„Das Kapital zerstört Gesundheitswesen“ – mit Dr. Bernd Hontschik

6. Jul 20223 Kommentare

Deutschland ist das Land weltweit mit den meisten Krankenbetten in privater Hand. Gesundheitskonzerne verdrängen inzwischen sogar den normalen Hausarzt. Und übernehmen Krankenhäuser am laufenden Band. Mit bedenklichen Folgen. „Als erstes werden die Tarifverträge gekündigt“, sagt Dr. Bernd Hontschik, Chirurg und Autor des Buchs „Heile und Herrsche“. Ein Gespräch über ein marodes System, von dem nicht mehr Patienten, sondern sogar kanadische Lehrerfonds profitieren.

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Milena Preradovic

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Interview mit Dr. Bernd Hontschik (deutsch)

Milena Preradovic: Seit zwei Jahren hören wir, es geht nur um die Gesundheit. Wir müssen uns einsperren, einschränken, Abstand halten, Maske tragen. Alles für die Gesundheit und Geld spielt gar keine Rolle. Wenn den Regierenden die Gesundheit so wichtig ist, warum haben wir dann einen Pflegenotstand? Warum zusammengesparte Krankenhäuser? Und warum dürfen profitorientierte Unternehmen Rendite erzielen mit unseren Versicherungsbeiträge? Mein Gast sagt: “Wenn Krankenhäuser in Privatbesitz sind, dann schreiben sie schwarze Zahlen. Wenn sie in kommunaler Hand sind, dann schreiben sie rote”. Anders ausgedrückt: Wenn es mehr um Menschen geht statt nur um Geld, dann wird es teurer. Auch darüber sprechen wir jetzt in Punkt Preradovic. Hallo, Dr. Bernd Hontschik.

Dr. Bernd Hontschik: Hallo.

Milena Preradovic: Ich stelle Sie kurz vor, Sie sind Chirurg, Publizist und ein Kämpfer für eine humane Medizin. Sie waren bis 1991 Oberarzt an der Chirurgischen Klinik des Städtischen Krankenhauses Frankfurt Hoechst und bis 2015 in eigener chirurgischer Praxis tätig. Sie saßen sechs Jahre im Vorstand von medico International und waren 15 Jahre Vorstandsmitglied der Toure von Uexküll Akademie für Integrierte Medizin. Sie sind Kolumnist bei der Frankfurter Rundschau und haben zahlreiche Bücher geschrieben, darunter den Bestseller “Körper, Seele, Mensch”. Und ihr neuestes Buch heißt “Heile und Herrsche. Eine gesundheitspolitische Tragödie”. Und es ist ein spannendes Buch, bringt viel Wissen, nicht unbedingt gute Laune. Und eines der großen Themen in Ihrem Buch ist die Privatisierung des Gesundheitswesens, der Medizin und vor allem auch der Krankenhäuser. Inzwischen ist Deutschland weltweit das Land mit den meisten Krankenbetten im Besitz privater Gesundheits-Konzerne. Und Sie sagen, wenn Krankenhäuser in Privatbesitz sind, schreiben sie schwarze Zahlen. Wenn sie in kommunaler Hand sind, schreiben sie rote. Wie erklärt sich diese Diskrepanz?

Dr. Bernd Hontschik: Diese Diskrepanz ist eigentlich ganz leicht zu erklären. Privat geführte Krankenhäuser, sobald sie das gekauft haben, gehen Sie bestimmte Schritte vor. Sie kündigen den Tarifvertrag, machen mit den Angestellten einen Notlagen-Tarifvertrag. Sie streichen alle Stellen, die zu streichen gehen. Sie führen in allen Bereichen, wo es überhaupt nur geht, Wäscherei, Köche, Putzen, Outsourcing ein, so dass das natürlich auch alles unter Tarif bezahlt wird in dem Moment und alles viel billiger für das Krankenhaus. Und sie streichen Stellen ohne Ende, das muss man einfach sagen. Entscheidend ist aber, glaube ich, das kommunale Krankenhäuser und kommunal geführte Krankenhäuser einen Versorgungsauftrag haben, einen öffentlichen, den sie auch erfüllen. Privat geführte Kliniken schauen sich genau an in den einzelnen Abteilungen, in welchen Abteilungen werden schwarze Zahlen geschrieben, in welchen Abteilungen werden rote Zahlen geschrieben. Die Abteilungen, die rote Zahlen schreiben, kommen schwerst unter Druck. Und wenn es ganz schlimm läuft, werden die geschlossen. Egal ob die Bevölkerung diese Abteilung braucht oder nicht. Das beste Beispiel oder die beiden besten Beispiele deutschlandweit sind die Kinderkliniken. Eine nach der anderen geht kaputt. Sie sind unterfinanziert. Sie schreiben rote Zahlen. Und das dulden private Krankenhausträger nicht. Und es sind die Kreissäle. Es gibt inzwischen Regionen in Norddeutschland auf dem Land und da müssen die Frauen 100 Kilometer fahren, um in den nächsten Kreißsaal zu kommen. Also ich war noch nicht schwanger, aber ich stell mir das recht dramatisch vor, wenn ich merke, dass die Geburt beginnt und jetzt muss ich 100 Kilometer fahren. Da gibt es dann auch schon so Zeitungsberichte, aber nur vereinzelt, dass Kinder im Straßengraben oder auf der Tankstelle auf die Welt kommen. Wir sind in Deutschland hier, nicht irgendwo in einem unterentwickelten, armen Land. Also die Situation ist wirklich dramatisch. Es gibt eigentlich auch überhaupt keinen Grund ein Krankenhaus an einen privaten Klinik Konzern zu verkaufen. Das ist eine politische Entscheidung, die ich für grundfalsch halte.

Milena Preradovic: Ja, also so als normaler Bürger kann man die eigentlich auch nur für grundfalsch halten. Ja, und die Konzerne machen ja richtig Gewinn, die machen 10 % Rendite, habe ich bei Ihnen gelesen mit unseren versicherten Beiträgen und kriegen dann noch einiges geschenkt. Sie schreiben In Offenbach wurde eine Klinik für einen Euro an einen privaten Konzern verkauft, aber die Schulden blieben bei der eh schon hoch verschuldeten Stadt Offenbach. Und die Aktionäre freuen sich. Wieso kuschen Kommunen und Länder so vor den privaten Investoren?

Dr. Bernd Hontschik: Tut mir leid, aber da muss man mal ins Detail gehen. Auch wenn es jetzt vielleicht langweilig ist. In Deutschland gibt es ein System der Krankenhausfinanzierung, das nennt sich duale Krankenhausfinanzierung. Dual zwei Säulen. Die eine Säule ist die Bausubstanz, die Instandhaltung. Ich nenne das die Hardware, das Krankenhaus, so wie es da steht. Dafür sind die Länder zuständig. Die andere Säule ist, ich nenne das jetzt mal der Einfachheit halber die Software. Das sind Schwestern, Pfleger, Ärzte, die Personalkosten und auch die Kosten für das Material, was man braucht, um die Medizin auszuüben. Die Länder haben jetzt in den vergangenen 15 Jahren ihre gesetzliche Verpflichtung, für den Staat, für die Instandhaltung und die Investitionen im Krankenhausbereich aufzukommen, einfach nicht wahrgenommen. Die Investitionen hätten statistisch gesehen steigen müssen. Sie sind gesunken in allen Bundesländern.

Milena Preradovic: Dürfen die das?

Dr. Bernd Hontschik: Ja, wer soll sie denn zur Rechenschaft ziehen? Sie, ich?

Milena Preradovic: Aber der Gesetzgeber?

Dr. Bernd Hontschik: Da ist kein Richter. Ja, das ist ja das Land selber. Sollen sie sich selber verurteilen? Also da passiert nichts. Im Gegenteil. Offenbach hat ein altes, marodes Krankenhaus gehabt und aus unerfindlichen Gründen sind sie wirklich wahnsinnig gewesen wohl, hat die Stadt Offenbach beschlossen, das geht so nicht weiter, wir bauen jetzt ein Krankenhaus. Die Stadt, eigentlich Aufgabe des Landes. Die Stadt Offenbach hat ein wunderschönes Krankenhaus gebaut. Groß, neu, modern, perfekt. Und war so verschuldet, dass sie keinen Kredit mehr bekommen haben. Sie konnten ihre Kredite nicht mehr bedienen, da blieb ihnen nichts anderes übrig, als das ganze zu verkaufen. Und da kam dann ein Klinik-Konzern hat gesagt: “okay wir kaufen euch das ab, aber die Schulden, die müsst ihr behalten”.

