus dem Westen. Wir haben überlegt, was würden wir eigentlich gern machen, was könnten wir brauchen in unserem späteren Berufsleben. Und das war dann im Lehrplan drin. Das ist natürlich dann alles nach 1990 irgendwie im Archiv verschwunden, aber nicht Wirklichkeit geworden. Das ist eine Erfahrung, die prägt.
Prof. Dr. Michael Meyen: Die hat mir gezeigt, was Universität sein könnte, hat mir auch gezeigt, was Medien sein konnte. Denn die DDR Journalisten, die freigelassen wurden im Oktober 89 frei aus den Zwängen der Partei, die haben ja von einem Tag auf den anderen super Journalismus produziert. Die hatten auch wunderbare Reichweiten. Heute unvorstellbar, was damals Nachrichtensendungen und Nachrichtenformate für Reichweiten hatten, weil Journalisten einfach das gemacht haben, was sie gelernt haben und von nirgendwo gegängelt wurden. Nicht von der Politik, nicht von der Wirtschaft, weil es gab einfach keine Instanz, die in der Lage gewesen wäre, zu gängeln. Diese Erinnerung prägt. Das ist für mich immer noch das Versprechen, was letztlich mit der Bundesrepublik verbunden ist eine eigene Medienlandschaft zu haben, die frei ist, eine Hochschullandschaft zu haben, die frei ist. Und wenn ich heute irgendwo Einschränkungen spüre, wenn ich irgendwo Denkverbote, Verbote dessen, was man sagen kann, höre und spüre, dann werde ich allergisch, dann denke ich okay, da gräbt die Bundesrepublik an ihrem eigenen Grab, weil das ist eigentlich das was, was Menschen motiviert mitzumachen, Menschen motiviert, sich einzubringen und mehr zu tun als das, was sie vielleicht fürs reine Geldverdienen machen würden.
Milena Preradovic: Aber laufen wir ein bisschen Richtung DDR?
Prof. Dr. Michael Meyen: Also mal schwer zu sagen. Eine DDR war insofern schon anders, weil ja nebenan die Bundesrepublik war. Da hatte man immer eine Alternative, wenn man so will, oder eine Option, wo es hingehen würde. Heute wäre zu fragen, was diese Option wäre. Insofern ist das völlig anders. Der DDR Zusammenbruch ist ja von außen, wenn nicht initiiert und gesteuert worden, doch zumindest unterstützt worden. Wenn man diesen Wahlkampf anschaut der erste sogenannte freie Volkskammerwahl am 18. März 1990. Da ist massiv Geld aus dem Westen reingeflossen, als Wahlkampfhilfe auch in personeller Art aus dem Westen reingeflossen. Das war in diesem Sinne keine freie Wahl, wo Menschen unbeeinflusst hätten entscheiden können, welche Art von Gesellschaftsformation sie gerne haben wollen. Das ist heute nicht denkbar. Wer sollte das sein? Wer sollte heute von außen diese Dinge produzieren? Also Russland wird immer vorgeworfen, dass man hier in Deutschland aktiv wäre, irgendwelche Medien Portale unterstützen würde, frage ich mich immer, wo das denn ist. Wo sind dann diese starken Medien Portale, die von Russland finanziert oder von anderen Mächten finanziert hier eine Gegenöffentlichkeit herstellen? Wir haben Leute wie dich, die es aus eigener Kraft machen.
Milena Preradovic: Mir wurde es auch schon vorgeworfen. Ich schwöre an dieser Stelle: nein, ich nehme keine Gelder von irgendjemanden, außer von den Leuten, die mir freiwillig was spenden. Und das sind jetzt meistens keine großen Beträge. Also ich bin auch kein Russlandspion. Muss man mal sagen. Weißt du eigentlich, wie viele Professoren und Lehrkräfte aufgrund von kritischer Einstellung inzwischen ihre Jobs verloren haben?
Prof. Dr. Michael Meyen: Es gibt ja eine super Studie von Heike Egner und Anke Uhlenwinkel. Das sind zwei Professorinnen, die selbst betroffen waren von solchen Ausschlussprozessen. Die haben mittlerweile knapp 50 Fälle. In der Schweiz, Österreich und Deutschland kann man sagen ist es wenig. Wir haben in Deutschland ungefähr 50.000 Professoren, je nachdem, wen man alles mitrechnet. Mag jetzt wenig sein, 50 zu haben, aber diese 50 sind ja durch die Leitmedien bekannt. Jeder der 50.000 anderen kennt diese Fälle. Insofern reicht es ja aus, eine kleine Zahl von Professoren zu bestrafen. Interessant an dieser Studie ist, dass es diese Ausschlussprozesse schon eine ganze Weile gibt. Am Anfang, vor allem gegen Frauen. Ist also kein Zufall, dass Heike Egner und Anke Uhlenwinkel diese Studie gemacht haben. Zwei Frauen, denen Mobbing und solche Dinge vorgeworfen worden sind. Seit Corona ist auch ideologische Unbotmäßigkeit ein Thema bei diesen Ausschlussprozessen. Da geht es nicht nur um Corona, sondern auch um Klima, um Gender und Migrationspolitik. Also das nimmt zu. Und wie Heike Ebner, die habe ich interviewt für Apolut, ist noch nicht online das Gespräch, die meinte, als sie Professorin wurde, hätte sie sich gar nicht vorstellen können, dass man entlassen werden könne als Professorin. Aber sie ist nach sieben oder acht Jahren entlassen worden, von einem Tag auf einen anderen. Ohne dass bis heute klar ist, was genau dahinter gesteckt hat.
Milena Preradovic: Passieren diese Dinge, also auch diese Uni-Unterwerfung und auch dieses Angstmachen von Professoren, Bestrafen von einigen und all das, worüber was wir geredet haben, passiert das eigentlich nur im deutschsprachigen Raum oder ist das eine globale Geschichte?
Prof. Dr. Michael Meyen: Gut der deutschsprachige Raum ist noch mal besonders. Deutschland ist auch noch mal besonders, weil ich bin ja als Professor verbeamtet. Insofern ist auch das mit dem Rausschmeißen nicht so einfach, weil selbst wenn die Landesanwaltschaft jetzt sagen würde, der Typ ist nicht verfassungstreu, der kann nicht der Professor sein, dann brauchen wir immer noch ein Verwaltungsgerichtsverfahren. Das kann ja in drei Instanzen bis zum Bundesverwaltungsgericht nach Leipzig gehen. Ist in Österreich schon viel leichter. Da sind die Professoren mittlerweile Angestellte, haben Verträge mit Kündigungsfrist. Auch in der Schweiz ist das so. Michael Elsfeld, hast du glaub ich auch mal interviewt, der hat einen Vertrag mit sechs Monaten Kündigungsfrist. Der könnte also schneller rausgehen. Im angloamerikanischen Raum ist das auch in aller Regel so, dass das Verträge mit Kündigungsfristen sind. Da ist also die Disziplinierung noch viel leichter möglich.
Milena Preradovic: Aber wird es auch getan? Läuft das gleiche Schema ab wie hier?
Prof. Dr. Michael Meyen: Ja, wird getan. Klar, es gibt ja diese Cancel Culture ist ja nicht umsonst ein englischer Begriff. Das kommt aus dem angloamerikanischen Raum und da gibt es genug Fälle von Universitätsprofessoren, die wegen kritischer Äußerungen ihre Position verloren haben.
Milena Preradovic: Wie siehst du nun die Unis in zehn Jahren, wenn das jetzt so weitergeht?
