„Wir werden kriegsbereiter gemacht“ – mit Dr. Leo Ensel

19. Sep 202413 Kommentare

Konfliktforscher Dr. Leo Ensel fragt: Wo bleibt der Aufschrei? Deutschland rüstet auf, lässt die USA Marschflugkörper stationieren, die das Land zur Zielscheibe machen. Die Bürger schauen apathisch zu. Keine Spur von der Friedensbewegung der 80er Jahre. Warum ist das so? Warum engagieren sich die Klimajünger nicht auch für den Frieden? Wo ist „Öko-Pax“ der frühen Grünen geblieben? Ensel, dessen Forschungen sich auf den post-sowjetischen Raum konzentrieren, erinnert außerdem an den Fast-Atomkrieg 1983, der nur dank einer Reihe von Zufällen von einem einzigen Mann verhindert wurde. Durch immer modernere Waffensysteme würde wahrscheinlich künftig die Entscheidung über den roten Knopf bei Künstlicher Intelligenz liegen. „Dann hängt unser Wohl und Wehe von Automaten ab“, so Ensel.

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Milena Preradovic

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Interview mit Dr. Leo Ensel (deutsch)

Milena Preradovic: Jedes Kind weiß, dass Krieg die ultimative Hölle ist, auch in Deutschland. Die zwei verlorenen Weltkriege, vor allem der letzte, beherrschen Schulbücher und Medien bis heute. Nie wieder, heißt es. Und doch wird der gerechte Krieg jetzt wieder als mögliches Mittel propagiert, ein Feindbild dämonisiert und Langstreckenraketen in Deutschland stationiert, die das Land zur Zielscheibe machen. Vor allem in diesen aufgeheizten Zeiten. Und der öffentliche Aufschrei bleibt komplett aus. Schwer verständlich. Sollten wir nicht alle vehement uns für Frieden einsetzen? Schon aus eigenem Interesse? Umfragen zeigen: Die Mehrheit hat Angst vor einer Eskalation des Ukrainekrieges. Und trotzdem herrscht Stille. Warum ist das so? Jetzt in Punkt Preradovic. Hallo, Dr. Leo Ensel. Schön, dass Sie da sind.

Dr. Leo Ensel: Hallo, Frau Preradovic.

Milena Preradovic: So, ich stelle Sie kurz vor. Sie sind Konfliktforscher, Autor und interkultureller Trainer mit Fokus auf Osteuropa und postsowjetischer Raum. Sie haben Pädagogik studiert und sich in den 80er Jahren, also 1980 er Jahren, stark in der Friedensbewegung engagiert, wie man auch an Ihrem Button sieht, den Sie da gerade tragen. Sie haben als Autor viel zu den Forschungsfeldern Angst und atomare Aufrüstung und Sozialpsychologie der Wiedervereinigung veröffentlicht sowie Studien über die Deutschlandbilder im postsowjetischen Raum erstellt und darüber auch eines Ihrer Bücher geschrieben. Im neuen West-Ost Konflikt gilt ihr Hauptanliegen der Überwindung falscher Narrative, der Deeskalation und der Rekonstruktion von Vertrauen. Dazu haben sie seit Anfang März 2014 rund 250 Essays geschrieben, und den postsowjetischen Raum intensiv bereist und dort seit Mitte der 90er Jahre interkulturelle Trainings, unter anderem bei lokalen Goethe Instituten geleitet. Sie sind Mitglied im deutsch russischen Forum, haben zweimal Michail Gorbatschow getroffen, schreiben unter anderem für die Nachdenkseiten und es ist ihnen sehr wichtig, ihre Unabhängigkeit zu betonen. Sie beschäftigen sich ja auch ausgiebig mit dieser neuen Kriegslust ausgerechnet in Deutschland. Da haben wir Aufrüstung. Wehrpflicht soll wieder eingeführt werden, Stationierung von US Langstreckenraketen, Angstmache vor einem großen Krieg, Verteufelung der Russen, keine Anstrengungen zu vermitteln und überhaupt keine Entspannungspolitik, was Deutschland ja nach dem Zweiten Weltkrieg ausgezeichnet hat. Woher kommt dieses Umschwenken? Warum sind wir da, wo wir sind?