Milena Preradovic: Ich meine, für 1 € das ist ja verrückt.

Dr. Bernd Hontschik: Ein irrer Deal. Die Hessen ist sowieso, also, man kann sich nur an den Kopf greifen, was in Hessen passiert. Sie haben sicherlich davon gehört, dass eine Universitätsklinik in Hessen…

Milena Preradovic: Marburg, Gießen, ne?

Dr. Bernd Hontschik: Marburg Gießen an einen privaten Betreiber an die Rhön-Kliniken verkauft worden ist. Also. Also so was absurdes hat es überhaupt noch nie vorher gegeben. Die ganze Sache ist auch unterm Strich bis heute komplett gescheitert. Der einzige gute Effekt ist, dass kein anderer seitdem auf die Idee gekommen ist, eine Uniklinik privatisieren zu wollen, weil das ist so abschreckendes Beispiel, was in Marburg Gießen passiert…

Milena Preradovic: Erzählen Sie mal!

Dr. Bernd Hontschik: Es ist genau so, wie ich gesagt habe Es gibt große, es gibt Personalmangel, es gibt große Schwierigkeiten in der Kinderklinik. Die Betreiber haben das, was sie die Verpflichtungen, die sie eingegangen sind beim Kauf, zum Beispiel den Betrieb eines Partikelzentrums zu einer modernen Krebstherapie haben sie einfach nicht gemacht. Und jetzt sollen sie wieder einen, ich weiß es nicht genau auswendig, dreistelligen Millionenbetrag bekommen. Von wegen schwarze Zahlen im privaten Bereich. Die Unikliniken Marburg Gießen kriegen ununterbrochen Millionen Euro an Zuschüssen. Und so könnte ich auch schwarze Zahlen schreiben. Und Sie auch. Das ist kein Problem. Das Ganze ist viel Lug und Trug und Propaganda. Und eigentlich hatte ich erwartet, dass wenn drei grüne Minister in Hessen für die Uniklinik Marburg Gießen zuständig sind, dass sie versuchen werden, dieses Rad der Geschichte wieder zurückzudrehen, das wäre auch ohne Weiteres gegangen. Es gab Fristen für den Rückkauf und so, aber sie machen es einfach nicht. Es ist zum Verzweifeln.

Milena Preradovic: In den letzten Jahren bis heute werden ja dauernd, noch immer jedes Jahr unheimlich viele Krankenhausbetten abgebaut. Was hat denn das eigentlich für Auswirkungen?

Dr. Bernd Hontschik: Dahinter steckt ein Konzept, dass man die Versorgung mit Krankenhaus, Medizin, mit Krankenhausbetten, mit großen Zentral-Kliniken organisieren will und die kleinen Krankenhäuser alle schließen. Angeblich baut das auf auf Qualitätsgedanken, Qualitätsuntersuchungen. Also in kleinen Krankenhäusern werden bestimmte Dinge so selten gemacht, dass die Qualität nicht stimmt, man führt Mindestmengen ein und und und. Ich habe eine Nachricht gesehen im ärztlichen Nachrichtendienst, dass in Schleswig Holstein die Gesundheitsministerin, Nein, in Niedersachsen, endlich eine vernünftige Idee hatte, die ich schon ganz lang propagiere, dass man sich das ganze Land anschaut und dass man dann kleine, mittlere und große Krankenhäuser unterscheidet. Und kleine muss es überall geben, mittlere in Städten und große nur in Großstädten. Und dann gibt es noch große Zentral-Krankenhäuser, die alles können, so wie eine Uniklinik. Da genügt eine oder zwei pro Bundesland. Und das wollen wir jetzt dort endlich durchziehen. Weil diese ganze Krankenhaus-Schließerei, das ist das Problem, geschieht ja nicht mit Gedanken oder mit Konzept, sondern die geschieht nur aus ökonomischen Gründen. Wo rote Zahlen geschrieben werden, weg, wo schwarze Zahlen geschrieben werden, Okay, die können bleiben. Aber ein Konzept ist das nicht. Das ist kein kein Konzept der Versorgung eines Bundeslandes oder einer Region. Wenn man aber so ein Konzept hätte, dann habe ich auch nichts dagegen, Krankenhäuser zu schließen, die man dann nicht mehr braucht. Wenn das durchdacht ist, wenn es zum Beispiel nicht mehr 100 Kilometer sind bis zum nächsten Kreißsaal, sondern wieder nur noch 15, dann ist alles in Ordnung. Dann kann man auch, wenn da zwei sind, kann man eins schließen. Warum nicht?

Milena Preradovic: Ja, das beruht auf einer Bertelsmann Stiftung, wenn ich mich recht erinnere. Diese Krankenhäuser, die sind ja auch in Krankenhäusern involviert, soweit ich weiß. Und es wurden ja auch in den letzten Jahren mehr als 50.000 Pflegestellen gestrichen. Und jetzt heißt es, wir haben Pflegenotstand. Sehen Sie ernsthafte Versuche, diesen Notstand zu beenden oder zu in den Griff zu kriegen, politischer Art?

Dr. Bernd Hontschik: Streichung von Stellen, das ist vorbei. Und der Pflegenotstand jetzt, der hat andere Gründe. Es ist eine große Zahl von Schwestern und Pfleger einfach aus ihrem Beruf rausgegangen, weil sie es nicht mehr ertragen haben, unter einer solchen Arbeitshetze und unter einem solchen ökonomischen Diktat ihren Beruf ausüben zu müssen. Also ich weiß immer nicht, ich kann es zum Beispiel vielleicht so erklären und für Schwestern und Pfleger. Ich als Arzt mache bestimmte Handlungen im Krankenhaus, zum Beispiel in der OP. Dafür kriegt das Krankenhaus eine bestimmte Summe Geld, was die Schwestern und Pfleger machen, dafür kriegt das Krankenhaus nichts. Ob die jetzt viel machen oder wenig, das schlägt sich nicht in der Vergütung nieder. Das heißt, diese Art Stellen werden gestrichen, wo es überhaupt nur geht. Wenn die Bezahlung für Schwestern und Pfleger vernünftig wäre, was sie nicht ist, sie ist peinlich gering, wenn die Arbeitszeiten mit einem normalen Leben als Familienmutter, Familienvater vereinbar wären und wenn ein bisschen mehr Respekt diesem Beruf entgegengebracht würde, dann glaube ich, hätten wir so schnell keinen Pflegenotstand mehr. Weil jetzt während der Pandemie sind ja auch Hunderte, wenn nicht Tausende von Pflegekräften weggegangen.

Milena Preradovic: Er war unter anderem jetzt auch natürlich wegen der Einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Das kommt ja noch dazu, dass die Leute ja auch noch aus den Krankenhäusern ja, sie haben gesagt Respekt, es fehlt im Grunde die Bezahlung, es ist die Achtung, der Respekt fehlt. Das ist in Schweden anders, habe ich gelesen. Da haben Krankenschwestern und Pfleger auch ganz andere Kompetenzen, oder?

Dr. Bernd Hontschik: Und andere Ausbildungen. Ja klar. Also bis man in Schweden einen Arzt sieht, muss schon einiges vergehen. Der erste Ansprechpartner ist immer eine Schwester oder ein Pfleger. Die sind hochqualifiziert und die entscheiden, wie es weitergeht, ob sie das selber regeln oder ob sie sie einem Arzt oder eine Ärztin vorstellen. Das ist einfach ganz anders organisiert. Aber man muss vorsichtig sein. Man kann nicht aus einem Land das nehmen, aus einem anderen Land, das und sich dann ein neues Gesundheitswesen bauen. Wir müssen unseres angucken und was draus machen. Und im Moment heißt die Parole “Rettet unser Gesundheitswesen vor dem Zugriff des Kapitals”. Anders kann man das nicht nennen. Das sind Zugriffe von Private Equity Gesellschaften, von großen Kapital-Investoren. Die kümmern sich überhaupt nicht darum, was in den Krankenhäusern passiert, sondern nur um die Bilanz.

