„Wir sind im kulturellen Bürgerkrieg“ – mit Prof. Dr. Norbert Bolz

23. Aug 20216 Kommentare

Politische Probleme werden heute nicht mehr politisch, sondern moralisch beurteilt. Das sagt Philosoph und Medienwissenschaftler Prof. Dr. Norbert Bolz und befürchtet, daß dadurch kein notwendiger Diskurs mehr möglich ist. Wer moralisiert, teile die Welt in Gut und Böse ein. Andere Meinungen würden somit dämonisiert, politische Gegner zu Feinden. „Wir sind in einem kulturellen Bürgerkrieg“, so Bolz. Ein Gespräch über problematische Entwicklungen in unserer Demokratie, schwindende Gewaltenteilung, Merkels „genialen Opportunismus“ und das Untertanen-Gen der Deutschen.

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6 Kommentare

  1. Erika Becker

    Ich halte die Ausführungen von Bolz für gewinnbringend. Diese stehen nämlich fernab verschiedener Wolkenkukuksheime, wie bspw. im Tiergarten konstruierte Verfassungserneuerungen und allgemeines Gejammer über die Zustände, auf dem Boden einer realistischen Betrachtung der Zeit(en). Mausfeld, der übrigens seit Anfang 2020 den Mund (auch) nicht aufbekommen hat, mag in vielem seiner Beiträge die Symptome der Entwicklungen seit den 1980er Jahren treffend formuliert haben, aber m.E. geht er nicht an die Wurzel bzw. detektiert die »falsche« Wurzel und genau hier muss ja angesetzt werden. Der heute fehlende und seit etwa 30 Jahren stark erodierende politische Diskurs existierte definitiv und ohne Frage bis hinein in die erste Hälfte der 1980er Jahre. Gleiches gilt m.E. auch für die Gewaltenteilung (bis auf wenige Ausnahmen). Die repräsentative Demokratie kann also durchaus funktionieren (und sie funktionierte), mit den richtigen Menschen darin im Wirken. In der Zeit nach dem Weltkrieg bis in die 80er trugen aber auch noch gestandene (zumeist) Männer aus der Kriegsgeneration die Verantwortung, welche Mangel und Not noch erlebten und für Ihre politischen Betrachtungsweisen einstanden, wohingegen wir es heute zumeist mit narzisstisch gestörten Persönlichkeiten zu tun haben, welche im politischen Betrieb ihre Persönlichkeitsstörung versuchen zu kompensieren, sich an der Macht berauschen und überdies reich zu machen versuchen. Grundsätzlich kann diese Entwicklung in weiten Teilen insbesondere der jungen und jüngeren, satten Gesellschaft beobachtet werden und genau hier liegt m.E. die Wurzel der Negativ-Entwicklung. Insbesondere der Blick auf die heutige (zuweilen extrem) narzisstische Studentengeneration, mit ihrer Vollkaskomentalität, ihren woken Oberflächlichkeiten, ihrem gelebten Infantilismus und ihren Social-Media-Blasen, offenbart auf erschreckende Weise, dass der Talgang nicht mehr aufzuhalten zu sein scheint. Die Entwicklung der letzten 30 Jahre muss von innen kollabieren bis es irgendwann mal wieder besser werden kann. Abschließend noch eine Bemerkung zur Kritik an Bolz Taxierung der Agenda 2010. Es ist durchaus Mode, auf diese Einzuprügeln – ich selbst tat es auch jahrelang. Allerdings halte ich meine Analyse hierzu inzwischen als zu kurz gefasst und sehe die A2010 ambivalent. Es ist m.E. grundsätzlich sehr sinnvoll die Eigenverantwortung des Menschen zu stärken, anstatt ihn in der Fremdversorgung zum einen abhängig zu machen (Vollkaskomentalität) und zum anderen somit zudem auch zu schwächen – allerdings müssen dann aber auch zumindest einigermaßen gerechte Spielregeln vorherrschen. Diese gibt es allerdings aufgrund der zuvor beschriebenen Entwicklungen in Politik und verschiedenen Gesellschaftsteilen lange nicht mehr.

