Gaza: „Deutschland misst mit 2erlei Maß“ – mit Dr. Michael Lüders

26. Sep 202412 Kommentare

Quo vadis Nahost? Fast ein Jahr nach dem Blutbad der palästinensischen Hamas in Israel und der Verschleppung von Geiseln am 7.Oktober 2023 ist Gaza fast völlig zerstört, Zigtausende Menschen getötet, und es eskaliert zwischen Israel und dem Libanon. Der Politologe und Islamwissenschaftler Dr. Michael Lüders kritisiert die bedingungslose Unterstützung Deutschlands für Israel. „Wir brauchen eine andere Lehre aus dem Vermächtnis Auschwitz.“
Deutschland messe mit zweierlei Maß, so der Autor von „Krieg ohne Ende?“. Ein Gespräch auch über das Totschlagargument „Antisemitismus“ für Kritik an israelischer Politik und der Vorgeschichte des Konflikts, ohne die kein Verstehen möglich ist.

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Milena Preradovic

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Interview mit Dr. Michael Lüders (deutsch)

Milena Preradovic: Es ist fast ein Jahr her, dass die palästinensische Hamas am 7. Oktober 2023 ein schreckliches Blutbad unter Israelis angerichtet und Geiseln verschleppt hat. Seitdem schlägt Israel mit voller Wucht zurück. Gaza ist zur Hölle auf Erden geworden. Zigtausende Menschen getötet und nun eskaliert es zwischen Israel und dem Libanon. Und Deutschland steht unverbrüchlich an der Seite Israels. Das ist Staatsräson nach dem Holocaust. Wer Israel und seine Politik kritisiert, gilt hier schnell als antisemitisch. Das betrifft sogar Juden und auch die, die auf die Vorgeschichte dieses nie enden wollenden Konflikts im Nahen Osten aufmerksam machen. Mein Gast tut das, und er sagt Deutsche Politik hat sich ohne Not in eine geistig moralische Sackgasse manövriert. Jetzt in Punkt Preradovic. Hallo, Dr. Michael Lüders. Schön, dass Sie wieder mal da sind.

Dr. Michael Lüders: Schönen guten Tag. Hallo. Ich freue mich sehr, bei Ihnen in der Runde zu sein.

Milena Preradovic: Ich stelle Sie kurz vor. Sie sind Politologe, Islamwissenschaftler, Politikberater und Autor, haben arabische Literatur in Damaskus studiert. Politik, Islamwissenschaften und Publizistik in Berlin. Sie waren bis 2022 Präsident der Deutsch-arabischen Gesellschaft, in Nachfolge von Peter Scholl-Latour, haben unter anderem das Auswärtige Amt beraten, haben an mehreren Universitäten gelehrt, waren als Nahostkorrespondent für die Zeit tätig, haben Dokumentarfilme für SWR und WDR gedreht und sind vielen aus TV Diskussionen und Talkshows bekannt. Und Sie sind Autor von zahlreichen Büchern. Ihr neues heißt „Krieg ohne Ende. Warum wir für Frieden im Nahen Osten unsere Haltung zu Israel ändern müssen.“ Zu dieser interessanten Frage kommen wir gleich. Aber erst mal ganz aktuell: Wie beurteilen Sie diese jüngste Eskalation im Libanon. Also erst die Aktion gegen Pager und Walkie Talkies der Hisbollah, die gegenseitige Bombardierung. Glauben Sie, dass das ein richtiger Libanonkrieg wird mit neuer Bodenoffensive? Man hört so was ja schon aus Israel.

Dr. Michael Lüders: Die Lage im Libanon, im Nahen Osten ist insgesamt sehr prekär. Vieles deutet darauf hin, dass die israelische Regierung entschlossen ist, ihren größten Widersacher, die Hisbollah, im nördlichen Nachbarland Libanon, entscheidend zu schwächen, wenn nicht militärisch in Anführungsstrichen zu vernichten. Das ist ein sehr ehrgeiziges Ziel und Projekt, und es droht, die Region insgesamt in den Abgrund zu reißen. Wir haben ja schon den Krieg im Gazastreifen, und obwohl es der israelischen Armee nicht gelungen ist, dort die Hamas zu besiegen, wendet man sich jetzt dem nächsten Ziel zu, nämlich der Hisbollah, der Partei Gottes im Libanon, die aber militärisch ganz anders aufgestellt ist, viel wirkmächtiger ist als die Hamas. Es ist also jetzt ein Zweifrontenkrieg, den Israel führt. Es bleibt abzuwarten, wie die Sache sich weiterentwickelt, aber für friedliche Lösungen sieht es nicht gut aus. Jedenfalls hat die israelische Regierungen solche Bemühungen, wie sie jetzt gerade bei den Vereinten Nationen versucht wurden, eine Absage erteilt.

Milena Preradovic: Genau, denn die haben ja gefordert, einen Waffenstillstand dort einzurichten. Was glauben Sie, wie weit kann es in dieser Region noch eskalieren? Ist ein Krieg Israels mit dem Iran sogar denkbar?

Dr. Michael Lüders: Na ja, die israelische Führung sieht die Chance gekommen, mit ihren Feinden ein für alle Mal aufzuräumen. Als da wären die Hamas und die Hisbollah. Die Hisbollah wiederum ist eng liiert mit der Islamischen Republik Iran. Von dort wird sie bewaffnet und finanziert. Aus iranischer Sicht handelt es sich dabei um eine Art in Anführungsstrichen Vorwärtsverteidigung. Man finanziert und unterstützt verschiedene schiitische, proiranische Milizen. Die größte ist die Hisbollah mit dem Ziel, für den Fall eines größeren Krieges in der Region die Kampfhandlungen nicht allein im Iran stattfinden zu lassen, sondern auch aufseiten der mutmaßlichen Angreifer in diesem Fall Israels. Das ist das strategische Kalkül des Irans. Und die israelische Regierung hat das Gefühl, dass sie jetzt sozusagen eine goldene Gelegenheit hätte, ein für alle Mal für Ruhe im Norden zu sorgen. Dann ist es Wahlkampf in den USA. Der jetzige Präsident Joe Biden ist eine lahme Ente, und für den Fall eines Wahlsieges von Donald Trump ist auch klar, dass dieser ein hartes israelisches Vorgehen gegenüber dem Iran oder gegenüber der Hisbollah nicht entgegenstehen würde. Insofern fühlt man sich jetzt ermutigt, seitens der israelischen Regierung Vorwärtsverteidigung aus deren Sicht zu betreiben. Und vergessen wir nicht Aus der Perspektive des israelischen Premiers Netanjahu ist es so, dass je länger dieser Krieg andauert, umso weniger kann er angeklagt werden für die verschiedenen Korruptionshandlungen, derer er beschuldigt wird. Die sind jetzt erst einmal ausgesetzt durch den Krieg, Und je länger der Krieg andauert, umso besser ist es für seinen eigenen Machterhalt.

Milena Preradovic: Ja, er hat ja auch in seiner Koalition sehr rechtsextreme Kräfte, die ihn auch ein bisschen vorwärts treiben. Jetzt ist Gaza ja ziemlich zerstört. Es wird ja von mindestens 40.000 Toten gesprochen. Wie sieht es denn da momentan aus? Wie geht es da weiter? Im Moment redet ja alles nur über den Libanon.

Dr. Michael Lüders: Das ist ein weiterer positiver Aspekt aus israelischer Sicht, dass durch diese Offensive im Libanon kaum noch jemand jetzt auf den Gazastreifen schaut. Dieses Thema ist weitgehend aus der hiesigen, der westlichen Wahrnehmung gefallen. Aber das Sterben und Töten im Gazastreifen geht selbstverständlich weiter. Der Gazastreifen ist umfassend zerstört, 80 % der dortigen Gebäude existieren nicht mehr. 40.000 Tote. Minimum. Sie haben die Zahl genannt. Aber es gibt Experten, die gehen von noch weitaus höheren Zahlen aus. Wir haben jetzt Spätsommer. Das bedeutet, die Menschen können noch im Freien sich aufhalten. Es kommt aber bald die Regensaison, dann der relativ kalte Winter. Und es gibt kaum Schutzmöglichkeiten für die Bevölkerung. Sie werden also im Schlamm versuchen müssen zu überleben. Das wird noch sehr, sehr viele Tote kosten aufgrund der fehlenden medizinischen Versorgung. Viele Menschen werden sich Infektionen zuziehen. Also das menschliche Desaster im Gazastreifen kann man eigentlich kaum beschreiben. Was genau ist das strategische Ziel der israelischen Regierung im Gazastreifen? Zunächst einmal natürlich die Zerstörung der Hamas, das Besiegen der Hamas. Dies ist ein unrealistisches Kriegsziel. Das ist nicht gelungen. Das sagt auch die israelische Armeeführung. Es stellt sich also die Region, der Gazastreifen wie auch Israel auf einen Guerillakrieg ein, der längere Zeit andauern dürfte. Niemand spricht über eine Zukunft des Gazastreifens, wie die aussehen sollte.

Dr. Michael Lüders: Es hat über Monate hinweg Versuche gegeben, den Konflikt diplomatisch zu lösen, im Gazastreifen zu einem Waffenstillstand zu kommen. Die israelische Regierung hat all diese Bemühungen der USA, Ägyptens und Katars aber ins Leere laufen lassen, so dass jetzt völlig offen ist, wie es im Gazastreifen weitergeht. Abgesehen davon, dass dort weiterhin gestorben wird. Und es scheint das Ziel der israelischen Regierung zu sein, nach Möglichkeit perspektivisch einen so genannten, wie man es in Israel nennt, Transfer der palästinensischen Bevölkerung zu erwirken, das heißt einen möglichst großen Anteil der dortigen Bevölkerung von 2,3 Millionen Menschen ins Ausland zu verfrachten. Da gibt es Verhandlungen, die jetzt schon geführt werden, zum Beispiel mit der Europäischen Union, aber auch mit afrikanischen Staaten zwecks Aufnahme der Palästinenser aus dem Gazastreifen. Ob das alles fruchten wird oder nicht, ist völlig offen. Aber die Zukunft der Palästinenser im Gazastreifen sieht düster aus. Es ist eine ganze Generation von Kindern und Jugendlichen, auch Erwachsenen, die hier traumatisiert worden sind. Und die Krankheiten grassieren. Es gibt kein sauberes Trinkwasser mehr im Gazastreifen, es gibt keine Abwasserentsorgung. Es ist eigentlich ein Wunder, dass nicht noch viel mehr Menschen sterben an Krankheiten. Aber das wird wahrscheinlich im Verlauf der nächsten Monate, vor allem im Fall eines harten Winters noch passieren.

Milena Preradovic: Sie haben gerade davon gesprochen, dass es möglicherweise ein Transfer, also eine Vertreibung und eine Umsiedlung der Palästinenser geben soll. Ich hatte auch vor Monaten davon von einem israelischen Thinktank gelesen, der genau das vorgeschlagen hat. Ägypten sollte die Flüchtlinge aufnehmen und die Europäische Union oder die reichen Staaten sollten das dann bezahlen. Wie sehen das denn die israelischen Bürger? Wie stehen die denn zu diesen Plänen oder zu ihrer Regierung?

Dr. Michael Lüders: Man muss sagen, dass die israelische Gesellschaft insgesamt in den letzten Jahren sehr stark nach ultra rechts gerückt ist. Es gibt nicht zuletzt aufgrund des Horrors des Anschlages des siebte Oktobers einen breiten Konsens in der israelischen Bevölkerung, dass man mit Gewalt gegen die Palästinenser vorgehen sollte. Um dieses Problem, wie auch das im Libanon ein für alle Mal militärisch zu lösen. Dahinter steckt der Wunsch, ein für alle Mal für Ruhe und Ordnung im israelischem Sinn zu sorgen. Das heißt also, ein friedliches Leben führen zu können, gleichzeitig aber die Palästinafrage nicht zu lösen. Und das ist die Quadratur des Kreises. Das wird es nicht geben. Wir haben in Israel, Sie haben es angesprochen, mittlerweile sehr viele Rechtsextreme in der dortigen Regierung unter Premier Netanjahu. Und dies ist keine zufällige Entwicklung. Das hat sich im Grunde genommen seit den späten 1970 er Jahren abgezeichnet, dass die Siedlerbewegung immer stärker wird, dass darüber hinaus große israelische Chauvinisten die israelische Politik kapern. Wir haben eine völlige Verlagerung der ursprünglich westlich orientierten, europäisch geprägten Machtelite, wie sie bestand bis zur Ermordung von Yitzhak Rabin 1995, kann man vereinfachend sagen, hin zu einer doch sehr stark großisraelisch orientierten, vielfach religiös inspirierten und fanatischen Siedlerbewegung, die die israelische Politik in weiten Teilen im Griff hat. Und mit diesen Siedlern ist nicht zu spaßen. Wir haben ja nicht allein den Konflikt und den Krieg im Gazastreifen mit unendlichem Leid für die dortigen Palästinenser. Im Westjordanland gibt es ja ähnliche Entwicklungen, wo fanatisierte Siedler und Soldaten gemeinsam vorgehen, um Palästinenser aus ihren Häusern von ihrem Grund und Boden zu vertreiben. Das Ziel, auch hier die Gegend frei zu machen von Palästinensern. Wohin sie dann am Ende gehen sollen, ist völlig offen. Aber man will ihnen offenbar das Leben zur Hölle bereiten, auf dass sie eben letztendlich gehen und die Losung der nicht allein der Ultrarechten, sondern auch des Mainstreams in der israelischen Gesellschaft und der israelischen Politik lautet: „Haaretz Shananu – Das gesamte Land gehört uns“. Das biblisch verheißene Land zwischen Mittelmeer und Jordanfluss und für die Palästinenser ist dort einfach kein Platz mehr, bestenfalls als unterdrückte Minderheit.