Dr. Leo Ensel: Das ist eine sehr gute Frage, über die ich auch schon lange rätsele. Ich würde vielleicht doch den Begriff Kriegslust ein kleines bisschen relativieren wollen, weil ich nicht glaube, dass sich das auf die Mehrheit der Bevölkerung bezieht.

Milena Preradovic: Ich rede ein bisschen eher über die Politik.

Dr. Leo Ensel: Es gibt ja ganz bestimmte Parteien, die früher sehr, sehr anders waren und die fast völlig umgeschwenkt sind. Also was ich grundsätzlich unserer Regierung, aber auch der EU, der NATO und den USA vorwerfe, das, was man vielleicht so den kollektiven Westen nennen könnte, die Totalverweigerung in Sachen Diplomatie. Im Moment läuft nichts. Null. Es gibt diplomatische Initiativen, die kommen aber nicht vom Westen, die kommen von Brasilien, die kommen von China, die kommen von Indien, die kommen auch vom Vatikan. Von unserer Seite kommt nichts. Warum ist das so? Ich kann Ihnen, glaube ich, keine plausible Antwort so schnell aus dem Zylinder zaubern, weil ich mich das auch immer wieder frage. Und weil es mich zum Teil auch fassungslos macht.

Milena Preradovic: Aber kann es vielleicht sein, dass es auch daran liegt, dass die, sagen wir mal die Deutschen, die deutsche Politik sehr in den USA schaut, also das heißt es sprechen ja viele sogar von einem Vasallenstaat, der sich jetzt noch mehr entwickelt hat.

Dr. Leo Ensel: Sie nehmen mir das Wort aus dem Mund. Ja, also unsere Regierung vertritt meiner Meinung nach nicht deutsche Interessen. Deutsche europäische Interessen würden darin bedeuten, dass wir hier auf unserem Kontinent übrigens auch um unseren Kontinent herum keine Kriege haben. Und wenn es Kriege gibt, dass sie möglichst schnell friedlich beigelegt werden. Diese Interessen verfolgt unsere Regierung offenbar nicht. Im Gegenteil. Wenn Sie sich angucken, was unser Bundeskanzler vor zwei Monaten en passant aus Washington verkündet hat ich nenne das etwas salopp zusammengefasst Nachrüstung 2.0. Das heißt, unser Land wird in Geiselhaft genommen. Die Entscheidung, Mittelstreckenraketen, die in zwei Jahren bei uns sein werden, möglicherweise einzusetzen, liegt einzig und allein bei den USA. Das ist fast eine Harakiri Option. Und in der Tat, das sind nicht unsere Interessen. Ich kann mir es nur so vorstellen, dass mittlerweile die Spitzenpositionen sowohl in Politik, aber vor allem auch in den Medien fast ausschließlich von Transatlantikern besetzt sind, was auf eine sehr nachhaltige Politik der USA in Sachen Elitenförderung in Deutschland wohl zurückzuführen ist. Transatlantische Netzwerke.

Milena Preradovic: Ja, also diese Nachricht, mit der Scholz aus den USA zurückkam, also Langstrecken, Mittelstreckenraketen und Marschflugkörper ab 2026 in Deutschland zu stationieren, die auch Moskau jederzeit treffen können, ist übrigens niemals von Deutschland unterschrieben worden. Es gibt keinen Vertrag, es gibt nur eine Erklärung der USA. Das ist natürlich auch bezeichnend.

Dr. Leo Ensel: Es kann eigentlich auch nicht im Bundestag darüber abgestimmt werden. Das ist ja noch mal ein Unterschied zu der Situation in den 80er Jahren.

Milena Preradovic: Ganz genau. Die haben einfach beschlossen, es muss nicht diskutiert und es muss nicht abgestimmt werden. Es gibt auch gab auch keine große Debatte darüber. Auch, dass etwas, was für unsere Zeit typisch ist. In Umfragen sagen 61 bzw sogar 70 % der Menschen, sie befürchten eine Eskalation des Ukrainekrieges. Deutschland würde dann natürlich involviert. Aber es gibt keine großen Friedensbewegungen wie in den 80er Jahren. Es herrscht komplette Stille eigentlich. Haben Sie da eine Erklärung?

