„Deutschlands Kriegskurs ist krachend gescheitert“, sagt der ehemalige Brigadegeneral und Merkel-Berater Dr. Erich Vad. Er begrüßt die diplomatische Offensive von Donald Trump in Sachen Ukraine und rät Deutschland und Europa, diesem Kurs zu folgen. „Es bleibt uns eh nichts anderes übrig, nie waren wir so abhängig von den USA wie jetzt“, so der Mitautor des Buches „Krieg oder Frieden – Deutschland vor der Entscheidung“. Ein Gespräch über die Unmöglichkeit deutscher Friedenssoldaten in der Ukraine, die unsinnige Behauptung, Putin wolle die ganze Ukraine einnehmen, die Aussichtslosigkeit des Krieges und darüber, dass der NATO-Beitritt der Ukraine jetzt endgültig vom Tisch ist.
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Interview mit Dr. Erich Vad (deutsch)
Milena Preradovic: Gibt es jetzt endlich eine Chance auf Frieden in der Ukraine? Zumindest bewegt sich etwas, und der Motor heißt Donald Trump. Erst der Gipfel mit Putin in Alaska, dann das Treffen mit Selenskyj und den Europäern. Und vielleicht sprechen bald auch Putin und Selenskyj miteinander. Die deutsche Altpresse windet sich. Von Erfolg mag keiner reden, aus Gewohnheit, Trump schlecht darzustellen. Gemeinsames Wording: „Zumindest ist nichts Schlimmes passiert.“ Das ist wohl zu kurz gesprungen und auch etwas hilflos. Mein Gast, ein hochrangiger Ex-Militär, ist dagegen froh, dass nicht mehr nur über Waffen gesprochen wird wie in Deutschland, sondern dass endlich wieder die gute alte, früher normale Diplomatie greift. Wie stehen die Chancen? Jetzt in Punkt Preradovic. Hallo, Dr. Erich Vad. Schön, Sie wiederzusehen.
Dr. Erich Vad: Ja, das freut mich auch, Frau Preradovic.
Milena Preradovic: Ich stelle Sie kurz vor. Sie sind Brigadegeneral a.D. der Bundeswehr, Unternehmensberater, Publizist, Vortragsredner und Universitätsdozent. Sie haben Geschichte und Philosophie studiert und über die Aktualität des Militärtheoretikers von Clausewitz promoviert. In den 90er-Jahren haben Sie im internationalen Militärstab der NATO und im Generalsekretariat der Westeuropäischen Union gedient. Danach wechselten Sie ins Verteidigungsministerium und 2006 ins Kanzleramt. Dort waren Sie bis 2013 militärpolitischer Berater von Bundeskanzlerin Merkel. Als Universitätsdozent haben Sie unter anderem an der Johns Hopkins University in Washington und in Bologna gelehrt. Nach Ihrer Militär- und Politkarriere haben Sie Ihre Unternehmensberatung gegründet und treten national wie international als Vortragsredner zu Themen wie Sicherheitspolitik, Terrorismus und neue Kriege auf. Außerdem sind Sie Buchautor. In Ihrem neuen Buch Krieg oder Frieden? Deutschland vor der Entscheidung ist ein Gespräch zwischen Ihnen und Klaus von Dohnanyi dokumentiert. Und nun zu unserem aktuellen Gespräch: Momentan ist viel Bewegung in Sachen Ukrainekrieg. Zuerst der Alaska-Gipfel zwischen Putin und Trump, dann die Gespräche in Washington zwischen Trump, Selenskyj und den europäischen Regierungschefs. Wie beurteilen Sie den Job, den Trump da gerade macht?
Dr. Erich Vad: Ich beurteile den Job, den Trump jetzt macht, sehr positiv, weil er aus der Sackgasse der bloßen Waffenlieferungen und der Fixierung auf militärische Konfrontation herausführt. Ich habe in den dreieinhalb Jahren des Krieges immer kritisiert, dass zwar Waffen geliefert werden, aber ohne politisches Konzept, ohne Strategie, ohne Definition eines Endziels. Das ist bis heute bei den Europäern so geblieben. Seit dem Amtsantritt von Donald Trump hat sich das geändert – Gott sei Dank. Die Amerikaner haben wieder angefangen, mit den Russen zu reden: auf allen Kanälen, auf allen Ebenen – Geheimdienste, Generalstäbe, Weißes Haus, Kreml. Während hierzulande immer noch gesagt wird, mit Putin dürfe oder könne man nicht reden, ist das längst widerlegt. Mit dem Gipfel in Alaska und dem Treffen mit den Regierungschefs in Washington muss man feststellen: Unsere Strategie der bloßen Waffenlieferungen und militärischen Lösungsversuche ist krachend gescheitert. Ich bin froh, dass durch die Amerikaner nun eine Wende eingeleitet wurde, und hoffe, dass es so weitergeht und am Ende einen positiven Ausgang nimmt.
Milena Preradovic: In Washington ging es ja um Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Für die Ukraine sehr wichtig, für die Europäer ebenfalls. Womöglich geht es auch um die Stationierung europäischer Soldaten, darunter deutscher Soldaten. Außenminister Wadephul hat schon abgewunken, nach dem Motto: Wir könnten ja kaum die Brigade in Litauen stemmen. Hat die Bundeswehr überhaupt irgendein Potenzial, sich zum Beispiel an einer möglichen Friedenstruppe in der Ukraine zu beteiligen?
Dr. Erich Vad: Man diskutiert über Sicherheitsgarantien in Form einer „Coalition of the Willing“, angelehnt an Artikel 5 des NATO-Vertrags, also eine Art Beistandserklärung für die Ukraine. In diesem Zusammenhang redet man auch über die Stationierung von Truppen in der Ukraine, über Ausbildungsmaßnahmen, Unterstützung der ukrainischen Armee mit defensiven Waffensystemen, über finanzielle Hilfe. Die Entsendung einer sogenannten Friedenstruppe halte ich aber für nicht realistisch, weil Putin seit Jahren klar macht, dass er keine NATO-Truppen vor seiner Haustür akzeptiert. Deshalb auch das klare Nein zur NATO-Mitgliedschaft. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das durchsetzbar ist. Zumal die Deutschen – Sie haben es schon auf den Punkt gebracht – dazu nicht in der Lage sind. Wir haben im Moment die Brigade in Litauen, die einsatzfähig gemacht werden muss. Sie hat aktuell rund 500 Soldaten und soll auf 5000 aufwachsen – eine beträchtliche Größenordnung. Insofern hat der Außenminister recht: Uns fehlt die militärische Substanz. Wir könnten bei Ausbildung oder technischer Unterstützung helfen, aber die Entsendung von Truppen ist aus meiner Sicht nicht machbar. Und ich glaube auch nicht, dass es dafür eine politische Mehrheit in Deutschland gibt.
Milena Preradovic: Sie haben vorhin die Beistandserklärung erwähnt. Das wäre quasi: Die NATO hilft, ohne dass man Mitglied ist. Das heißt, der NATO-Beitritt der Ukraine ist komplett vom Tisch. Trump hat ihn ja auch schon ausgeschlossen.
Dr. Erich Vad: Ja, der ist vom Tisch. Man muss sehen: Der NATO-Beitritt der Ukraine war im Grunde der casus belli. Schon vor 20 Jahren hieß es: NATO-Mitgliedschaft für Ukraine und Georgien wird es nicht geben. Ich war selbst 2008 beim NATO-Gipfel in Bukarest dabei, als Angela Merkel die Aufnahme der Ukraine und Georgiens verhindert hat – mit Blick auf die Sicherheitsinteressen Russlands, die sehr klar kommuniziert wurden. Auch in den Jahren danach war das eindeutig. Dieser Krieg ist 2022 zu einem großen Teil durch das Forcieren der NATO-Mitgliedschaft entstanden. Das wird oft ausgeblendet, war aber ein ganz gewichtiger Kriegsgrund für die Russen.
Milena Preradovic: Dann war das also eine ziemlich blöde Idee.
Dr. Erich Vad: Ja. Trump und die Republikaner sagen das auch selbst. Vor allem die Vorgängerregierungen der USA haben das massiv vorangetrieben – die politische und militärische Vorbereitung der Ukraine für einen späteren NATO-Beitritt. Damit haben sich die Amerikaner selbst massiv versündigt. Es gibt Analysten, etwa Jeffrey Sachs, die von einer Alleinschuld der USA an diesem Krieg sprechen. Das halte ich für überzogen, aber in der Tendenz muss man das sehen. Ich bin sicher, dass man sich in Alaska darauf geeinigt hat, die NATO-Osterweiterung mit Ukraine und Georgien zu beenden und sich auf dieser Basis zu arrangieren.
Milena Preradovic: Das klingt so, als hätte man mit diesem Krieg gerechnet – oder ihn sogar provoziert.
Dr. Erich Vad: Ja, provoziert, in Kauf genommen, sicherlich. Kriege brechen nicht einfach aus, sie werden vorbereitet, geplant, einkalkuliert. So war es auch beim russischen Überfall 2022. Putin hat im Dezember 2021 Verhandlungen angeboten, mit der Forderung, den NATO-Beitritt auszuschließen. Der Westen ist darauf nicht eingegangen, vor allem durch die Biden-Administration. Trump macht das jetzt rückgängig, und das begrüße ich sehr.