Milena Preradovic: Aber was ist denn aus der israelischen Friedensbewegung geworden? Da gab es doch auch mal ganz starke Persönlichkeiten, die dort eigentlich für ein friedliches Zusammenleben plädiert haben. Ist die tot?

Dr. Michael Lüders: Die ist in politischer Hinsicht tot. Es gibt natürlich weiterhin israelische Friedensaktivisten und substanzielle Teile der israelischen Gesellschaft, die mit diesem ultrarechten Kurs der Regierung Netanjahu nicht einverstanden sind. Aber die sind politisch in der Minderheit. Die Friedensbewegung als politische Kraft spielt in Israel keine Rolle mehr. Sie ist, wenn man es zuspitzen will. Oder wenn man es vereinfachend sagen will mit der Ermordung von Jitzhak Rabin 1995 ist dieser Friedensbewegung politisch das Genick gebrochen worden. Und seither spätestens haben die Ultrarechten die Regierung gekapert mit einer ungeheuren Verrohung auch der politischen Landschaft. Erinnert sei daran, dass Netanjahu seine klammheimliche Freude über die Ermordung von Rabin damals gar nicht verbergen mochte. Es gab also ein gewissermaßen stillschweigendes Übereinkommen zwischen den rechtsextremen Siedlern bis hin zu dem Mörder von Rabin und einer mainstream-politischen Richtung, die das im Prinzip ganz in Ordnung fand mit dem Ziel, das Westjordanland Israel einzuverleiben und somit die Konsolidierung Groß-Israels fortzusetzen. Es geht also nicht mehr nur darum, die Sicherheit Israels zu gewährleisten, sondern ein Groß-Israel Projekt zu verwirklichen. Das ist etwas, was wir in Deutschland in der Regel nicht wahrnehmen. Die hiesige Wahrnehmung ist ja eine, die besagt Israel wird bedroht vom Terror und hat alles Recht der Welt, sich gegen diesen Terror zu verteidigen. Aber es handelt sich nicht lediglich um in Anführungsstrichen Verteidigungsmaßnahmen, sondern es ist eine gezielte Strategie zur Verwirklichung des Groß-Israel Projektes. Das heißt also ein Israel vom Mittelmeer bis zum Jordan Fluss unter Einbeziehung der syrischen Golanhöhen mit einem möglichst geringen Anteil an arabischen Bewohnern.

Milena Preradovic: So ein Plan ist ja nicht neu, darauf kommen wir später noch. Machen wir mal einen Schlenker und beziehen Deutschland mit ein. Sie schreiben in Ihrem Buch: „Die Haltung der Bundesregierung im Gazakrieg beschädigt Deutschlands Reputation nachhaltig. Insbesondere das Verhältnis zum globalen Süden hat eine regelrechte Zäsur erfahren.“ Inwiefern?

Dr. Michael Lüders: Bei uns in Deutschland ist die Wahrnehmung wie gerade schon umrissen, eine doch sehr wohlwollend gegenüber Israel eingestellte, auf der Ebene der Politik und der Medien, nicht unbedingt in der Bevölkerung. Es gibt ja auch massive Proteste gegen die sehr Israel verständige Haltung der Bundesregierung. Aber nichtsdestotrotz Politik und Medien sind doch sehr klar in ihrer Positionierung und sie übersehen dabei aber das, was mehr und mehr Staaten auf dieser Welt als einen Genozid bezeichnen im Gazastreifen. Das ist ja auch der Grund, warum Südafrika, mittlerweile unterstützt von vielen anderen Staaten, Strafanzeige gestellt hat gegen Israel im Dezember vorigen Jahres am Internationalen Gerichtshof in Den Haag wegen des Vorwurfs des Völkermordes im Gazastreifen. Deutschland hat sich als einziges Land der Welt als sogenannte Drittpartei auf die Seite Israels gestellt in diesem Verhandlungsmarathon, der jetzt am Laufen ist Es wird noch einige Jahre dauern bis zu einem abschließendes Urteil. Aber diese Positionierung Deutschlands ist schon sehr ungewöhnlich gewesen. Nicht einmal die USA, der engste Verbündete Israels, hat das getan, wohl wissend, dass man sich damit angreifbar macht. Und so ist es ja auch Deutschland geschehen. Nicaragua hat dann im nächsten Schritt auch gegen Deutschland Strafanzeige gestellt wegen Beihilfe zum Völkermord. Diese Verfahren laufen. Es wird noch einige Jahre dauern, bis es zu einem Urteilsspruch kommt.

Dr. Michael Lüders: Aber nichtsdestotrotz das, was uns als legitime Selbstverteidigung erscheint und das Leiden der Menschen im Gazastreifen findet bei uns ja eher so unterschwellig eine Wahrnehmung. Aber im globalen Süden ist das, was im Gazastreifen passiert, im Grunde genommen ein weiterer Beweis für die unglaubliche Heuchelei westlicher Staaten und Gesellschaften, die ständig hehre Werte wie Freiheit, Demokratie und Menschenrechte im Mund führen. Aber immer nur dann, wenn es ihren eigenen geopolitischen Interessen genügsam ist. Also wenn Russland furchtbare Verbrechen begeht in der Ukraine, dann wird das angeprangert. Aber wenn Israel Dinge tut, die noch weit über das hinaus gehen, was Russland in der Ukraine anrichtet, nämlich die systematische Zerstörung allen Lebens und aller Infrastruktur im Gazastreifen, dann findet das jenseits von doch vergleichsweise milden Worten der Kritik keinerlei Konsequenzen. Es gibt jedenfalls kein lautes Nachdenken über Boykottmaßnahmen, über Sanktionsmaßnahmen, über irgendeine Form der Distanzierung von israelischer Politik. Das registrieren die Menschen im globalen Süden. Für sie ist Gaza eine Metapher für das seit Jahrhunderten andauernde Unrecht, dass westliche Staaten zunächst koloniale, später dann imperiale Staaten angerichtet haben in den Ländern, die man früher als die Dritte Welt bezeichnet hat. Deswegen gibt es einen großen großen Sympathiebonus und sehr viel Empathie von Kolumbien bis Indonesien, sag ich mal, für die Palästinenser, für das Leid der Menschen im Gazastreifen.

Dr. Michael Lüders: Das ist etwas, was wir nicht berücksichtigen, aber es ist sehr präsent und man darf. Vor den Folgen sollte man nicht die Augen verschließen. Es gibt eine Untersuchung einer Nachrichtenagentur aus den USA, die mal die wirtschaftlichen Schäden beziffert hat. Die großen amerikanischen Unternehmen, Nahrungsmittelunternehmen wie Starbucks oder Burger King erlebt haben aufgrund der Boykottmaßnahmen der Menschen in Asien. Es ist nämlich so, dass laut Al Monitor, so heißt diese Nachrichten Website, haben eine halbe Milliarde Menschen in Asien, 500 Millionen Menschen boykottieren diese US amerikanischen Lebensmittelketten und das ist gravierend. Für diese Unternehmungen schlägt sich verheerend auf deren Bilanzen aus. Und man kann sich natürlich bei dem Gedanken ertappen, was passiert eigentlich, wenn diese halbe Milliarde Menschen in Asien auf die Idee kommen zu sagen: „Die Deutschen sind uns immer weniger sympathisch mit ihrer Heuchelei? Warum sollen wir denn VW fahren? Oder Mercedes oder BMW? Es gibt ja auch chinesische Autos zum Beispiel, die mindestens genauso gut sind. Außerdem noch billiger. Wir boykottieren jetzt auch deutsche Produkte“, beispielsweise. Also da ist noch sehr viel, was uns hier erwartet. Die hiesigen Entscheider machen sich darüber aber keine Gedanken und das wird uns sicherlich noch schwer auf die Füße fallen.

Milena Preradovic: Deutschland ist ja ein großer Waffentransporteur nach Israel Ein ganz großes Thema in Ihrem Buch ist das deutsche Verhältnis zu Israel. Sie sagen, das kleine Israel spielt für das deutsche Selbstbild und die hiesige Identitätssetzung eine übergroße Rolle. Heißt das ohne Staatsräson „Israel“ fehlt es den Deutschen an eigener Identität?

Dr. Michael Lüders: Man kann beobachten, dass vor allem nach der deutschen Wiedervereinigung natürlich Entscheidungsträger in Deutschland sich überlegt haben, wie kann man so etwas herstellen wie eine positive Identität, die ja jedes Gemeinwesen, jede Nation braucht. Die Franzosen haben es hier eigentlich am einfachsten. Sie können mit Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit kommen. Und sie haben eine Nationalgeschichte, wo sie sich durchaus auf der richtigen Seite der Geschichte stehend darstellen können, nicht zuletzt im Widerstand gegen Nazideutschland. Jedenfalls sagen wir mal in der offiziellen Wahrnehmung. Das ist bei näherer Betrachtung dann natürlich auch einige Brüche gibt, das ist klar.

Milena Preradovic: Kolonialismus zum Beispiel.

Dr. Michael Lüders: Natürlich. Aber was haben die Deutschen zu bieten? Ja, also ich meine, der deutsche Nationalismus ist mit Vorsicht zu genießen. Angefangen mit der deutschen Reichsgründung 1871 in Versailles als Ergebnis eines Krieges bis hin zum Nationalsozialismus. Also dieser Nationalismus, der bietet sich nicht an, Religion hat sich in Deutschland und anderswo als einigendes Band weitgehend überlebt, jedenfalls auf einer nationalen Ebene. Ja, und es ist so, dass doch das Vermächtnis von Auschwitz, das Bewusstsein, dass hier ein furchtbares Unrecht geschehen ist und dass wir uns diesem Unrecht in der Erinnerung stellen müssen, auf dass das nie wieder passiert. Dagegen ist auch nichts zu sagen, in keiner Weise. Das Problem ist nur, dass man gewissermaßen eine Verbindung hergestellt hat zwischen dieser Erinnerungskultur mit Blick auf Auschwitz hin, auf eine unkritische Unterstützung des Staates Israel, der gewissermaßen wahrgenommen wird als eine Art Happy End des Holocaust. Wenn wir also als Deutsche die richtigen Lektionen aus der jüngeren deutschen Geschichte gelernt haben, dann kann die Konsequenz eigentlich nur sein, so die Logik, uns uneingeschränkt hinter alles zu stellen, was mit Israel zu tun hat, egal wie schlimm es auch sein mag. Wir stehen auf Seiten Israels. Nun kann man sagen, ist ja auch in Ordnung auf Seiten Israels zu stehen.

Dr. Michael Lüders: Aber was meint man damit konkret? Welches Israel ist gemeint? Ist das Israel gemeint in den Grenzen des 4.Juni 1967? Oder ist jenes Israel gemeint, das heute die Grundlage des Groß-Israel Anspruches der Ultrarechten ist in Israel, also das gesamte Palästina, inklusive der Unterjochung, Vertreibung, Ermordung, Unterwerfung der Palästinenser? Man kann letzteres ja nicht ernsthaft gutheißen, denn das Vermächtnis von Auschwitz kann ja eigentlich nicht bedeuten, dass wir die Augen verschließen vor epochalem Unrecht, ganz egal, wer es begeht. Unter Verweis darauf, dass wir als Deutsche nun eine besondere Verantwortung hätten für Israel. Israel in den Grenzen des 4. Juni 1967, ein friedliebendes Israel, das mit seinen Nachbarn in Koexistenz leben möchte, selbstverständlich. Aber alles, was darüber hinausgeht, möglicherweise kommt es zu einem Krieg zwischen Israel und dem Iran, was verlangt die Staatsräson dann? Helmut Schmidt hat einmal gesagt mit Blick auf das, was Angela Merkel 2008 in der Knesset, dem israelischen Parlament, gesagt hat, dass es eine Staatsräson gebe, immer an der Seite Israels zu stehen und Helmut Schmidt sagte damals: „Na ja, das ist emotional verständlich, was sie da gesagt hat. Aber es ist politisch töricht, denn es bedeutet einen Freibrief für Israel. Es würde quasi bedeuten, im Kriegsfall deutsche Soldaten in Richtung Nahost zu entsenden“. Und vielleicht erinnert sich der ein oder andere Roderich Kiesewetter, CDU, der ja auch schon im Falle des Ukrainekrieges ein Befürworter möglichst drastischer Maßnahmen ist, hat auch hier sofort sich zu Wort gemeldet und gesagt: „Jawoll, in dem Fall ist Deutschland, sagen wir mal, moralisch verpflichtet, Israel beizustehen“.