Prof. Dr. Michael Meyen: Schwer zu sagen. Man kann ja nicht in die Zukunft schauen. Vielleicht gibt es diese Gegenbewegung. Kann man immer hoffen, dass junge Leute kommen, die eine andere Art von Universität verlangen, ist immer die Frage, ob das funktionieren kann mit einer staatsfinanzierten Universität. Ich habe früher immer argumentiert, der Staat gibt mir Freiheit, er gibt mir das Geld und sichert mir über Artikel fünf Grundgesetz zu, dass ich all das tun kann, was ich als Forscher, als Wissenschaftler für richtig halte. Ich habe eine lange Ausbildung durchlaufen, ich musste ja promovieren, habilitieren, also eine lange Zeit der Ungewissheit durchlaufen, in der ich auch zeigen konnte, dass ich das kann. Dass ich Wissenschaft machen kann, sollte eigentlich funktionieren. Mittlerweile sage ich, diese Staatsfinanzierung ist an sich schon ein Problem, wie wir an den pensionierten Professoren besprochen habe. Sobald der Staat die Leute finanziert, sobald er sie auch finanziell deutlich besser stellt als andere Berufe, hat dann Zugriff dieser Beamtenstatus mit verbunden mit der Pension. Ist natürlich was, was die Leute nicht gerne verlieren wollen. Ist nicht mehr 100 %, was ich als Pension bekommen würde, aber es ist deutlich mehr als die normale Rente. Und das bindet Leute an den Staat, führt auch zu Mäßigungsgeboten, die wir auch bei Polizisten, Lehrern und solchen Fällen hatten. Gibt es ja auch seit der Corona Zeit genug Fälle, wo verbeamtete Lehrer und Polizisten in diese Mühle reingeraten sind. Insofern müsste man über die ganze Organisation von Universitäten nachdenken. Es gibt ja Gegengegengründungen, freie Akademien, wo versucht wird, auch diese Häppchen-Bildung, die durch die Bolognastudiengänge gekommen ist, zwei Schmalspurfächer zu verbinden und zu sagen, das ist universitäre Bildung, das aufzubrechen, wieder jungen Leuten zu erlauben, über den Tellerrand hinauszuschauen. Aber es ist schwer für junge Leute zu sagen: „okay, ich setze auf dieses neue Pferd und konkurriere dann irgendwann mit Leuten, die ja diese Bachelor-, Masterzeugnisse mitbringen“ und da eine Gehaltsgarantie immer noch haben beim Staat und bei den Großunternehmen, die ja mit dem Staat verbandelt sind in dieser großen Koalition, die Sheldon Wolin da in seinem Buch über umgekehrten Totalitarismus beschreibt.
Milena Preradovic: Ja, ja, wenn ein junger Mensch heute Journalist werden will und geht zu dir, um das dort zu lernen, also jetzt zu deiner kleinen Akademie oder zur Akademie der Denker, dann stellt er sich natürlich gleich schon ins Abseits. Das heißt, er wird ja von keinem Leitmedium, zum Beispiel würde der eingestellt werden, das ginge gar nicht.
Prof. Dr. Michael Meyen: Ja klar und was als Argument, glaube ich, auch wichtig ist, was wir noch nicht besprochen haben, ist ja dieser Plattform-Kapitalismus. Ich glaube, all das, was wir an Veränderungen in der Schule, in den Universitäten, auch in den Medien besprochen haben, wäre nicht möglich, wenn nicht eine ganz neue Art zu kommunizieren in der Gesellschaft vorherrschend geworden wäre. Der Plattformkapitalismus verlangt Kante zu zeigen. Die Logik eins null, die Geheimdienste da eingeschrieben haben im Silicon Valley, diese Logik 1-0 verlangt, dass sich jedes Thema moralisch auflade immer sage, was ich gut finde, was ich schlecht finde. Was ist gut, was ist böse? Das ist die Logik, die der Plattform Kommunikation eingeschrieben ist. Und die hat über gar nicht so lange Zeit auch akademische Forschung erobert, weil ich auch als Forscher auf diesen Plattformen präsent sein muss. Wenn ich dann diese Gelder irgendwie einwerben will, wenn ich Unternehmen davon überzeugen möchte, mit mir zu kooperieren. Das machen die mit Leuten, die viele Follower auf diesen Plattformen haben. Die Follower kriege ich nur, wenn ich immer ganz klar sage: „Das finde ich gut, das finde ich schlecht“. Da geht es also nicht mehr um richtig und falsch. Das wäre ja die Logik der Wissenschaft, sondern es geht um Moral. Und dieser Plattform-Kapitalismus hat alle Themen in der Gesellschaft moralisiert. Das darf man als Ursache nicht weglassen, weil wenn man nach der Universität in zehn Jahren fragen. Solange dieser Plattformkapitalismus die dominante Kommunikationsform liefert, sehe ich da eher schwarz.
Milena Preradovic: Wenn man bedenkt, dass Lauterbach nur deswegen Gesundheitsminister geworden ist, weil auf Twitter das quasi gefordert wurde und weil er Hunderttausende Follower hat.
Prof. Dr. Michael Meyen: 1 Million Follower. Und als Journalist überlege ich mir das. Wenn ich mich mit Karl Lauterbach anlege, lege ich mich mit einer Million Menschen an, die ihm auf Twitter folgen. Und 1 Million Follower auf Twitter gegen mich, das ist das Todesurteil für jeden Akademiker und für jeden.
Milena Preradovic: Gott sei Dank sind nicht alle Follower auf seiner Seite. Also ich schreibe schon mal ab und zu was und daran merke ich das. Ich folge ihm ja auch. Allein schon des Humors wegen. Ja, Michael, haben wir noch was Großes vergessen?
Prof. Dr. Michael Meyen: Ich glaube nicht.
Milena Preradovic: Ich glaube auch nicht. Also ich kann dein Buch empfehlen. Das zeigt ganz schön, wo wir stehen in Sachen Unis und aber auch in Sachen Gesellschaft und in Sachen Journalismus. Und allen kann ich natürlich noch mal „die Propaganda Matrix“ empfehlen. Ich glaube, ich lese das jetzt auch noch mal, ist immer noch ein gutes Buch.
Prof. Dr. Michael Meyen: Es ist auch gerade in der dritten Auflage gedruckt worden, was für die Rubikon Bücher glaube ich die absolute Ausnahme ist.
Milena Preradovic: Ja, war auch ein super Buch. Vielen Dank Michael, für diesen Einblick in das deutsche Hochschulsystem und mehr. Danke, dass du da warst.
Prof. Dr. Michael Meyen: Danke dir für die Einladung.
Milena Preradovic: Tja, Leute, überall das gleiche Bild. Wer sich außerhalb der offiziellen Meinungen bewegt, der wird gecancelt, eingeschüchtert, bestraft, bedroht und diffamiert. Da müssten eigentlich bei jedem demokratisch denkenden Menschen die Alarmglocken schellen. Das tun sie allerdings nur bei den wenigsten. Und da frage ich mich: Hat sich der Kompass schon so weit verschoben? Ich glaube, das ist das größte Problem. Die Menschen haben sich an diese neue Normalität gewöhnt und denken, das ist Demokratie. Wir sollten sie daran erinnern, wie echte Demokratie und echte Freiheit aussieht. Ich wünsche euch eine gute Zeit. Bis bald.
Interview with Prof. Dr. Michael Meyen (english)
Milena Preradovic: What is happening right now at Germany’s universities? The place of free teaching of free thinking has completely submitted to the rigid measures policy in the Corona time and participated. Anyone who didn’t toe the system’s line was ostracized and mobbed. And after Corona it continues seamlessly. Professor Ulrike Guerot, who had been critical of the Ukraine war, lost her job at the University of Bonn on a pretext. And my guest is also feeling the force of the media-political censorship complex. He says, „The subjugation of the universities started much earlier and is so important because that’s where the future decision-makers are being raised.“ We talk about that and much more. Now in point Preradovic. Hello, Professor. Dr. Michael Meyen. Nice to have you here.