Milena Preradovic: Die Ukraine hat die NATO-Mitgliedschaft sogar in die Verfassung geschrieben. Wie kommt Selenskyj da wieder raus?
Dr. Erich Vad: Das ist das Problem für ihn. Es steht in der Verfassung, und daran ist er als Präsident gebunden. Man muss das politisch lösen: Man kann es als Fernziel drinlassen oder wie auch immer. Auch in Deutschland stand jahrzehntelang die Wiedervereinigung und die Rückkehr der Ostgebiete in die Verfassung, bis wir den Zwei-plus-Vier-Vertrag gemacht haben. Am Ende muss man sehen, wie man damit politisch umgeht.
Milena Preradovic: Wenn man die Runde in Washington gesehen hat – Trump, Selenskyj, die Europäer –, hatte ich den Eindruck, die Europäer verlassen sich immer noch sehr auf die USA. Eigene konstruktive Vorschläge kamen nicht. Sehen Sie Anzeichen eines echten europäischen Selbstbewusstseins, so nach dem Motto: Wir nehmen unser Schicksal selbst in die Hand?
Dr. Erich Vad: Es wird viel darüber geredet. Aber im Kern artikuliert diese „Coalition of the Willing“ nur den Wunsch, so weiterzumachen wie bisher. Ich bin froh, dass sich Amerikaner und Russen offenbar geeinigt haben, dass es ein „Weiter so“ nicht geben wird, sondern dass man diesen Krieg beenden will. Die Europäer haben sich dem angeschlossen – sie haben auch kaum eine andere Wahl. Über Krieg und Frieden in Europa entscheiden immer noch die Amerikaner und Russen. Das ist einerseits traurig, in diesem Fall aber positiv, weil es bedeutet, dass wir Richtung Frieden gehen und diesen sinnlosen Krieg beenden.
Milena Preradovic: Kanzler Merz sagte mit großem Pathos: „Wenn es keinen Waffenstillstand gibt, wird es wohl auch kein nächstes Treffen geben.“ Giorgia Meloni, die italienische Ministerpräsidentin, hat da eher mit den Augen gerollt. Mein Eindruck war, das war eher nach innen gerichtet. Denn welchen Sinn sollte ein Waffenstillstand machen, wenn man vielleicht Frieden haben kann?
Dr. Erich Vad: Das ist eine ukrainische Forderung: erst Waffenstillstand, dann reden. Aber das ist durch die Fakten schon überholt. Die Amerikaner und Russen reden ja bereits, sie haben sich in Alaska offiziell getroffen. Dort wurden sicher die Claims abgesteckt: was geht, was nicht geht. Die Europäer und auch die Ukrainer müssen sich dem fügen, das geht gar nicht anders. Man hat ja gesehen, sie mussten in Washington alle brav antanzen und gute Miene zum bösen Spiel machen. Und das tun sie auch – etwas anderes bleibt ihnen nicht übrig.
Milena Preradovic: Ja, die saßen da ein bisschen wie beim Zahnarzt – also im Wartezimmer beim Zahnarzt, mit den gleichen Gesichtern. Jetzt ist die Frage: Wäre ein Mandat für die Ukraine nicht generell ein größeres Signal, gerade auch für Sicherheitsgarantien?
Dr. Erich Vad: Ja, darüber hat man während des Krieges auch gesprochen – dass man den Krieg einfriert. Man muss nur sehen: Die Linie, die man dann schützen müsste, ist 1300 Kilometer lang. Dort eine Truppe aufzustellen, müsste nach Kapitel 7 geschehen. Selenskyj hat ja selbst gesagt: mehr als 100.000 Mann. Sie müssten robust sein, mit robustem Mandat und amerikanischer Unterstützung. Ich glaube, das ist vom Tisch, das kann man vergessen. Das ist unrealistisch. Man hat es versucht – die „Coalition of the Willing“ hat sich ja in London und Paris getroffen. Der Umfang des Streitkräftekontingents ist dabei immer schmaler geworden. Ich denke, die beste Sicherheitsgarantie für die Ukraine ist das Einverständnis zwischen den USA und Russland. Das ist das stabilste überhaupt – auch für Europa. Für uns Europäer bleibt dann die Rolle, die Ukrainer zu unterstützen, auch beim Wiederaufbau, auch finanziell. Deutschland ist im Moment nach den USA der zweitgrößte Geber. Die Amerikaner halten sich eher zurück. Und wenn die Europäer weitermachen wollen, müssten sie auch die amerikanischen Waffensysteme bezahlen. Der amerikanische Anteil bei den Bodenschätzen-Abkommen würde dadurch ebenfalls steigen.
Dr. Erich Vad: Also von 50 Prozent aufwärts, wenn sie weiter unterstützen. Aber man muss klar sehen: Die Amerikaner haben zwei strategische Optionen. Sie könnten den Krieg tatsächlich weiterführen. Er ist weit weg von ihrem Territorium, gilt auch für Großbritannien. Es betrifft sie nicht unmittelbar. Sie verdienen gut dabei, haben politische und wirtschaftliche Vorteile – bis hin zu einem europäischen Krieg. Aus amerikanischer Sicht könnte man sagen: Why not? Trump hat sich anders entschieden. Er will Russland aus dem engen Bündnis mit China herauslösen und Richtung Frieden gehen. Und wir Europäer müssen diesen Weg mitgehen, weil er für uns existenziell ist, vor allem für Deutschland. Ein Krieg in Europa würde hier stattfinden – bei uns. Wir sind Aufmarschgebiet der NATO, logistische Drehscheibe. Wir sind mittendrin. Wir können kein Interesse an einem potenziellen Krieg in Europa haben. Aus deutscher Interessenlage ist das ein No-Go. Deswegen ist für uns diese zweite Option, die Trump verfolgt, wichtig. Und da sollten wir uns in die Claims einfügen, die in Alaska abgesteckt wurden.
Milena Preradovic: Ja, was Sie sagen, klingt ausgesprochen vernünftig. Gerade die Deutschen hätten ein großes Problem, wenn es zu einem europäischen Krieg käme. Deutschland würde wieder zum Schlachtfeld – eigentlich wie immer. Aber wenn man nach diesen beiden Treffen die deutsche Presse, die Politik und die sogenannten Experten hört, also die üblichen Verdächtigen im Fernsehen, klingt das ganz anders. Da hört man eher, als ob wir hier die Großmacht wären. Niemand geht mit Trump. Warum ist gerade in dieser Situation die Unterstützung Deutschlands für den diplomatischen Kurs von Trump so gering?
Dr. Erich Vad: Das ist sehr bedauerlich. Vielleicht bricht das noch auf. Ich kann es ein Stück weit verstehen, weil in den Redaktionsstuben und in den Büros der Abgeordneten, die sich besonders weit aus dem Fenster gelehnt haben mit Bellizismus und Kriegsrhetorik, jetzt die Kurve gefunden werden muss. Man merkt an den Statements einiger dieser Protagonisten, dass sie richtig sauer sind und gar nicht wissen, was sie davon halten sollen. Sie brauchen Zeit, um sich umzuorientieren und diesen neuen Kurs mitzugehen. Etwas anderes kann Europa gar nicht leisten. Wenn wir uns auf einen dritten Weg stellen wollen, abseits dessen, was die Amerikaner wollen – das können wir gar nicht. Wir waren noch nie politisch, wirtschaftlich und militärisch so abhängig von den USA wie heute. Und wir haben uns noch nie in eine solche außenpolitische Sackgasse hineinmanövriert wie in den letzten vier Jahren. Wir haben eins zu eins auf Ukraine-Unterstützung gesetzt, alle Beziehungen nach Moskau gekappt und in der letzten Legislaturperiode im Grunde Bidens Kurs im Wahlkampf gegen Trump mitgetragen. Das weiß Trump. Wir haben uns festgerannt – und da müssen wir jetzt raus. Europa muss gemeinsam mit den Amerikanern nach einer neuen Lösung suchen. Das ist das Beste. Bei manchen dauert das länger, aber das kommt.
Milena Preradovic: Für mich ist es unverständlich, dass man die Gesprächskanäle nach Moskau so weggeschossen hat. Das war doch mal ein Pfund Deutschlands – dass es in der NATO genau diese guten Kanäle hatte.
Dr. Erich Vad: Ja, das stimmt. Das war sowohl unter Merkel, Schröder als auch Kohl der Fall. Deutschland hatte besondere Beziehungen nach Moskau. Auch nach der Krim-Annexion hat Kanzlerin Merkel versucht, die Minsker Vereinbarungen auf den Weg zu bringen. Das ist gescheitert, aber sie wollte damit den Krieg verhindern.
Milena Preradovic: Hat sie nicht gesagt: Damit wollten wir der Ukraine Zeit gewinnen, um sie aufzurüsten?