Dr. Michael Lüders: Diese fehlende Differenzierung führt natürlich dann in Teufelsküche, im schlimmsten Fall. Und vergessen wir nicht, dass es in Deutschland 5,5 Millionen Muslime gibt, die mit diesem offiziellen proisraelischen Diskurs wenig bis gar nichts anfangen können, weil die natürlich emotional auf Seiten der Palästinenser im Gazastreifen stehen. In Berlin gibt es etwa 40.000 Deutsche palästinensischer Herkunft. Viele, sehr viele von denen haben Verwandte im Gazastreifen, und für die ist es ein unendliches Trauerspiel, was die Bundesregierung sich hier erlaubt. Und wie Sie wissen. Proteste in Deutschland gegen diese israelische Politik stehen unter Antisemitismusverdacht. Und jeder, der sich hier auf der Straße entsprechend äußert, der muss mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. Selbst die Parole „From the river to the sea Palestine will be free“ ist in Deutschland in verschiedenen Bundesländern strafbewehrt. Das ist nicht ohne Charme, wenn ich so sagen darf, denn das ist ja unter umgekehrten Vorzeichen exakt die Parole der israelischen Regierung. „Das ganze Land gehört uns. Haaretz hi Shlanu“, das ist dasselbe in grün, nur umgekehrt ausgesprochen. Also wenn man das eine strafrechtlich verfolgt und das andere in der Kategorie Staatsräson verortet, dann alleine hätte man ja eigentlich Anlass, schon auf der Grundlage von Logik ein bisschen nachzuhaken und zu fragen „Na ja, wo stehen wir hier eigentlich?“

Milena Preradovic: Ja, Sie kritisieren ja auch diesen Antisemitismusbegriff, diese Begrifflichkeit in Deutschland, dass Selbstkritik an Israel schon als antisemitisch gilt. Woher kommt das denn eigentlich?

Dr. Michael Lüders: Ja, das ist eine interessante historische Entwicklung, die in den 2000´er Jahren Fahrt aufgenommen hat. Es ist ja im Grunde genommen das Verständnis von Antisemitismus, nüchtern betrachtet eines, das sich wendet. Also ein Antisemit ist jemand, der Juden ablehnt, weil sie Juden sind oder der jüdische Institutionen, Einrichtungen, Synagogen ablehnt, weil sie jüdisch sind. Das ist eine Form von Rassismus, das ist eine Form von Menschenfeindlichkeit, die natürlich zu verurteilen ist. Nach dem Jahr 2000 hat es aber zunehmend Versuche gegeben, seitens interessierter Kreise, und zwar politischer Kreise, die der Groß-Israel Ideologie sehr nahestehen – warum 2000? Weil das war das Jahr, wo die israelische Armee gezwungen wurde, von der Hisbollah aus dem Südlibanon abzuziehen, nach 18 Jahren Besatzung. Die Israelis wurden geschlagen von der Hisbollah. Sie konnten ihre hohen Verluste nicht länger in der israelischen Öffentlichkeit rechtfertigen. Und die zweite Intifada brach aus, die von israelischer Seite mit äußerster Brutalität dann beendet wurde. Es gab zunehmend Kritik an dieser israelischen Vorgehensweise. Und nun traf es sich, dass verschiedene Verbände sich überlegt haben: Wie kann man eigentlich Antisemitismus gleichsetzen mit Kritik an Israel? – Und diese Versuche fanden ihren ersten Ausdruck in der sogenannten International Holocaust Remembrance Alliance, Englisch abgekürzt IRA. Und diese IRA Initiative, das ist ein Zusammenschluss mehrerer Staaten und Institutionen, die versuchen, Antisemitismus gleichzusetzen mit Kritik an Israel. Deren IRA Definition hat dazu geführt, im Laufe der Jahre, dass sie von verschiedenen westlichen Ländern mehr und mehr übernommen wurden. Und seither gibt es den Begriff des sogenannten israelbezogenen Antisemitismus, der auch in Deutschland eine große Rolle spielt. Und diese IRA-Aktivitäten auch auf der Ebene der Europäischen Union haben dann dazu geführt, dass in Deutschland vor einigen Jahren die Institutionen der Antisemitismusbeauftragten eingerichtet wurden, die aber nicht, wie man denken könnte, nun aktiv antisemitische Umtriebe bekämpfen, was ja in Ordnung wäre, sondern deren Aufgabe ist es also, wenn man sie misst an den Ergebnissen, dass sie vor allem versuchen, Institutionen anzuschwärzen oder auch Einzelpersonen, die Israel kritisieren.

Dr. Michael Lüders: Und das Absurde daran an dieser Institution der Antisemitismusbeauftragten ist, dass es sich dabei meistens um nichtjüdische deutsche Beamte handelt, die dann ihrerseits deutschen wie auch nichtdeutschen Juden zu erklären und zu erzählen und zu vermitteln suchen, was Antisemitismus sei. Das ist vergleichsweise absurd, politisch aber sehr wirkmächtig, wenn man mal drauf achtet. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, dann wird man nicht hören Kritik an Israel, das gibt es eigentlich nicht. Aber es gibt Kritik an jenen, die Israel kritisieren. Und das wiederum ist natürlich etwas, was viel Unmut auslöst, zum Beispiel unter deutschen, arabischer, muslimischer Herkunft, die sich die Frage stellen, „Wo bleiben wir denn hier?“ Es ist doch nicht falsch daran zu erinnern, dass das, was im Gazastreifen passiert, ein Menschheitsverbrechen ist. Aber es ist eben sehr, sehr problematisch. Denn in Berlin ist gerade erst eine 22-jährige Studentin verurteilt worden wegen Volksverhetzung, weil sie skandiert hat „From the river to the sea Palestine will be free“. Wie gesagt, das gilt als antisemitisch, ein solcher Ausspruch aber, wie erwähnt, umgekehrt aus israelischer Sicht selbstverständlich „Das gehört alles uns“, also auch aus deren Sicht „from the river to the sea“, das aber ist in Ordnung. Passt nicht zusammen.

Milena Preradovic: Ne, passt einiges nicht zusammen. Also wenn deutsche Juden zu Antisemiten erklären, wie zum Beispiel auch den Soziologen Moshe Zuckermann, der war ja auch schon hier und hat das erzählt. Das ist schon ziemlich verrückt. Aber es stehen ja nicht alle Juden hinter dieser Definition. Es gibt ja, habe ich bei Ihnen gelesen, die Jerusalemer Erklärung, in der liberale, jüdische und nichtjüdische Akademiker auf einem Unterschied zwischen Antisemitismus und Israelkritik beharren. Aber irgendwie hat man von denen noch nichts gehört.

Dr. Michael Lüders: Ja, das liegt daran, dass die Medien und die Politik natürlich nicht wahrnehmen, nicht zur Kenntnis nehmen, weil deren liberaler und humanistischer Ansatz natürlich nicht in das größere Bild passt, einer bewussten politischen Instrumentalisierung des Antisemitismusbegriffs, um Kritik an Israel de facto unter Strafe zu stellen oder zumindest im antisemitischen Bereich zu verorten. Und Sie wissen, wenn in Deutschland eine Person oder eine Institution antisemitisch gelabelt wird, dann ist das ja fast gleichbedeutend mit der beruflichen Hinrichtung. Und das ist natürlich ein gefährliches Gewicht. Es gibt genügend gemäßigte und liberale Juden, die überhaupt nichts im Sinn haben mit solchen Erklärungen und schon gar nichts im Sinn haben mit der israelischen Politik. Aber wir haben in Berlin gesehen, dass auch Juden ins Visier geraten der politischen Sittenwächter, wenn ich so sagen darf, sofern sie sich kritisch äußern gegenüber der Regierung Netanjahu. Das sind alles sehr, sehr ungute Entwicklungen. Und ich befürchte auch, dass unter den 5,5 Millionen Deutschen muslimischer Herkunft, sagen wir mal, eine große Resignation eingesetzt hat. Denn wie will ich mich denn als deutscher Muslim hier heimisch fühlen, wenn ich mir immer wieder anhören muss, dass ich letztendlich nicht dazugehöre? Es hat ja auch nicht an Appellen gefehlt unmittelbar nach dem 7. Oktober. Ich erwähne das in meinem Vorwort sowohl vom Bundespräsidenten wie auch vom Vizekanzler, die von den Muslimen in Deutschland forderten, sich zu distanzieren von der Hamas. Ich meine, dass man sich von der Hamas distanziert, ich meine dass das keine Sympathieträger sind, das ist ja völlig klar, aber wenn sozusagen hohe staatliche Repräsentanten von einem Kollektiv verlangen, sich gemeinschaftlich zu distanzieren von etwas, womit sie ja zunächst einmal nichts zu tun haben. Ich meine, nur weil ich Muslim bin, bin ich ja nicht irgendwie Stellvertreter der Hamas, dann führt das natürlich zu einer Distanzierung der betreffenden Gruppen vom Staat, weil sie sich ausgegrenzt fühlen. Und das wiederum ist Wasser auf die Mühlen derer, die sowieso der Meinung sind, dass Muslime und Nichtmuslime nicht zusammenpassen. Kurzum die Spaltung der Gesellschaft, die überwindet man dergestalt nicht, sondern sie vertieft sich noch zusätzlich.

Milena Preradovic: Sie plädieren ja dafür, die deutsche Erinnerungskultur aus ihrer missbräuchlichen Verwendung zu lösen und mit neuen Inhalten zu füllen. Welche Inhalte schlagen Sie vor?

Dr. Michael Lüders: Indem man beispielsweise Unrecht, egal wer es begeht, beim Namen nennt und nicht sagt: „Gut, du bist aus meiner Sicht ein besonders Guter und du bekommst einen Freibrief auch das größte Unrecht zu begehen, das geht schon in Ordnung, weil wir sitzen in einem Boot oder wir haben Verständnis für dich.“ Unrecht bleibt Unrecht. Wenn man, sagen wir mal, das historische Vermächtnis von Auschwitz ernst nimmt „nie wieder“, dann gibt es im Grunde genommen zwei Lesarten. Entweder ich beziehe darauf eine kritiklose Haltung gegenüber Israel, so wie das ja auch in der Politik, in den Medien überwiegend geschieht. Das ist dann sozusagen aus offizieller Sicht die richtige Lesart, weswegen auch die Bundesregierung keine Probleme hatte, die Waffenexporte nach Israel nach dem 7. Oktober 2023 zu verzehnfachen. Vor allem wurden Munition geliefert und Artilleriegeschosse für Panzermunition. Die Exporte sind mittlerweile drastisch zurückgegangen als Reaktion auf die Klage Nicaraguas gegen Deutschland wegen Beihilfe zum Völkermord. Hier hat die Bundesregierung wirklich Angst, dass sie hier juristisch in die Bredouille gerät. Wir sind ja schließlich Moralweltmeister. Also das ist das eine Vermächtnis, das man ziehen kann aus Auschwitz, uneingeschränkte Solidarität mit Israel. Egal, was dieses Land macht, egal, welchen Preis die Palästinenser dafür zu zahlen haben. Und die andere Variante, die menschlichere, die humanere Variante wäre eigentlich, dass man sagt: „das historische Vermächtnis von Auschwitz besagt, wo immer auf der Welt Unrecht in epochalem Ausmaß geschieht, sind wir nicht still. Wir erheben unsere Stimme. Wir betreiben eine Politik, die sich gegen die Urheber solcher Gewalt richtet, egal, wer es tut. Ob das jetzt Russland ist, ob das Israel ist, ob das Timbukistan, ist völlig egal. Wir erheben unsere Stimme und sagen: „So geht es nicht“.“ Und genau das geschieht ja in Deutschland nicht. Israel wird nach wie vor seitens der politischen Elite und der meisten Medienschaffenden sehr wohlwollend betrachtet wie erwähnt.

Dr. Michael Lüders: Israel befindet sich ständig im Kampf gegen den Terror und da macht es auch keine besonderen Konsequenzen, dass innerhalb eines Tages Dutzende von Zivilisten im Libanon getötet werden oder Dutzende von Zivilisten im Gazastreifen. Die offizielle Lesart besagt: „naja, die Hamas, die Hisbollah nimmt die Zivilisten zu Geiseln. Was sollen die armen Israelis machen? Sie müssen sich doch verteidigen und dann sterben die Zivilisten eben. Aber schuld sind Hamas oder Hisbollah, die ja auch beide als Terrororganisationen gelabelt werden. In den Medien, aber auch in der Politik.“ Und das kann man natürlich tun. Aber man muss zur Kenntnis nehmen, dass beide die Hamas wie auch der Hisbollah entstanden sind als Reaktion auf israelische Besatzung. Und beide sind Massenbewegungen. Beide verstehen sich als Institutionen des palästinensischen bzw des libanesischen Widerstandes. Damit ist nichts gesagt über die moralischen Qualitäten dieser Organisation. Aber auf einer sachlichen Ebene muss man sagen, dass die Hisbollah eine elementare Macht ist unter den Schiiten im Libanon, die unter israelischer Besatzung 18 Jahre lang gelitten haben, und aus ihrer Sicht sind sie ein Verteidigungsbündnis, das natürlich wiederum eng liiert ist mit dem Iran. Und der Iran betreibt mithilfe der Hisbollah eine Art Vorwärtsverteidigung. Die Sorge, die man haben muss, ist, dass dieser Krieg im Nahen Osten immer mehr eskaliert. Denn was soll die Hisbollah tun, wenn die Israelis ihre Angriffe nicht einstellen? Bislang schießen sie nicht großartig zurück. Das hält sich sehr in Grenzen. Aber wenn sie wirklich ihr gesamtes Arsenal entfesseln sollten, dann haben wir einen Krieg zwischen Israel und dem Iran. Und wenn das geschieht, sind die USA involviert. Und was meinen Sie wohl, was Russland oder China tun würden in so einem Fall? Sie würden sich ganz klar auf die Seite Irans stellen und dann kann man sich vorstellen, wohin die Reise sehr schnell gehen kann.

Milena Preradovic: Möchte ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen. Kommen wir zur Vorgeschichte dieses Nahostkonflikts, ohne den ja auch die aktuellen Ereignisse nicht wirklich zu verstehen sind. Was ist die Wurzel dieses nie enden wollenden Krieges?