Dr. Leo Ensel: Also erstmal ist diese Stille gespenstisch und eigentlich ist diese Stille ein Skandal. Wir sehen ja in der Tat genauso, wie Sie es sagen: Man kann nicht sagen, dass die Bevölkerung jetzt kriegslustig oder lüstern wäre. Das Problem ist nicht das, sondern das Problem ist, dass die Bevölkerung weitestgehend apathisch reagiert oder in Schockstarre verharrt. Ich denke, dazu gibt es eine ganze Reihe von Gründen. Man kann es nicht auf einen Grund zurückführen. Es gibt aktuelle Gründe und es gibt auch Gründe, die in dieser atomaren Situation selbst auch begründet sind. Ich fange mal mit den aktuellen Gründen an. Ein Skandal ist ja, dass die Klimaschützer auf dem rüstungspolitischen Auge völlig blind sind. Eigentlich müsste man ja denken, dass Klimaschutz und Antimilitarismus zusammengehören, denn schließlich kann man das Klima mit nichts Schnellerem kaputt machen als mit einem atomaren Schlagabtausch. Und zwar nachhaltig. Die Frage ist warum ist zum Beispiel diese junge Generation, wie ich das nenne, auf dem rüstungspolitischen Auge blind? Ein Aspekt, wie gesagt, es gibt noch mehr, aber kommen wir erst mal zu dem. Ich glaube, da gibt es auch da wieder mehrere Gründe. Das erste ist, diese Generation hatte das unschätzbare Glück, von Kriegsängsten und von Atomkriegsängsten im Speziellen bis jetzt unbelastet aufwachsen zu können. Das war, Sie erinnern sich wahrscheinlich nicht nur für mich, sondern auch für Sie in unserer Generation anders, wir sind, denke ich jedenfalls, beides noch Kinder des Kalten Krieges. Wir wussten also, wir sind aufgewachsen mit dem Gefühl, es kann jederzeit knallen. Und wenn, dann sind beide deutsche Staaten das Schlachtfeld der Supermächte. Dieser Krieg wird atomar geführt werden. Hier wird kein Stein auf dem anderen bleiben. Mit dieser Angst mussten wir alle aufwachsen. Das hat natürlich auch dazu geführt, dass wir in diesem Punkt hochsensibilisiert sind.

Dr. Leo Ensel: Und weil die Generation der Klimaschützer mit diesen Ängsten nicht aufwachsen musste, zum Glück, haben sie und das ist völlig verständlich, kein entsprechendes Problembewusstsein entwickelt. Dazu kommt, dass der Krieg oder die Kriegsgefahr seit der deutschen Vereinigung gefühlt um 1000 Kilometer nach Osten sich verlagert hat. Wir sind ja jetzt im Moment nicht der Mittelpunkt, sondern im Moment wird aktiv manifest in der Ukraine gekämpft. Das ist scheinbar weit weg. Natürlich könnte das ganz schnell auf unser Land überschwappen, aber diese Vorstellung ist erstmal relativ abstrakt. Das ist nicht so manifest, wie es bei uns zu unseren Zeiten war. Der zweite Punkt also, das heißt, die Kriegsgefahr, hat sich gefühlt nicht real, aber gefühlt um 1000 Kilometer nach Osten verlagert. Dann stirbt die Generation derjenigen, die den Krieg, den zweiten Weltkrieg noch bewusst erlebt haben, die stirbt weg. Und meine Generation, die Generation des Kalten Krieges, der Kinder des Kalten Krieges, wir sind auch nicht mehr die Allerjüngsten. Das heißt also diejenigen, die jetzt 30 sind, die kennen Krieg, für die muss es schon in paläontologischen Urzeiten zurückliegen und haben, glaube ich, gar keine direkte Verbindung mehr zu Krieg, was Krieg eigentlich bedeutet. Letzter Punkt, wenn ich das noch nachfügen, jede Generation hat ein gewisses Empörungspotential. Das wird meiner Meinung nach einerseits ganz stark, auch völlig berechtigt, auf das Thema Klima Erderwärmung gerichtet. Was dann noch übrig bleibt, das geht in Veganertum, in Political Correctness und in Genderfragen. Ich glaube, mehr ist da nicht mehr an Empörungspotential. Und das Schreckliche, was ich daran sehe, ist, dass es eigentlich eine Generation Polarität, möglicherweise sogar einen Generationenkonflikt gibt, nach dem Motto „Den Alten der Frieden und den Jungen das Klima“. Aber eigentlich gehört es ja sachlich zusammen.