Prof. Dr. Michael Meyen: Thank you for having me.
Milena Preradovic: Let me introduce you briefly. You are a communication scientist and have been a professor at the Institute for Communication Science and Media Research at Ludwig Maximilian University in Munich since 2002. In the 1990s, you worked as a journalist yourself, for example at MDR Info and the Leipziger Volkszeitung, and were a lecturer at the universities of Leipzig and Halle. Your critical attitude towards the Corona measures and real journalism got you into trouble at your university. At the moment there are disciplinary proceedings against you. You also have a blog called Medienrealität and are the author of several books. We’ve talked about the bestseller „The Propaganda Matrix“ before. Your latest book is called: „How I Lost My University – 30 Years of Educational Warfare by an East German“. I really stumbled over the subtitle. What do you mean by 30 years of educational war?
Prof. Dr. Michael Meyen: The subtitle was a struggle. My subtitle was actually „a report from the heart of power.“ I wanted to show how important science is for the system today. Wanted to show how this engine of the truth regime works. But the publisher said that was swearing. This time I went to a publisher who is not part of the anti-corona bubble, and he said we have to do something different. We have to tie in with debates about East Germany that were driven by Dirk Oschmann and Katja Heuer, for example. And we have to somehow bring this education topic into it. And then I had a long discussion with the cover designer Robert Schumann, who also did this book „the propaganda matrix“. And we ended up with this „30 years of educational warfare,“ which exaggerates the content a bit, because it’s not exactly 30 years. What I’m describing there is more going on in the late nineties. I’m also describing a bit of my student days in the GDR. That’s why it was first called 35 years. We then agreed on 30, because that seems to be such a tangible period of time.
Milena Preradovic: And what is the educational war now?
Prof. Dr. Michael Meyen: The education war is the fight against the university as a place where you can grow up. That’s the question, what is education? For me, education, that’s what I describe in the book, for me education is growing up, gaining judgment. In other words, being able to come to decisions on your own, to gather information and to decide in such a way that you can perhaps also act against the recommendations that are given in guidelines or are given by other authorities. This opportunity to develop judgment was, that is my recollection, more available in the old university than it is today. The educational war I’m describing takes place at all levels, from teaching to the relationship with professors to the orientation of research, and ultimately even to the remuneration of professors, where a system has been installed that forces professors to look for political money and to give preference to certain forms of publication and to omit others in return.
Milena Preradovic: You also made clear the Bologna system as a culprit for this educational war. What has Bologna changed at German universities?
Prof. Dr. Michael Meyen: Yes, Bologna comes in parallel with Pisa, both go hand in hand and it’s now 25 years, 30 years ago. If you’re a contemporary witness, you don’t really get what’s happening. I didn’t notice it myself either. I became a professor just as the first bachelor’s degree programs were being introduced. And for the first ten years, it didn’t feel very different from the Magister and Diplom times. On the one hand, because older students were still there, people who knew the old system and simply told the younger ones what university studies should look like, that there should be parties, that you should simply skip lectures, that it’s not so important to do everything that’s required every semester, but simply to take time to grow up. On top of that, the lecturers came from those old Magister and Diplom days and just continued with their concepts. But over time, insidiously, that changed. Over time, the forms of exams have changed. My most important difference, I think, is that today every course has a credit at the end. Sometimes two or three courses are bundled together. You take an exam at the end of such a course, which means that in every semester from the first semester on, you have eight or nine exams in the social sciences and humanities. Whereas in the past, after four semesters you would take an intermediate exam and after eight or nine semesters you would think, „Okay, now it might be time to do a master’s thesis, so I’ll look for a supervisor.
Prof. Dr. Michael Meyen: Today, you are actually under exam stress from the very first day. Just like in school. In our company, lectures are usually concluded with a multiple choice exam. That means the student is presented with a questionnaire where he has to tick off what is right and what is wrong. My idea of university became so look that students with at truths work. Truth scientific truth understood as current state of the error. I got to know it in this way. I started doing research in my first semester. I started researching press history in the Weimar Republic with my mentor at the time and realized that you can get involved, you can go to the archives, find things there that aren’t in textbooks like that, and then you can make texts yourself and challenge those textbooks. Today, the meta-message associated with each of these exam sheets is: there is one truth, and only this one truth, and someone has already figured it out. And all you have to do is memorize this truth on one date and then you can forget it. The idea that I myself enter into this knowledge struggle, that idea is no longer suggested to today’s students at all.
Milena Preradovic: So they don’t have to think anymore, they have to learn by heart like in school. What does that mean for growing up, if you don’t come to conclusions yourself, don’t think for yourself anymore?
Prof. Dr. Michael Meyen: Ultimately, it means that as an adult I am still a student, that I simply look for instances that bring this truth to me, even beyond the university. Of course, you can’t generalize it that broadly. Of the 200 freshmen I have every year, there are 10.15% who have a different idea of university, who also challenge me, who ask questions and don’t just swallow everything I put in front of them. But that has become the exception. Actually, the typical student question today is: „Professor, what do I have to do and when to get my credit points? Why are you only giving me a 1.3? Why is this cross in the questionnaire wrong?“ At some point, I stopped handing out these exam sheets. I run the exams differently. You can allow that, the examination regulations, you can examine orally, you can also send people out to do research. Especially in my history lecture I do it like this, say look for some historical case, talk to a contemporary witness, go to the archives, look at an old newspaper, that’s possible, but most colleagues don’t do it, because the computer evaluates the questionnaire and you don’t have to argue afterwards why it’s a 1.3 or a 1.7. Because the computer promises unambiguousness, and then they can sit down and look at their exam sheets, compare them with what their neighbor got, and see, okay, I got a fair grade. With everything else, of course, subjectivity is also involved, and that is eliminated in this way.
Milena Preradovic: So it’s really just about getting a degree, leaving the university with a degree, so to speak. It’s just a stepping stone to get a job somewhere, at a big newspaper or at a TV station?
Prof. Dr. Michael Meyen: Well, that may have been the case in the past, too, but at some point you were only after the degree. What’s a problem today is that I have exams every semester, and I get feedback in the form of grades every semester, which leads to discussions about grades. That was in the 90s, when I started as a lecturer, there was no discussion about grades. And if you got a three or a four from one lecturer, then you just went to the other one. You tried it there and threw away the certificate with a three or four. You thought, „Okay, somehow he doesn’t get it, he only gives me a three or four, even though I’m a genius. He must be in the wrong somehow.“ Today, I’m weighed as a student from the first semester on, I get grades, and of course I fight for the grades. They’re so used to that from school. School actually continues, school continues at the university. And that, of course, was not the purpose of the old university. It may also have something to do with changes like the university quota. In the 1960s, we had a university rate of less than 10% in the old Federal Republic, i.e. only less than one in ten of a cohort went to university. Today, we have a 55% university quota. Of course, that changes the whole atmosphere. If, in principle, every second person in every year group goes to university today, then the quality must change. You can tell yourself that people are better today coming out of Pisa school, they’re not. If you look at the Pisa school, it works the same way. It works with cloze texts, it doesn’t require complex thinking operations to get a school leaving certificate.
Milena Preradovic: So thinking is actually no longer desired. And the university graduates are the ones who will be in charge of politics and economics in the future, in other words, they will basically be in charge of us afterwards. What’s in store for us? What kind of generation do you think it is?