Dr. Michael Lüders: Darüber werden unterschiedliche Menschen je nach ihrer politischen Einstellung unterschiedliche Auffassungen haben. Der Kern des Konfliktes ist aber, wenn man es sachlich betrachtet, dass die zionistische Bewegung, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts anfing, sich Palästina untertan zu machen, eigentlich von Anfang an, wenn man die Schriften der früheren führenden zionistischen Führer bis zur Staatsgründung Israels 1948 sich vor Augen führt, es ging nie darum, in Koexistenz mit den Palästinensern zu leben, die damals nicht Palästinenser genannt wurden, sondern Araber oder Einheimische oder Eingeborene. Sondern es ging immer darum, sich zu überlegen, wie kann man einen möglichst großen Teil Palästinas jüdischer Besiedlung dienstbar machen und einen möglichst großen Teil der einheimischen Bevölkerung entfernen. Und diese in Anführungsstrichen „Philosophie“ kulminierte dann im Zuge der israelischen Staatswerdung 1948, als Israel ausgerufen wurde im Mai. Und das Ergebnis war ja das parallel zur Staatsgründung im Zeitraum von 1947 bis 49 mehr als die Hälfte der palästinensischen Bevölkerung, 750.000 Menschen vertrieben wurden, gewaltsam vertrieben wurden. 15.000 Menschen sind dabei gestorben, 500 Dörfer zerstört worden. Man kann also Dimensionen, wenn man sich das vor Augen hält, ermessen, dass heute im Gazastreifen bei jetzt schon mindestens 40.000 Toten das ist ja sozusagen das, das toppt ja die Nakba, so nennt man diese ethnische Säuberung 1948 noch um ein Vielfaches. Also der Kern des Problems ist, dass eigentlich die israelische Seite nie wirklich bereit war, Palästina mit den Palästinensern zu teilen. Zwar gab es Friedensverhandlungen im Schweinsgalopp, denken wir an die Verhandlungen von Oslo nach 1993.

Dr. Michael Lüders: Aber die Paradoxie war, dass obwohl wir damals eine in Anführungsstrichen sozialdemokratische Regierung hatten, unter Rabin, der dann ja ermordet wurde, unmittelbar nach Oslo 1993, als dieser Vertrag geschlossen wurde, begann der größte Bauboom in der Geschichte der israelischen Besatzung. Die Israelis haben auf der einen Seite verhandelt mit Jassir Arafat und der PLO, und auf der anderen Seite haben sie Siedlungen gebaut. Das passt nicht zusammen. Letztendlich der Kernbestand zionistischer Ideologie, wenn ich so sagen darf, des Mainstreamzionismus, wie er in Israel staatstragend war und ist, besagt „Haaretz Shlanu – Das gesamte Land gehört uns vom Mittelmeer bis zum Jordan Fluss“. Und das besagt auch die Charta der Likud Partei aus dem Jahr 1977 sehr klar, dass es keinen palästinensischen Staat geben wird westlich des Jordanflusses. Das hat das israelische Parlament im Juni dieses Jahres noch einmal ausdrücklich hervorgehoben, es wird keinen palästinensischen Staat geben westlich des Jordanflusses. Das ist also eine ganz klare Ansage, und dies ist der Kern des Konfliktes. Wir haben hier, wenn man will, zwei Völker, und die eine Seite glaubt, sie könne der anderen ihren Willen aufzwingen und diese Bevölkerung entweder vertreiben, töten, kujonieren, auf jeden Fall nicht in Koexistenz mit ihr zusammenleben. Und deswegen kann es auch keine Lösung dieses Konfliktes geben. Und solange es keinen Druck gibt auf Israel, haben die Israelis natürlich auch keine Veranlassung, ihr Verhalten zu ändern.

Milena Preradovic: Ja, man darf nicht vergessen, damals haben halt diese 1,5 Millionen Palästinenser dort gelebt, als die Zionisten beschlossen haben, dort einfach sich anzusiedeln und diese Menschen zu vertreiben. Aber wie kann man denn das vor sich selbst rechtfertigen? Was war die Rechtfertigung?

Dr. Michael Lüders: Man kann das für sich selber rechtfertigen, eigentlich nur durch Verdrängung, indem man es einfach nicht zur Kenntnis nimmt. Bzw. Im Falle der jüdischen Bevölkerung Israels nach 1948 war natürlich das Argument sehr wirkmächtig „Wir sind die Überlebenden des Holocaust und niemand hat das Recht uns zu kritisieren für das, was wir tun“. Das hat natürlich auch seine Berechtigung aus der Perspektive derer, die das so formuliert haben oder so sehen. Auch heute noch zum Teil.

Milena Preradovic: Die Palästinenser konnten nichts dafür, die Menschen, die dort lebten.

Dr. Michael Lüders: Das ist genau der Punkt. Und es gibt von Gaddafi, dem 2011 gestürzten libyschen Staatschef, das überlieferte Bonmot, dass doch die Deutschen, wenn sie und die Europäer generell, weil sie ein so schlechtes Gewissen hätten, wegen des Holocausts, doch den Israelis anbieten könnten, sich in Elsass Lothringen niederzulassen, also jenem ursprünglich mal zwischen Frankreich und Deutschland umstrittenem Territorium. Das können doch die Europäer für sich dann lösen dieses Problem, so die Ansicht von Gaddafi. Das ist natürlich einerseits absurd, aber andererseits ist natürlich ein Kern von Wahrheit drin. Also die Europäer und namentlich die Deutschen haben ihre eigene Schuld für Jahrhunderte des Antisemitismus im Grunde genommen in den Nahen Osten exportiert und die Palästinenser durften als erste den Preis zahlen. Und jetzt tun es andere, allen voran die Libanesen. Das alles ist eine sehr, sehr ungute Entwicklung und es ist leider kein Happy End in Sicht.

Milena Preradovic: Nein, aber es gab ja damals auch in den 40er Jahren und dreißiger Jahren auch andere Strömungen wie die Bi-Nationalisten, wie ich bei ihnen gelernt habe, die zwar einen jüdischen Staat wollten, aber im friedlichem Miteinander mit der dort lebenden arabischen Bevölkerung. Albert Einstein gehörte dazu oder auch die legendäre Hannah Arendt. Warum galten diese Argumente nichts?

Dr. Michael Lüders: Ja, sie hatten natürlich recht, diese klugen Humanisten, die damals als sogenannte Binationalisten für einen gemeinsamen Staat von Juden und Palästinensern in Palästina eintraten. Aber sie waren viel zu idealistisch und konnten sich gegen die Machiavellisten um die Staatsgründer David Ben Gurion und Chaim Weizmann nicht einmal ansatzweise durchsetzen. Aber wenn man deren damalige Schriften liest, dann ist man doch verblüfft, wie klar sie damals schon die Dinge gesehen haben. Ich zitiere ausführlich Hannah Arendt in einer Schrift aus dem Jahr 1944, also vier Jahre vor der Staatsgründung Israels. Und damals schon vier Jahre vor der Gründung Israels während des Zweiten Weltkrieges noch, sagte Hannah Arendt bzw. schrieb sie: „Wenn der Staat Israel gegründet werden sollte, als ein imperialer Staat, der durch Unrecht an den Arabern gegründet wird, der sich nicht ins Benehmen setzt mit den mediterranen Nachbarn“, wie sie es formulierte, „dann wird dieser Staat dauerhaft auf die Unterstützung durch eine externe Macht, nämlich die USA, angewiesen sein. Und dann wird dieser Staat nur existieren können in der Region, solange diese externe Macht diesen Sparta-Staat unterstützt“. Und diese sehr klarsichtige Wahrnehmung von Hannah Arendt hat sich mehr als bewahrheitet. Genau dieses Sparta haben wir heute mit einem, wenn ich so sagen darf, mit einem Nero als Premierminister, mit einem Premierminister, der gewillt ist, die ganze Region in Flammen zu setzen, um sein eigenes politisches Überleben zu sichern und das Projekt Großisrael zu verwirklichen. Es ist genau so gekommen und ich ertappe mich manchmal bei der Frage und nicht nur ich, das tun viele, das wird auch offen diskutiert, sogar in Israel selbst: wird es Israel in 30, 40, 50 Jahren noch geben? Und die Frage ist berechtigt. Nicht, dass es irgendeine Macht geben würde, die Israel in Anführungsstrichen vernichten könnte, was man ja dem Iran gerne unterstellt.

Dr. Michael Lüders: Nein, es ist vielmehr der, der der moralische Zerfall der israelischen, der groß-israelischen Ideologie, die ja nur noch durch Gewalt, durch das Schwert sich am Leben erhält, wenn ich es so sagen darf. Und dieser Gewalt fallen jetzt die Palästinenser und die Araber, die Libanesen zum Opfer. Aber die nächsten Opfer, die nächsten ins Visier genommen werden und teilweise ja auch schon ins Visier genommen worden sind, das sind natürlich die liberalen Israelis, das sind die liberalen Juden weltweit, die mit diesem Staat sich nicht mehr identifizieren können und deren Zahl wächst. Es gibt Umfragen aus den USA, aus den, aus den jüdischen Gemeinden dort. Nur noch eine Minderheit 30 % der US amerikanischen Juden bis 30 Jahre stehen aufseiten Israels, sind der Meinung, dass dieser Staat jüdische Interessen vertreten würde und können sich mit diesem Land auch immer weniger identifizieren. Das sind schon statistisch gesehen wichtige Daten. Und sie zeigen, dass Israel auf einem sehr unguten Weg ist und dass möglicherweise dieses Projekt sich selber überleben wird. Allerdings wir dürfen nicht vergessen Israel verfügt über die Atombombe und man mag sich nicht vorstellen, was noch passieren mag, wenn die Dinge wirklich völlig aus dem Ruder gleiten. Man kann heute schon konstatieren, was sicherlich künftige Historiker bestätigen werden, es ist das Versäumnis, das Versagen westlicher Politik, allen voran der USA und Deutschlands, die beiden engsten Verbündeten Israels, diesem Land und seiner politischen Führung nicht ganz klar rote Linien aufgezeigt zu haben. Denn egal was die Israelis machen, egal welche rote Linie Israel überschreitet, egal wie viele Menschen sie töten, sie haben das Plazet der USA und Deutschlands gewiss. Und dafür werden wir noch einen Preis zahlen.

Milena Preradovic: Sie hatten, ja, Sie haben gerade von Historikern gesprochen in der Zukunft. Aber Sie hatten ja bei Ihrem Buch auch Unterstützung von zwei israelischen Historikern, die zu den neuen Historikern gehören, darunter Ilan Pappe, der auch Bücher zur Vertreibung der Palästinenser geschrieben hat zur Nakba. Wie kam denn das in Israel an?

Dr. Michael Lüders: Gar nicht gut. Letztendlich Ilan Pappe, der von mir sehr bewundert wird, weil er sehr mutig war. Er hat als einer der führenden israelischen Historiker die Dinge einfach beim Namen genannt. Er hat detailliert aufgezeichnet, wie die Vertreibung der Palästinenser erfolgt ist im Zuge des Unabhängigkeitskrieges, wie er in Israel heißt, und hat eben auch klargestellt, dass schon in 1930 er Jahren ganz klar Pläne geschmiedet wurden, systematisch die Palästinenser zu vertreiben aus ihrer Heimat. Das hat er alles akribisch recherchiert in den Militärarchiven Israels. Dafür wurde er massiv angegangen. Er hatte ursprünglich eine Professur in Haifa, seiner Heimatstadt, und musste dann aufgrund des massiven Drucks dann letztendlich Israel verlassen. Heute lehrt er in Großbritannien an der Universität von Exeter. Es ist in der Tat so, dass die sogenannten neuen Historiker, die seit den 1980 er Jahren dabei sind, offizielle Gründungsmythen und Erzählungen der israelischen Selbstwahrnehmung in Frage zu stellen, dass die vielfach im Ausland sitzen. Denn der Druck in Israel auf Dissidenten ist extrem groß. Und auf jeden Fall ist das das Ende einer jeden Karriere, wenn man bestimmte Dinge benennt, vor allem, wenn man historische Wahrheiten zutage fördert. Deswegen habe ich in meinem Buch auch ein Kapitel dem Umstand gewidmet, dass die israelische Regierung und ihr nahestehende Institutionen bemüht sind, die Geschichte zu reinigen, die Archive zu säubern, damit bestimmte Ereignisse, vor allem große Brutalitäten bei der Staatsgründung, im Zuge der Staatswerdung nicht länger von Historikern aufgedeckt werden.

Milena Preradovic: Ja, dass, wie es mit Ilan Pappe passiert ist, das passiert heute in Deutschland auch, das dürfen wir nicht vergessen. Also alle Meinungen sind hier auch nicht mehr erwünscht. Vielen Dank Dr. Lüders, für Ihre Einordnung. Ich finde übrigens, Ihr Buch ist wunderbar geeignet, die Vorgeschichte des Nahostkonflikts zu verstehen und auch all die Verwicklungen der Großmächte auch damals, über die wir jetzt nicht alle sprechen konnten. Also danke, dass Sie da waren. Danke für das Buch.

Dr. Michael Lüders: Danke für die Einladung. Vielen Dank.