Milena Preradovic: Und die dürfen das alles. Es gibt von der Politik überhaupt keine Anstrengungen, das zu regeln, und zwar so, dass es für den Patienten oder für die Ärzte und Pfleger gut wäre?

Dr. Bernd Hontschik: Da gibt es nur Sonntagsreden. Aber bis jetzt ist nichts passiert. Nichts Gutes, nur Schlechtes, kein bisschen.

Milena Preradovic: Ja, ich meine, es geht ja auch immer weiter. Jetzt habe ich auch bei Ihnen gelesen, das wusste ich noch gar nicht so in dieser Masse, dass auch Arztpraxen immer mehr privatisiert werden. Heißt das jetzt, dass auch der Hausarzt wird von Gesundheitskonzernen verdrängt?

Dr. Bernd Hontschik: Ja, ganz sicher. Wenn das so weitergeht, wird es bald keinen mehr geben. Da kann man ganz klar prognostizieren. Also es ist vor Jahren ein neues Gesetz gekommen, dass man medizinische Versorgungszentren gründen kann. Dabei hat man überhaupt nicht beachtet, dass man sich auch hier aus dem Kuchen wieder die Sahne-Stücke rausschneiden kann, sodass es jetzt zu der absurden Situation kommt als Ergebnis, ich sage jetzt mal nicht alle Schritte dahin, dass ein kanadischer Pensionsfonds von Lehrerinnen und Lehrer, ein kanadischer, in Deutschland 160 Augen-Arztpraxen betreibt. Das ist deren Besitz. Diese 160 Augen-Arztpraxen sind in den letzten zehn Jahren vier Mal verkauft worden en bloc, von einer Private Equity Gesellschaft zur anderen. Das ist so irre. Also unter diesen Bedingungen kann man keine Medizin mehr machen. Unter diesen Bedingungen wird man nur noch gezwungen und gehalten dem Eigentümer, ja Geld zu verschaffen, das ist das Ziel. Es geht überhaupt nicht mehr um Gesundheit und Krankheit. Und es ist Katastrophe für die Leute, die in dem Bereich arbeiten. Sie werden praktisch enthauptet. Sie kriegen den Boden unter den Füßen weggezogen.

Milena Preradovic: Wie läuft das in Krankenhäusern so aus Ihrer Erfahrung? Geht es da überhaupt noch in erster Linie und Patienten? Oder geht es da gleich einfach um Geld?

Dr. Bernd Hontschik: An den Krankenhäusern arbeiten die Schwestern und Pfleger und Ärztinnen und Ärzte. Und denen geht es alle um den Patienten oder die Patientin. Sie versuchen, das Beste zu geben. Und wenn der ökonomische Druck aber zunimmt, dann hören viele einfach auch auf, diese Arbeit zu machen. Also die die Berichte aus Krankenhäusern sind nicht sehr schön. Die meisten Patienten, schon als ich meine Praxis noch hatte, kommen aus dem Krankenhaus, sagen sie haben nie einen Arzt gesehen, das ist ein Hammer, haben nie einen Arzt gesehen, weder auf der Aufnahme noch während Ihres Aufenthalts. Irgendwann sind sie in OP abgeholt worden. Da haben sie dann mit dem Arzt zu tun, aber waren sie in Vollnarkose. Dann kamen sie wieder auf Station. Schwesternmangel, Schwestern irrsinnig gehetzt bei der Arbeit, Pfleger irrsinnig gehetzt. Das ist weitverbreitet und nimmt leider zu. Aber ist gleichzeitig auch meine Hoffnung, weil ich sehe, dass Schwestern und Pfleger das nicht mehr mitmachen, dass sie sich wehren, dass sie sich organisieren, dass sie Demonstrationen machen in diesen Tagen, auch gegen all diese Zustände. Das freut mich unheimlich.

Milena Preradovic: Es werden ja auch immer mehr kostenlose Behandlungen, also für Versicherte, abgeschafft. Man muss immer mehr zuzahlen. Und das heißt ja immer, wir haben eine Kostenexplosion, auch wegen der älter werdenden Gesellschaft. Stimmt das so?

Dr. Bernd Hontschik: Ist beides falsch. Also erstens mal gibt es keine Kostenexplosion. Man muss jetzt mal die Pandemie weglassen, weil das eine ganz eigene eigene Kostenrechnung generiert. In Deutschland sind 10 bis 12 % des Bruttosozialprodukts Gesundheitswesenkosten. Immer schon, war vor 20 Jahren so, vor zehn Jahren ist es zurzeit auch so ich lasse jetzt wie gesagt die Pandemie weg, weil die die ganzen Kostenrechnungen vollkommen über den Haufen geschmissen hat. 10 bis 12 % immer schon, da gibt es überhaupt keine Explosion. Das mit den Alten ist ein unglaubliches Märchen, weil ich versuche, es jetzt auch ganz abzukürzen. Jeder von uns, der auf diesem Planeten sich bewegt, verursacht 80 % der Kosten im Gesundheitswesen im letzten Jahr seines Lebens. Wenn Sie also, nehmen wir mal an, mit 50 sterben, haben Sie wahrscheinlich mit 49 begonnen, diese 80 % der Gesundheitskosten in Anspruch zu nehmen, was Ihnen auch zusteht. Wenn Sie mit 90 sterben, dann haben Sie mit 89 begonnen oder vielleicht mit 88, diese Kosten in Anspruch zu nehmen. Das heißt, wenn die Menschen älter werden, verursachen sie im Gesundheitswesen keine zusätzlichen Kosten. Ich glaube schon, dass man die Rentenversicherung neu machen muss. Die Pflegeversicherung auch, aber nicht das Gesundheitswesen. Das ist ein Märchen, um es kaputt zu schießen, um Panik zu schüren. Aber es gibt kein Problem. Ich erinnere mich, immer mehr alte Leute saßen in meinem Wartezimmer. Die sind in Dolomiten beim Wandern umgeknickt. Mit 80, mit 85, das ist normal inzwischen.

Milena Preradovic: Jetzt ist es mit E Bikes.

Dr. Bernd Hontschik: Oder sind mit dem Fahrrad gestürzt oder oder oder. Ich will das Alter nicht beschönigen, aber die Gesundheit, es wird wahrscheinlich auch das Spektrum der Krankheiten wird sich verändern. Es werden wahrscheinlich mehr künstliche Gelenke nötig sein, wenn die Menschen immer älter werden. Das kann also jetzt mal aus meiner chirurgischen Sicht, mehr künstliche Hüftgelenke, vielleicht auch mehr Kniegelenke, aber zusätzliche immense Kosten durch die zunehmende Lebenserwartung, das ist ein Märchen.

Milena Preradovic: Fast witzig. Wir haben ja jetzt viel über private Krankenhäuser gesprochen und die wollen Gewinn machen. Deswegen sparen die die Krankenhäuser bis an den Rand. Aber warum ist das bei kommunalen Krankenhäusern? Es fing ja an mit der Einführung der Fallpauschale. Früher waren es Tagessätze, da gab es für Patienten Tagessätze und dann wurde es auf Diagnostik umgestellt. Und dann kriegt man für das eine mehr und für das andere weniger. Ist das schuld daran, dass im Grunde auch die kommunalen Krankenhäuser inzwischen mehr aufs Geld schauen als auf Patienten? Also ich meine jetzt die Verwaltung natürlich.