Dr. Erich Vad: Ja, das ist so kolportiert worden. Aber ich habe diese Aussage anders gelesen. Bei Merkel muss man immer zwischen den Zeilen lesen. Meines Erachtens war das nicht als Ziel formuliert, sondern als Effekt ihrer Verhandlungen. Es war unglücklich formuliert. Aber immerhin hat sie es versucht. Sie war damals die einzige westliche Regierungschefin, die einen direkten Draht nach Moskau hatte – einen sehr guten sogar. Es ist schade, dass das verloren gegangen ist. Das ist die Konsequenz einer komplett verfehlten Außenpolitik der letzten vier Jahre.
Milena Preradovic: Aber es sind ja noch zum Teil dieselben Politiker in Regierung und Parlament, die damals unter Merkel mitbekommen hatten, wie groß die Sicherheitsbedenken der Russen waren – auch beim Thema NATO-Beitritt. Warum haben diese Politiker, die heute noch dort sitzen, das alles vergessen? Oder warum interessiert es sie nicht mehr?
Dr. Erich Vad: Sie sind im Wesentlichen dem Kurs der Amerikaner gefolgt, wie sie es heute auch tun. Sie haben die Linie der Biden-Administration eins zu eins übernommen. Manchmal fand ich es fast amüsant: Wenn Außenminister Blinken etwas sagte, wiederholte Annalena Baerbock es ein paar Stunden später. Da stellt sich die Frage, warum wir überhaupt ein eigenes Außenministerium brauchen. Sie sind da vollkommen auf der Schiene gefahren – und jetzt müssen sie auf eine neue umsteigen. Das ist schwierig, weil Trump in Europa nicht geschätzt ist. Aber er bestimmt den Kurs jetzt gemeinsam mit Putin. Aus dieser Nummer kommen wir nicht anders heraus.
Milena Preradovic: Wenn wir schon bei Putin sind: Er verlangt ja auch Sicherheitsgarantien. Er traut dem Westen nicht und weiß, dass Trump nur eine begrenzte Zahl an Jahren im Amt ist. Was danach kommt, weiß niemand. Welche Garantien kann man Putin geben?
Dr. Erich Vad: Zunächst einmal den Verzicht auf die NATO-Mitgliedschaft. Und dann den Verzicht auf Stationierung von Truppen dort.
Milena Preradovic: Und welchen Haltbarkeitswert hätte das?
Dr. Erich Vad: Am Ende muss es eine Vereinbarung geben. Inhaltlich müsste sie so aussehen: Die NATO und die USA verzichten auf die Fortführung der NATO-Osterweiterung, man definiert Interessensphären – die NATO einerseits, Russland andererseits – und schaut, wie man sie sichert. Dazu gehören auch Abrüstung und vertrauensbildende Maßnahmen. Diese Mechanismen hatten wir im Kalten Krieg, und man muss sie wiederbeleben. Die ganzen Abrüstungsverträge liegen brach. Da kommt noch viel Arbeit auf uns zu. Aber der erste Schritt ist getan: Die beiden Mächte reden miteinander und wollen eine Friedensordnung. Das ist wichtig. Natürlich nicht uneigennützig von den USA – sie wollen Russland aus dem Bündnis mit China herauslösen. Trump sieht China als Herausforderer, nicht Russland. Wir Europäer haben in den letzten vier Jahren alles getan, um die Russen in die Arme der Chinesen zu treiben. Das sagen Trump und die Republikaner, und ich habe es auch immer gesagt. Das war der Effekt dieser Politik. Die USA wollen da raus. Es ist nicht uneigennützig, aber legitim. Wir Europäer müssen aufpassen, dass Trump nicht irgendwann sagt: „Wenn ihr unbedingt Stress mit den Russen wollt, dann macht das ohne uns.“ Ich glaube zwar nicht, dass es so weit kommt, aber das Risiko besteht.
Milena Preradovic: Ist Putin eigentlich noch offen, sich dem Westen wieder etwas anzunähern? Von China weg? Er ist ja sehr enttäuscht, vor allem von den Deutschen. Der Rest Europas ist ihm eher egal, aber mit Deutschland verbindet ihn eine besondere Beziehung. Er hat hier gelebt, spricht die Sprache. Sie haben seinen Auftritt 2001 im Bundestag als „Schrei nach Zuneigung“ beschrieben, Klaus von Dohnanyi in Ihrem Buch als „Schrei nach Zusammenarbeit“.
Dr. Erich Vad: Das hatte Klaus von Dohnanyi gesagt, und das ist absolut richtig. Ob das reparabel ist, weiß ich nicht. Russische Analysten sagen, dass man nicht weitermachen könne wie bisher – also warten, bis das nächste Land in die westliche Hemisphäre gezogen wird. Man muss definieren, wo der Geltungsbereich der NATO endet. Und man muss akzeptieren, dass Russland seine Interessensphäre hat, in die man nicht weiter hineinrücken darf.
Milena Preradovic: Ja, das hat man im Kalten Krieg ja getan.
Dr. Erich Vad: Da müssen wir wieder hin. Dazu braucht es ein politisches Regelwerk. Auf oberster Ebene ist das jetzt angestoßen, aber man muss es durchdeklinieren und vertraglich festmachen. Wenn man will, geht das – und Trump und Putin wollen es. Wir Europäer sollten da nicht quer schießen, sondern unsere Rolle in diesem neuen System definieren. Vor allem die Deutschen.
Milena Preradovic: Fühlt sich Putin eigentlich wohl an der Seite Chinas, wohin er ja eher geschubst wurde?
Dr. Erich Vad: Ich weiß nicht, ob ihm diese Juniorrolle gefallen kann. Ich glaube, er hat ein Interesse daran, freier zu agieren. Russland ist international integriert. Das Gerede, es sei isoliert, war nie zutreffend. Russland, China, Indien – sie werden in diesem System weiter kooperieren. Aber es geht jetzt darum, unser Verhältnis zu Russland in Europa neu zu justieren. Das brauchen wir, um Frieden und eine stabile Ordnung hier zu haben.
Milena Preradovic: Frieden ohne Russland geht gar nicht.
Dr. Erich Vad: Nein, es geht auch nicht gegen Russland. Was manche Politiker hier vom Stapel gelassen haben und teilweise immer noch tun, ist völlig daneben. Aber die Fakten, die in Alaska geschaffen wurden, sind neu. Dieser Gipfel kann historische Bedeutung haben. Denken Sie an Ronald Reagans Treffen mit Gorbatschow 1988 auf Governors Island bei New York. Zwei Jahre später fiel die Mauer. Alaska könnte eine ähnliche Initialzündung sein. Natürlich muss man abwarten.
Milena Preradovic: Trump unterstützt spätestens seit Alaska zwei Forderungen Putins: keinen NATO-Beitritt der Ukraine und die Krim bleibt bei Russland. Am Ende wird es – da ist das Geschrei in Europa, vor allem in Deutschland, wieder groß – um die selbsternannten Volksrepubliken im Osten gehen. Wenn die am Ende russisch werden, hätte Putin seine drei Forderungen durch. Ist das der Schlüssel zum Frieden?
Dr. Erich Vad: Ich denke ja. Militärisch geht es jetzt um die Arrondierung des Donbass. Die Russen stehen kurz davor. Insofern könnte man sich dahingehend einigen. Völkerrechtlich kann man das offenhalten. Aus ukrainischer Sicht könnte man sagen: Wir erkennen das nicht an. Nach 1945 haben wir die polnische Verwaltung der Ostgebiete auch erst Jahrzehnte später anerkannt – im Zwei-plus-Vier-Vertrag. Solche Modelle gibt es viele. Auch bei der Krim könnte man so verfahren: nicht anerkennen, aber faktisch hinnehmen und einen Modus Vivendi finden.
Milena Preradovic: Sie haben erklärt, warum die Krim so wichtig ist. Wäre die Ukraine in die NATO gekommen und die Krim bei der Ukraine geblieben, hätten die Russen am Schwarzen Meer die Amerikaner sitzen.
Dr. Erich Vad: Ja, richtig. Es gab Verhandlungen über amerikanische Marinestützpunkte in der Region. Man hat mit den Ukrainern Militärmanöver im Schwarzen Meer durchgeführt, es gab Hafenbesuche amerikanischer Kriegsschiffe. Ich habe amerikanischen Freunden erklärt: Stellt euch vor, Mexiko würde das mit Russen und Chinesen machen – ihr würdet sofort einmarschieren. Da haben sie mir Recht gegeben. Bestes Beispiel ist Kuba 1962. Kennedy konnte nicht zulassen, dass die Russen dort Raketen stationieren. Strategisch vitale Regionen wie die Karibik oder Panama geben die Amerikaner nicht preis. Bis heute nicht. Völkerrecht hin oder her. Ähnlich sehen es die Chinesen im Südchinesischen Meer: westlicher Einfluss dort ist ein No-Go. Das muss man sehen. Wir schauen immer nur auf freie Bündniswahl und Demokratie, aber das ist zu kurz gedacht.