Milena Preradovic: Tja, Leute, dieser Konflikt ist alt und hochkompliziert. Und wie schon bei der Ukraine gilt auch hier: Ohne Vorgeschichte kann ich eigentlich gar nichts beurteilen. Selbst wenn ihr da draußen anderer Meinung seid als Dr. Lüders. Sein Buch ist hervorragend recherchiert und wie wir gerade hörten, mithilfe von israelischen Historikern. Es macht keinen Sinn, Fakten auszublenden, nur weil sie nicht in unser Weltbild passen oder in das Weltbild, das wir haben sollen. Und auch nicht alle Juden, haben wir gehört, stehen so stramm hinter der israelischen Regierung wie die deutsche Politik. Und nein, wir sind ganz sicher keine Antisemiten. Ich wünsche euch eine gute Zeit. Bis bald.

Interview with Dr. Michael Lüders (english)

Milena Preradovic: It has been almost a year since the Palestinian Hamas group carried out a terrible bloodbath among Israelis and abducted hostages on October 7, 2023. Since then, Israel has been striking back with full force. Gaza has become hell on earth. Thousands of people have been killed, and now the situation between Israel and Lebanon is escalating. And Germany stands firmly by Israel’s side. This is a matter of state after the Holocaust. Anyone who criticizes Israel and its policies is quickly seen as anti-Semitic here. This even affects Jews and also those who draw attention to the history of this never-ending conflict in the Middle East. My guest does that, and he says German politics has maneuvered itself into a spiritual and moral cul-de-sac without need. Now to Milena Preradovic. Hello, Dr. Michael Lüders. Nice to have you back.

Dr. Michael Lüders: Good afternoon. Hello. I am very happy to be here with you.

Milena Preradovic: I will briefly introduce you. You are a political scientist, Islamic scholar, political advisor and author, and you studied Arabic literature in Damascus. You studied politics, Islamic studies and journalism in Berlin. You were president of the German-Arab Society until 2022, succeeding Peter Scholl-Latour, have advised the German Foreign Office, among others, have taught at several universities, worked as a Middle East correspondent for Die Zeit, have made documentary films for SWR and WDR, and are known to many from TV discussions and talk shows. And you are the author of numerous books. Your new one is called „War Without End. Why we need to change our position on Israel for peace in the Middle East.“ We will come to this interesting question in a moment. But first, a very current question: How do you assess this latest escalation in Lebanon? That is, first the action against Hezbollah’s pagers and walkie-talkies, the mutual bombing. Do you think that this will be a real war in Lebanon with a new ground offensive? We are already hearing something like that from Israel.

Dr. Michael Lüders: The situation in Lebanon, in the Middle East as a whole is very precarious. There are many indications that the Israeli government is determined to weaken its biggest adversary, Hezbollah, in the neighboring country of Lebanon, decisively, if not to destroy it militarily. This is a very ambitious goal and project, and it threatens to drag the region into the abyss. We already have the war in the Gaza Strip, and although the Israeli army did not succeed in defeating Hamas there, it is now turning to the next target, namely Hezbollah, the Party of God in Lebanon, which, however, is militarily very differently positioned and much more powerful than Hamas. So now Israel is fighting a war on two fronts. It remains to be seen how things develop, but it doesn’t look good for peaceful solutions. In any case, the Israeli government has rejected such efforts as those currently being tried at the United Nations.

Milena Preradovic: Exactly, because they have called for a ceasefire there. How much further do you think it can escalate in this region? Is a war between Israel and Iran even conceivable?

Dr. Michael Lüders: Well, the Israeli leadership sees an opportunity to once and for all get rid of its enemies. There is Hamas and Hezbollah. Hezbollah, in turn, is closely allied with the Islamic Republic of Iran. From there, it is armed and financed. From the Iranian point of view, it is a kind of, quote, forward defense. Various Shiite, pro-Iranian militias are financed and supported. The largest of these is Hezbollah, which is financed and supported with the aim of ensuring that, in the event of a major war in the region, the fighting does not take place in Iran alone, but also on the side of the alleged aggressors, in this case Israel. That is Iran’s strategic calculation. And the Israeli government feels that it now has a golden opportunity, so to speak, to ensure peace in the north once and for all. Then there is the election campaign in the USA. The current president, Joe Biden, is a lame duck, and if Donald Trump wins the election, it is also clear that he would not stand in the way of tough Israeli action against Iran or Hezbollah. In this respect, the Israeli government now feels encouraged to pursue a policy of forward defense from its point of view. And let’s not forget: From the perspective of Israeli Prime Minister Netanyahu, the longer this war lasts, the less he can be accused of the various acts of corruption of which he is accused. These have now been suspended for the time being due to the war. And the longer the war lasts, the better it is for his own retention of power.

Milena Preradovic: Yes, he also has very extreme right-wing forces in his coalition, which also push him a bit forward. Now Gaza is pretty much destroyed. There is talk of at least 40,000 dead. What is it like there at the moment? What is going to happen there? At the moment everyone is only talking about Lebanon.

Dr. Michael Lüders: That is another positive aspect from the Israeli point of view, that hardly anyone is looking at the Gaza Strip now because of this offensive in Lebanon. This topic has largely fallen out of the local, Western perception. But the dying and killing in the Gaza Strip continues as a matter of course. The Gaza Strip is comprehensively destroyed, 80% of the buildings there no longer exist. 40,000 dead. Minimum. You mentioned the number. But there are experts who assume that the number is much higher. It is now late summer. This means that people can still stay outside. But the rainy season is coming soon, followed by the relatively cold winter. And there is hardly any shelter for the population. So they will have to try to survive in the mud. This will cost many, many more lives due to the lack of medical care. Many people will catch infections. The human disaster in the Gaza Strip can hardly be described. What exactly is the Israeli government’s strategic goal in the Gaza Strip? First of all, of course, the destruction of Hamas, the defeat of Hamas. This is an unrealistic war goal. It has not been achieved. This is also said by the Israeli army leadership. So the region, the Gaza Strip and Israel are preparing for a guerrilla war that is likely to last for a long time. Nobody talks about the future of the Gaza Strip and what it should look like.

Dr. Michael Lüders: For months, attempts have been made to resolve the conflict diplomatically and to achieve a ceasefire in the Gaza Strip. However, the Israeli government has allowed all of the efforts of the United States, Egypt and Qatar to come to nothing, so it is now completely unclear how things will continue in the Gaza Strip. Apart from the fact that people continue to die there. And it seems that the Israeli government’s goal is to achieve what they call, as they do in Israel, the transfer of the Palestinian population, that is, to ship as large a proportion as possible of the 2.3 million people there abroad. Negotiations are already taking place, for example with the European Union, but also with African states, with the aim of taking in Palestinians from the Gaza Strip. It is completely unclear whether or not this will be successful. However, the future of the Palestinians in the Gaza Strip looks bleak. An entire generation of children and young people, and even adults, have been traumatized here. And disease is rife. There is no clean drinking water in the Gaza Strip, and there is no sewage disposal. It is actually a miracle that not many more people are dying of disease. But that will probably happen in the course of the next few months, especially in the event of a harsh winter.

Milena Preradovic: You just mentioned that there might be a transfer, that is, an expulsion and resettlement of Palestinians. I also read about this months ago from an Israeli think tank that proposed exactly that. Egypt should take in the refugees and the European Union or the rich countries should then pay for it. How do Israeli citizens see this? What do they think about these plans or about their government?

Dr. Michael Lüders: It must be said that Israeli society as a whole has moved very much to the far right in recent years. There is a broad consensus among the Israeli population, not least because of the horror of the attack on October 7, that force should be used against the Palestinians. To solve this problem, as well as the one in Lebanon, once and for all by military means. Behind this is the desire to establish peace and order, Israeli-style, once and for all. This means being able to live a peaceful life, but without solving the Palestinian question. And that is squaring the circle. It will not happen. In Israel, as you mentioned, we now have a great many right-wing extremists in the government under Prime Minister Netanyahu. And this is no coincidence. It has basically been apparent since the late 1970s that the settler movement is growing stronger and stronger, and that, in addition, major Israeli chauvinists are hijacking Israeli politics. We have a complete shift from the originally Western-oriented, European-influenced power elite, as it existed until the assassination of Yitzhak Rabin in 1995, one can say in simplified terms, to a very strongly Greater Israel-oriented, often religiously inspired and fanatical settler movement, which has Israeli politics largely under control. And these settlers are not to be trifled with. We are not only dealing with the conflict and the war in the Gaza Strip, with endless suffering for the Palestinians there. Similar developments are taking place in the West Bank, where fanatical settlers and soldiers are working together to drive Palestinians out of their homes and off their land. The goal here, too, is to clear the area of Palestinians. Where they will ultimately go is completely open. But they apparently want to make life hell for them, so that they will ultimately leave and the slogan of not only the ultra-right, but also the mainstream in Israeli society and Israeli politics is: „Haaretz Shananu – All the land belongs to us“. The biblically promised land between the Mediterranean and the Jordan River and for the Palestinians there is simply no more room, at best as an oppressed minority.

Milena Preradovic: But what has become of the Israeli peace movement? There were quite a few strong personalities there who actually pleaded for peaceful coexistence. Is it dead?

Dr. Michael Lüders: It is dead in political terms. Of course, there are still Israeli peace activists and substantial parts of Israeli society that do not agree with the ultra-right course of the Netanyahu government. But they are politically in the minority. The peace movement no longer plays a role as a political force in Israel. It is, if you want to put it bluntly. Or, to put it more simply, with the assassination of Yitzhak Rabin in 1995, the peace movement was politically broken. And since then, at the latest, the ultra-right has taken control of the government, with an enormous brutalization of the political landscape. It should be remembered that Netanyahu did not even try to hide his secret joy at Rabin’s assassination at the time. So there was a tacit agreement, so to speak, between the extreme right-wing settlers and even Rabin’s murderer and a mainstream political direction that, in principle, found it quite acceptable to incorporate the West Bank into Israel and thus continue the consolidation of Greater Israel. So it is no longer just about ensuring Israel’s security, but about realizing a Greater Israel project. This is something that we in Germany generally do not perceive. The perception here is that Israel is threatened by terror and has every right in the world to defend itself against this terror. But it is not just a matter of defensive measures in quotation marks, but rather a targeted strategy to realize the Greater Israel project. That is, an Israel stretching from the Mediterranean to the Jordan River, including the Syrian Golan Heights, with as few Arab inhabitants as possible.

Milena Preradovic: Such a plan is not new, we will come back to that later. Let’s take a detour and include Germany. You write in your book: „The attitude of the German government in the Gaza war has permanently damaged Germany’s reputation. In particular, relations with the global South have experienced a real turning point.“ To what extent?

Dr. Michael Lüders: Here in Germany, our perception is as just outlined, a very benevolent attitude towards Israel at the level of politics and the media, not necessarily in the population. There are massive protests against the very Israel-friendly attitude of the German government. But nevertheless, politics and the media are very clear in their positioning and they overlook what more and more states in this world are calling a genocide in the Gaza Strip. That is also the reason why South Africa, meanwhile supported by many other states, filed a criminal complaint against Israel at the International Court of Justice in The Hague last December on the grounds of genocide in the Gaza Strip. Germany is the only country in the world to have taken the side of Israel in this marathon negotiation, which is now underway. It will take several years before a final verdict is reached. But Germany’s positioning was very unusual. Not even the United States, Israel’s closest ally, did that, knowing full well that it makes itself vulnerable. And so it happened to Germany. Nicaragua then took the next step and filed a criminal complaint against Germany for aiding and abetting genocide. These proceedings are ongoing. It will be several years before a verdict is reached.

Dr. Michael Lüders: But nevertheless, what appears to us to be legitimate self-defense and the suffering of the people in the Gaza Strip is perceived by us rather subliminally. But in the global South, what is happening in the Gaza Strip is basically further proof of the incredible hypocrisy of Western states and societies, which constantly invoke noble values such as freedom, democracy and human rights. But only when it serves their own geopolitical interests. So when Russia commits terrible crimes in Ukraine, that is denounced. But when Israel does things that go far beyond what Russia is doing in Ukraine, namely the systematic destruction of all life and infrastructure in the Gaza Strip, then, beyond comparatively mild words of criticism, there are no consequences. At any rate, there is no loud consideration of boycott measures, of sanctions, of any form of distancing from Israeli politics. The people in the global South have taken note of this. For them, Gaza is a metaphor for the centuries-long injustice that Western states, first colonial and then imperial, have perpetrated in the countries formerly known as the Third World. That is why there is a great deal of sympathy and empathy from Colombia to Indonesia, I would say, for the Palestinians, for the suffering of the people in the Gaza Strip.

Dr. Michael Lüders: This is something we do not take into account, but it is very present and we must not close our eyes to the consequences. There is a study by a US news agency that once estimated the economic damage. Major American companies, food companies like Starbucks or Burger King, have experienced a boycott by people in Asia. According to Al Monitor, a news website, half a billion people in Asia, 500 million people, are boycotting these US food chains, and that is serious. For these companies, it has a devastating effect on their balance sheets. And of course you can ask yourself what would happen if half a billion people in Asia were to say: „We like the Germans less and less with their hypocrisy.“ Why should we drive a VW? Or a Mercedes or a BMW? There are also Chinese cars, for example, that are at least as good. And cheaper. We’re boycotting German products now, for example.“ So there is still a lot that awaits us here. The local decision-makers are not thinking about this, however, and that will certainly come back to haunt us.

Milena Preradovic: Germany is a major arms supplier to Israel. A very important topic in your book is the German relationship with Israel. You say that little Israel plays an oversized role in the German self-image and the local identity setting. Does that mean that without reason of state „Israel“ the Germans lack their own identity?