Prof. Dr. Michael Meyen: That was ultimately the reason why I wanted to do the book. If you ask yourself, with Corona everyone could ask themselves, what is actually going on with this society? And if you then look at who is sitting in the executive suites today, you find the first graduates of the Pisa School and the Bologna University there. These are people in their mid-thirties and early forties, some of whom hold top party posts, are ministers, head authorities, and have professorships. We have the first professors who come from this Bologna system, so then you find them in all areas. I have to go through university if I want to have something to say in any area of society, and the way of thinking, the way of dealing with knowledge, no longer doubting, no longer questioning, simply regurgitating what others tell me, this way shapes heads of authorities. And for me, this is one of the explanations why there was so little opposition from all the instances that were actually made for opposition: Culture, church, sometimes even the health care system. Perhaps it has always been like this in medical studies, I can hardly judge whether this kind of rote learning has always been the order of the day. In the humanities and social sciences, where heads of authorities are produced, district councils, politicians, all these people, it has only become this way with the Bologna University.
Milena Preradovic: There are now also rankings for universities, which are becoming increasingly important, such as the Shanghai ranking or Times Higher Education,THE, what influence does this have on the work of the universities?
Prof. Dr. Michael Meyen: Well, such a ranking has become an indicator of performance. Today, universities can show how good they are every year. The Shanghai Ranking, which now also works according to discipline, just went through the media again. So you can say as a communication science: „We in Munich. Our institute in Munich is ranked 15th, 16th, 17th or something like that“. In Shanghai, thus in Europe and in the world relatively far ahead, measured by the resources we have available there, and that counts as proof of scientific excellence. If you then look at what these rankings measure, then you quickly see that these are achievements that are determined by a completely different place, which are stored in the Web of Science. This is a publication, a research platform, where all publications that are considered relevant by a certain conglomerate can be found. So this book that I’ve done now, for example, I didn’t have to write that for Web of Science because that doesn’t show up there at all, but certain journals, US journals, journals, certain US based publishers, maybe UK publishers show up there. Changes the way publishing is done, changes the topics that are done. With my old research topics media history, GDR, I don’t get into US or British based journals and publishers. They’re not interested in that. And so I would have to find some kind of twist to make that exciting for a US audience. I have to, if I want to show up there, if this is going to be counted in Shanghai and in Times Higher Education I have to collaborate with colleagues from as many countries as possible and make sure that my stuff gets cited. Have to show up in very specific forms of publication, specific journals. Otherwise, none of that gets weighted at all. As a result, when appointing staff, professors above all, preference is given to people who deliver exactly what is measured in Shanghai and in Times Higher Education. And that’s where the cat bites the tail, so to speak, or where the system fulfills itself, if you will.
Milena Preradovic: So it’s no longer the best that are picked out, but rather the most supple, the ones that best help the universities to get up in any rankings?
Prof. Dr. Michael Meyen: Well, of course, according to this interpretation, these are the best. We live in a time when we want to condense everything into numbers. And when you see, okay, a certain number, x100 anyway, that promises objectivity. Numbers promise unambiguity. In the end, it’s the same principle as with these exams. The student doesn’t argue anymore if it says 1.3, thrown out by the computer. And so Shanghai throws out such a number and then that’s just the way it is, then those are ultimately the best. There is also this ranking for individual researchers, the Hirsch factor or H-index, where every individual researcher’s performance, from mathematicians to medical doctors to me as a media researcher, is condensed into a number. And this number depends, on the one hand, on the amount of publications I have submitted to certain journals, and on the number of citations. So I have to make sure that what I do is cited by as many as possible. And to do that, I have to form citation communities, citation cartels you can say, so that I get noticed and have as high an H-index as possible. These are the best, because they have the highest H-index. Whether what they then do is relevant, whether it is important for society, that no longer matters at all.
Milena Preradovic: So it’s like freedom of expression. Freedom of research is also totally restricted by such things. And if universities are now no longer the stronghold of free teaching, what is the role of universities today?
Prof. Dr. Michael Meyen: The universities have become the most important pillar in the regime of truth and these rankings and the index that goes for every single researcher, that’s what is controlled by the digital financial complex, as Ernst Wolff would call it. Or by the reverse totalitarianism, by this large coalition of the state and corporations, IT corporations above all, which ensure that precisely what suits them is measured in these rankings and indices. If you then look at the orientation of research, then you also have to talk about politicization, above all about political funding, which has flooded the humanities and social sciences in recent years.
Milena Preradovic: For which topics?
Prof. Dr. Michael Meyen: Yes, for the topics that are currently on the political agenda. What we’re doing there, that is, my subject group of humanities and social sciences I’ve called it now, so from historians to political scientists, sociologists to media researchers, these topics are, after all, the ideas that we ultimately find in the leading media. The leading media are the channel on which this is played out, what everyone has to sing along with, what everyone has to know. The universities are the place where the songs are composed, where the musicians are also conditioned, who later sing these songs in the leading media and in the authorities. So today you need the consecration of the university, the consecration of academic research, if you want to push anything through. In the past, this was done with reference to religion, that a higher power wanted it that way, or it was done with reference to traditions. We have always done it that way or with reference to world views. None of this would work today. Today you need scientific studies that say this is exactly how it has to be, so you fund in the people who do research at universities and you set topics. It’s striking how in the last 25 years the share of political money in academic research has increased. The government has always funded universities. I mean, I’m paid by government money, after all. That is the so-called basic funding, but according to Article Five of the Basic Law, it gives me freedom. Research and teaching are free. So I can do whatever I want. I could study the communication of stuffed animals. That would be covered by the freedom under Article Five of the Basic Law. If I did that, however, I would not be able to win any political money. Because the state has ensured over the last 25 years that, in addition to basic funding, lots of money has flowed into the universities for very specific topics. When I say the state, it is very specifically also the state, the federal ministries. But it’s the EU as well, it’s state ministries.
Milena Preradovic: Are these also topics like gender studies and things like that?
Prof. Dr. Michael Meyen: Well, these are special professorships that are endowed there. Sure, we have that too. We have a lot of endowed professorships, not only for gender studies. We have corporate foundations such as Schwarz, which is Lidl and Kaufland, which are financing a giant campus of the Technical University of Munich in Heilbronn, with 40 professorships, which do economics in the broadest sense, and AI in the narrower sense in Heilbronn. There is now a huge offshoot of one of the world’s best universities, because the Schwartz Foundation, Lidl-Kaufland, one of the richest Germans, because they want a certain type of research to be done. So that we also have endowed chairs. But then we have large research alliances. The best known, probably recently, is the „Social Cohesion“ research institute. You shouldn’t think of it as an institute in one particular place. It’s an institute that’s scattered all over Germany, with about 100 professors involved, 200 people doing research at eleven different locations, so a lot of money has really gone into it. „Social cohesion“ is clearly the direction in which the goal is headed. It’s about anti-AfD research. Many, many more professors applied for these funds than were ultimately awarded them.
Prof. Dr. Michael Meyen: I know because my institute also applied and was quite surprised in the end that we didn’t get the award for the media section in this research institute „Social Cohesion“. And there, research is being done on the topics that the traffic light government, for example, is calling for under „Living Democracy,“ once again in a completely different way. Or anti-racism and things like that. You can look at the project list on the Internet and see what is being paid for. You can also imagine which young scientists are produced there, who then go in search of the next funds with this conditioning. And they bring a certain way of doing research with them. This is dictated by the funder, the language is dictated. So these gender chairs alone are not enough to explain why these asterisks are now being distributed throughout the humanities and social sciences via the texts. This also has to do with such tenders, where you wouldn’t even get a chance if you didn’t have a certain way of writing, which requires a certain wording.
Milena Preradovic: I also learned from you that there is of course a lot of money now for institutes for research into right-wing extremism. And you write that you can hardly keep track of the proliferation of projects that deal with hate speech, fake news and everything that is supposed to threaten democracy from the depths of the Internet. Is science being instrumentalized to get rid of us, the unloved critics and unloved journalists?