Milena Preradovic: Ja, das ist dumm. Ich wundere mich immer. Man hat die Wahl in Deutschland zwischen dumm und dumm. Eine Erzählung, die gerade wieder laut wird – auch von den Kriegstreibern, wie ich sie nenne, Sie sagen Polizisten – lautet: Putin habe immer gesagt, er wolle sich die ganze Ukraine einverleiben. Sehen Sie dafür Belege? Macht das für Russland überhaupt Sinn?
Dr. Erich Vad: Nein, darum geht es nicht. Ich habe einmal zynisch gesagt: Wer drei Jahre für den Donbass braucht, würde wohl 30 Jahre brauchen, um am Atlantik zu stehen. Das ist Unsinn. Es geht den Russen um das Verhindern der NATO-Mitgliedschaft und um politische Kontrolle – Neutralität der Ukraine. Sie darf nicht ins westliche Bündnis. Aber mehr nicht. Es geht nicht um die Besetzung der gesamten Ukraine. Die Amerikaner würden das auch niemals zulassen. Faktisch haben sich Amerikaner und Russen die Ukraine bereits aufgeteilt: Der Osten ist militärisch bei den Russen, inklusive Krim. Im Westen haben die Amerikaner hervorragende Wirtschaftsabkommen, etwa im Bereich Bodenschätze. Für beide Seiten ist das ein guter Deal. Jetzt geht es darum, wie man das ausgestaltet.
Milena Preradovic: Aber die meisten Bodenschätze liegen doch im Osten.
Dr. Erich Vad: Ja, die liegen im Osten. Aber die Amerikaner haben Bodenschätze-Abkommen mit der Ukraine abgeschlossen und sich 50 Prozent gesichert. In einem Zusatzpassus wurde klargestellt: Wenn die Unterstützung für die Ukraine weitergeht, steigt der Anteil. Für die Amerikaner ist das ein Super-Deal. Für die Ukraine ist es tragisch. Dieser Krieg hätte verhindert werden können – die Hunderttausenden toten Soldaten, die Verwüstung des Landes. Es war schon vor Kriegsbeginn klar, worum es ging.
Milena Preradovic: In Alaska waren sich Putin und Trump einig, dass unter einem Präsidenten Trump dieser Krieg nicht ausgebrochen wäre. Gehen Sie da mit?
Dr. Erich Vad: Das ist spekulativ. Wissen kann man es nicht. Aber die Russen haben gesagt: Wir müssen da rein, sonst verlieren wir die Kontrolle. Ich bemühe immer das Beispiel der Kubakrise 1962. Die Amerikaner hätten auch in den Krieg ziehen müssen, wenn die Russen nicht zurückgezogen hätten. Da gab es keine Alternative. Großmächte haben in solchen Situationen keinen Spielraum.
Milena Preradovic: Damals war das aber auch nicht so klar. Kennedy war nicht entschlossen, und auch Chruschtschow stand in Moskau nicht voll hinter diesem Kurs.
Dr. Erich Vad: Das mag sein, aber eine Stationierung sowjetischer Waffen in Kuba hätte Krieg bedeutet. Es gab Überlegungen zum militärischen Zuschlagen. Der Generalstab riet dazu. Wäre ich damals amerikanischer Generalstabschef gewesen, hätte ich auch gesagt: Wenn sie nicht einlenken, müssen wir Kuba sofort besetzen. 2022 hat sich eine ähnliche Konstellation wiederholt. Auch beim Thema Panama sieht man das. Vor zwei Jahren haben die Amerikaner klargestellt: Wir lassen nicht zu, dass die Chinesen den Panamakanal kontrollieren. Das wurde geändert. Und die Amerikaner sind schon einmal in Panama einmarschiert. Sie haben dasselbe in Haiti und Grenada getan. Während des Kalten Krieges führten die USA über 60 Regime-Change-Operationen weltweit durch. Übrigens genau das, was die Russen auch in Kiew vorhatten: keinen großen Krieg, sondern einen schnellen Regimewechsel mit Luftlandekräften, Spezialkräften, Geheimdiensten – neue Regierung rein, russlandfreundlich, fertig.
Milena Preradovic: Mit dem Regime Change gab es ja möglicherweise schon 2014.
Dr. Erich Vad: Ja, natürlich. Aus russischer Sicht war das eine Antwort darauf. Und das läuft so nicht. Schaut man in die Geschichte der internationalen Beziehungen, ist das kein Einzelfall – das wurde zigmal anderweitig praktiziert. So haben wir die Russen in diese Situation gebracht, und das hat sich nun gerächt. Die Politik der letzten vier Jahre ist in eine Sackgasse gelaufen. Deswegen ist es richtig, jetzt alles daran zu setzen, aus diesem Krieg herauszukommen.
Milena Preradovic: In den letzten Jahren wurde auch nicht mehr auf Fachleute gehört – auf Strategen, auf Menschen wie Sie –, sondern wir hatten diesen moralischen Zeitgeist, den wir immer noch haben. Moral ist das Allerwichtigste. Wir bestimmen, wer gut und böse ist. Es gibt keine Grautöne mehr, und man muss den moralisch richtigen Weg gehen und auf der Seite der Guten stehen. Aber das bringt es nicht, oder?
Dr. Erich Vad: Ja, das stimmt. Genau das ist der falsche deutsche Ansatz: Das arme Land ist völkerrechtswidrig überfallen worden – ja, das stimmt –, also müssen wir unbedingt helfen. Dann kommt der politische Altruismus mancher deutscher Politiker hinzu, die sagen: Und wenn es in den Krieg geht, wenn es ums Ganze geht, dann eben so. Aber das geht nicht. Dieser deutsche Extremismus in der Außenpolitik hat nichts zu suchen. Außenpolitik dreht sich um Interessen der Akteure. Es geht am allerwenigsten um Moral, werteorientierte Außenpolitik oder gar feministische Außenpolitik. Was wir in den letzten vier Jahren betrieben haben, ist lächerlich. Wir müssen realistischer mit den Dingen umgehen. Dieser Moralismus ist brandgefährlich. Er entsteht in guter Absicht, ja – aber der Weg in die Hölle ist immer mit guten Absichten gepflastert.
Milena Preradovic: Ein schöner Spruch. Es gibt ja tatsächlich noch viele Leute in Deutschland, die glauben, dass die Ukraine mit westlicher Unterstützung, gerade auch mit deutscher, diesen Krieg gewinnen kann. Wir hatten das schon einmal besprochen, letztes Jahr. Wie sieht es heute aus? Gibt es irgendeine Chance, dort militärisch etwas zu reißen?
Dr. Erich Vad: Nein, das ist absolut illusorisch. Das war es schon letztes Jahr und eigentlich schon von Beginn des Krieges an, Ende 2022. Ich erinnere mich, der damalige Generalstabschef hat sehr deutlich gesagt: Es ist sehr unwahrscheinlich, dass wir eine militärische Lösung für die Ukraine erreichen. Mir war das auch früh klar. Ich habe schon im Herbst 2022 mehrfach gesagt, dass wir keine militärische Lösung bekommen werden und man deshalb parallel verhandeln muss – parallel zu unserer Hilfeleistung. Das wäre der Idealfall gewesen. Aber das hat man nicht gemacht, sondern ausschließlich auf Waffenlieferungen gesetzt. Es gibt heute noch Analysten, die sagen, die Ukraine könne diesen Krieg gewinnen. Aber das sind Leute, die von Krieg und Militär keine Ahnung haben.
Milena Preradovic: Die Russen machen Fortschritte auf dem Schlachtfeld. Haben sie zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt Interesse an einem schnellen Frieden?
Dr. Erich Vad: Sie haben kein Interesse an einem schnellen Waffenstillstand, weil es für sie gut läuft. Sie wollen den gesamten Donbass kontrollieren. Davon sind sie nicht mehr weit entfernt. Deshalb drücken sie im Moment nicht auf die Bremse. Die Situation ist so. Trotzdem muss man parallel verhandeln, in den nächsten Wochen und Monaten. Das ist nicht untypisch. Im Vietnamkrieg wurde auch gekämpft und parallel verhandelt. Genau das habe ich auch während des Ukrainekriegs gefordert: parallel zu unserer Hilfe mit den Russen zu reden. Aber das hat man nicht getan. Bei jeder Geiselnahme redet man mit dem Geiselnehmer.
Milena Preradovic: Aber nicht mit dem Kriegsverbrecher Putin. Das ist doch verrückt.
Dr. Erich Vad: Ja, das stimmt. Juristisch betrachtet ist er ein Kriegsverbrecher. Aber selbst die Schweiz hat sich als Verhandlungsort für Folgekonferenzen angeboten und Putin Immunität zugesichert. In den internationalen Beziehungen ist das eben etwas anders. Völkerrecht ist wichtig, und ich bin froh, dass wir es haben. Aber man darf es nicht absolut setzen, sonst kommt man nicht weiter.
Milena Preradovic: Am Ende machen die Mächtigen sowieso, was sie wollen.
Dr. Erich Vad: Genau. Sie nutzen das Völkerrecht so, wie sie es brauchen, und handeln nach ihren Interessen. Das war immer so und wird sich nicht ändern. Die Deutschen haben dafür kein Gefühl mehr – auch nicht für die eigenen strategischen Interessen. Sie gehen ziemlich blauäugig durch die Welt. Der Verlauf des Ukrainekriegs war eine Lektion für uns alle. Man müsste nur endlich aufarbeiten, was wir da fabriziert und wo wir Fehler gemacht haben.