Dr. Michael Lüders: It can be observed that especially after German reunification, decision-makers in Germany have, of course, considered how to create something like a positive identity, which every community and every nation needs. The French actually have it easiest here. They can come up with liberty, equality, fraternity. And they have a national history in which they can certainly present themselves as being on the right side of history, not least in their resistance against Nazi Germany. At least that’s how it is officially perceived. On closer inspection, there are of course some gaps, that’s clear.

Milena Preradovic: Colonialism, for example.

Dr. Michael Lüders: Of course. But what do the Germans have to offer? Yes, well, I mean, German nationalism is to be taken with a grain of salt. Starting with the founding of the German Reich in Versailles in 1871 as a result of a war, and continuing with National Socialism. So this nationalism is not an obvious choice. Religion has largely outlived its usefulness as a unifying force in Germany and elsewhere, at least on a national level. Yes, and the fact is that the legacy of Auschwitz, the awareness that a terrible injustice was done here and that we have to face up to this injustice in our memories so that it never happens again. There is nothing to be said against that, not at all. The problem is that a connection has been established between this culture of remembrance with regard to Auschwitz and an uncritical support of the state of Israel, which is perceived as a kind of happy end of the Holocaust. If we as Germans have learned the right lessons from recent German history, then the only logical consequence is to fully support everything that has to do with Israel, no matter how bad it may be. We are on Israel’s side. Now one can say that it is all right to be on Israel’s side.

Dr. Michael Lüders: But what does that mean in concrete terms? Which Israel is meant? Is the Israel meant in the borders of June 4, 1967? Or is it the Israel that is the basis of the ultra-right’s claim to a Greater Israel in Israel, that is, the entire Palestine, including the subjugation, expulsion, murder, and subjugation of the Palestinians? One cannot seriously approve of the latter, because the legacy of Auschwitz cannot mean that we close our eyes to epochal injustice, no matter who commits it. With reference to the fact that we as Germans now have a special responsibility for Israel. Israel within the borders of June 4, 1967, a peace-loving Israel that wants to live in coexistence with its neighbors, of course. But anything beyond that, possibly it comes to a war between Israel and Iran, what then requires the reason of state? Helmut Schmidt once said, with regard to what Angela Merkel said in the Knesset, the Israeli parliament, in 2008, that there was a reason of state to always stand by Israel’s side, and Helmut Schmidt said at the time: „Well, what she said is emotionally understandable. But it is politically foolish, because it means a carte blanche for Israel. It would mean, so to speak, sending German soldiers to the Middle East in the event of war.“ And perhaps one or the other Roderich Kiesewetter, CDU, who is also already in favor of the most drastic measures possible in the case of the war in Ukraine, immediately spoke up and said, „Yes, in that case Germany is, let’s say, morally obliged to stand by Israel.“

Dr. Michael Lüders: This lack of differentiation naturally leads to a devil’s kitchen, in the worst case. And let’s not forget that there are 5.5 million Muslims in Germany who have little or nothing to do with this official pro-Israeli discourse because, of course, they are emotionally on the side of the Palestinians in the Gaza Strip. In Berlin, there are about 40,000 Germans of Palestinian origin. Many, many of them have relatives in the Gaza Strip, and for them, what the German government is allowing itself here is an endless tragedy. And as you know, protests in Germany against this Israeli policy are suspected of anti-Semitism. And anyone who expresses themselves accordingly on the streets here must expect criminal consequences. Even the slogan „From the river to the sea Palestine will be free“ is punishable in various federal states in Germany. This is not without its charms, if I may say so, because it is exactly the slogan of the Israeli government, albeit in reverse. „The whole country belongs to us. Haaretz hi Shlanu“, that’s the same thing, only pronounced the other way around. So if you prosecute one thing under criminal law and categorize the other as a matter of state, then on the basis of logic alone you would have reason to ask yourself, „Well, where do we actually stand here?“

Milena Preradovic: Yes, you also criticize this concept of anti-Semitism, this terminology in Germany, that self-criticism of Israel is considered anti-Semitic. Where does that come from?

Dr. Michael Lüders: Yes, that is an interesting historical development that picked up speed in the 2000s. It is basically the understanding of anti-Semitism, soberly considered, that turns. So an anti-Semite is someone who rejects Jews because they are Jews or who rejects Jewish institutions, organizations, synagogues because they are Jewish. This is a form of racism, this is a form of misanthropy, which is of course to be condemned. But after 2000, there have been increasing attempts by interested parties, and indeed political circles, that are very close to the Greater Israel ideology. Why 2000? Because that was the year the Israeli army was forced to withdraw from southern Lebanon by Hezbollah after 18 years of occupation. The Israelis were defeated by Hezbollah. They could no longer justify their high losses to Israeli public opinion. And the second Intifada broke out, which was then ended by the Israelis with extreme brutality. There was increasing criticism of this Israeli approach. And now it so happened that various associations considered: How can one actually equate anti-Semitism with criticism of Israel? And these attempts found their first expression in the so-called International Holocaust Remembrance Alliance, abbreviated IRA. And this IRA initiative, that is an association of several states and institutions that try to equate anti-Semitism with criticism of Israel. Their IRA definition has led to the fact that over the years it has been adopted more and more by various Western countries. And since then there has been the concept of so-called Israel-related anti-Semitism, which also plays a major role in Germany. And these IRA activities at the level of the European Union have led to the fact that in Germany a few years ago, the institutions of the anti-Semitism commissioners were set up, but they do not, as one might think, now actively fight anti-Semitic activities, which would be fine, but their task is, if you measure them by the results, that they try above all to blacken institutions or even individuals who criticize Israel.

Dr. Michael Lüders: And the absurd thing about this institution of anti-Semitism commissioners is that they are mostly non-Jewish German officials who then try to explain and tell and convey to both German and non-German Jews what anti-Semitism is. This is comparatively absurd, but politically very powerful if you pay attention. The Federal Government Commissioner for Anti-Semitism, Felix Klein, then you won’t hear criticism of Israel, that doesn’t really exist. But there is criticism of those who criticize Israel. And that, of course, is something that causes a lot of resentment, for example among Germans of Arab or Muslim origin, who ask themselves, „Where do we stand here?“ It is not wrong to remind ourselves that what is happening in the Gaza Strip is a crime against humanity. But it is very, very problematic. Because in Berlin, a 22-year-old student was just convicted of incitement because she chanted „From the river to the sea Palestine will be free“. As I said, that is considered anti-Semitic, but such a saying, as mentioned, is of course the other way around from the Israeli point of view, „This is all ours“, so from their point of view it is also „from the river to the sea“, but that’s okay. Doesn’t add up.

Milena Preradovic: No, a lot of things don’t fit together. For example, when German Jews declare anti-Semites, such as the sociologist Moshe Zuckermann, who was also here and told us about it. That’s pretty crazy. But not all Jews support this definition. There is, as I read in your book, the Jerusalem Declaration, in which liberal, Jewish and non-Jewish academics insist on a distinction between anti-Semitism and criticism of Israel. But somehow we haven’t heard anything from them.

Dr. Michael Lüders: Yes, that’s because the media and politics naturally don’t perceive it, don’t take note of it, because their liberal and humanistic approach naturally doesn’t fit into the bigger picture, a conscious political instrumentalization of the concept of anti-Semitism, to de facto criminalize criticism of Israel or at least locate it in the anti-Semitic realm. And you know that in Germany, if a person or an institution is labeled anti-Semitic, it’s almost the same as professional execution. And that is, of course, a dangerous weight. There are enough moderate and liberal Jews who have nothing at all to do with such declarations and certainly nothing to do with Israeli politics. But we have seen in Berlin that Jews are also being targeted by political moral guardians, if I may call them that, if they express criticism of the Netanyahu government. These are all very, very unpleasant developments. And I also fear that among the 5.5 million Germans of Muslim origin, let’s say, a great sense of resignation has set in. How am I supposed to feel at home here as a German Muslim when I keep hearing that I don’t really belong? There was no lack of appeals in the immediate aftermath of October 7. In my preface, I mention that both the Federal President and the Vice Chancellor called on Muslims in Germany to distance themselves from Hamas. I think that one distances oneself from Hamas, I think that they are not popular figures, that is quite clear, but when, so to speak, high-ranking state representatives demand that a collective distance itself from something, with which they have nothing to do in the first place. I mean, just because I’m Muslim doesn’t somehow make me a representative of Hamas, then of course the groups concerned distance themselves from the state because they feel marginalized. And that in turn is grist to the mill of those who believe that Muslims and non-Muslims don’t go together anyway. In short, this is not how you overcome the division of society; it only deepens it further.

Milena Preradovic: You are calling for the German culture of remembrance to be freed from its abusive use and for it to be filled with new content. What content do you suggest?

Dr. Michael Lüders: For example, by calling injustice by its name, no matter who commits it, and not saying, „Well, from my point of view, you are a particularly good person and you get a carte blanche to commit even the greatest injustice, that’s okay, because we’re in the same boat or we understand you.“ Injustice remains injustice. If, let’s say, you take the historical legacy of Auschwitz seriously, „never again,“ then there are basically two interpretations. Either I relate to it uncritically to Israel, as it happens so often in politics and the media. That is the correct reading from the official point of view, so to speak, which is why the German government had no problems with a tenfold increase in arms exports to Israel after October 7, 2023. In particular, ammunition and artillery shells for tank ammunition were delivered. These exports have now declined drastically in response to Nicaragua’s lawsuit against Germany for aiding and abetting genocide. In this case, the German government is really afraid of getting into legal trouble. After all, we are the world champions of morality. So that is one legacy that can be drawn from Auschwitz: unconditional solidarity with Israel. No matter what this country does, no matter what price the Palestinians have to pay for it. And the other variant, the more humane variant, would actually be to say: „The historical legacy of Auschwitz states that wherever in the world injustice on an epochal scale occurs, we will not remain silent. We raise our voices. We pursue a policy that is directed against the perpetrators of such violence, no matter who does it. Whether it is Russia, Israel, or Timbukistan, it does not matter. We raise our voice and say, „This is not the way.“ And that is exactly what is not happening in Germany. Israel continues to be viewed very favorably by the political elite and most media professionals, as mentioned.

Dr. Michael Lüders: Israel is constantly fighting against terror and it does not matter if dozens of civilians are killed in Lebanon or in the Gaza Strip within one day. The official version says: „well, Hamas and Hezbollah are taking civilians hostage. What should the poor Israelis do? They have to defend themselves and so the civilians die. But Hamas or Hezbollah are to blame, since both are labeled as terrorist organizations. In the media, but also in politics.“ And of course you can do that. But you have to take into account that both Hamas and Hezbollah emerged as a reaction to Israeli occupation. And both are mass movements. Both see themselves as institutions of the Palestinian and Lebanese resistance. This says nothing about the moral qualities of this organization. But on a factual level, one must say that Hezbollah is an elementary power among the Shiites in Lebanon, who suffered under Israeli occupation for 18 years. From their point of view, they are a defensive alliance, which is of course closely allied with Iran. And Iran, with the help of Hezbollah, is conducting a kind of forward defense. The concern that we have to have is that this war in the Middle East escalates more and more. Because what should Hezbollah do if the Israelis do not stop their attacks? So far, they are not shooting back very much. It is very limited. But if they really unleash their entire arsenal, then we have a war between Israel and Iran. And if that happens, the US is involved. And what do you think Russia or China would do in such a case? They would clearly side with Iran and then you can imagine where the journey can go very quickly.

Milena Preradovic: To be honest, I don’t want to imagine that. Let’s move on to the history of this Middle East conflict, without which the current events cannot really be understood. What is the root of this never-ending war?

Dr. Michael Lüders: Different people will have different opinions about this depending on their political views. But if you look at it objectively, the core of the conflict is that the Zionist movement, which began to take over Palestine at the beginning of the 20th century, was actually from the very beginning, if you look at the writings of the earlier leading Zionist to the founding of the state of Israel in 1948, it was never about living in coexistence with the Palestinians, who were not called Palestinians at the time, but Arabs or locals or natives. Rather, it was always about considering how to make as much of Palestine as possible subservient to Jewish settlement and remove as much of the native population as possible. And this „philosophy“, as I said, culminated in the founding of the state of Israel in 1948, when Israel was proclaimed in May. And the result was that, parallel to the founding of the state, more than half of the Palestinian population, 750,000 people, were expelled, forcibly expelled, in the period from 1947 to 49. 15,000 people died and 500 villages were destroyed. So if you keep that in mind, you can appreciate the dimensions of the fact that today in the Gaza Strip, with at least 40,000 dead already, that’s what you might call the nakba, the ethnic cleansing of 1948, which has been topped and multiplied many times over. So the crux of the problem is that the Israeli side was never really willing to share Palestine with the Palestinians. There have been peace negotiations in a rush, think of the negotiations in Oslo after 1993.

Dr. Michael Lüders: But the paradox was that although we had a social-democratic government at the time, under Rabin, who was then assassinated, immediately after Oslo in 1993, when this treaty was concluded, the biggest construction boom in the history of the Israeli occupation began. The Israelis negotiated with Yasser Arafat and the PLO on the one hand, and built settlements on the other. That doesn’t add up. Ultimately, the core of Zionist ideology, if I may say so, of mainstream Zionism, as it was and is the state ideology in Israel, is „Haaretz Shlanu – All the land belongs to us from the Mediterranean to the Jordan River“. Likud’s 1977 party charter also states very clearly that there will be no Palestinian state west of the Jordan River. The Israeli parliament emphasized this again in June of this year: there will be no Palestinian state west of the Jordan River. This is a very clear statement, and it is the core of the conflict. We have, if you will, two nations here, and one side believes it can impose its will on the other and either expel, kill, or harass this population, or in any case not live together with it in coexistence. And that is why there can be no solution to this conflict. And as long as there is no pressure on Israel, the Israelis naturally have no reason to change their behavior.