Milena Preradovic: Ja, aber natürlich ist auch bei den Alten große Stille. Kann man nicht anders sagen. Also nicht nur bei den Jungen. Und was man bei Corona häufig gehört hat: „ach, ich kann doch eh nichts ändern.“ Ja, und viele Menschen fühlen sich machtlos. Ist der Traum vom Bürger als Souverän vielleicht auch ausgeträumt, der in den 80er noch eher wacher war?

Dr. Leo Ensel: Ich hoffe nicht. Sagen wir es mal so: Das Problem ist ja auch, dass es durchaus Empörung Demonstrationen ja auch gibt. Es ist ja nicht so, dass man einfach sagen könnte, unsere Gesellschaft ist politisch, schläft politisch oder so. Ich würde es mal so sagen: Es gibt gewünschte Ängste, es gibt gewünschte Demonstrationen und es gibt unerwünschte Ängste und unerwünschte Demonstrationen. Erwünscht ist alles, was in Richtung Klima geht. Können gerne auch riesen Manifestationen auf Christopher Street Days sein. Was gibt es noch? „Gegen Rechts“, ganz wichtig, da gehen alle hin. Und zwar wenn wir das ein bisschen genauer fassen im Sinne von „keine weitere Aufrüstung, keine weitere Eskalation zwischen dem Westen und Russland oder zwischen dem Westen und China“, dann wird es schwierig. Und diese Leute, die gibt es ja Gott sei Dank auch, aber sie sind zu wenig. Und in der Tat, ich bin auf beiden großen friedensgroßen, für heutige Zeiten Friedensdemonstrationen in Berlin gewesen und da dominierte erdrückend die Generation 60 plus. Was nicht heißt, dass alle dieser Generation, die früher mal auf die Straße gegangen sind, jetzt auch wieder auf die Straße gehen, denn sonst müssten wir mindestens 100.000 sein.

Milena Preradovic: Ja, ja, das Problem ist, wer sich in diesem Krieg für Frieden und Verhandlungen einsetzt, wer auf die Straße geht, der wird ja im Grunde seit Kriegsbeginn als Putinknecht beschimpft. Es ist vielleicht auch ein Grund, dass die Leute sich schon dran gewöhnt haben, dass sie sich eher ducken und nicht auffallen wollen?

Dr. Leo Ensel: Ich muss mal sagen, ehrlich gesagt, das gehört zu jedem stinknormalen Krieg dazu, dass die Gegenseite verteufelt wird und dass, wenn man sich für Deeskalation einsetzt, dass man dann als Knecht der anderen Seite diffamiert wird.

Milena Preradovic: Wir sind ja eigentlich gar keine Kriegspartei. Das ist ja eigentlich nicht unser Gegner.

Dr. Leo Ensel: Fragen Sie unsere Außenministerin. Die hat sich ja vor kurzem sehr eindeutig geäußert, und ich habe keinen Grund, ihr in diesem Punkt zu widersprechen. Was ich sagen wollte ist, wir kennen das noch gut. Dieselben Sätze. Heute heißt es „Putin-Versteher“, „Putin Knecht“. Früher sagte man uns „Geh doch rüber. Geh doch rüber in die DDR, wenn es dir hier nicht passt“. Ich kann mich noch gut erinnern bei der ersten großen Friedensdemo der damals neuen Friedensbewegung der 80er Jahre. Das war im Oktober 1981. Wir waren 300.000 in Bonn und über uns kreist ein Hubschrauber mit einem Transparent und da stand drauf: „Wer demonstriert in Moskau?“ Also das heißt, es ist alles alt, und es gehört zu jedem Krieg dazu, dass diejenigen, die sich für Deeskalation einsetzen, natürlich als Agenten der feindliche Seite diffamiert werden. Insofern ist es etwas ganz Normales.