Milena Preradovic: Im Aufarbeiten sind die Deutschen nicht so gut. Was ich Ihrem Buch entnommen habe: Sie finden, dass es eine Aufgabe der Europäer und auch der Deutschen ist, Putin einen Frieden schmackhaft zu machen. Das hieße allerdings eine komplette Umkehr der jetzigen europäischen Politik. Selbst Merz sprach diese Woche noch davon, Druck auf Putin auszuüben, wo ich mich frage: womit eigentlich? Diese Fragen werden anscheinend gar nicht gestellt. Trauen Sie Merz und seinen Kollegen so einen radikalen Positionswechsel zu? Oder bleibt es an Amerika hängen und die Europäer folgen?
Dr. Erich Vad: Es bleibt an Amerika hängen. Die USA werden den Takt vorgeben, und Merz wie auch die anderen europäischen Regierungschefs haben gar keine andere Wahl, als mitzumachen. Dieses aufgeblasene „Coalition of the Willing“ und die Idee eines eigenen Weges – das funktioniert nicht. Bei den Briten muss man zudem aufpassen. Klaus von Dohnanyi hat in unserem Gespräch mehrfach erwähnt, dass dort noch die alte Balance-of-Power-Doktrin mitschwingt. Sie glauben, die EU gegen Russland ausspielen zu können. Die britische Außenpolitik ist sehr hart, fast schon extrem. Wir Deutschen müssen damit anders umgehen. Sie sitzen auf ihrer Insel, wir wären im Ernstfall mitten im Krieg. Das ist eine andere Perspektive, und wir müssen damit verantwortungsvoller umgehen. Ich denke, auch die jetzige Bundesregierung weiß das. Abseits des parteipolitischen Gezänks sieht man die Realität durchaus und wird den Kurs entsprechend so ausrichten, dass man nicht wieder vor die Wand fährt wie die letzte Regierung.
Milena Preradovic: Ich liebe Ihren Optimismus. In Deutschland herrscht ja auch der Glaube, dass die USA uns im Falle eines Krieges verteidigen würden. Da wird vom nuklearen Schutzschild der USA für Europa gesprochen. Würden die USA uns tatsächlich verteidigen?
Dr. Erich Vad: Nur, wenn sie ein eigenes Interesse daran haben. Wenn sie ein Interesse daran haben, Europa unter ihrem Einfluss zu halten, dann ja. Wenn nicht, dann nein – so einfach ist das. Und dann haben wir keinen Schutz mehr. Den brauchen wir aber dringend. Wir haben jetzt zwar viel Geld in die Hand genommen, aber die Bundeswehr war zu Beginn des Ukrainekriegs blank und ist es nach unseren Waffenlieferungen noch mehr. Da ist im Moment gar nichts. Es wird mindestens zehn Jahre dauern, bis wir wieder einsatzbereite Streitkräfte haben. Wir brauchen sie, aber wir brauchen dafür kein Feindbild Russland. Wir brauchen vernünftige, starke Streitkräfte aus eigenem Interesse. Besonders geärgert hat mich, dass die größten publizistischen Kriegstreiber aus politischen Gründen kamen – Leute, die nie eine Kaserne von innen gesehen oder einen Stahlhelm aufgesetzt haben, die von Militär und Krieg keine Ahnung haben.
Milena Preradovic: Na ja, Kiesewetter hatte ein bisschen Ahnung vom Militär, war aber einer, der ganz vorne mitmarschiert ist. Viele aus der CDU auch, oder?
Dr. Erich Vad: Ja, das stimmt. Er wollte den Krieg bis nach Moskau tragen, tief nach Russland hinein. Das ist unverantwortlich, zu kurz gedacht, zu militärisch betrachtet und zu wenig politisch. Aber die haben inzwischen eingesehen, dass das falsch war. Sie müssen nur noch argumentativ die Kurve kriegen.
Milena Preradovic: Ganz zum Schluss noch: Wie sind Sie und Klaus von Dohnanyi eigentlich zu diesem Buch zusammengekommen? Was verbindet Sie?
Dr. Erich Vad: Das hat sich während der Ukraine-Debatte ergeben. Ich habe viele alte Freunde verloren, aber auch neue gewonnen – Klaus von Dohnanyi gehört dazu. Uns verbindet das gemeinsame Interesse und die Besorgnis, dass Deutschland in einen europäischen Krieg abrutschen könnte. Er fand mein Buch Ernstfall – Für Deutschland sehr gut, ich sein Buch Nationale Interessen. Irgendwann haben wir beschlossen, ein gemeinsames Gespräch zu führen. Für mich war das ein einzigartiges Erlebnis – ein Gedankenaustausch freier Männer. Uns war klar, dass wir damit Fässer aufmachen und Angriffsfläche bieten, aber wir haben es sachorientiert gemacht. Verbunden hat uns vor allem eines: Wir wollen nicht, dass unser Land in einem Krieg versinkt.
Milena Preradovic: Das merkt man in dem Buch. Ich habe es sehr gerne gelesen. Es ist ein schönes Format, so ein Dialogbuch. Es liest sich leicht, enthält viele kluge Gedanken. Einige hatte ich selbst, andere habe ich neu kennengelernt. Ein sehr schönes Buch, das ich nur weiterempfehlen kann. Genauso wie dieses Interview – vielen Dank, dass Sie da waren. Es war wie immer sehr munter und aufschlussreich.
Dr. Erich Vad: Vielen Dank, Frau Preradovic.
Milena Preradovic: Ja, Leute, ich denke, wir sollten US-Präsident Trump die Daumen drücken, dass er so etwas wie einen Frieden in der Ukraine erreicht. Schon allein für die Menschen dort, die nichts davon haben, wenn sich Couchkrieger in Deutschland echauffieren und immer mehr Waffen fordern. Davon profitieren nicht sie, nicht wir – sondern nur die Waffenindustrie mit ihren angeschlossenen Politikern. Ich wünsche euch eine gute Zeit. Bis bald!
Interview with Dr. Erich Vad (english)
Milena Preradovic: Is there finally a chance for peace in Ukraine? At least something is happening, and the driving force is Donald Trump. First the summit with Putin in Alaska, then the meeting with Zelensky and the Europeans. And perhaps Putin and Zelensky will soon be talking to each other. The German old-school press is wriggling. Out of habit, no one wants to talk about success, preferring to portray Trump in a bad light. The common refrain: “At least nothing bad has happened.” That’s probably too short-sighted and also a bit helpless. My guest, a high-ranking former military officer, on the other hand, is glad that people are no longer just talking about weapons, as they are in Germany, but that good old-fashioned diplomacy, which used to be the norm, is finally taking hold again. What are the chances? Now in Punkt Preradovic. Hello, Dr. Erich Vad. Nice to see you again.
Dr. Erich Vad: Yes, I’m glad to see you too, Ms. Preradovic.
Milena Preradovic: Let me introduce you briefly. You are a retired brigadier general of the German Armed Forces, management consultant, publicist, lecturer, and university professor. You studied history and philosophy and wrote your doctoral thesis on the relevance of Clausewitz’s military theory today. In the 1990s, you served on NATO’s International Military Staff and in the General Secretariat of the Western European Union. You then moved to the Ministry of Defense and, in 2006, to the Chancellery. There, you were military policy advisor to Chancellor Merkel until 2013. As a university lecturer, you have taught at Johns Hopkins University in Washington and in Bologna, among other places. After your military and political career, you founded your own management consultancy and now give lectures nationally and internationally on topics such as security policy, terrorism, and new wars. You are also an author. Your new book, Krieg oder Frieden? Deutschland vor der Entscheidung (War or Peace? Germany Facing a Decision), documents a conversation between you and Klaus von Dohnanyi. And now to our current conversation: There is a lot going on at the moment with regard to the war in Ukraine. First, there was the Alaska summit between Putin and Trump, then the talks in Washington between Trump, Zelensky, and European leaders. How do you assess the job Trump is doing right now?
Dr. Erich Vad: I assess the job Trump is doing right now very positively because he is leading us out of the impasse of mere arms deliveries and fixation on military confrontation. Throughout the three and a half years of the war, I have always criticized the fact that weapons are being supplied without a political concept, without a strategy, without a definition of an ultimate goal. This has remained the case among Europeans to this day. Since Donald Trump took office, that has changed – thank God. The Americans have started talking to the Russians again: through all channels, at all levels – intelligence services, general staffs, the White House, the Kremlin. While people here are still saying that we cannot or should not talk to Putin, this has long been disproved. With the summit in Alaska and the meeting with the heads of government in Washington, it must be said that Our strategy of simply supplying weapons and attempting military solutions has failed miserably. I am glad that the Americans have now initiated a change of course, and I hope that it will continue and ultimately lead to a positive outcome.