Prof. Dr. Michael Meyen: Yes, the question is whether instrumentalization is the right word to describe it. Because I also believe that there is a need for it, even on the research side. We looked at this in an earlier project, our democracy project. What narratives are actually spread when it comes to threats to democracy? But then they never look at living conditions. What has changed in people’s everyday lives is not asked about where discontent could possibly come from. There is a relatively easy narrative that has been going on for a couple of decades now. It’s the Internet’s fault, it’s the Internet’s fault that people are suddenly getting stupid ideas. According to that narrative, first the Internet was there and then the discontent. And I did that in this project in several biographical guide interviews. So we went to people, talked to them. And when you ask about the findings, it’s actually the other way around. First there is dissatisfaction and then Preradovic is called in. Then you discover that there is a format where I can find explanations for my dissatisfaction. But research cultivates the narrative: „The danger comes from the Internet,“ and politicians get on board because it’s easier to fight critics on the Internet than to change people’s living conditions. This would require a completely different approach than paying for research, which is then produced in holiday speeches on some democracy and constitutional law commemoration day. There science supplies language formulas. Even before Corona, I fought against this, tried to write against the tendency in media research to deliver appropriate language forms, but I was blocked, if you will, blogged away.
Milena Preradovic: Yes, okay, it wasn’t the first time, but I mean, before the Internet there were hardly any portals with a wide reach or any publications that reached a lot of people and dealt critically with government and politics and all the big issues. Today, there are plenty of critical portals and the governmental narratives are certainly wavering. Does that actually mean that we were also told fairy tales in the past, only without counter-speech?
Prof. Dr. Michael Meyen: Sure, the truth regime worked differently until the end of the 1990s, and you were part of it yourself. The leading media were unchallenged in proclaiming the truth, but perhaps not the channels where you worked.
Milena Preradovic: Absolutely.
Prof. Dr. Michael Meyen: In the beginning, yes, but actually it was more like Tagesthemen or Tagesschau and heute Journal.
Milena Preradovic: With RTL, we went a little further ahead and looked left and right again. A little bit.
Prof. Dr. Michael Meyen: Yes, there were a few other possibilities. But actually until the end of the 90s, the truth regime was relatively secure in the saddle, because critics could simply be deprived of attention. No broadcast space on public television, no print space in the major newspapers. Then nobody knew that these critics existed at all. That changed from the end of the 90s, in the noughties. Sure, you can describe the Internet, of course, as an infrastructure created by intelligence agencies to control populations. We could talk about surveillance capitalism. We could talk about what is now known about what people do because of the existence of the Internet. At the same time, the Internet gives people the ability to draw on alternative narratives that are just as plausible as what the daytime news is doing to form their own opinions. That’s what I’m linking to in the book as well. I think that’s also why they started subjugating universities back in the late ’90s. All three levers that I’m describing there. We’ve talked about research and teaching, we’ve talked about politicization of research, so we’ve talked about teacher training, and we’ve talked about these indices that then come from the noughties. All that was installed at that time to make science compliant, to install that as a new legitimizing instance for the narratives that come from governments.
Milena Preradovic: And the media are so much involved in this now, so they also let themselves be locked into the cart of the big narratives. This year, the Climate Journalism Network published a code of conduct, i.e. a guideline on how to report on climate, and journalists and publishers, including the Austrian news agency APA, have signed such a code. Why do they voluntarily give up their journalistic freedom?
Prof. Dr. Michael Meyen: I am a media researcher and have long subscribed to the thesis. It all depends on the media. If the daily news told us that there are different views on the subject of climate change, and then the daily news told us what is happening with these MRNA treatments, what is happening with Corona, that there are simply different views, then my thesis was that then none of this would have happened, then we wouldn’t have this climate debate now. This book on universities showed me that you actually have to start at a completely different end. The people who are in charge today in APA, STANDARD, network climate journalism, they are products of a science system that has made them exactly what they are today. So today I would say that we actually have to go one level higher. We have to start with education, we have to start with schools, we have to start with universities, and then maybe, if we are lucky, in one or two generations we will have produced different journalists again. If you take this subjugation of the universities, which I describe in the book, that was a generational project, that took 30 years or 25, that will take that long again until we have produced a new generation of journalists.
Milena Preradovic: And what role does the media play in making the universities docile and also their professors?
Prof. Dr. Michael Meyen: Sure, as a researcher you can see in the leading media which topics are working right now. I don’t need an official presence today, but unofficially I do. Today, I need a presence in the leading media if I want to be successful as a researcher. I myself have led three interdisciplinary research networks as a spokesperson, which, unlike in the noughties, were funded for four years instead of three in the ten years when I received this money. The fourth year was always for PR. The fourth year was for making sure that what we found out that was great with political money, that we could disseminate that to the public. At the same time, when I applied, I saw what issues were going to work because, of course, I know that leading media are used to know what the others know. When I watch the Tagesschau or read the Süddeutsche, I want to know what decision-makers in ministries or in such money pots think is reality. So I can see via the leading media what is worthwhile as an application topic. In this respect, things are already intertwined. Academic research, the leading media and decision-makers in authorities, ministries and political parties observe each other via the leading media and their presence. In this respect, it is probably under-complex when I now say that we only have to start with the universities. Probably all these things play together.
Milena Preradovic: Yes, yes, I mean media presence. You can’t really complain about too little, but that’s, I think, another one than you actually wanted to have. In your case, the media put pressure on the university. That means that you are like Ulrike Guerot, who has now lost her job at the University of Bonn under a pretext, you have already been severely attacked, both in 2020 and now. How did this start and how will it continue?
Prof. Dr. Michael Meyen: Well, the pressure on the university then runs via the threat of loss of reputation. The pressure works in such a way that the university or institute management is told that if you tolerate this researcher Ulrike Guerot or this researcher Michael Meyen in your ranks any longer, then you will lose our favor. Then you might no longer get an endowed professorship, then you won’t get this event in your main auditorium, where the Federal President or someone else might appear, because they say, well, it’s not quite kosher there, because they haven’t yet understood this defensible democracy and haven’t purified themselves. That’s the mechanism by which it works, because actually a university president in my store, I mean we have 700 professors at the LMU in Munich. Media research is not the big thing at Shanghai or with the very large pots of money that come from Brussels. So actually our discipline doesn’t matter for such a university management, but you don’t want to have negative media coverage. You want to prevent that. And that is the lever that was already pulled for me in 2020, when I started thinking about Corona and journalism relatively early on in the spring.
Prof. Dr. Michael Meyen: This led to the fact that I can no longer do anything in science myself. Today, I can no longer publish in any anthology because the other authors and the editors would say: „We don’t want to be in a book with Meyen. I’ve gotten essays back that were peer-reviewed, ready for print, I’ve gotten those back because they said that wouldn’t be reasonable for the other authors who are involved. I no longer get invitations to any conferences. So in this whole normal academic business I am no longer employable. That has advantages. I am then free to conduct this interview with you, for example. In the middle of the semester, I was able to write this book about the universities in the last 30 years, which would never have been possible in the past, because I would have had to go to the U.S. twice for some lecture, write some applications, so that I could get research funding again. Today I know that if my name is on such an application, it will be sent right back.
Milena Preradovic: So you don’t apply for funds anymore either?
Prof. Dr. Michael Meyen: That doesn’t make sense anymore.
Milena Preradovic: Yes. So, you have been attacked heavily. Among others by the Süddeutsche Zeitung. Internally also called Alpen Pravda. Yes, and you have also been called an anti-Semite. Now I know you, I just can’t imagine, what was the reasoning there?