Milena Preradovic: Ja, nur der Unterschied ist damals haben sich die Leute nicht abschrecken lassen. Waren ja auch viele junge Leute. Ja, die haben gesagt: „also nein, wir, wir bleiben, wir beharren darauf, wir bestehen darauf“. Das passiert halt heute nicht. Und deswegen war das war auch meine Frage nach dem mündigen Bürger. Und ich überlege, ob wir seit dieser Corona-Zeit halt ein, sagen wir mal, so einen Bürger haben, der sich dran gewöhnt hat, dass man ihm sagt, was er tun soll. Zum Beispiel auch auf Regierungs Demonstrationen gehen oder Demonstrationen, die von Parteien und regierungsnahen Organisationen mit veranstaltet werden.

Dr. Leo Ensel: Inwieweit Corona da eine Rolle spielt, kann ich schlecht sagen. Ich habe das damals ehrlich gesagt auch jetzt nicht so ganz verfolgt. Was meine Generation angeht, da denke ich immer, die können ja noch nicht alle tot und pflegebedürftig sein. Also so alt sind wir noch nicht. Ich werde das Gefühl nicht los, dass nicht wenige einfach unausgesprochen, vielleicht aber auch ausgesprochen so eine Haltung haben. Nach dem Motto „Wir haben vor 40 Jahren unser Friedenssoll für unser Leben erfüllt, jetzt reicht es. Jetzt können wir mal in Ruhe Däumchen drehen, jetzt sollen die anderen ran“.

Milena Preradovic: Okay, dann bin ich eine andere Generation. Also wir haben es vorhin schon mal angesprochen. Sie haben gesagt, dass die wichtigen Posten auch von Transatlantikern in der Politik und in den Medien besetzt sind. Aber es ist schon erstaunlich, dass jetzt die Grünen nach immer mehr Waffen und Panzern rufen. Das ist ja die ehemalige Friedenspartei. Und wie wurden denn die Grünen, diese Transatlantiker?

Dr. Leo Ensel: Vor drei Tagen war ich in dem Film gewesen „Petra Kelly Act Now“. Und der ist jetzt gerade angelaufen und die Regisseurin hat nach meinem Eindruck die Intention, aus Petra Kelly eine frühe Luise Neubauer zu machen. Oder umgekehrt Luise Neubauer als Wiederkehr oder als Reinkarnation von Petra Kelly uns zu verkaufen. Das Problem ist nur einfach, dass genau in dieser Inszenierung der Antimilitarismus, der Pazifismus von Frau Kelly, die klare Einstellung gegen Atomwaffen, das fällt durchs Raster. Das heißt, dieser Film ist genau kompatibel für die herrschende Partei der Olivgrünen. Die Frage ist, wie konnte es soweit kommen und was sind die tieferliegenden Gründe? Ich denke, die Ursünde, die Erbsünde der Grünen, das war in der Tat die Zustimmung zum völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der NATO gegen die Bundesrepublik Jugoslawien. Das ist völkerrechtswidrig, war hat ja später der damalige Bundeskanzler Schröder auch unumwunden zugegeben. Also eine Leistung von Joschka Fischer war es, die Grünen damals damals noch gegen erbitterten Widerstand in diesen Krieg mit hinein zu zwingen. Jetzt ist eine völlig andere Generation am Drücker. Also der letzte Stachel im Fleisch der Grünen in Gestalt von ihrer klügsten Politikerin überhaupt, nämlich von Antje Vollmer, ist vor anderthalb Jahren gestorben.