Milena Preradovic: In Washington, the focus was on security guarantees for Ukraine. This is very important for Ukraine, and for Europeans as well. It may also involve the deployment of European soldiers, including German soldiers. Foreign Minister Wadephul has already dismissed this, saying that we could hardly manage the brigade in Lithuania. Does the German Armed Forces have any potential at all to participate in a possible peacekeeping force in Ukraine, for example?
Dr. Erich Vad: There is discussion about security guarantees in the form of a “coalition of the willing,” based on Article 5 of the NATO Treaty, i.e., a kind of declaration of assistance for Ukraine. In this context, there is also talk of stationing troops in Ukraine, training measures, supporting the Ukrainian army with defensive weapons systems, and financial aid. However, I do not consider the deployment of a so-called peacekeeping force to be realistic, because Putin has made it clear for years that he will not accept NATO troops on his doorstep. That is why there is a clear “no” to NATO membership. I cannot imagine that this is enforceable. Especially since the Germans – as you have already pointed out – are not in a position to do so. We currently have a brigade in Lithuania that needs to be made operational. It currently has around 500 soldiers and is to be expanded to 5,000—a considerable number. In this respect, the foreign minister is right: we lack the military substance. We could help with training or technical support, but in my view, sending troops is not feasible. And I don’t believe there is a political majority in Germany for that either.
Milena Preradovic: You mentioned the declaration of assistance earlier. That would basically mean that NATO would help without Ukraine being a member. In other words, Ukraine’s accession to NATO is completely off the table. Trump has already ruled it out.
Dr. Erich Vad: Yes, it’s off the table. You have to see that Ukraine’s accession to NATO was basically the casus belli. Even 20 years ago, it was said that there would be no NATO membership for Ukraine and Georgia. I was myself at the NATO summit in Bucharest in 2008 when Angela Merkel prevented Ukraine and Georgia from joining, citing Russia’s security interests, which were very clearly communicated. This remained clear in the years that followed. This war in 2022 has largely been caused by the push for NATO membership. This is often ignored, but it was a very important reason for the Russians to go to war.
Milena Preradovic: So it was a pretty stupid idea.
Dr. Erich Vad: Yes. Trump and the Republicans say so themselves. Previous US administrations in particular pushed hard for this – the political and military preparation of Ukraine for later NATO membership. The Americans have committed a grave sin in doing so. There are analysts, such as Jeffrey Sachs, who say that the US is solely to blame for this war. I think that’s an exaggeration, but you have to see the trend. I’m sure that in Alaska, they agreed to end NATO’s eastward expansion with Ukraine and Georgia and to come to terms on that basis.
Milena Preradovic: That sounds as if this war was expected – or even provoked.
Dr. Erich Vad: Yes, provoked, accepted, certainly. Wars don’t just break out, they are prepared, planned, calculated. That was also the case with the Russian invasion in 2022. Putin offered negotiations in December 2021, demanding that NATO membership be ruled out. The West did not respond, especially the Biden administration. Trump is now reversing that, and I very much welcome that.
Milena Preradovic: Ukraine has even written NATO membership into its constitution. How can Zelensky get out of that?
Dr. Erich Vad: That’s the problem for him. It’s in the constitution, and as president, he’s bound by it. It has to be resolved politically: it can be left in as a long-term goal or whatever. In Germany, too, reunification and the return of the eastern territories were enshrined in the constitution for decades until we signed the Two Plus Four Treaty. Ultimately, we have to see how to deal with it politically.
Milena Preradovic: When you saw the meeting in Washington—Trump, Zelensky, the Europeans—I got the impression that the Europeans are still relying heavily on the US. They didn’t come up with any constructive proposals of their own. Do you see any signs of genuine European self-confidence, along the lines of “We’re taking our fate into our own hands”?
Dr. Erich Vad: There is a lot of talk about it. But at its core, this “coalition of the willing” only articulates the desire to continue as before. I am glad that the Americans and Russians have apparently agreed that there will be no “business as usual,” but that they want to end this war. The Europeans have gone along with this—they have little choice. The Americans and Russians still decide on war and peace in Europe. On the one hand, that’s sad, but in this case it’s positive because it means we’re moving toward peace and ending this senseless war.
Milena Preradovic: Chancellor Merz said with great pathos: “If there is no ceasefire, there will probably be no next meeting.” Giorgia Meloni, the Italian prime minister, rolled her eyes at that. My impression was that it was more directed inward. After all, what sense would a ceasefire make if peace is possible?
Dr. Erich Vad: That is a Ukrainian demand: first a ceasefire, then talks. But that has already been overtaken by events. The Americans and Russians are already talking; they met officially in Alaska. There, they certainly staked out their positions: what is possible and what is not. The Europeans and also the Ukrainians have to go along with that; there is no other option. We saw that they all had to show up in Washington and put on a brave face. And that is what they are doing—they have no other choice.
Milena Preradovic: Yes, they sat there a bit like at the dentist’s—in the waiting room at the dentist’s, with the same expressions on their faces. Now the question is: Wouldn’t a mandate for Ukraine be a stronger signal in general, especially for security guarantees?
Dr. Erich Vad: Yes, that was also discussed during the war – freezing the war. But you have to realize that the line that would then have to be protected is 1,300 kilometers long. Deploying troops there would have to be done under Chapter 7. Zelensky himself said that more than 100,000 troops would be needed. They would have to be robust, with a robust mandate and American support. I think that’s off the table, you can forget it. It’s unrealistic. It’s been tried – the “Coalition of the Willing” met in London and Paris. The size of the military contingent has become increasingly smaller. I think the best security guarantee for Ukraine is agreement between the US and Russia. That’s the most stable option – for Europe too. For us Europeans, the role remains to support the Ukrainians, including in the reconstruction effort, and also financially. Germany is currently the second-largest donor after the US. The Americans are tending to hold back. And if the Europeans want to continue, they will also have to pay for the American weapons systems. This would also increase the American share in the mineral resource agreements.
Dr. Erich Vad: So from 50 percent upwards, if they continue to provide support. But we must be clear: the Americans have two strategic options. They could actually continue the war. It is far away from their territory, and the same applies to Great Britain. It does not affect them directly. They are earning good money from it and have political and economic advantages – even if it leads to a European war. From an American perspective, one could say: Why not? Trump has decided otherwise. He wants to pull Russia out of its close alliance with China and move toward peace. And we Europeans must follow this path because it is essential for our existence, especially for Germany. A war in Europe would take place here—in our backyard. We are NATO’s staging area, its logistical hub. We are right in the middle of it. We cannot have any interest in a potential war in Europe. From Germany’s point of view, that is a no-go. That is why the second option Trump is pursuing is important to us. And we should fall in line with the claims that were made in Alaska.
Milena Preradovic: Yes, what you say sounds very reasonable. The Germans in particular would have a big problem if a European war broke out. Germany would once again become a battlefield – as it always has been, really. But when you listen to the German press, politicians, and so-called experts after these two meetings, i.e., the usual suspects on television, it sounds very different. It sounds more as if we are the major power here. No one is going with Trump. Why is Germany’s support for Trump’s diplomatic course so low, especially in this situation?
Dr. Erich Vad: That is very regrettable. Perhaps things will change. I can understand it to a certain extent, because the editorial offices and the offices of those members of parliament who have gone out on a limb with their bellicose rhetoric and talk of war now have to change tack. You can tell from the statements made by some of these protagonists that they are really angry and don’t know what to make of it all. They need time to reorient themselves and go along with this new course. Europe cannot afford to do anything else. If we want to take a third path, away from what the Americans want, we cannot do that. We have never been as politically, economically, and militarily dependent on the US as we are today. And we have never maneuvered ourselves into such a foreign policy dead end as we have in the last four years. We have backed Ukraine one-to-one, severed all ties with Moscow and, in the last legislative period, basically supported Biden’s campaign against Trump. Trump knows that. We have painted ourselves into a corner – and now we have to get out of it. Europe must work with the Americans to find a new solution. That is the best thing to do. It will take longer for some, but it will come.
Milena Preradovic: I find it incomprehensible that the channels of communication with Moscow have been shut down like this. That used to be one of Germany’s strengths – that it had precisely these good channels within NATO.
Dr. Erich Vad: Yes, that’s true. That was the case under Merkel, Schröder, and Kohl. Germany had special relations with Moscow. Even after the annexation of Crimea, Chancellor Merkel tried to get the Minsk agreements off the ground. That failed, but she wanted to prevent war.
Milena Preradovic: Didn’t she say that the aim was to buy Ukraine time to rearm?
Dr. Erich Vad: Yes, that’s how it was reported. But I read that statement differently. With Merkel, you always have to read between the lines. In my opinion, that was not formulated as a goal, but as an effect of her negotiations. It was unfortunately worded. But at least she tried. At the time, she was the only Western head of government who had a direct line to Moscow – a very good one, in fact. It’s a shame that has been lost. That is the consequence of a completely misguided foreign policy over the last four years.
Milena Preradovic: But some of the same politicians who were in government and parliament at the time under Merkel realized how serious Russia’s security concerns were – including on the issue of NATO membership. Why have these politicians, who are still in office today, forgotten all that? Or why don’t they care anymore?