Prof. Dr. Michael Meyen: And that was the left-wing Alliance Against Anti-Semitism Munich, which attacked me with a whole series of arguments, including my appearances on Rubikon and KenFM, long before Corona. That was then also the law in court, that these were anti-Semitic, conspiracy-theory and right-wing extremist portals. One could not argue against that at all. Wikipedia says so, and then it was clear to the judges in both instances that this was true. The crux of anti-Semitism was an event I did in 2018 with Andreas Zumach, taz, journalist, which was about the BDS resolution of the Munich City Council. It maybe a local affair, but then it got nationwide significance. The Munich City Council had decided in 2017 to no longer give municipal funds and municipal spaces for events and for people who are involved with BDS, this protest campaign in Israel Palestine. And I was interested as a media researcher, can a parliament with a majority of MPs ban a certain topic from a municipal public? For that I invited Andreas Zumach, expert in international law, and we had a blatant event. You can watch it on the Internet, we filmed it because we suspected that it would cause problems with a packed auditorium and then we received the accusations that you just mentioned. Today, I would no longer sue this left-wing alliance, and I won the case, but it a) cost a lot of money, b) a lot of nerves and resources, and c) this accusation is not out of the world. I think organizers who are thinking about inviting me to give a talk will find out about it relatively quickly or will come across it and will then shy away from it to some extent. In this respect, it is still in the world, despite this victory in court.
Milena Preradovic: Yes, it is all absurd and contradictory. The state prosecutor’s office, that is, the disciplinary authority for civil servants, has opened disciplinary proceedings against you at the request of your university. If I remember correctly from your book also because you should have given money to a left-wing extremist organization. I mean, you are a right-wing extremist and a left-wing extremist. You have to explain that to me. How does that work?
Prof. Dr. Michael Meyen: Yes, that was a donation to Rote Hilfe, which also has people from the governing parties, the current governing parties, as members. At that time, we made a reading tour for a book about the Kurds. Abdullah Öcalan, PKK have received donations at every event. The Kurdish people in need should benefit, did not want to distribute the money themselves and have looked for an organization that can and does. The Red Aid was then obvious, because the Kurdish freedom movement, so the people who see themselves close to Abdullah Öcalan, have a relatively close relationship with the Left Party and corresponding organizations. That was such a donation of 2019, which was now brought out again, because also this other part, the charges, there where it is about constitutional protection relevant delegitimization of the state, is if you look at it closely, it is already very, very strange. I then took a look at this report on the protection of the constitution of the state of Berlin and saw everything that is being brought forward against the Communication Center for Democratic Resistance, which is the subject of this report.
Milena Preradovic: Where you were the editor for a short time.
Prof. Dr. Michael Meyen: Where I was the editor of this weekly newspaper. Once, at a demonstration, someone held up a sign demanding peace with Russia. Someone held up a sign calling for a free decision on vaccination at this demonstration on April 7, 22nd – a decision by the Bundestag to make vaccination compulsory, in other words, things that were then even decided accordingly by the majority in the Bundestag. All this has now been mentioned in the context of delegitimization of the state. I have now written a statement and have also taken a very critical look at this report on the protection of the constitution, on which the whole thing is based. So far, at least, it’s not about individual statements or passages of my own, but rather about this contact-guilt mechanism. So I’m dealing with people, Red Help, who are said not to have distanced themselves from the RAF. I have never dealt with the Red Help so intensively. It may be that this is true or that they organize such demos peace with Russia or for free vaccination decisions and that is what I am accused of, I am curious. I was meanwhile to the first hearing, that is not yet in the book. I already had a deadline with the book, I talked with the investigator for two and a half hours. It was quite an interesting experience, the questions that came in. It was also about my criticism of the leading media, about media use. In one video, I apparently recommended Manowar and Reitschuster, these sites to students. And then they asked how I came to recommend these dangerous sites to young people.
Milena Preradovic: You are not allowed to do that anymore. So you are not allowed, then you are really not allowed to criticize anything. So when you say that it was about you criticizing leading media, is that already suspicious nowadays?
Prof. Dr. Michael Meyen: Of course, the investigator first asked this quite neutrally and openly. I simply gathered from the questions that this could be a problem, because he then wanted to know. This was an event with „Students Stand Up,“ a rather critical student group, a minority of students, if you will. In Munich, I think we have less than 1000 members in this Telegram list of „Studenten stehen auf“ out of 100,000 students. So less than 1%. So I thought, I can also talk openly about Reitschuster and Mannova. He then wanted to know if I recommend that in my regular courses as well. I thought, Okay, so that seems to be a problem.
Milena Preradovic: Then that can come out in this disciplinary process. So what can happen there?
Prof. Dr. Michael Meyen: There are five possible penalties in disciplinary proceedings against civil servants. Most of them do not apply to me. So something like a promotion freeze or salary reduction or things like that. There can be a reprimand or the expulsion. Those are the two variants.
Milena Preradovic: You can just get kicked out. Do you then also lose your pension rights?
Prof. Dr. Michael Meyen: Exactly. I’ve learned now, about this procedure, why also retired civil servants have remained relatively quiet, in the Corona years. Yes, I thought to myself okay, if I am now already retired and am no longer after research funds, no longer have to be afraid that my students are somehow taken into clannish custody, then I could actually be open, but I learned that disciplinary proceedings could also be opened against retirees and that this would then possibly result in the loss of pension entitlement. This explains why the many older professors have remained quiet. And some of the very old professors have retired with 100% salary entitlement. So it’s really about money. That is no longer the case for my generation. But that could be a possible consequence.
Milena Preradovic: Yes, madness. Fittingly, you write in your book, „GDR comparisons are a no-go in a public dominated by West Germans and by a historical narrative that needs a dictatorship for the victor to shine and brush aside all questions. Our journalism and the red sausage papers of yesteryear, God forbid!“ Do you see any parallels to the GDR in the meantime?
Prof. Dr. Michael Meyen: Well, everything that I have now written about the universities, what I have previously done in terms of media criticism, would not be conceivable without this experience in the fall of 89 and then in the whole of 1990. That is a time that was completely wild. It’s also left out of the history books. We have this dictatorship narrative about the GDR, and then we have this freedom narrative about the Federal Republic from October 3, 1990. In between, there were months in which anarchy prevailed, in which there was actually no one left at the universities who could tell us what to do. Many of the old professors were discredited or left of their own accord because they already suspected that I might have had something to do with the Stasi or that I was too high up in the party. I won’t get another chance in this new system anyway. As students, we invited lecturers from the West. We thought about what we would actually like to do, what we might need in our later professional lives. And that was then included in the curriculum. Of course, after 1990, all that somehow disappeared into the archives, but never became reality. That is a formative experience.
Prof. Dr. Michael Meyen: It showed me what the university could be, and it also showed me what the media could be. Because the GDR journalists who were released in October 89, free from the constraints of the party, produced super journalism from one day to the next. They also had wonderful reach. Today, it’s unimaginable what kind of reach news broadcasts and news formats had back then, because journalists simply did what they were trained to do, and weren’t being bullied by anyone. Not from politics, not from business, because there was simply no authority that would have been in a position to control. This memory leaves its mark. For me, that is still the promise that is ultimately associated with the Federal Republic of Germany – to have its own media landscape that is free, to have a university landscape that is free. And when I sense restrictions somewhere today, when I hear and sense bans on thinking, bans on what you can say, then I get allergic, then I think okay, the Federal Republic is digging its own grave, because that’s actually what motivates people to participate, motivates people to get involved and do more than what they might do just to make money.
Milena Preradovic: But are we heading a bit in the direction of the GDR?