Milena Preradovic: Yes, we must not forget that at that time, 1.5 million Palestinians were living there when the Zionists decided to simply settle there and expel these people. But how can you justify that to yourself? What was the justification?

Dr. Michael Lüders: You can only justify it to yourself by repression, by simply not taking note of it. In the case of the Jewish population of Israel after 1948, the argument „We are the survivors of the Holocaust and no one has the right to criticize us for what we do“ was of course very powerful. Of course, this also has its justification from the perspective of those who formulated it that way or see it that way. Even today, to some extent.

Milena Preradovic: It wasn’t the Palestinians‘ fault, the people who lived there.

Dr. Michael Lüders: That is exactly the point. And there is a bon mot from Gaddafi, the Libyan leader overthrown in 2011, that the Germans, if they and the Europeans in general had such a guilty conscience because of the Holocaust, could offer the Israelis the opportunity to settle in Alsace-Lorraine, the territory that was originally disputed between France and Germany. The Europeans can then solve this problem for themselves, according to Gaddafi. On the one hand, this is absurd, but on the other hand, there is of course a kernel of truth in it. So the Europeans, and especially the Germans, have basically exported their own guilt for centuries of anti-Semitism to the Middle East, and the Palestinians were the first to pay the price. And now others are doing it, first and foremost the Lebanese. All of this is a very, very unfortunate development and unfortunately there is no happy ending in sight.

Milena Preradovic: No, but there were also other currents in the 1940s and 1930s, such as the bi-nationalists, as I learned from you, who wanted a Jewish state, but in peaceful coexistence with the Arab population living there. Albert Einstein was one of them, as was the legendary Hannah Arendt. Why were these arguments not accepted?

Dr. Michael Lüders: Yes, of course they were right, these clever humanists, who, as so-called binationalists, advocated a joint state of Jews and Palestinians in Palestine. But they were far too idealistic and could not even begin to assert themselves against the Machiavellians around the founders of the state, David Ben Gurion and Chaim Weizmann. But when you read their writings from that time, you are amazed at how clearly they saw things even then. I quote extensively from Hannah Arendt in a writing from 1944, four years before the founding of the state of Israel. And even then, four years before the founding of Israel during the Second World War, Hannah Arendt said or wrote: „If the State of Israel is founded as an imperial state, founded by doing injustice to the Arabs, which does not get along with its Mediterranean neighbors,“ as she put it, „then this state will permanently depend on the support of an external power, namely the United States. And then this state will only be able to exist in the region as long as this external power supports this Sparta state.“ And this very clear-sighted perception of Hannah Arendt has more than proved true. It is precisely this Sparta that we have today, with, if I may say so, a Nero as Prime Minister, a Prime Minister who is willing to set the whole region on fire to ensure his own political survival and to realize the project of a Greater Israel. That is exactly what has happened, and I sometimes ask myself – and not only me, many people do, and it is also openly discussed, even in Israel itself – whether Israel will still exist in 30, 40, 50 years? And the question is justified. Not that there is any power that could destroy Israel, which is what Iran is often accused of.

Dr. Michael Lüders: No, it is rather the moral disintegration of the Israeli, the Greater Israeli ideology, which only maintains itself through violence, through the sword, if I may say so. And the Palestinians, the Arabs and the Lebanese are now falling victim to this violence. But the next victims, who are being targeted and in some cases have already been targeted, are of course the liberal Israelis, the liberal Jews worldwide, who can no longer identify with this state and whose numbers are growing. There are surveys from the USA, from the Jewish communities there. Only a minority of 30% of American Jews up to 30 years of age still support Israel, believe that this state represents Jewish interests and can identify with this country less and less. These are important data from a statistical point of view. And they show that Israel is on a very bad path and that this project may outlive itself. However, we must not forget that Israel has the atomic bomb and one does not want to imagine what might happen if things really get completely out of hand. It can already be stated today, and future historians will certainly confirm it, that it is the failure of Western politics, above all the USA and Germany, the two closest allies of Israel, not to have clearly shown red lines to this country and its political leadership. Because no matter what the Israelis do, no matter which red line Israel crosses, no matter how many people they kill, they can be sure of the approval of the USA and Germany. And we will pay a price for that.

Milena Preradovic: You were talking about historians in the future. But you also had support from two Israeli historians in your book who belong to the new historians, including Ilan Pappe, who has also written books on the expulsion of the Palestinians, on the Nakba. How did that go down in Israel?

Dr. Michael Lüders: Not well at all. Ultimately, Ilan Pappe, who is much admired by me because he was very brave. As one of the leading Israeli historians, he simply called a spade a spade. He has recorded in detail how the expulsion of the Palestinians took place in the course of the war of independence, as it is called in Israel, and has also made it clear that as early as the 1930s, plans were clearly being made to systematically expel the Palestinians from their homeland. He meticulously researched all of this in Israel’s military archives. He was massively criticized for it. He originally had a professorship in Haifa, his hometown, and then, due to the massive pressure, he ultimately had to leave Israel. Today he teaches at the University of Exeter in Great Britain. It is indeed the case that the so-called new historians, who have been challenging official founding myths and narratives of Israeli self-perception since the 1980s, are often based abroad. This is because the pressure on dissidents in Israel is extremely high. And in any case, naming certain things, especially when revealing historical truths, is the end of any career. That’s why I dedicated a chapter of my book to the fact that the Israeli government and its affiliated institutions are trying to cleanse history, to clean the archives, so that certain events, especially great brutalities in the founding of the state, are no longer uncovered by historians in the course of the state’s formation.

Milena Preradovic: Yes, what happened with Ilan Pappe is also happening in Germany today, we must not forget that. So all opinions are no longer welcome here either. Thank you very much, Dr. Lüders, for your insights. Incidentally, I think your book is a wonderful way to understand the history of the Middle East conflict and also all the entanglements of the great powers back then, which we haven’t had time to discuss. So thank you for being here. Thank you for the book.

Dr. Michael Lüders: Thank you for the invitation. Thank you very much.

Milena Preradovic: Well, folks, this conflict is old and highly complicated. And as with Ukraine, the same applies here: without prior knowledge, I can’t really judge anything. Even if you out there disagree with Dr. Lüders. His book is excellently researched and, as we just heard, with the help of Israeli historians. It makes no sense to hide facts just because they don’t fit into our world view or into the world view that we are supposed to have. And not all Jews, we have heard, stand as firmly behind the Israeli government as they do behind German politics. And no, we are certainly not anti-Semitic. Have a good time. See you soon.

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12 Kommentare

  1. Erkus

    In D lebten im Vergleich zu Polen und Ukraine relativ wenig Juden. Nach dem WK2 wurden die Rückkehrer von den Polen und Ukrainern ein zweites mal vertrieben. In diesen Übergangslagern der Amerikaner wurde die Israelische „Befreiungsarmee“ rekrutiert und nicht erst in den 90er.
    Die arabischen Staaten riefen die Araber im Landstrich Palästina zur Evakuierung auf, um die Israeli zu vernichten. Hat nur nicht funktioniert. Der Sinai ist groß …
    Die „Vierte Moschee“ wurde von den Nazis in München gebaut, ihre Vorgängerin stand im Kriegsgefangenenlager von WK1 in Zossen-Wünsdorf. Den Jihad hatte zuvor Max Freiherr von Oppenheim in Syrien erfunden. Die Moslembruderschaft wird bis heute von D unterstützt.
    Es ist unser Krieg, Herr Lüders! Wer finanziert sie eigentlich?

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  2. Pero

    Ich muss leider sagen das ich seine Sichtweise nicht teilen kann.
    Für mich hat jeder Mensch das Recht in Frieden und Sicherheit zu leben und Staaten haben die Aufgabe sicherzustellen das das Realität wird.
    20 % der israelischen Staatsbürger sind arabischer Herkunft, diese haben die gleichen Rechte wie Juden, also auch das Wahlrecht und unterliegen auch der Wehrpflicht.
    Israel ist ein Rechtsstaat indem sogar Regierungschefs vor Gericht verurteilt werden. Schwule und Lesben können sich sicher und frei bewegen.
    Auf der anderen Seite haben wir eine Gruppe von arabisch stämmigen Moslems deren Ziel die weltweite Auslöschung des Judentums ist. Frauen haben dort keine Rechte, Schwule werden gesteinigt, Selbstmordanschläge von Kindern gegen Zivilisten werden gefeiert und die Eltern erhalten eine Märtyrer-Rente wenn sie ihre Kinder in den Selbstmord schicken.
    Mit diesen Menschen ist in meinen Augen kein Ausgleich möglich, ich kann doch nicht ernsthaft mit jemand verhandeln dessen Ziel meine Ermordung ist. Notwehr kann auch niemals ein Genozid sein, es ist schlicht Selbstverteidigung. Wer die Auslöschung eines mächtigen Gegners fordert und betreibt, der sollte sich nicht wundern wenn er dann selbst von der Erde gefegt wird.

    Nach meinem Wissen hat Israel seid der Gründung keinen Krieg begonnen, es hat immer nur reagiert. Am 7. Oktober 2023 wurden unbewaffnete friedlich tanzende Menschen abgeschlachtet und verschleppt, da ist es für mich Aufgabe JEDEN Staaten so etwas zu verhindern. Natürlich kann man das Vorgehen der israelischen Politik kritisieren, aber nur wenn man die Mörder, die diese Politik ausgelöst haben, im gleichen Satz auch als Mörder benennt. Mörder die sich in Schulen, in Krankenhäusern und hinter Zivilisten verstecken, die also bewußt das Kriegsrecht verletzten.

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    • G.Nau

      @Pero

      Lüders hat mit seiner These, dass in Deutschland mit zweierlei Maß gemessen wird, völlig recht!
      Stellen Sie sich doch nur einmal vor, Putin hätte ukrainische Pager mit Mini-Bomben ausgestattet – was wäre da los in Deutschland? Es gäbe gar kein anderes Thema mehr und auch die Bundesregierung würde sagen, was ein Experte vor der UN sagte: Alltagsgegenstände mit Sprengsätzen auszustatten ist ein völkerrechtswidriges Verbrechen.

      Es ist bekannt, dass der israelische Raketen-Abwehrschirm in der Lage war, die Hamas-Raketen zu 100% abzufangen, denn der Beschuss am 7.Oktober war ja kein Ausnahmezustand, sondern der (traurige) Alltag. Als ich hörte, dass die Raketen diesmal ihr Ziel erreicht hatten wußte ich, dass die große Offensive losgeht, denn zweifellos hatten die Israelis den Abwehrschirm abgeschaltet, um sich einen Grund zum Gegenschlag zu verschaffen. Den Juden ist es wichtig, bei allem was sie tun in der Opferrolle zu bleiben, denn dass sie Opfer sind, hat ihnen ihre Religion eingetrichtert, und zwar so gründlich, dass es gar nicht mehr möglich ist, eine andere Sichtweise einzunehmen. Wie ich weiter unten dargelegt habe kommt das daher, dass Moses an Verfolgungswahn litt.
      Schaut man sich die Geschichte des Judentums von einem neutralen Standpunkt aus an, so sehen die Juden mehr wie Agierende aus als wie Opfer!

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  3. Ann-Kathrin Lehrmann

    Was für eine absurde Herangehensweise. Herr Dr. Lüders, Unterstützung für Israel geschieht nicht aus einem abgeleitet schlechtem Gewissen, generiert aus der Auschwitz-Geschichte, sondern aus urteilsfreien Blick in die Geschichte und daraus resultierend aus Gerechtigkeitsempfinden.

    Es beginnt doch schon damit, dass viele überhaupt nicht wissen, wovon sie reden. Sie wissen nicht mal, was „Palästinenser“ überhaupt sind. Der Begriff Palästinenser wird heute als Abgrenzung gegenüber den Juden bzw. Israel verstanden – auf der einen Seite die Israelis, auf der anderen Seite die Palästinenser. Dies ist jedoch eine Fehlannahme, denn der Begriff Palästina ist eine Gebietsbeschreibung und keine Volksbeschreibung. Es gibt weder eine palästinensische Sprache oder eine unabhängige palästinensische Kultur. Stattdessen leben im Gebiet Palästina viele Menschen verschiedenster Glaubensrichtungen und Nationalitäten, die durch den Umstand vereint werden, dass sie in einem Gebiet leben, das Palästina genannt wird.

    Aber kommen wir zur politischen Geschichte. Wer sich die Geschichte im Nahen Osten seit der Gründung Israels anschaut, kann doch gar nicht anders, als Israel unterstützen. Als im Jahre 1948 Israel gegründet wurde, erklärte die arabische Welt Israel den Vernichtungskrieg. Diese Kriegserklärung gilt bis heute. Eine große Mehrheit der palästinensischen Autonomiebehörde und unter den Muslimen weltweit fordert ein judenfreies Palästina. Unter den Arabern herrscht ein unerbittlicher Judenhass, der sich über Jahrzehnte mittels offizieller Kriege und ununterbrochener, terroristischer Anschläge Bahn brach und bricht.