Dr. Erich Vad: They have essentially followed the American course, as they are doing today. They have adopted the Biden administration’s line one to one. Sometimes I found it almost amusing: when Secretary of State Blinken said something, Annalena Baerbock repeated it a few hours later. This raises the question of why we need our own State Department at all. They were completely on track—and now they have to switch to a new one. That’s difficult because Trump is not appreciated in Europe. But he is now setting the course together with Putin. There’s no way out of this situation.
Milena Preradovic: While we’re on the subject of Putin, he’s also demanding security guarantees. He doesn’t trust the West and knows that Trump will only be in office for a limited number of years. No one knows what will come after that. What guarantees can be given to Putin?
Dr. Erich Vad: First of all, renouncing NATO membership. And then renouncing the stationing of troops there.
Milena Preradovic: And how long would that last?
Dr. Erich Vad: Ultimately, there has to be an agreement. In terms of content, it would have to look like this: NATO and the US renounce the further eastward expansion of NATO, spheres of interest are defined—NATO on the one hand, Russia on the other—and ways of securing them are explored. This also includes disarmament and confidence-building measures. We had these mechanisms during the Cold War, and they need to be revived. All the disarmament treaties are lying dormant. We have a lot of work ahead of us. But the first step has been taken: the two powers are talking to each other and want a peace order. That is important. Of course, the US is not acting altruistically – it wants to break Russia out of its alliance with China. Trump sees China as a challenger, not Russia. We Europeans have done everything in the last four years to drive the Russians into the arms of the Chinese. That’s what Trump and the Republicans say, and I’ve always said it too. That was the effect of this policy. The US wants out of there. It’s not altruistic, but it’s legitimate. We Europeans must be careful that Trump doesn’t say at some point: “If you really want trouble with the Russians, then do it without us.” I don’t think it will come to that, but the risk is there.
Milena Preradovic: Is Putin actually still open to moving closer to the West again? Away from China? He is very disappointed, especially with the Germans. He doesn’t really care about the rest of Europe, but he has a special relationship with Germany. He lived here and speaks the language. You described his appearance in the Bundestag in 2001 as a “cry for affection,” Klaus von Dohnanyi in your book as a “cry for cooperation.”
Dr. Erich Vad: That’s what Klaus von Dohnanyi said, and he’s absolutely right. I don’t know if it can be repaired. Russian analysts say that we can’t go on as before—waiting until the next country is pulled into the Western hemisphere. We have to define where NATO’s sphere of influence ends. And we have to accept that Russia has its own sphere of interest, which we must not encroach upon.
Milena Preradovic: Yes, that’s what was done during the Cold War.
Dr. Erich Vad: That’s where we need to go back to. This requires a set of political rules. The process has now been initiated at the highest level, but it needs to be worked out in detail and laid down in treaties. It can be done if there is a will to do so – and Trump and Putin want it. We Europeans should not stand in the way, but rather define our role in this new system. Especially the Germans.
Milena Preradovic: Does Putin actually feel comfortable alongside China, where he has been somewhat pushed?
Dr. Erich Vad: I don’t know if he likes this junior role. I think he has an interest in acting more freely. Russia is integrated internationally. The talk of it being isolated was never accurate. Russia, China, India—they will continue to cooperate in this system. But now it’s about readjusting our relationship with Russia in Europe. We need that in order to have peace and a stable order here.
Milena Preradovic: Peace without Russia is impossible.
Dr. Erich Vad: No, it’s not about going against Russia. What some politicians here have said and, in some cases, are still saying is completely off the mark. But the facts that emerged in Alaska are new. This summit could be of historic significance. Think of Ronald Reagan’s meeting with Gorbachev in 1988 on Governors Island near New York. Two years later, the Wall fell. Alaska could be a similar spark. Of course, we have to wait and see.
Milena Preradovic: Since Alaska, at the latest, Trump has supported two of Putin’s demands: no NATO membership for Ukraine and Crimea remains part of Russia. In the end, the self-proclaimed people’s republics in the east will be the focus of attention, and there will be loud protests in Europe, especially in Germany. If they end up becoming Russian, Putin will have achieved his three demands. Is that the key to peace?
Dr. Erich Vad: I think so. Militarily, it’s now a matter of consolidating the Donbass. The Russians are close to achieving that. In that respect, an agreement could be reached. Under international law, the issue can be left open. From Ukraine’s point of view, one could say: We don’t recognize that. After 1945, we only recognized Polish administration of the eastern territories decades later – in the Two Plus Four Agreement. There are many such models. The same approach could be taken with Crimea: not recognize it, but accept it de facto and find a modus vivendi.
Milena Preradovic: You explained why Crimea is so important. If Ukraine had joined NATO and Crimea had remained part of Ukraine, the Russians would have the Americans sitting on the Black Sea.
Dr. Erich Vad: Yes, that’s right. There were negotiations about American naval bases in the region. Military maneuvers were carried out with the Ukrainians in the Black Sea, and American warships visited ports. I explained to American friends: Imagine if Mexico did that with the Russians and Chinese—you would invade immediately. They agreed with me. The best example is Cuba in 1962. Kennedy couldn’t allow the Russians to station missiles there. The Americans don’t give up strategically vital regions like the Caribbean or Panama. Not even today. International law be damned. The Chinese take a similar view in the South China Sea: Western influence there is a no-go. You have to see that. We always focus on freedom of alliance and democracy, but that’s too short-sighted.
Milena Preradovic: Yes, that’s stupid. I’m always amazed. In Germany, you have a choice between stupid and stupid. A narrative that is becoming loud again—also from the warmongers, as I call them, you call them police officers—is that Putin always said he wanted to annex the whole of Ukraine. Do you see any evidence of that? Does that make any sense for Russia?
Dr. Erich Vad: No, that’s not what it’s about. I once said cynically that anyone who needs three years for Donbass would probably need 30 years to reach the Atlantic. That’s nonsense. The Russians are concerned with preventing NATO membership and with political control—Ukraine’s neutrality. It must not be allowed to join the Western alliance. But that’s all. It’s not about occupying the whole of Ukraine. The Americans would never allow that. In fact, the Americans and Russians have already divided Ukraine between themselves: the east is militarily under Russian control, including Crimea. In the west, the Americans have excellent economic agreements, for example in the field of mineral resources. It’s a good deal for both sides. Now it’s a question of how to work it out.
Milena Preradovic: But most of the mineral resources are in the east.
Dr. Erich Vad: Yes, they are in the east. But the Americans have concluded mineral resource agreements with Ukraine and secured 50 percent. An additional clause makes it clear that if support for Ukraine continues, the share will increase. For the Americans, it’s a great deal. For Ukraine, it’s tragic. This war could have been prevented – the hundreds of thousands of dead soldiers, the devastation of the country. It was clear even before the war began what was at stake.
Milena Preradovic: In Alaska, Putin and Trump agreed that this war would not have broken out under a Trump presidency. Do you agree?
Dr. Erich Vad: That’s speculative. We can’t know for sure. But the Russians said: We have to go in there, otherwise we’ll lose control. I always use the example of the Cuban Missile Crisis in 1962. The Americans would have had to go to war if the Russians hadn’t backed down. There was no alternative. Great powers have no room for maneuver in such situations.
Milena Preradovic: But it wasn’t so clear back then. Kennedy wasn’t determined, and Khrushchev wasn’t fully behind this course in Moscow either.
Dr. Erich Vad: That may be, but stationing Soviet weapons in Cuba would have meant war. There were considerations of military action. The General Staff advised it. If I had been the American Chief of Staff at the time, I would also have said: If they don’t back down, we must occupy Cuba immediately. A similar constellation has repeated itself in 2022. You can see this with the Panama issue as well. Two years ago, the Americans made it clear: We will not allow the Chinese to control the Panama Canal. That has been changed. And the Americans have already invaded Panama once. They did the same thing in Haiti and Grenada. During the Cold War, the US carried out over 60 regime change operations worldwide. Incidentally, this is exactly what the Russians had in mind in Kiev: not a major war, but a quick regime change with airborne troops, special forces, secret services – a new, Russia-friendly government in place, and that’s it.
Milena Preradovic: The regime change may have already taken place in 2014.
Dr. Erich Vad: Yes, of course. From Russia’s point of view, that was a response to that. And it’s not working. If you look at the history of international relations, this is not an isolated case – it has been practiced countless times elsewhere. That’s how we got the Russians into this situation, and now we’re paying the price. The policies of the last four years have reached a dead end. That’s why it’s right to do everything we can now to get out of this war.
Milena Preradovic: In recent years, experts—strategists, people like you—have no longer been listened to. Instead, we have had this moral zeitgeist, which we still have. Morality is the most important thing. We determine who is good and who is evil. There are no more shades of gray, and you have to take the morally right path and stand on the side of the good guys. But that doesn’t work, does it?
Dr. Erich Vad: Yes, that’s right. That is precisely the wrong approach for Germany: the poor country has been invaded in violation of international law – yes, that’s true – so we absolutely must help. Then there is the political altruism of some German politicians who say: And if it comes to war, if it’s all or nothing, then so be it. But that’s not how it works. This German extremism in foreign policy has no place here. Foreign policy is about the interests of the actors involved. It is not about morality, value-oriented foreign policy, or even feminist foreign policy. What we have been doing for the past four years is ridiculous. We need to be more realistic about things. This moralism is extremely dangerous. It arises from good intentions, yes—but the road to hell is always paved with good intentions.