Dr. Bernd Hontschik: Die kommunalen Krankenhäuser sind genauso gezwungen, aufs Geld zu schauen, wie sie das nennen, wie die privat geführten Krankenhäuser. Aber jetzt ist ja die Frage Wie kommen die Krankenhäuser an ihr Geld? Sie haben ja schon erwähnt, früher war es ein sogenannter Tagessatz. Wozu hat das geführt? Unser Chef hat gesagt, freitags wird niemand entlassen, nur montags, so dass übers Wochenende die Stationen auch vollliegen. Denn für jeden Tag Liegezeit gab es Geld. Und da kann man schon das Prinzip sehen, sobald man etwas mit Geld verknüpft, expandiert es. Wenn Sie jetzt zum Beispiel sich betrachten, was für eine Entwicklung eingetreten ist durch die Einführung der DAG. Man hat den Tagessatz abgeschafft und eingeführt, dass sozusagen Fallpauschalen, also je nach Schwere der Diagnose bekommt das Krankenhaus viel oder viel mehr oder ganz viel Geld. Und das hat dazu geführt, dass die Diagnose, also eine ur-ärztliche Tätigkeit, eine Diagnose stellen, sozusagen das Zentrum der ärztlichen Tätigkeit, komplett korrumpiert worden ist. Das alle, wie soll ich sagen, ganz vereinfacht gesagt, wenn Ihnen einmal schwindlig war auf Station, dann haben Sie einen Verdacht auf Schlaganfall. Wenn Sie einmal husten, haben Sie Verdacht auf Lungenentzündung. Ich übertreibe jetzt extra ein bisschen, um darzustellen, dass die Ärzte nur noch am Schreibtisch sitzen. Gezwungenermaßen. Und kodieren, kodieren, kodieren. Eine Krankheit nach der anderen draufhauen. Wenn Ihnen im linken Brustkorb es irgendwann mal wehgetan hat, dann kommt noch Verdacht auf Herzinfarkt dazu. Dann gehen diese Akten zur Krankenkasse. Dort hocken genauso viele Ärzte im medizinischen Dienst der Krankenkasse und versuchen jetzt zu streichen, zu streichen und zu streichen. Das heißt in dieser Auseinandersetzung wird eine so große Zahl von ärztlicher Kompetenz verschleudert. Das ein einziger Kampf um Zahlen, um Codierungen. Und die Medizin wird korrumpiert, weil ich gehalten werde als Arzt, eine möglichst schwere Diagnose aufzuführen, um möglichst viel Geld zu kriegen. Ja, was ist denn die Diagnose dann noch wert? Gar nichts. Und das ist ein großer Schaden für die Medizin.

Milena Preradovic: Sie schreiben ja, dass selbst sterbende Patienten noch am Leben gehalten werden, bis die nächste Abrechnung Stufe erreicht ist. Das ist schon sehr makaber. Also es wird ganz viel getrickst, um an irgendwie ans Geld zu kommen.

Dr. Bernd Hontschik: Aber das kann man niemanden vorwerfen. Es bleibt ja auch gar nichts anderes übrig. Ein Freund von mir, Chefarzt der Neurologie in Berlin, hat mir erzählt,wie der Chefarzt eine Sitzung einberuft im November und sagt: “Leute, wir schreiben rote Zahlen in der Neurologie. Ich bin jetzt zweimal zur Geschäftsleitung zitiert worden. Wenn wir das nicht schaffen, schwarze Zahlen zu schreiben, wird eine Oberarzt-Stelle gestrichen und eine Station wird geschlossen und kommt an andere Klinik”. Was macht der arme Mann jetzt? Der ist ja ein guter Arzt, kein schlechter Arzt, der sagt Leute, dieses Jahr keine Multiple Sklerose mehr. Nur noch Schlaganfälle. Sind Beispiele. Also Multiple Sklerose, da kann man vielleicht ein paar Berater einsetzen, aber mit diesen Patienten muss man sprechen, mit diesen Patienten, da muss man Beistand leisten. Bei diesen Patienten muss man nach einem Weg im Leben suchen, wie man mit dieser fürchterlichen Krankheit zurechtkommt. Bringt 0 €. Aber wenn Sie einen Schlaganfall haben, oh, da können Sie Apparate einsetzen und Angiografie und Dilatation und, und und und und. Das bringt Tausende. Und so ist die Medizin. Nicht die Mediziner, nicht die Schwestern. Die Medizin ist korrumpiert durch dieses diagnoseorientierte System. Komplett.

Milena Preradovic: Einer, der dafür ja schwer getrommelt hat, ist heute Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Haben Sie eine Meinung zum Minister?

Dr. Bernd Hontschik: Das ist jetzt…

Milena Preradovic: Jetzt gemein.

Dr. Bernd Hontschik: Also, ich sag mal so, der saß jahrelang im Aufsichtsrat der Rhön-Kliniken. Was soll ich denn von so jemand erwarten? Was? Warum soll ich ihm auch nur ein Wort glauben? Während der Pandemie hat er sich auf eine Weise verhalten, ich habe mal zu meiner Frau gesagt: “Du, wenn der in meiner Klinik Assistenzarzt wäre, der hätte die Probezeit nicht überstanden”. Es kann doch nicht sein, dass ein Arzt es als seine Aufgabe betrachtet, jeden und jede in Panik zu versetzen. Er muss doch einen Weg aufzeigen, wie man mit all den Dingen umgeht und nicht jeden Abend in der Talkshow sitzen und nur Panik, Panik, Panik machen, die sich dann nachher als gar nicht berechtigt herausstellt.

Dr. Bernd Hontschik: Ich finde es ziemlich fürchterlich, was er sich da geleistet hat und dass er jetzt angeblich als Gesundheitsminister der Herzen aufgetreten ist und seinen Job bekommen hat. Ich kann mich, ich will mich da nicht weiter dazu äußern, weil das ist mir zu persönlich, aber ich kann darüber nur den Kopf schütteln, ja ich halte gar nichts von ihm.

Milena Preradovic: Ja, Sie haben schon gesagt, der war auch lange im Aufsichtsrat der Rhön-Kliniken. Er hat auch viel für die Pharmaindustrie gearbeitet. Das ist ja auch ein kleines Kapitel in Ihrem Buch. Das haben Sie mit ihr überschrieben. Sie sagen darin, es gibt kein Verbrechen, dessen sie sich noch nicht schuldig gemacht hat die Pharmaindustrie. Und aus Ihrem Buch wird auch klar, dass die Pharma eben natürlich kein großes Interesse an Heilung hat, da verliert man ja Kunden und Sie haben da ein schönes Beispiel mit einem Hepatitis Medikament. Erzählen Sie bitte.

Dr. Bernd Hontschik: Ja, das ist medizinisch betrachtet eine Sensation eingetreten, dass man nämlich ein Medikament gefunden hat, was Hepatitis, eine Form der verschiedenen Formen heilen kann. Heilen heißt nicht nur, dass die Patienten, die es haben, gesund werden, sondern sie sind auch nicht mehr infektiös. Und dieser Pharmakonzern hat eine Studie in Auftrag gegeben bei einer Beratungsfirma. Das sind übrigens die übelsten Leute im Gesundheitswesen. Sobald eine Beratungsfirma auftaucht, muss man eigentlich schreiend davonlaufen. Die Beratungsfirma hat gesagt, die Pharmaindustrie soll sich aus solchen Geschäften zurückziehen. Weil dieses Medikament gegen Hepatitis ist so nützlich, dass immer weniger Leute Hepatitis haben und immer weniger Leute andere Leute mit Hepatitis anstecken, so dass der Pool von Patienten, der dieses Medikament braucht, mit der Zeit immer kleiner wird. Das ist sehr schlecht für den Profit. Sie sollen sich lieber darauf konzentrieren, Medikamente zu machen für Patienten, wo der Pool gleichbleibt oder besser noch immer größer wird. Also Multiple Sklerose zum Beispiel ist sehr lukrativ, Krebspatienten sehr lukrativ und die werden sicherlich nicht kleiner und weniger, sondern das werden immer mehr. Ja, man fragt sich, Hat die Pharmaindustrie einen Auftrag oder hat sie keinen? Ich sage, sie hat keinen. Sie will nur den Profit erhöhen.

Milena Preradovic: Das heißt, dieses Geld, dieses Medikament gibt es auch nicht mehr auf dem Markt.