Prof. Dr. Michael Meyen: Well, it’s hard to say. The GDR was different in that the Federal Republic was next door. You always had an alternative, if you will, or an option where you could go. Today, the question would be what that option would be. In this respect, it is completely different. The collapse of the GDR was, if not initiated and controlled, at least supported from the outside. If you look at this election campaign, the first so-called free Volkskammer election on March 18, 1990, massive amounts of money flowed in from the West as campaign aid, including personnel from the West. That was not a free election in this sense, where people could have decided without influence what kind of social formation they would like to have. That is inconceivable today. Who should that be? Who should produce these things from the outside today? So Russia is always accused of being active here in Germany, of supporting some media portals, I always wonder where that is. Then where are these strong media portals that are financed by Russia or financed by other powers to produce a counter-public here? We have people like you who are doing it on their own.
Milena Preradovic: I have also been accused of it. I swear at this point: no, I don’t take money from anyone, except from the people who voluntarily donate to me. And these are usually not large amounts. So I am not a Russian spy either. I have to say that. Do you know how many professors and teachers have lost their jobs because of critical attitudes?
Prof. Dr. Michael Meyen: There is a super study by Heike Egner and Anke Uhlenwinkel. These are two professors who were themselves affected by such exclusion processes. They now have almost 50 cases. In Switzerland, Austria and Germany, you can say it’s few. In Germany, we have about 50,000 professors, depending on who you count. It may not seem like much to have 50, but these 50 are known through the leading media. Each of the 50,000 others knows these cases. In this respect, it is sufficient to punish a small number of professors. What is interesting about this study is that these exclusion processes have been around for quite a while. In the beginning, especially against women. So it’s no coincidence that Heike Egner and Anke Uhlenwinkel did this study. Two women who have been accused of bullying and things like that. Since Corona, ideological insubordination has also been an issue in these exclusion processes. It’s not just about Corona, but also about climate, gender and migration policy. So that’s on the rise. And like Heike Ebner, who I interviewed for Apolut, the interview is not yet online, who said that when she became a professor, she could not have imagined that one could be dismissed as a professor. But she was dismissed after seven or eight years, from one day to the next. Without it being clear to this day what exactly was behind it.
Milena Preradovic: Do these things, that is, also this university subjugation and also this scaring of professors, punishing of some and all that we’ve been talking about, does that actually only happen in German-speaking countries or is that a global story?
Prof. Dr. Michael Meyen: Well, the German-speaking world is special again. Germany is also special because I am a civil servant professor. In this respect, it’s not so easy to kick him out, because even if the state prosecutor’s office were to say that the guy is not loyal to the constitution, that he can’t be a professor, we would still need administrative court proceedings. That can take three instances all the way to the Federal Administrative Court in Leipzig. It’s much easier in Austria. There, professors are now employees and have contracts with a notice period. That’s also the case in Switzerland. Michael Elsfeld, whom I think you interviewed once, has a contract with six months‘ notice. So he could leave more quickly. In the Anglo-American world, it’s also generally the case that these are contracts with periods of notice. So it’s much easier to discipline them there.
Milena Preradovic: But is it actually done? Is the same scheme going on as here?
Prof. Dr. Michael Meyen: Yes, it is done. Of course, there is this Cancel Culture, which is not an English term for nothing. It comes from the Anglo-American world and there are enough cases of university professors who have lost their positions because of critical statements.
Milena Preradovic: How do you see the universities in ten years, if this continues?
Prof. Dr. Michael Meyen: It’s hard to say. You can’t look into the future. Maybe there will be this countermovement. Can you always hope that young people will come who demand a different kind of university, the question is always whether that can work with a state-funded university. I used to argue that the state gives me freedom, gives me the money, and assures me through Article Five of the Basic Law that I can do everything that I think is right as a researcher, as a scientist. I have gone through a long training, I had to do a doctorate, habilitate, so I went through a long period of uncertainty, during which I was also able to show that I can do that. That I can do science should actually work. Meanwhile, I say this state funding is in itself a problem, as we discussed on the retired professors. As soon as the state finances people, as soon as it also puts them in a much better financial position than other professions, then has access this civil servant status associated with the pension. Is of course something that people do not like to lose. It is no longer 100% what I would get as a pension, but it is significantly more than the normal pension. And that binds people to the state, also leads to moderation requirements, which we also had with policemen, teachers and such cases. There are also enough cases since the Corona time, where civil servants teachers and policemen got into this mill. In this respect one would have to think about the whole organization of universities. There are counter-foundations, free academies, where attempts are being made to combine this morsel of education that has come about as a result of the Bologna courses, two narrow-track subjects, and to say that this is university education, to break this up, to allow young people to think outside the box again. But it’s hard for young people to say, „Okay, I’ll bet on this new horse and then at some point I’ll be competing with people who have these bachelor’s and master’s degrees,“ and who still have a salary guarantee from the state and from the large companies that are linked to the state in this grand coalition that Sheldon Wolin describes in his book about inverted totalitarianism.
Milena Preradovic: Yes, yes, if a young person today wants to become a journalist and goes to you to learn that there, that is, to your little academy or to the Academy of Thinkers, then of course he already places himself on the sidelines. That is, he will not be hired by any leading medium, for example, that would not work at all.
Prof. Dr. Michael Meyen: Yes, of course, and what I think is also important as an argument, which we have not yet discussed, is this platform capitalism. I believe that all the changes we have discussed in schools, in universities, and also in the media, would not be possible if a completely new way of communicating had not become prevalent in society. Platform capitalism demands to show edge. The logic of one zero that the intelligence services have inscribed in Silicon Valley, this logic of 1-0, demands that every topic be morally charged, always saying what I think is good, what I think is bad. What is good, what is bad? That is the logic that is inscribed in the communication platform. And it has also conquered academic research over a not-so-long period of time, because as a researcher I also have to be present on these platforms. If I then want to raise these funds somehow, if I want to convince companies to cooperate with me. They do that with people who have a lot of followers on these platforms. I can only get followers if I always say very clearly: „I think this is good, I think this is bad. So it’s no longer a question of right and wrong. That would be the logic of science, but it’s about morality. And this platform capitalism has moralized all issues in society. You can’t leave that out as a cause, because if you ask about the university in ten years. As long as this platform capitalism provides the dominant form of communication, I see rather black there.
Milena Preradovic: If you consider that Lauterbach only became health minister because that was virtually demanded on Twitter and because he has hundreds of thousands of followers.
Prof. Dr. Michael Meyen: 1 million followers. And as a journalist, I think about that. If I mess with Karl Lauterbach, I mess with a million people who follow him on Twitter. And 1 million followers on Twitter against me, that’s a death sentence for any academic and for anyone.
Milena Preradovic: Thank God not all followers are on his side. So I do write something from time to time and that’s how I notice it. I follow him, too. Just because of the humor. Yes, Michael, have we forgotten something big?
Prof. Dr. Michael Meyen: I don’t think so.
Milena Preradovic: I don’t think so either. So I can recommend your book. It shows quite nicely where we stand in terms of universities and also in terms of society and in terms of journalism. And to everybody, of course, I can recommend again „the propaganda matrix“. I think I’ll read it again now, it’s still a good book.
Prof. Dr. Michael Meyen: It has also just been printed in the third edition, which I think is the absolute exception for the Rubikon books.
Milena Preradovic: Yes, it was also a super book. Thank you very much Michael, for this insight into the German higher education system and more. Thank you for being there.
Prof. Dr. Michael Meyen: Thank you for having me.
Milena Preradovic: Well, people, everywhere the same picture. Whoever moves outside the official opinions is canceled, intimidated, punished, threatened and defamed. There the alarm bells should actually ring with each democratically thinking humans. However, they do so only with the fewest. And I ask myself: Has the compass already shifted that far? I think that’s the biggest problem. People have gotten used to this new normal and think this is democracy. We should remind them what real democracy and real freedom looks like. I wish you guys a good time. See you soon.