    In Israel gibt es demgegenüber viele muslimische Viertel und Siedlungen. Fast zwanzig Prozent aller Israelis sind arabische Muslime. Für Israel stellen muslimische Siedlungen innerhalb und außerhalb Israels kein Friedenshindernis dar. Auch Juden, die siedeln und Häuser bauen, sind kein Friedenshindernis. Sie sind es weder in Israel, in Amerika und auch nicht in Europa. Sie sollten es auch nicht in den Ländern des Nahen Ostens sein. Sie sind es dort nur, wenn man auf dem Standpunkt steht, judenfrei sein zu wollen.

    An dem Festhalten der Maximalforderungen und dem religiösem Wahn judenfrei sein zu wollen, zu müssen, wird eine Friedenslösung bis auf weiteres scheitern. Vor die Wahl gestellt, einen Staat auf dem Gebiet Gazas und 97 Prozent Westbank zu bekommen, Milliardenhilfen aus dem Ausland, die Aussicht auf eine friedliche und lebenswerte Zukunft für kommende Generationen – oder dem Beharren auf den Maximalforderungen mit der Folge, weiter mit leeren Händen dazustehen, hat sich die arabische Palästinenserführung noch immer für die zweite Option entschieden. Es ist die arabische Palästinenserführung, die nicht nur keinen einzigen Juden auf ihrem Territorium duldet, sondern offenbar auch keine endgültigen Verhandlungen will.

    Fakt ist – je brutaler der islamische Terror ist, desto schlechter stehen die arabischen Palästinenser am Ende da. Und keiner kann tatsächlich Glauben, dass die Hamas im letzten Oktober nicht genau wusste, was das Ergebnis ihres Gemetzels sein wird.

    Die Hoffnung, daß wenn der israelisch-arabische Konflikt endlich gelöst sei, Ruhe im Nahen Osten und der Welt herrschen würde, ist Wunschdenken. Wir haben es hier mit Menschen zu tun, denen wir uns mit unserer westlichen Leitvorstellung nicht nähern können.

    Die Muslimbruderschaft, und damit der politische Islam mit seinem dschihadistischen Programm, ist älter als der Nahost-Konflikt, und wenn in Pakistan, Afghanistan, Irak, Marokko, Ägypten, Indonesien, Nigeria und anderen Ländern Islamisten blutige Anschläge verübt werden, hat das mit Israel und dem, was es tut oder unterlässt, nichts zu tun. Ebenso wenig der Westsaharakonflikt, der Völkermord im Sudan, der Krieg Ägyptens im Jemen Mitte der 60er-Jahre, der jordanische Bürgerkrieg 1970, der Bürgerkrieg im Libanon ab Mitte der 70er-Jahre, der Krieg Iraks gegen Iran, gegen die Kurden, gegen Kuweit, der Krieg in Afghanistan, die Unruhen in Tunesien, Libyen, Ägypten, der Krieg im Jemen, der Machtkampf zwischen der PLO und der Hamas, der Bürgerkrieg in Syrien et cetera et cetera et cetera.

    Diese Region (Religion?) ist, wie sie ist, und das liegt nicht an einem 20.000 Quadratkilometer-Staat, der sich dort seit 75 Jahren seiner Haut erwehren muss und dies auch bis heute, zum Glück, erfolgreich tut.

    Antworten
  4. WH

    Was wollen sie uns mit ihrem Kommentar, mit einer Geschichte die tausende Jahre alt ist sagen?

    Noch dazu stimmt die Geschichte, aus dem Buch Mose wie sie die hier teilweise vortragen so nicht.
    Das wird auch jeder erkennen, der das selbst nachliest.
    Doch von dem abgesehen, was meinen sie, wie die Völker dort und auch in anderen Gebieten gelebt und agiert haben, vor über 3000 Jahren? Wobei man sagen muss, oder darf, dass Israel sich weiterentwickelt hat, was man von den Israel angreifenden Terror-Gruppen gerade nicht sagen kann.

    Netanjahu tut genau das, was jeder führende Staatsmann machen würde und machen müsste, in so einer Situation in der Israel sich befindet, er lässt sein Land das er regiert und seine Bürger verteidigen. Seit 1948 ist Israel ein internatinal anerkannter sekulärer und demokratischer Staat. Ausser von gewissen, vorallem islamistisch-religiös geführten Ländern anerkannt, welche den Staat Israle bis heute noch nicht anerkennen und akzeptieren und mit Gewalt terrorisieren und vernichten wollen

    Antworten
    • WH

      Mein Kommentar, auf den Kommentar von G.Nau bezogen.

      Antworten
    • G.Nau

      Sie hoffen wahrscheinlich darauf, dass niemand nachliest, weil alle zuviel Schiss haben. Das „meistgedruckte Buch der Welt“ ist leider auch das (im Verhältnis zu seiner Auflage) am seltensten gelesene Buch der Welt!
      Warum ich auf so eine alte Geschichte zurückgreife? Weil ich sicher sein kann, dass sie nicht von Antisemiten geschrieben wurde, sondern von Menschen, die nach bestem Wissen und Gewissen berichten.
      Welche Stelle steht also Ihrer Meinung nach nicht so in der Bibel?

      https://www.youtube.com/watch?v=9Cdrp4DzKbM (Das Buch Josua als Hörbuch auf youtube)

      Antworten
      • WH

        Sie haben weniges zusammenhangslos aus dem Buch Mose und Josua herausgezogen.
        Natürlich sind in den beiden Büchern grausamen Dinge berichtet. Man muß jedoch das ganze Geschehen im Zusammnehang betrachten. Natürlich stoßen die zum Teil grausamen Handlungsweisen, die mit heutigen Maßstäben und Handlungsweisen nicht mehr zu vergleichen sind, bei uns heute auf Unverständnis, und Ablehnung.

        Wie ich schon geschrieben hatte, soll sich das vor mehr als 3000 Jahren zugetragen haben. Von dem was sich zu der Zeit, hier bei uns und anderen Regionen zugetragen hat, wissen wir kaum etwas, weil nichts davon schriftlich hinterlegt wurde. Höchstwahrscheinlich gab es da ähnliche Stammes- oder Sippenfehden bei denen manche Sippe oder Stamm vernichtet wurde. Vom römischen Reich und seinen Herrschern dann etwas später, wissen wir mehr, mit welcher Grausamkeit die teilweise vorgegangen sind.

        Doch wir müssen auf die Zeit schauen und handeln in der wir leben.
        Wenn die Bevölkerung von Israel seit der Staatsgründung und Anerkennung 1948, gleich nach dem Tag der Staatsgründung bis heute ständigen Angriffen, bis hin zu der Androhung der Auslöschung ausgesetzt war und ist, liegt das an denen die sie heute auslöschen wollen. Und in so einer Situation ist jedes Land und jeder Staat verpflichtet seine Bevölkerung zu verteidigen. Und genau das tut, bzw. beauftragt Netanjahu, der das heutige Staatsoberhaupt von Israel ist.
        Wie man aktuell sehen kann mit Erfolg.

        Antworten
        • G.Nau

          @WH
          Sie haben es immer noch nicht begriffen: In der Religion ist die Zeit stehen geblieben!
          So singen die Juden – wie ich aus einem Informationsfilm des ZDF weiß – immer noch zu Beginn eines jeden Gottedienstes das „Schma Jisrael“, eine Ermahnung dass sie nie vergessen sollen, dass sie einst Sklave Ägyptens gewesen sind. Dies ist für die Gläubigen nicht etwa 3000Jahre her und längst vergessen, sondern ist stets präsent und mahnt zur Wachsamkeit. Wer aber ständig nach Feinden Ausschau hält, der wird im Sinne einer „self-fullfilling prophesy“ auch eine feindselige Welt finden.

          Sie behaupten, ich hätte zusammenhanglos zitiert, aber genau das ist falsch.
          Als Atheist kann ich nämlich das, was ein Gläubiger, der erst eine Kippa auf seinem Hinterkopf befestigt, seinen Gebetsschal umlegt, sich eine kleine Bundeslade mit einem Lederriemen vor die Stirn bindet und einen anderen Lederriemen um den linken Unterarm und dann mit einem Zeigestock, der Gottes Finger darstellen soll die Schrift liest, während er dabei rhytmisch hin und her wippt, nicht kann:
          Ich kann den Text im Zusammenhang lesen!

          Im Zusammenhang gelesen offenbart die Schrift, dass es eine ägyptische Sklaverei nie gegeben hat, ausser in der Phantasie des Mose. Nicht ein einziges Mal findet man das Wort „Pyramide“, denn mit dem Pyramidenbau hatten die Israeliten überhaupt nichts zu tun. Sie lebten auch nicht in Armut, sondern „saßen jeden Tag bei den Fleischtöpfen…“, wie einer bemerkte, als ihm klar wurde, dass die Flucht aus Ägypten ein riesiger Fehler gewesen ist.

          Tatsächlich waren die Israeliten gleichberechtigte Bürger Ägyptens gewesen, aber das reichte ihnen nicht, denn sie waren unter dem vorherigen Pharao von der Steuer befreit gewesen, weil dieser Pharao dem Juden Josef hörig gewesen ist, der so eine Art Nostradamus war – also jemand, der es versteht, mit alles- und nichtssagenden Prophezeihungen Menschen zu manipulieren. Schalten Sie den Fernseher ein, da können Sie ihn sehen wie er vom Klimawandel redet…

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  5. Friedemann Lux

    Selten so einen dümmlichen Kommentar wie den von G.Nau gelesen…Auch noch feige! unter Pseudonym!Frau Preradovic,ich hoffe doch sehr,dass Sie nach diesem Hamas und Hisbolla -Versteher und Erklärer Lüders…! zur Wahrung der Ausgewogenheit Chaim Noll zu einer Replik einladen werden,gern auch Herrn Broder.

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    • G.Nau

      Was ich noch vergaß:
      Wenn Sie Moses verstehen gelernt haben, dann werden Sie auch denjenigen verstehen, der den Plan entwickelt hat, Pager mit Mini-Bomben auszustatten…

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  6. G.Nau

    Vorträge von Michael Lüders höre ich mir immer an, denn er ist meistens mit seiner Sichtweise unabhängig vom Mainstream. Heute aber redet auch er am Thema vorbei.

    Wir sollten endlich begreifen, dass die jüdische Religion von einem Mann erfunden wurde, der Stimmen hörte, sich für auserwählt hielt und glaubte, dass er mit der Kraft seiner Gedanken z.B. Heuschreckenschwärme auslösen könnte. Dieser Mann litt an paranoider Schizophrenie – an Verfolgungswahn! Nachdem es ihm gelungen war, das Volk der Israeliten in die Wüste zu locken, waren sie ihm völlig ausgeliefert und wurdem von ihm in seine Wahnwelt hineingezwungen und wer sich wehrte, wurde von den Levitern, die diesem Führer bedingungslos gehorchten, umgebracht. Wenn man die Denkweise von Benjamin Netanjahu verstehen will muss man begreifen, dass er (und beileibe nicht nur er) durch seine Religion die Sichtweise eines paranoid Schizophrenen hat. Man kann mit ihm nicht vernünftig reden und es gibt auch kein Ziel, bei dessen Erreichen er seinen Kurs ändern würde. Er kann ihn nicht ändern, denn er ist besessen – besessen von der Idee, verfolgt zu sein und ein Opfer.

    Ich bin als Atheist aufgewachsen und war entsetzt, als ich eines Tages die Bibel zur Hand nahm und lernen musste, dass Moses ein Mörder gewesen ist und dass die Israeliten auf dem Weg in das „gelobte Land“ nicht weniger als sieben Genozide begangen haben. Um auf ihrer langen Reise ihre Vorräte hin und wieder aufzufrischen, kauften sie nicht etwa ein, denn sie wollten von ihrem Goldschatz, den sie in Ägypten „genommen“ hatten, nichts hergeben. Deshalb überfielen sie andere Völker und rotteten sie bis zum letzten Kind und Greis aus.

    Wissen Sie eigentlich, wie die Ankunft im „gelobten Land“ wirklich vor sich ging? Ich wusste es lange Zeit nicht:
    Moses ging wieder einmal auf einen Berg, wo er für gewöhnlich mehrere Wochen lang blieb. Als er diesmal aber ungewöhnlich lange wegblieb, beschlossen einige Männer, ihm hinterher zu gehen und nach ihm zu sehen. Sie fanden ihn tot vor (er war bereits über 80 gewesen) und sahen einander entsetzt an. Da mit Moses ihr Medium gestorben war, das als Einziger die Stimme hören konnte, wussten sie nicht, wie es weitergehen sollte. Deshalb sagten sie: „Da es nun niemanden mehr gibt, der die Stimme Gottes hören kann, müssen wir wohl da sein. Dies muss das Land sein, dass der Herr uns versprochen hat – das Land, in dem Milch und Honig fließt!“. Während sie das sagten, blickten sie vom Berg herab auf eine Wüste, wie ein jüdischer Satiriker einst bemerkte.

    Früher nahm ich an, dass das „gelobte Land“ unbewohnt gewesen sei und von den Israeliten erschlossen wurde, aber weit gefehlt: Unter der Führung von Josua ging das Abschlachten weiter, denn das Land war keineswegs unbewohnt. So überfiel man eine Stadt nach der anderen und löschte deren Bevölkerung gnadenlos aus, worauf Josua die eroberten Städte an die israelitischen Stammesführer verteilte. Und von diesem Geschehen leiten die Israelis noch heute ihren Besitzanspruch ab! Hätte Moses noch ein Jahr länger gelebt, dann wäre das „gelobte Land“ heute ganz woanders, denn dann wäre er woanders gestorben.

    Lernen Sie Moses kennen und Sie werden Netanjahu verstehen…

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