Wo ist das Ideal meiner Jugend geblieben? Menschen nicht nach Hautfarbe, Herkunft, Religion oder Geschlecht zu beurteilen? Menschen nicht in Gruppen zu stecken? Die fordernde Gender- und Identitätspolitik kehrt das nun um. Sie steckt Menschen in Gruppen, in Opfergruppen. Kritik unerwünscht. „Das ist zwar lächerlich, aber nicht witzig“, sagt Journalistin und Autorin Birgit Kelle. Sie befürchtet einen Angriff auf alles, was uns bisher als normal erschien. Ein Gespräch über eine manchmal ausufernde Ideologie, die von Politik und Universitäten unterstützt wird, aber auch über Birgit Kelles neues Buch „Camino – mit dem Herzen gehen“. Ein Interview zwischen Gender, Opferideologie und dem Jakobsweg.
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Milena Preradovic
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Liebe Milena,
ich bin echt erschrocken über dieses Interview und frage mich wovor ihr eigentlich Angst habt. Beim Coronathema beschweren wir uns zu recht dass eine Minderheit nicht gehört und sogar an den Rechten Rand der Gesellschaft gestellt wird und in der Genderdebatte wird hier nun gesagt was normal sei und was Schwachsinnig sei. Ist das nicht genau die Spaltung die uns als Gesellschaft aus unserer Kraft hebelt?
Ich bin traurig hier auf deinem Kanal, den ich im Übrigen auch finanziell unterstütze und ansonsten sehr schätze, diese angsterzeugende Propaganda gegen eine oder verschiedene Minderheiten zu finden. Einzelne extreme Beispiele als Rechtfertigung anzuführen finde ich genauso verwerflich wie die lauterbachsche Angstmacherei. Bitte denk nochmal über deine Meinung nach. Bei deiner Interviewpartnerin habe ich da keine Hoffnung.
Lieben Gruß
Liebe Milena,
nee, das Interview mit Frau Kelle wird dem Thema nicht gerecht. Mein Vorkommentator Arturo hat es ganz richtig gesagt: Selbstverständlich sind wir eine heteronormative Gesellschaft! Das lässt sich auch nicht wegwischen mit einem: ‚Ich sehe das Individuum.‘ Das wollen wir vielleicht, aber wer kann das schon?. Wenn ich, als Frau nach meinem Familienstand gefragt, von meiner Freundin erzähle, dann wird sich eben nicht freundlich weiter erkundigt, ob wir Haus, Kind oder gemeinsame Hobbies haben, sondern erklärt, dass es selbstverständlich kein Problem für mein Gegenüber ist, dass ich diese Freundin habe.
Ja, ich finde auch, dass die soziale Ungerechtigkeit ein ebenso drängendes wie vernachlässigtes Problem ist, – das war schon vor Genderzeiten in ‚der Linken‘ der Fall: Bioessen und ‚die Umwelt‘ waren wichtiger. Der Grund ist vermutlich einfach zu finden: Die politische Linke stammt überwiegend aus dem bürgerlichen Milieu, die Anderen sind mit Arbeiten beschäftigt und abend zu müde für Politik oder – und auch das nicht erst seit Genderzeiten – sprachlich aus dem Diskursraum ausgegrenzt. Ganz sicher hat auch die nun von der offiziellen Politik an die Brust geheftete Minderheitenpolitik abgrenzende Funktion – als weitere Möglichkeit der freiheitlich westlichen Demokratien, sich als moralisch überlegen gegenüber anders strukturierten Ländern aufzuspielen. Aber das bedeutet doch nicht, dass Umweltschäden oder die Schwierigkeiten, die es, selbst in finanziell priviligierter Position bedeutet als Minderheit zu leben, keine ‚wirklichen‘ Probleme wären. Frau Kelle hat es ganz richtig gesagt, die Entscheidung für einen operativen Geschlechtswechsel ist ein harter Weg. – Und von den mir bekannten Menschen, die diesen Weg gegangen sind, fühlten sich dennoch alle durch die OP erleichtert. Persönlich befremdet mich da davon – es widerspricht zu sehr meiner eigenen Vorstellung von Problemlösung, aber dennoch scheint es für andere eine Lösung zu sein, das zugrunde liegende Problem mithin härter als dieser Weg. Ja! Respekt ist ein gutes Stichwort.