Dr. Bernd Hontschik: Das gibt es ja noch. Ja, das gibt es schon. Es ist ja fertig entwickelt. Die Beraterfirma warnt davor, weitere solche wirksamen Medikamente herzustellen, die den Pool der Krankheiten und der Kranken verringern. Also ich will kurz was sagen, weil mir da sehr dran liegt, diese diagnosebezogene Bezahlung. Die findet ja inzwischen auch in der Arztpraxis statt. Was nebenbei bemerkt dazu geführt hat, dass die Krankenkassen, na das ist ein zu großes Feld. Also was ich Ihnen eigentlich erzählen wollte, ist folgendes: Wenn ich auf meine 40-jährige Berufserfahrung, auf mein 40 jähriges Leben als Chirurg zurückblicke, fallen mir natürlich Leute ein, wo ich nicht so berühmte Erfolge eingefahren habe für die Patienten und für mich, wo ich halt auch Fehler gemacht habe. Aber es fallen mir auch Leute ein, wo ich denke, das habe ich richtig gut gemacht. Und jetzt denken Sie vielleicht, ich würde in erster Linie an den OP denken, was ich da alles für zauberhafte Eingriffe gemacht habe, wieso ich das zusammengenäht habe und wie tolle Gefühl, das auch. Das macht auch Spaß. Ich finde meinen Beruf großartig, kann mir keinen besseren vorstellen. Aber mir fallen Patienten ein, mit denen habe ich gesprochen. Zehn Minuten, manchmal eine halbe Stunde, selten auch länger. Und dann sind wir gemeinsam zu dem Schluss gekommen, dass es Beste ist, nichts zu tun. Nichtstun steht ganz hoch in der Wertigkeit für die Patienten. Wenn jemand wie ich, der das Jahrzehnte macht, ihnen sagt: “Lassen Sie die Finger davon, sie werden keinen Profit haben. Das wird Ihnen vielleicht hinterher sogar schlechter gehen als vorher”. Ich habe manchmal gesagt, wenn ein Patient mit Beschwerden vor mir sagen, wenn es ihn nach der OP so gut geht wie jetzt vor der OP, dann können Sie sich gratulieren. Lassen Sie das bleiben.

Milena Preradovic: Sie meinen Rücken-Ops?

Dr. Bernd Hontschik: Ja, zum Beispiel. Bei Rücken OP ist das sicher sehr, sehr intensiv ausgeweitet und in ekelhafteste Weise ausgeweitet worden. Also diese Tätigkeit, die man nur ausüben kann, wenn man hoch qualifiziert ist, jemandem zu raten “Lass, das!” wird mit 0 € vergütet. Das ist alles so absurd. Ich glaube, dass man das Problem nur packen kann, wenn man das pauschaliert. Wenn man auf gar keinen Fall die Diagnosen oder die erfundenen Diagnosen oder die aufgeblasenen Diagnosen mit der Bezahlung verknüpft. Das geht einfach nicht. Das macht die ärztliche Arbeit kaputt.

Milena Preradovic: Also wieder zurück zu Tagessätzen. Was wäre Ihr Vorschlag?

Dr. Bernd Hontschik: Wir können darüber diskutieren. Meiner Meinung nach sollte ein Krankenhaus, wenn man das so macht, wie ich vorhin gesagt habe, wie in diesem einen Bundesland jetzt geplant ist, kleine und mittlere, große und Groß-Zentren. Dann könnte man noch zum Beispiel sagen, ein kleines Krankenhaus zu betreiben. Ich sage jetzt irgendeine bekloppte Zahl, ja, 100.000 € am Tag. Warum muss man das in einzeln abrechnen? Warum kann man nicht sagen, ein Krankenhaus zu betreiben im kleinen Rahmen, da ist eine Chirurgie, da ist eine innere Medizin, da ist eine Frauenklinik, ein Kreißsaal, Kinderklinik. Das ist ein kleines Krankenhaus. Kostet 100.000 € im Monat. Am Tag egal. Also eine Pauschale. Nichts, wo man um jeden Euro kämpfen muss. Ein mittleres Krankenhaus kostet 1 Million am Tag und ein großes 10 Millionen. Das ist jetzt ganz falsch von der Zahl her, was ich sage. Ich will damit sagen: Man muss die Krankenhäuser aus diesem Hamsterrad entlassen, dass sie mit ihrer Arbeit Geld verdienen müssen, Geld drucken sozusagen. Das muss aufhören. Ein Krankenhaus, das hat einen Auftrag in der Gesellschaft. Und dafür wird es ausreichend finanziert. Basta. Die Leute, die da arbeiten, die Ärztin, Ärzte, die Schwester, Arzt, Pfleger haben einen hohen Ethos. Das sind keine Betrüger am Volksvermögen. Im Gegenteil. Wenn die geflohen sind, haben wir nicht den allerhöchsten Ethos, weil sie es nicht mehr ertragen haben, so arbeiten zu müssen.

Milena Preradovic: Jetzt komme ich noch mal zum Thema. Das passte dann gar nicht. Also das hat einen ganz anderen Tenor in Ihrem Buch. Und da erwähnen Sie einen Roman von Juli Zeh von 2009, in dem eine Gesundheitsdiktatur beschrieben wird, bei der die Kontrolle des Abwassers eine zentrale Rolle spielt, also das Abwasser wird kontrolliert und damit werden Haushalte überwacht und heimliche Kranke entdeckt. Da wird mir ein bisschen mulmig. Also Abwasser-Monitoring gibt es ja, das wissen wir ja spätestens seit diesen zwei Jahren. Haben Sie die Befürchtung, dass der Roman der Wirklichkeit bald ein bisschen näher kommen könnte?

Dr. Bernd Hontschik: Das Abwasser-Monitoring in den letzten zwei Jahren ist ja super ausgebaut worden, um möglichst früh bestimmte Covid-19 Virus Varianten zu entdecken. Also noch früher, als die Patienten überhaupt krank werden und und und. Mich hat es schlagartig an dieses Buch erinnert. Es kommt immer drauf an, wer das macht. Im Moment sind millionenschwere Programme von der EU und der Bundesregierung für das Abwasser-Monitoring. Im Moment wird das überwiegend in Klärwerke durchgeführt. In dem Roman von Juli Zeh ist jeder Haushalt, in der das Abwasser jeden Haushalts an eine spezielle automatisierte Laboruntersuchungen sozusagen angeschlossen. Und wenn Sie jetzt mal richtig ordentlich gekifft haben oder gekokst oder sie haben zu viel gesoffen oder oder oder oder sie haben bestimmte Ausscheidungen im Urin, die auf Krankheiten hindeuten, klingelt ne Stunde später die Gesundheitspolitik an ihrer Tür und sie werden mitgenommen. Das ist die Horrorvision. Davon sind wir weit entfernt. Aber ich sag mir immer, wer garantiert, dass in unserem Land die Regierung immer nur die Guten sind? Immer nur die Demokraten, immer nur die, die die Bürgerrechte respektieren? Das kann auch mal ganz anders kommen. Und diese Technik in den falschen Händen ist durchaus dazu geeignet, eine ganze Gesellschaft in Griff zu nehmen und zu überwachen.

Milena Preradovic: Wow, Dr Hontschik, das war ein sehr spannendes Gespräch mit Ihnen. Ich danke Ihnen für diesen Einblick in ein dysfunktionales System. Zumindest wenn man so den Menschen im Blick hat, dann wirkt es doch sehr dysfunktional. Ihr Buch kann ich echt nur empfehlen. Ich habe es sehr gern gelesen. Wie gesagt, die Laune wird nicht besser, aber das Wissen häuft sich. Vielen Dank, dass Sie da waren.

Dr. Bernd Hontschik: Ja, vielen Dank, dass ich da sein durfte.

Milena Preradovic: Tja, Leute, wir zahlen immer mehr. Auch jetzt sollen die Krankenkassenbeiträge weiter steigen, und zwar ordentlich. Allerdings kriegen wir immer weniger für unser Geld, die Versorgung wird schlechter und die privaten Wirtschaftskonzerne stecken sich unser Geld ein und machen ordentlich Gewinn damit. Also irgendwie klingt das nicht nach einer ausgesprochenen Win-Win-Situation. Ich wünsch euch eine gute Zeit. Bis bald.

Interview with Dr. Bernd Hontschik (english)

Milena Preradovic: For two years we’ve been hearing it’s all about health. We have to lock ourselves up, restrict ourselves, keep our distance, wear masks. Everything for health and money does not matter at all. If health is so important to those in power, why do we have a nursing shortage? Why do we have hospitals that have been cut up? And why are profit-oriented companies allowed to make a profit on our insurance premiums? My guest says: “When hospitals are privately owned, they are in the black. When they are municipally owned, they are in the red.” In other words, when it’s more about people instead of just money, it gets more expensive. That’s also what we’re talking about now in point Preradovic. Hello, Dr. Bernd Hontschik.