Dr. Leo Ensel: Sie war eigentlich das wandelnde schlechte Gewissen ihrer gewendeten Partei. Die klügste Frau. Und jetzt? Bösartig, würde ich sagen Jetzt ist nur noch die transatlantische Playback Generation dran. Es hat einen kompletten Personalwechsel gegeben und es dominieren Themen, die meiner Meinung nach bestens kompatibel sind mit dem gesamten herrschenden Denken, sprich „Umweltschutz“ in einem bestimmten Maß ist okay, „Frauenförderung“ wunderbar, „gegen Rechts“ ganz verschwommen, ohne die Gründe zu nennen, ohne auf die Ursachen näher einzugehen, warum so viele Menschen, die meisten sind ja, hoffe ich keine Nazis. Rechts als Protestoption benutzen, das fällt alles weg. Ich kann es auch noch mal anders sagen: Es dominiert statt politischer Analyse die gefühlte moralische Überlegenheit. Ich komme selber aus einem sehr konservativen katholischen Haushalt im Rheinland, und da gab es in den 50er Jahren ein Kirchenlied, das hieß: „Wir sind im wahren Christentum. Wir danken dir, o Herr“, das ist derselbe Habitus, den finden Sie heute bei Grün. Wir sind auf der richtigen Seite. Der ganze Rest der Welt soll gefälligst so werden wie wir. Wir haben uns nicht zu hinterfragen.

Milena Preradovic: Was ich mich auch frage und was ich hinterfrage ist gerade bei den bei den Grünen im Kampf um Klimaschutz und auch bei diesen Friday’s for Future und bei diesen ganzen Organisationen, den Klimaklebern, da sind im Hintergrund auch Geldgeber aus Industrie, also von Konzernen, Milliardäre stecken dahinter und ich frage mich, ob es vielleicht auch damit zu tun hat, dass diese, sagen wir mal, die Kriege nicht angezweifelt werden, weil vielleicht diese Parteien auch davon profitieren?

Dr. Leo Ensel: Könnte durchaus sein.

Milena Preradovic: Mehr wissen Sie dazu nicht?

Dr. Leo Ensel: Dazu habe ich in der Tat keine Hintergrundinformationen, aber ich finde das durchaus plausibel. Ja, jedenfalls ist es so, man kann es ja umgekehrt sagen. Wir Menschen, die auf die Straße gehen, die sich für Deeskalation einsetzen, werden nicht von Moskau unterstützt.

Milena Preradovic: Ja, das ist ja auch wieder so ein wunderbares Narrativ. Was ja auch ein großer Widerspruch ist, gleichzeitig Kriegstreiber, ich meine mal die Grünen und Klimaschützer. Das beißt sich ja irgendwie in den Schwanz, oder?

Dr. Leo Ensel: Ja, das tut es. Das Militär ist schon zu Friedenszeiten einer der größten Klimakiller und Umweltkiller zu Kriegszeiten erst recht. Wie gesagt, wir hatten kurz mal die Option selbst ein begrenzter atomarer Schlagabtausch könnte das Klima für alle Zeiten zerstören. Es wäre eigentlich für jeden Menschen, der eins und eins zusammenzählen kann, vollkommen klar. Es wäre eine Binse, dass beide Seiten zusammengehören. Übrigens vor 40 Jahren, ich will nicht sagen, dass früher alles besser war, so nicht, aber es gab vor 40 Jahren ein Wort, das hat das schön auf den Begriff gebracht und dieses Wort ist bezeichnenderweise völlig in Vergessenheit geraten. Das Wort, das damals in aller Munde war, auch von Petra Kelly, hieß Ökopax. Öko und Pax, Frieden. Also der Kampf gegen die kriegerische Zerstörung unseres Planeten und der Kampf gegen die sogenannte friedliche Zerstörung unseres Planeten gehören sachlich untrennbar zusammen.

Milena Preradovic: Sie haben ja zweimal Michail Gorbatschow getroffen und der sagte ja mal: „Ich erinnere mich an die lautstarke Stimme der Friedensbewegung gegen Krieg und Atomwaffen in den 1980´er Jahren“. Diese Stimme wurde gehört. Was hören die Russen heute?