Milena Preradovic: That’s a nice saying. There are still many people in Germany who believe that Ukraine can win this war with Western support, especially German support. We discussed this last year. What is the situation today? Is there any chance of achieving anything militarily there?
Dr. Erich Vad: No, that is absolutely illusory. It was already illusory last year and, in fact, from the very beginning of the war at the end of 2022. I remember the then Chief of the General Staff saying very clearly: It is highly unlikely that we will achieve a military solution for Ukraine. That was also clear to me early on. I said several times in the fall of 2022 that we would not get a military solution and that negotiations would therefore have to take place in parallel—parallel to our provision of aid. That would have been the ideal scenario. But that was not done; instead, the focus was exclusively on arms deliveries. There are still analysts today who say that Ukraine can win this war. But these are people who have no idea about war and the military.
Milena Preradovic: The Russians are making progress on the battlefield. Are they even interested in a quick peace at this point?
Dr. Erich Vad: They have no interest in a quick ceasefire because things are going well for them. They want to control the entire Donbass region. They are not far from achieving that. That’s why they’re not putting the brakes on at the moment. That’s the situation. Nevertheless, negotiations must continue in parallel over the coming weeks and months. This is not unusual. In the Vietnam War, fighting continued while negotiations were underway. That is exactly what I have been calling for during the war in Ukraine: to talk to the Russians in parallel with our aid efforts. But that has not been done. Whenever hostages are taken, you talk to the hostage-takers.
Milena Preradovic: But not with Putin, a war criminal. That’s crazy.
Dr. Erich Vad: Yes, that’s true. Legally speaking, he is a war criminal. But even Switzerland has offered to host follow-up conferences and has guaranteed Putin immunity. Things are a little different in international relations. International law is important, and I’m glad we have it. But you can’t treat it as absolute, otherwise you won’t get anywhere.
Milena Preradovic: In the end, those in power do what they want anyway.
Dr. Erich Vad: Exactly. They use international law as they see fit and act in their own interests. That has always been the case and will not change. Germans no longer have a sense of this—not even when it comes to their own strategic interests. They go through life with their eyes wide shut. The course of the war in Ukraine was a lesson for us all. We just need to finally come to terms with what we did and where we made mistakes.
Milena Preradovic: Germans aren’t very good at coming to terms with the past. What I gather from your book is that you believe it is the responsibility of Europeans, including Germans, to make peace palatable to Putin. However, that would mean a complete reversal of current European policy. Even Merz spoke this week about putting pressure on Putin, which makes me wonder: with what, exactly? These questions don’t seem to be asked at all. Do you think Merz and his colleagues are capable of such a radical change of position? Or will it be up to America and the Europeans will follow?
Dr. Erich Vad: It will be up to America. The US will set the pace, and Merz and the other European leaders will have no choice but to follow suit. This inflated “coalition of the willing” and the idea of going it alone won’t work. We also need to be careful with the British. Klaus von Dohnanyi mentioned several times in our conversation that the old balance of power doctrine still resonates there. They believe they can play the EU off against Russia. British foreign policy is very tough, almost extreme. We Germans have to deal with this differently. They sit on their island, but in a serious situation we would be in the middle of a war. That is a different perspective, and we have to deal with it more responsibly. I think the current federal government is also aware of this. Away from party political squabbling, they can see the reality and will set a course that avoids the last government’s mistake of driving us into a brick wall.
Milena Preradovic: I love your optimism. In Germany, there is also a belief that the US would defend us in the event of a war. There is talk of the US nuclear shield for Europe. Would the US actually defend us?
Dr. Erich Vad: Only if it’s in their own interest. If they have an interest in keeping Europe under their influence, then yes. If not, then no—it’s as simple as that. And then we would no longer have any protection. But we urgently need it. We have spent a lot of money, but the German armed forces were broke at the start of the war in Ukraine and are even more so after our arms deliveries. There is nothing there at the moment. It will take at least ten years before we have armed forces that are ready for action again. We need them, but we don’t need Russia as an enemy to justify that. We need sensible, strong armed forces in our own interests. I was particularly annoyed that the biggest warmongers in the media were motivated by political reasons – people who have never seen the inside of a barracks or put on a steel helmet, who have no idea about the military or war.
Milena Preradovic: Well, Kiesewetter knew a little bit about the military, but he was one of those who marched at the front of the parade. Many in the CDU did too, didn’t they?
Dr. Erich Vad: Yes, that’s true. He wanted to take the war to Moscow, deep into Russia. That is irresponsible, short-sighted, too military and not political enough. But they have since realized that this was wrong. They just need to get their arguments straight.
Milena Preradovic: Finally, how did you and Klaus von Dohnanyi actually come together to write this book? What connects you?
Dr. Erich Vad: That came about during the Ukraine debate. I lost many old friends, but I also gained new ones—Klaus von Dohnanyi is one of them. We are connected by a shared interest and concern that Germany could slide into a European war. He really liked my book Ernstfall – Für Deutschland (Emergency—For Germany), and I liked his book Nationale Interessen (National Interests). At some point, we decided to have a conversation together. For me, it was a unique experience—an exchange of ideas between free men. We knew that we were opening a can of worms and exposing ourselves to attack, but we kept it factual. Above all, we were united by one thing: we don’t want our country to sink into war.
Milena Preradovic: That comes across in the book. I really enjoyed reading it. It’s a nice format, a dialogue book. It’s easy to read and contains many wise thoughts. Some of them were my own, others were new to me. A very nice book that I can only recommend. Just like this interview – thank you very much for being here. As always, it was very lively and insightful.
Dr. Erich Vad: Thank you very much, Ms. Preradovic.
Milena Preradovic: Yes, folks, I think we should keep our fingers crossed for US President Trump that he achieves something like peace in Ukraine. If only for the people there, who don’t benefit from armchair warriors in Germany getting worked up and demanding more and more weapons. It’s not them who benefit from that, nor is it us – only the arms industry and its affiliated politicians. Have a good time. See you soon!
danke für dieses gespräch –
formal nachkriegskind (geb, 1949) spüre ich bis heute die spätfolgen meiner kriegsaffinen vorgenerationen …
positiv war und ist, daß mein vater aus neun jahren krieg und gefangenschaft gelernt hatte und mir u.a. eine positive grundeinstellung zu russland und seinen menschen vermittelte-
daß deutschland resp. seine ‚führungspersonal‘ nach der corona-hysterie inzwischen gleichermaßen die angstmaschinerie gegen ‚den bösen russen‘ bedient ist erbärmlich und zeigt, daß es insbesondere mit der akademischen nachwuchsbildung in unserem land nicht weit her ist –
us-hörigkeit und kippabewehrter israel-support offenbaren diesen beschämenden mangel gleichermaßen …
informationsquellen wie punkt.preradovic sind in diesen trüben zeiten für mich überlebensnotwendig geworden
Ich erzähle mal ein Märchen. Von einem großen Land inmitten von Europa. Nennen wir es Germanistan. Das hat einen brutalen Krieg geführt und ist besiegt und fast vollständig zerstört worden.
Nun danach genießen sie den Frieden, bauen ihr Land wieder auf und versöhnen sich mit all ihren Nachbarn. Und versprechen hoch und heilig, nie wieder Krieg zu führen. Und halten ihr Land frei von jeglichen Truppen und Waffen eigener Herkunft sowie anderer Staaten.
Und während das Kalumet des Friedens von einem ihrer Staatenlenker an den nächsten übergeben wird, sehen sie sich ohne eigenen Ehrgeiz an, wie ringsum das Kriegsbeil ausgegraben wird.
Eines wird niemand diesem Germanistan vorwerfen können,egal, wer dort herrscht:
„Ihr seid von nun an in alle Ewigkeit schuld an dem, was ein österreichischer Malergeselle mithilfe eurer Vorfahren verbrochen hat.“
Und dieses Germanistan wird weiterhin von niemandem ringsum mit Waffengewalt angegriffen werden. Und wenn es sich nicht anders verirrt hat, wird es noch weiter glücklich, friedlich und erfolgreich in ferne Zukunft leben und gedeihen.
Die ruhige, besonnene Analyse von Herrn Vad ist eine Wohltat !
Wie dumm von unseren Medien, ihn nicht einzuladen !
Vielen Dank, Frau Preradovic, für das interessante Dialog-Video!
Herr Vad ist da in seiner Interpretation der Geschehnisse ja noch ziemlich zurückhaltend, also diplomatisch. Auch er will, für mich verständlich, nicht alle Brücken zu den deutschen und EU-Politikern abbrechen.
Die Kommentare von Kujat, Ritter und insb. Martyanov sind da wesentlich deutlicher und agressiver.
Ich bin Jgg. 1939 und war damals schon gegen die deutsche Wiederbewaffnung. Diese pazifistische Einstellung habe ich mir bis jetzt bewahrt.
Liebe Grüße, Gert Friederichs, aufgewachsen in Enns, OOe.