Dr. Bernd Hontschik: Hello.

Milena Preradovic: Let me introduce you briefly, you are a surgeon, a publicist and a fighter for humane medicine. You were a senior physician at the Surgical Clinic of the Frankfurt Hoechst Municipal Hospital until 1991 and had your own surgical practice until 2015. You sat on the board of medico International for six years and were a board member of the Toure von Uexküll Academy for Integrated Medicine for 15 years. You are a columnist for the Frankfurter Rundschau and have written numerous books, including the bestseller “Body, Soul, Man.” And their latest book is called “Heal and Rule. A Tragedy of Health Policy.” And it’s an exciting book, brings a lot of knowledge, not necessarily good humor. And one of the big topics in your book is the privatization of health care, of medicine, and especially of hospitals. Germany is now the country in the world with the most hospital beds owned by private healthcare corporations. And you say that when hospitals are privately owned, they are in the black. When they are municipally owned, they are in the red. How do you explain this discrepancy?

Dr. Bernd Hontschik: This discrepancy is actually quite easy to explain. Privately run hospitals, once they buy that, you take certain steps. They terminate the collective bargaining agreement, make an emergency collective bargaining agreement with the employees. They eliminate all the positions that are going to be eliminated. They introduce laundry, cooks, cleaning, outsourcing in all areas where it’s at all possible, so of course that’s all paid under the collective bargaining agreement at the moment and everything is much cheaper for the hospital. And they are cutting jobs without end, that simply has to be said. But the decisive factor, I believe, is that municipal hospitals and municipally run hospitals have a supply mandate, a public one, which they also fulfill. Privately run hospitals take a close look at the individual departments to see which are in the black and which are in the red. The departments that are in the red come under severe pressure. And if things go very badly, they are closed. No matter whether the population needs this department or not. The best example or the two best examples throughout Germany are the children’s hospitals. One after the other is going bust. They are underfunded. They are in the red. And private hospital owners don’t tolerate that. And it’s the county hospitals. There are now regions in northern Germany in the countryside and women have to drive 100 kilometers to get to the nearest delivery room. Well, I wasn’t pregnant yet, but I imagine it’s quite dramatic when I realize that the birth is about to begin and now I have to drive 100 kilometers. There are also newspaper reports, but only occasionally, that children are born in a ditch or at a gas station. We are in Germany here, not somewhere in an underdeveloped, poor country. So the situation is really dramatic. There is actually no reason at all to sell a hospital to a private hospital group. This is a political decision that I think is fundamentally wrong.

Milena Preradovic: Yes, so as a normal citizen you can only consider it to be fundamentally wrong. Yes, and the concerns make yes correctly profit, which make 10% net yield, have I with you read with our insured contributions and get then still some free. You write In Offenbach, a clinic was sold to a private group for one euro, but the debts remained with the already highly indebted city of Offenbach. And the shareholders are happy. Why do municipalities and states kowtow to private investors?

Dr. Bernd Hontschik: I’m sorry, but we have to go into detail here. Even if it might be boring now. In Germany, there is a system of hospital financing called dual hospital financing. Dual two pillars. One pillar is the building fabric, the maintenance. I call that the hardware, the hospital, as it stands. The states are responsible for that. The other pillar is, I’ll call it the software for simplicity’s sake. That is nurses, caregivers, doctors, the personnel costs and also the costs for the material, what you need to practice medicine. Now, the states have simply not fulfilled their legal obligation over the past 15 years to pay for the state, for the maintenance and the investments in the hospital sector. Statistically, investments should have gone up. They have gone down in all the states.

Milena Preradovic: Are they allowed to do that?

Dr. Bernd Hontschik: Yes, who is going to hold them accountable? You, me?

Milena Preradovic: But the legislator?

Dr. Bernd Hontschik: There is no judge. Yes, that is the country itself. Are they supposed to judge themselves? So nothing happens there. On the contrary. Offenbach had an old, dilapidated hospital and for some unknown reason they were really insane, the city of Offenbach decided, this can’t go on, we’re now building a hospital. The city, actually task of the state. The city of Offenbach has built a beautiful hospital. Large, new, modern, perfect. And was so indebted that they could no longer get a loan. They could no longer service their loans, so they had no choice but to sell the whole thing. And then a clinic group came and said: “Okay, we’ll buy it from you, but you have to keep the debts.

Milena Preradovic: I mean, for 1 € that’s crazy.

Dr. Bernd Hontschik: A crazy deal. Hesse is anyway, so, you can just grab your head at what’s happening in Hesse. I’m sure you’ve heard about a university hospital in Hesse….

Milena Preradovic: Marburg, Giessen, ne?

Dr. Bernd Hontschik: Marburg Giessen has been sold to a private operator to Rhön-Kliniken. So. So something so absurd has never happened before at all. The bottom line is that the whole thing has also completely failed to date. The only good effect is that no one else has come up with the idea of privatizing a university hospital since then, because it’s such a cautionary tale about what’s happening in Marburg Giessen….

Milena Preradovic: Tell me about it!

Dr. Bernd Hontschik: It’s exactly as I said There are big, there are staff shortages, there are big difficulties in the pediatric clinic. The operators have not done what they made the commitments they made when they bought, for example, the operation of a particle center to a modern cancer therapy they simply have not done. And now they are supposed to get another, I don’t know it exactly by heart, three-digit million amount. So much for being in the black in the private sector. The university hospitals in Marburg and Giessen continuously receive millions of euros in subsidies. And so I could also be in the black. And so could you. That is not a problem. The whole thing is a lot of lies and deception and propaganda. And actually I had expected that when three green ministers in Hesse are responsible for the Marburg Gießen University Hospital, that they would try to turn this wheel of history back again, that would have been easy to do. There were deadlines for the buyback and so on, but they just don’t do it. It’s exasperating.

Milena Preradovic: In the last few years up to now, a huge number of hospital beds have been cut every year. What kind of effects does that actually have?

Dr. Bernd Hontschik: There is a concept behind it that one wants to organize the supply with hospital, medicine, with hospital beds, with large central clinics and close all the small hospitals. Supposedly, this is based on quality thoughts, quality investigations. So in small hospitals certain things are done so rarely that the quality is not right, one introduces minimum quantities and so on. I saw a news item in the medical news service that in Schleswig Holstein the health minister, no, in Lower Saxony, finally had a sensible idea, which I have been propagating for a long time, that you look at the whole country and that you then distinguish between small, medium-sized and large hospitals. And there must be small ones everywhere, medium ones in cities and large ones only in large cities. And then there are large central hospitals that can do everything, like a university hospital. One or two per federal state is enough. And that’s what we want to do there now. Because the problem is that all these hospital closures are not being carried out with any thought or concept in mind; they are only being carried out for economic reasons. Where red figures are written, gone, where black figures are written, okay, they can stay. But a concept is not that. It is not a concept for the supply of a state or a region. But if you had a concept like that, then I wouldn’t mind closing hospitals that you no longer need. If this is well thought out, for example, if it is no longer 100 kilometers to the next delivery room, but only 15, then everything is fine. Then you can also, if there are two, you can close one. Why not?

Milena Preradovic: Yes, that is based on a Bertelsmann Foundation, if I remember correctly. These hospitals, they are involved in hospitals, as far as I know. And yes, more than 50,000 nursing positions have been cut in recent years. And now they say we have a nursing shortage. Do you see any serious attempts to end this emergency or to get it under control, of a political nature?

Dr. Bernd Hontschik: Cutting jobs, that’s over. And the nursing emergency now, that has other reasons. A large number of nurses have simply left their profession because they can no longer stand having to work under such pressure and under such economic dictates. So I always don’t know, I can explain it for example maybe like this and for nurses. I as a doctor do certain actions in the hospital, for example in the operating room. For that the hospital gets a certain amount of money, what the nurses do, the hospital gets nothing for that. Whether they do a lot or a little is not reflected in the remuneration. This means that these kinds of jobs are cut wherever possible. If the pay for nurses were reasonable, which it isn’t, it’s embarrassingly low, if the working hours were compatible with a normal life as a family mother or father, and if a little more respect were shown for this profession, then I think we wouldn’t have a nursing crisis so quickly. Because now during the pandemic hundreds, if not thousands of nurses have left.