Dass es 2 deutlich abgrenzbare Geschlechter gibt, ist schlichtweg falsch, jedenfalls wenn man das, was in der heteronormierten Gesellschaft unter Mann und Frau verstanden wird, zugrunde legt. Nach dieser Norm stimmt der geschlechtliche Phänotyp mit dem chromosomalen, hormonellen und sozialen Geschlecht überein. Tatsächlich gibt es aber (von ‚Natur‘ aus) Menschen mit xy Chromosom, Vagina und Brüsten, andere, die haben Penis und Busen zugleich,wieder andere, wie jene bedauernswerte junge Afrikanerin, die als Langstreckenläuferin brillierte und sich daraufhin, statt Ruhm zu ernten, demütigenden Untersuchungen aussetzen musste, haben ein männliches Testosteron/Östrogenverhältnis in ihrem weiblichen Körper. Selbstverständlich gibt es ausserdem eine Vielzahl von Frauen, die sich nicht wie Frau Kelle als ‚weiblich‘ definieren würden. Nun kann man sich entscheiden, ob man all diese Menschen als Devianzen beleidigen will, um die Norm des polaren Geschlechterbildes zu retten, oder ob man anerkennt, dass die Welt bunter ist, als die Worte, die sie zu erfassen suchen.
Ja, ich finde die Humorlosigkeit und Moralapostelei der Debatte auch nervig, aber genauso unbegreiflich ist es mir, wieso es ein Problem sein soll, jemanden, der nicht mit Frau angeredet werden möchte, dann eben mit Herr oder einfach mit Namen anzusprechen. Auch hier gilt: Es gibt wirklich größere Zumutungen im Leben.
Korrekt. Danke.
Wenn Frau Kelle sich als Frau, als Mutter von vier Kindern, als mit einem Mann verheiratete Frau, als Heterosexuelle, (Migrantin, Katholikin, Worcoholic)… von der Kritik ANDERER FeministInnen beeinträchtigt FÜHLT, dann ist dieses Gefühl genauso zu bewerten wie jenes in dem Beispiel der schwarzen Feministin, die sich in der Anwesenheit weisser Frauen unwohl fühlt. Beides kann ich intelektuell verstehen, doch ich teile es nicht und mache es mir nicht zu eigen, mache mich eben nicht zum Opfer obwohl ich einer Minderheit angehöre.
Es gibt Zugehörigkeiten, die man wählt, zeigt und stolz mit Leben füllt.
Und es gibt Zuweisungen, die man erträgt oder bekämpft. Diese kommen entweder von einer Mehrheit (heteronormative Gesetzgebung) oder auch von einer Minderheit (Corona-Feudalisten). Zuweisungen folgen immer der Macht. Von oben nach unten.
Wo steht Frau Kelle real (Zuweisung der ‚Gesellschaft‘) und wo verortet sie sich selber (Zugehörigkeit)?
Ich schätze mal, dass die wirklich Betroffenen aufgrund des ideologischen Irrsinns jetzt ordentlich eins auf „die Mütze“ bekommen. Und bloß weil Grün-orientierte Parteien auf deren Kosten daraus ein Geschäftsmodell entwickelt haben. Sonst haben sie außer CO2-Irrsinn nämlich keines.
Warum sollte sich denn eine TS als TS zwangs-outen oder gar eine 3. Toilette besuchen wollen ? Das ist doch unlogisch.
Da kann ich folgendes Buch empfehlen: Thomas Sowell: The vision of the anointed. Da kann man verstehen, wo das herkommt.
Tja. Mein Mann und ich haben uns um eine Adoption beworben.
Angeboten wurde uns nach Jahren ein mehrfachbehindertes Kind, das krankenhausgebunden war.
Keine heteronormative Gesellschaft, wie? Die Adoptions-Sachbearbeiterinnen waren alles Frauen. Auch die Psychologin. Ihr erster Satz: „Wenn Sie glauben, dass Sie hier als Speerspitze der Bewegung was erreichen werden, dann haben Sie sich getäuscht.“
Tja. Als ‚Einmalgeborene‘ haben wir keine zweite Chance, und dies dank Menschen wie B. Kelle, die das Wort ’normal‘ wie ein Säbel schwingen und es nicht einmal merken.