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  2. Publicviewer

    Die „großartige Agenda 2010“???
    leidermusst ich an dieser Stelle einen „Punkt“ machen Frau Preradovic.

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  3. Max

    […]Ein Gespräch über problematische Entwicklungen in unserer Demokratie, schwindende Gewaltenteilung[…]

    Problematische Entwicklungen ja, aber nicht erst seit ein paar Jahren, sondern Jahrzehnten, gar Jahrhunderten!
    Wer dazu bei der repräsentativen Demokratie[1] noch ernsthaft von Demokratie spricht, ist entweder Ahnungslos, oder will bewusst täuschen. Ebenso mit einer angeblich schwindenden Gewaltenteilung, da es in Deutschland noch nie eine echte Dreiteilung der Gewalten[2] gegeben hat und das auch schon vor Corona. Also Entweder Ahnungslos, oder eben eine bewusste Täuschung.

    In diesem Sinne – Sinnlose Zeitverschwendung!

    [1] siehe dazu Rainer Mausfeld et al.
    uni-kiel.de/psychologie/mausfeld/
    rubikon.news/artikel/die-wahrheit-uber-die-demokratie

    [2] gewaltenteilung.de/

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    • Max

      Als Ergänzung noch, damit es nicht nur Negativ ankommt.

      Bevor die Misere mit der unechten Fassadendemokratie und der nicht existenten Dreiteilung der Gewalten nicht behoben ist, ich schrieb es ja schon, ist das alles weitgehend sinnlose Zeitverschwendung, denn zurück zu dem vermissten „notwendigen politischen Diskurs“ würde ja bedeuten, dass alles wieder so weiter gehen würde wie in dieser vermissten Vergangenheit, also die Fassadendemokratie mit dem scheinbaren „politischen Diskurs“ zur Täuschung und Ruhigstellung des Volkes.

      Ein vielversprechender Ansatz, die Misere zu beheben wäre da z.B. unsere-verfassung.de
      Ein Interview dazu gibt es hier: rubikon.news/artikel/die-verfassungserneuerung

      So lange das nicht behoben ist, sind auch die Wahlen[1] sinnlos und nur ein Beruhigungsritual zur Täuschung.

      Macht eure „Hausaufgaben“ – ansonsten bleibt halt die Matrix wie sie ist! Nicht zuletzt auch durch solche Gespräche, die am Kern vorbei gehen und letztendlich nichts bewirken, auch wenn sie gut gemeint sind.

      [1] wwwahnsinn.wordpress.com/2017/06/05/die-100-groessten-irrtuemer-ueber-das-waehlen/

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      • Moritz

        zu:

        […]Ein vielversprechender Ansatz, die Misere zu beheben wäre da z.B. unsere-verfassung.de
        Ein Interview dazu gibt es hier: rubikon.news/artikel/die-verfassungserneuerung[…]

        Ein weiterer Artikel hier – >rubikon.news/artikel/in-schlechter-verfassung

        Antworten
  4. Max

    […]Ein Gespräch über problematische Entwicklungen in unserer Demokratie, schwindende Gewaltenteilung[…]

    Problematische Entwicklungen ja, aber nicht erst seit ein paar Jahren, sondern Jahrzehnten, gar Jahrhunderten!
    Wer dazu bei der repräsentativen Demokratie[1] noch ernsthaft von Demokratie spricht, ist entweder Ahnungslos, oder will bewusst täuschen. Ebenso mit einer angeblich schwindenden Gewaltenteilung, da es in Deutschland noch nie eine echte Dreiteilung der Gewalten[2] gegeben hat und das auch schon vor Corona. Also Entweder Ahnungslos, oder eben eine bewusste Täuschung.

    In diesem Sinne – Sinnlose Zeitverschwendung!

    [1] siehe dazu Rainer Mausfeld et al.
    https://www.uni-kiel.de/psychologie/mausfeld/
    https://www.rubikon.news/artikel/die-wahrheit-uber-die-demokratie

    [2] https://www.gewaltenteilung.de/

    Antworten

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