Milena Preradovic: Among other things, of course, it was now also because of the mandatory vaccination of facilities. That comes yes in addition that the people yes also still from the hospitals yes, they have said respect, it is missing basically the payment, it is the respect, the respect is missing. That is different in Sweden, I have read. There, nurses also have completely different competences, don’t they?

Dr. Bernd Hontschik: And different training. Yes, of course. So it takes quite a while before you see a doctor in Sweden. The first contact person is always a nurse. They are highly qualified and they decide how to proceed, whether to take care of it themselves or to introduce them to a doctor. It’s just organized in a completely different way. But you have to be careful. You can’t take this from one country, that from another country, and then build a new healthcare system. We have to look at ours and make something out of it. And at the moment, the slogan is “Save our health care system from the grip of capital. There’s no other way to put it. These are attacks by private equity companies, by large capital investors. They don’t care at all about what happens in the hospitals, but only about the balance sheet.

Milena Preradovic: And they are allowed to do all that. There is no effort at all from politics to regulate this in a way that would be good for the patient or for the doctors and nurses?

Dr. Bernd Hontschik: There are only soapbox speeches. But so far, nothing has happened. Nothing good, only bad, not a bit.

Milena Preradovic: Yes, I mean, it goes on and on. Now I have also read in your book, I didn’t know that yet in this mass, that also doctors’ practices are more and more privatized. Does that mean that family doctors are also being squeezed out by health care corporations?

Dr. Bernd Hontschik: Yes, most certainly. If this continues, there will soon be no one left. You can make a very clear prediction. Years ago, a new law was passed that allows the establishment of medical care centers. At the same time, it was not taken into account at all that here, too, you can cut the cream out of the cake, so that the absurd situation now arises as a result, I won’t go into all the steps, that a Canadian pension fund of teachers, a Canadian pension fund, operates 160 eye doctors’ practices in Germany. That is their property. These 160 eye doctors’ practices have been sold en bloc four times in the last ten years, from one private equity company to another. That’s so crazy. So under these conditions, you can’t do medicine anymore. Under these conditions, you are only forced and held to the owner, yes, to make money, that is the goal. It’s no longer about health and illness at all. And it is a catastrophe for the people who work in this field. They are practically decapitated. The ground is being pulled out from under their feet.

Milena Preradovic: How does it work in hospitals from your experience? Is it still primarily about patients? Or is it simply about money?

Dr. Bernd Hontschik: The nurses and doctors work in hospitals. And they are all concerned about the patient. They try to do their best. But when the economic pressure increases, many simply stop doing this work. So the reports from hospitals are not very nice. Most patients, even when I still had my practice, come out of the hospital, say they’ve never seen a doctor, that’s a bummer, have never seen a doctor, either on admission or during your stay. At some point they were taken to the operating room. There they have to do then with the doctor, but were they in general anesthesia. Then they came back to the ward. Lack of nurses, nurses insanely rushed at work, nurses insanely rushed. It’s widespread and unfortunately it’s increasing. But at the same time it is also my hope, because I see that nurses are no longer taking part in this, that they are fighting back, that they are organizing, that they are making demonstrations these days, also against all these conditions. That makes me very happy.

Milena Preradovic: More and more free treatments, i.e. for the insured, are being abolished. You have to pay more and more. And that always means that we have a cost explosion, also because of the aging society. Is that true?

Dr. Bernd Hontschik: Both are wrong. First of all, there is no cost explosion. You have to leave out the pandemic, because that generates its own cost calculation. In Germany, 10 to 12% of the gross national product are health care costs. This has always been the case, it was 20 years ago, and it is currently the case ten years ago as well – as I said, I’m leaving out the pandemic because it has completely overturned all the cost calculations. 10 to 12% has always been the case, there is no explosion at all. The old people thing is an unbelievable fairy tale, because I’m trying to abbreviate it completely now. Every one of us that moves around on this planet incurs 80% of the healthcare costs in the last year of our lives. So if you die, let’s say, at 50, you probably started claiming that 80% of healthcare costs at 49, which is your right. If you die at 90, you started claiming those costs at 89, or maybe 88. In other words, as people get older, they don’t add costs to the health care system. I do believe that pension insurance needs to be redone. Long-term care insurance, too, but not health care. That’s a fairy tale to shoot it down, to create panic. But there is no problem. I remember, more and more old people were sitting in my waiting room. They fell over while hiking in the Dolomites. At 80, at 85, it’s normal now.

Milena Preradovic: Now it’s with e-bikes.

Dr. Bernd Hontschik: Or have fallen with the bike or or. I don’t want to gloss over the age, but the health, it will probably also the spectrum of diseases will change. More artificial joints will probably be necessary as people get older. So that may be now from my surgical point of view, more artificial hip joints, maybe more knee joints, but additional immense costs due to increasing life expectancy, that’s a fairy tale.

Milena Preradovic: Almost funny. We’ve talked a lot now about private hospitals and they want to make a profit. That’s why they save the hospitals to the brink. But why is that with municipal hospitals? It all started with the introduction of flat rates per case. In the past, there were daily rates for patients, and then it was changed to diagnostics. And then you get more for one and less for the other. Is that the reason why municipal hospitals are now more concerned with money than with patients? I mean the administration, of course.

Dr. Bernd Hontschik: The municipal hospitals are just as forced to look at the money, as they call it, as the privately run hospitals. But now the question is: How do the hospitals get their money? You already mentioned that it used to be a so-called daily rate. What did that lead to? Our boss said that no one would be discharged on Fridays, only on Mondays, so that the wards would be full over the weekend. Because there was money for each day of lying-in time. And there you can see the principle that as soon as you link something to money, it expands. For example, if you look at what has happened since the introduction of the DAG. The daily rate has been abolished and flat rates have been introduced, so to speak, so that the hospital gets a lot of money, or a lot more money, or a lot of money, depending on the severity of the diagnosis. And that has led to the fact that the diagnosis, that is an original medical activity, making a diagnosis, so to speak the center of the medical activity, has been completely corrupted. That all, how shall I say, quite simplified, if you were once dizzy on the ward, then you have a suspicion of stroke. If you cough once, you suspect pneumonia. I’m exaggerating a bit to show that the doctors only sit at their desks. Forced to. And code, code, code. One disease after the other. If you have a pain in your left rib cage at some point, then there is also the suspicion of a heart attack. Then these files go to the health insurance company. There just as many physicians squat in the medical service of the health insurance company and try now to strike out, to strike out and to strike out. That means that in this dispute such a large number of medical competence is squandered. It’s a single battle over numbers, over coding. And medicine is being corrupted because I, as a physician, am required to list a diagnosis that is as severe as possible in order to get as much money as possible. Yes, what is the diagnosis worth then? Nothing. And that is a great damage for medicine.

Milena Preradovic: You write that even dying patients are kept alive until the next billing stage is reached. That is very macabre. So there is a lot of trickery to somehow get the money.

Dr. Bernd Hontschik: But you can’t blame anyone for that. There is no other way. A friend of mine, head of neurology in Berlin, told me how the head of neurology called a meeting in November and said: “Guys, we are in the red in neurology. I have now been summoned twice to the management meeting. If we don’t manage to be in the black, a senior physician position will be eliminated and a ward will be closed and transferred to another clinic. What is the poor man doing now? He is a good doctor, not a bad doctor, who tells people that there will be no more multiple sclerosis this year. Only strokes. These are examples. So multiple sclerosis, you can maybe use a few consultants, but you have to talk to these patients, to these patients, you have to provide support. With these patients one must look for a way in the life, how one comes along with this terrible illness. Brings 0 €. But if you have a stroke, oh, you can put in apparatus and angiography and dilatation and, and, and. That brings thousands. And that’s the way medicine is. Not the physicians, not the nurses. Medicine is corrupted by this diagnosis-oriented system. Complete.

Milena Preradovic: One person who has been beating a heavy drum for this is today’s Minister of Health, Karl Lauterbach. Do you have an opinion about the minister?