Ich habe einen Masterabschluss in Biochemie, ich war mit 2008-2016 einer der ersten Lehrgänge unter dem Bologna-System an unserer Hochschule, nachdem ich der erste Schulgang im 6-stufigen Realschulprogramm war.
Das Studium war extrem verschult. Es war festgelegt, in welchem Semester welche Fächer mit welchem Inhalt gelehrt wurden. In den Zeiten des Wandels war natürlich auch der Lehrplan betroffen und änderte sich von Semester zu Semester. Insbesondere in den ersten Jahren änderte sich der Lehrplan entsprechend häufig, um sich an das neue System anzupassen, die Regeln insbesondere der Zugangsberechtigungen für die nachfolgenden Semester waren noch nicht klar.
Doch da liegt die Crux, das System wurde auf Durchsatz angepasst. Freie Lehre wurde abgeschafft. Die Professoren hatten einen festgelegen Lehrplan. Was in den strikten Ingenieurswissenschaften mit ihrem Ziel der erweiterten Ausbildung seinen Zweck haben kann, war für die restlichen Wissenschaften mit ihrer Fragestellung nach der Erlangung von Wissen jedoch nachteilig. Das Studium wurde von der selbsttätigen Wahrheitsfindung zur staatlichen Indoktrination.
Spätestens im Zuge des Bologna-Prozesses fingen die Universitäten und Fachhochschulen auch an, sehr kreativ mit ihren Studiengängen zu sein, siehe Biowissenschaften. Es wurde aufgefächert in Studiengänge mit den kreativsten und spezifischsten Namen und Lehrplänen, was die Verschulung des Studiums widerspiegelt. Jeder Studiengang an jeder Uni ist anders mit anderen Schwerpunkten, kaum ein Studierter hat mittlerweile noch praktische Erfahrung und prügelte sich lediglich durch seine Multiple-Choice-Fragebögen durch, unfähig zur selbstständigen Problemlösung. Ein erfolgtes Studium eines Fachgebiets ist im Lebenslauf mittlerweile teils weniger angesehen als eine entsprechende Ausbildung, da die entsprechende Person keinerlei praktische Erfahrung hat und entsprechend länger eingearbeitet werden muss um das gleiche Ergebnis zu erzielen, bei gleichzeitig höheren Ansprüchen.
Ein studierter Mensch mag vielleicht verglichen mit einem Ausgebildeten seines Fachs mehr Hintergrundwissen besitzen, doch fehlt ihm jeglicher Bezug zur Praxis außerhalb der behüteten Uni, Bürokraten haben Bürokraten erschaffen.
Die staatliche Förderung des Studiums hat zu einer höheren Quantität und geringeren Qualität des Studiums geführt. Eine bloße Erhöhung der Mindestanforderungen, ohne höhere tatsächliche Qualifikation. Das aktuelle Studium ist ein chinesisches Model, Wiedergabe des Gesagten ohne Verständnis, Transferleistung ist schwierig einzuschätzen insbesondere bei dem hohen geforderten Durchsatz. Vollkommen wirtschafts- und fortschrittsfeindlich, von der Art der herangezogenen obrigkeitshörigen Persönlichkeit ganz zu schweigen.
Etwa 50 Professoren mit Rückgrat, im deutschsprachigen Raum, das ist in der Tat übersichtlich. Es erklärt, warum die Wissenschaft, zumindest in meiner Sicht, in eine Art Budenzauber abdriftet, der irgendwelchen Konzernen lobhudelt und monetäre Chancen verschafft sowie Ideologien verbreitet, die jeglicher Sinnhaftigkeit entbehren .
Danke, für Ihre unermüdliche Aufklärungsarbeit, Frau Preradovic!
Die Staatsmedien habe ich komplett aus meinem Horizont verbannt.
Das Unsagbare und das neueste hahnebüchene Narrativ wird mir von den Personen im täglichen Umgang ausreichend übermittelt, um nicht direkt gesteinigt zu werden, durch eine angebliche verbale „Entgleisung“ meinerseits.
Bekomme regelmässig von meiner Schule Einladungen zu Fortbildungen für Grundschullehrerinnen. Themen: Klimabildung, Demokratie, Umgang mit Verschwörungstheorien. Einst war politisch einseitige Beeinflussung an Schulen verboten. Heute heisst sie ‚Demokratiebildung‘. Herr Meyen, wenn wir nochmal frei denkende Journalisten haben wollen in diesem Land müssen wir uns beeilen
Es lebe das Berufsethos eines jeden Gebrauchtwagenhändlers im Vergleich zu den akademischen Seelenverkäufern.
Die Studenten werden dazu erzogen, zu gehorchen. Was ich eher von Ausgebildeten erwarten würde, aber die haben zumindest die Realität mit eigenen Augen gesehen, um sich ihre eigene Meinung zu ihrem Fachgebiet zu bilden.
Da das letzte ’nackte niveau‘ noch nicht auf rumble erscheint, muss ich Milena hier danken! Vielen, VIELEN Dank dafür, dass Sie immer unterscheiden zwischen Migrant (ich bin ‚Migrantenkind/Auswanderer) und Asylsuchendem. Vielen Dank dafür, dass Sie unterscheiden zwischen Assimilation und (alle möglichen Varianten) von Integration und vielen Dank dafür, dass Sie jedem Menschen zugestehen – auch den Migranten! – in Dissens zur jeweiligen Regierung zu stehen. Es war sehr beeindruckend und schön zu hören, wie Sie ‚gegen‘ Gerd Buurman und Paul Brandenburg unsere Freiheit verteidigt haben. Gracias!
(Gleich hör ich auch hier rein, so wie meistens! Ein schönes WoEnde in den Norden!
Meine Alarmglocken läuten.
Danke an Michael Meyen und an Milena Preradovic.
@G.Nau: Ein sehr schöner Kommentar und grundsätzlich voller Wahrheit. Mein damaliger Geschichtslehrer kämpfte noch drei Jahre an der Ostfront, wurde ebenso oft verwundet, das letzte mal sehr schwer, und wusste aus diesen und den Erfahrungen mit dem Regime, noch Wissen und Lebensprioritäten zu vermitteln – nämlich kritisch zu hinterfragen und die eigene Zeit und geistigen Ressourcen sinnvoll zu nutzen, damit so etwas nicht mehr passieren kann. Zum Glück für all diese Könner, welche wir heute in der Politik und eben auch an den Hochschulen in der Studentenschaft sehen, lebt diese Generation von Menschen nicht mehr und kann disese somit auch nicht mehr mahnen (und belästigen).
Ich hatte mal einen Lateinlehrer, der war so alt, dass er als Kind noch den Kaiser gesehen hatte. Dieser berichtete, dass es zu seiner Schulzeit Oberschülern verboten war, ins Kino zu gehen. Man sprach Menschen, die sich von einer billigen Mischung aus Sex&Crime berieseln lassen schlichtweg ab, die Hochschulreife zu besitzen und verwies sie vom Gymnasium. Zu jener Zeit hatten konsequenterweise auch nur 5% der Bevölkerung das Abitur und nicht 50%, so wie heute.
Wenn man diesen Maßstab auch heute noch anlegen würde, dann hätten wir kein Problem an den Unis, denn die Studenten würden kritische Fragen stellen und Beweise verlangen. Sie würden z.B. den logischen Widerspruch, dass wir Waffen in Spannungsgebiete liefern obwohl wir jahrelang gepredigt haben, dass dies ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist, nicht akzeptieren, sondern dagegen protestieren.
Es hilft überhaupt nichts, unreifen Menschen den Besuch von alternativen Foren wie PRERADOVIC zu empfehlen, denn auch hier können sie nichts anderes, als sich berieseln zu lassen. Kritisches Denken erfordert eine bestimmte Lebenseinstellung, und die hat eben kaum noch jemand.