Dr. Bernd Hontschik: That is now…

Milena Preradovic: Now mean.

Dr. Bernd Hontschik: Well, I’ll put it this way, he sat on the supervisory board of Rhön-Kliniken for years. What am I supposed to expect from someone like that? What? Why should I believe a word he says? During the pandemic, he behaved in a way that I once said to my wife: “You know, if he had been a resident at my clinic, he wouldn’t have made it through the probationary period. It cannot be that a doctor considers it his job to panic everyone. He has to show a way of dealing with all these things and not sit on the talk show every evening and just panic, panic, panic, which then later turns out not to be justified at all.

Dr. Bernd Hontschik: I think it’s pretty terrible what he’s done and that he’s now supposedly acted as the health minister of hearts and got his job. I can’t, I don’t want to comment any further on that, because that’s too personal for me, but I can only shake my head at that, indeed I don’t think anything of him at all.

Milena Preradovic: Yes, you have already said, he was also on the supervisory board of Rhön-Kliniken for a long time. He also worked a lot for the pharmaceutical industry. That is also a small chapter in your book. You titled it with it. In it, you say that there is no crime of which the pharmaceutical industry has not been guilty. And it is also clear from your book that the pharmaceutical industry is not very interested in cures, because they lose customers, and you have a good example with a hepatitis drug. Please tell us about it.

Dr. Bernd Hontschik: Yes, from a medical point of view it is a sensation that a drug has been found that can cure hepatitis, one of the various forms. Cure means not only that the patients who have it become healthy, but they are also no longer infectious. And this pharmaceutical company commissioned a study from a consulting firm. These are the worst people in healthcare, by the way. As soon as a consulting firm shows up, you actually have to run away screaming. The consulting firm said that the pharmaceutical industry should get out of this kind of business. Because this drug for hepatitis is so useful that fewer and fewer people have hepatitis and fewer and fewer people infect other people with hepatitis, so the pool of patients who need this drug gets smaller and smaller over time. That’s very bad for profits. They should rather focus on making drugs for patients where the pool stays the same or better yet gets bigger and bigger. Multiple sclerosis, for example, is very lucrative, cancer patients are very lucrative, and they are certainly not getting smaller and smaller, but more and more. Yes, one wonders, does the pharmaceutical industry have a mission or does it not? I say it doesn’t. It just wants to increase profit.

Milena Preradovic: That means that this money, this drug is also no longer available on the market.

Dr. Bernd Hontschik: That still exists. Yes, it already exists. It is already developed. The consulting company warns against producing more such effective drugs, which reduce the pool of diseases and sick people. So I want to say something briefly, because I am very interested in this diagnosis-related payment. This is now also taking place in the doctor’s office. Which, by the way, has led to the fact that the health insurance companies, well, that’s too big a field. So what I actually wanted to tell you is this: When I look back on my 40 years of professional experience, on my 40 years of life as a surgeon, I can of course think of people where I have not had such famous successes for the patients and for me, where I have also made mistakes. But I can also think of people where I think I did really well. And now you might think, I would think first and foremost of the operating room, what magical procedures I did there, why I stitched that together and how great that felt. That’s fun, too. I think my job is great, can’t think of a better one. But I can think of patients, I’ve talked to them. Ten minutes, sometimes half an hour, rarely longer. And then we came to the conclusion together that it’s best to do nothing. Doing nothing ranks very high in value for patients. If someone like me, who has been doing this for decades, tells them, “Leave it alone, you won’t make a profit. You may even feel worse afterwards than you did before.” I have sometimes said when a patient with complaints in front of me say, if they are as well after the surgery as they are now before the surgery, then you can congratulate yourself. Don’t do that.

Milena Preradovic: You mean back surgery?

Dr. Bernd Hontschik: Yes, for example. In back OP, this has certainly been expanded very, very intensively and expanded in the most disgusting way. So this activity, which you can only do if you are highly qualified, to advise someone “Don’t do that!” is remunerated with 0 €. It’s all so absurd. I believe that the only way to tackle the problem is to make it a flat rate. If you don’t link the diagnoses or the invented diagnoses or the inflated diagnoses with the payment. That simply doesn’t work. It ruins the medical work.

Milena Preradovic: So back to per diem rates. What would be your suggestion?

Dr. Bernd Hontschik: We can discuss it. In my opinion, if you do it the way I said earlier, as is now planned in this one federal state, a hospital should have small and medium, large and large centers. Then you could still say, for example, run a small hospital. I’m going to say some dumb number, yes, €100,000 a day. Why do you have to bill that individually? Why can’t we say that we run a small hospital, with surgery, internal medicine, a gynecological clinic, a delivery room, and a pediatric clinic? That’s a small hospital. Costs €100,000 a month. On the day it doesn’t matter. So it’s a flat rate. Nothing where you have to fight for every euro. A medium hospital costs 1 million a day and a large one 10 million. Now that’s quite wrong in terms of the figure, what I’m saying. What I’m saying is: Hospitals have to be released from this hamster wheel, that they have to earn money with their work, print money, so to speak. That has to stop. A hospital has a mission in society. And it is adequately financed for this purpose. Basta. The people who work there, the doctors, the nurses, doctors, nurses have a high ethos. They are not cheats on the national wealth. On the contrary. If they have fled, we don’t have the highest ethos, because they can’t bear to work like this anymore.

Milena Preradovic: Now I’ll come back to the topic. That didn’t fit at all then. So that has a completely different tenor in your book. And there you mention a novel by Juli Zeh from 2009, in which a health dictatorship is described, in which the control of the sewage plays a central role, so the sewage is controlled and with it households are monitored and secret sick people are discovered. That makes me a little queasy. Wastewater monitoring does exist, and we’ve known that for at least the last two years. Are you worried that the novel might soon come a little closer to reality?

Dr. Bernd Hontschik: Wastewater monitoring has been greatly expanded in the last two years in order to detect certain Covid-19 virus variants as early as possible. In other words, even earlier than the patients become ill and so on. It suddenly reminded me of this book. It always depends on who is doing it. Right now, there are multi-million dollar programs from the EU and the federal government for wastewater monitoring. At the moment, most of this is being done in sewage treatment plants. In Juli Zeh’s novel, every household, every household’s wastewater is connected to a special automated laboratory test, so to speak. And if you’ve been smoking pot or doing coke, or you’ve been drinking too much, or you have certain excretions in your urine that indicate illness, an hour later health policy rings your doorbell and you’re taken away. That is the horror vision. We are a long way from that. But I always say to myself, who guarantees that in our country the government is always only the good guys? Always only the democrats, always only those who respect civil rights? Things can turn out quite differently. And this technology in the wrong hands is quite capable of taking a whole society under control and monitoring it.

Milena Preradovic: Wow, Dr. Hontschik, that was a very exciting conversation with you. Thank you for this insight into a dysfunctional system. At least when you look at people in this way, it does seem very dysfunctional. I can really recommend your book. I enjoyed reading it very much. As I said, the mood doesn’t get better, but the knowledge piles up. Thank you very much for being there.

Dr. Bernd Hontschik: Yes, thank you very much for having me.

Milena Preradovic: Well, folks, we are paying more and more. Even now, the health insurance contributions are supposed to continue to rise, and rise neatly. However, we are getting less and less for our money, the care is getting worse and the private economic groups are pocketing our money and making a tidy profit with it. So somehow this doesn’t sound like a real win-win situation. Have a good time. See you soon.

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3 Kommentare

  1. clown

    ich hab heut deine und carolols doppelgängerin bei lidl getroffen und aufm kassenband abgeknutscht.

    Antworten
  2. clown

    genau,es geht uns nur um eure gesundheit,deshalb bezahlen wir die pflegerinen auch so gut.

    Antworten
  3. Froese, Peter

    Hallo Milena,
    Wieder ein sehr lehrreicher Beitrag zum Gesundheitssystem in Deutschland.
    Sehr gut , wenn Praktiker über das Gesundheitswesen berichten.
    Ich hoffe, das ein Herr Lauterbach nicht einmal in die Lage kommt 100 km zum
    nächsten Krankenhaus gebracht zu werden ( ..muß ja nicht ein Kreißsaal sein).
    Danke noch mal für deine Arbeit

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