Dr. Leo Ensel: Ich sehe keine russischen Medien, deswegen kann ich ihnen nicht so viel sagen. Ich denke, dass vor allem ein Bild des Westens gezeichnet wird, nicht zu Unrecht, jedenfalls in einigen Punkten, was die politische, was die offizielle Politik angeht, der nicht an einer Einigung interessiert ist. Und ich persönlich habe eben auch eine etwas andere Sicht der Dinge, was die ganze Vorgeschichte des Krieges angeht. Ich bekomme auch mit und das ist sehr erstaunlich, also von Menschen, gute Bekannte von mir, die in Moskau leben, dass es nach wie vor bei den, ich sag jetzt mal „normalen Russen“, eine große Liebe zu den Deutschen gibt. Und die Menschen, die ich kenne, die Deutschen, die im Moment in Russland leben, haben mit der normalen Bevölkerung überhaupt keine Probleme. Das heißt, sie werden von der Bevölkerung nicht in Geiselhaft genommen für das, was unsere Politik tut. Und viele sind nach wie vor an Kontakten interessiert. Ich glaube, das Wichtigste, deswegen bin ich auch im Deutsch-Russischen Forum und auch gerade jetzt noch im deutsch-russischen Forum. Wir müssten eigentlich alles dafür tun, dass die zwischenmenschlichen Kontakte nicht abreißen. Im Gegenteil, sie müssten gefördert werden. Das Problem ist, dass schon allein durch die Restriktionen, die von unserer Seite bezogen auf Reisemöglichkeiten verhängt worden sind. Es gibt ja keine Direktflüge mehr von EU Ländern nach Moskau zum Beispiel und umgekehrt. Russen haben kaum noch Chancen, ganz normale russische Bürger Visa für die Europäische Union zu bekommen. Städtepartnerschaften liegen auf Eis. Auf dieser Ebene müsste eigentlich unbedingt weitergemacht werden. Und es gibt auch einige Personen, die das auch machen. Gott sei Dank, die sind mit Schwierigkeiten verbunden. Ich kenne eine deutsch russische Friedensinitiative, die machen zusammen Musik. Die treffen sich jetzt in der Türkei, in Izmir und machen dort Projekte. Dieser neutrale Raum ist für beide Seiten vergleichsweise gut erreichbar.

Milena Preradovic: Wie wird denn eigentlich die jetzige Situation, also dieser Krieg im deutsch-russischen Forum diskutiert?

Dr. Leo Ensel: In der ersten Phase waren wir alle paralysiert. Ich kann jetzt nur von mir sprechen, aber ich bin nicht der Einzige. Wir im deutsch-russischen Forum sind ja seit Anfang der 90er Jahre sehr stark daran interessiert, dass es Kontakte gibt zwischen Russen und Deutschen. Wir wurden ja auch schon vor dem Krieg als Russlandversteher beschimpft. Insofern ist uns Putin mit seinem Einmarsch in die Ukraine natürlich auch in den Rücken gefallen. Also das ist er, hat es uns auch nicht gerade einfacher gemacht. Ich sehe schon, dass der Westen große Aktien da drin hat, im doppelten Sinne des Wortes, dass es soweit gekommen ist. Aber auch ich finde auch, es ist mir auch von russischer Seite dadurch nicht leichter gemacht worden. Wir haben im deutsch-russischen Forum eine ganze Zeit lang gebraucht, um uns neu zu orientieren. Wir haben beschlossen, jetzt keine unmittelbaren politischen Stellungnahmen abzugeben. Da bewegt man sich in einem Minenfeld und man kann eigentlich nur auf beiden Seiten übrigens verlieren. Unser Motto lautet: „Wir sind da“, wenn jemand Ansprechpartner sucht. Wir sind nach wie vor da. Es gab Vorschläge, das deutsch-russische Forum sollte sich umbenennen. Wir sind ganz bewusst bei diesem Namen geblieben. Dieser harmlos klingende Name ist ja in der heutigen Zeit schon fast eine Provokation. Und ich finde, diese Provokation, die wir damit erzeugen, die sollten wir auch aushalten können.

Milena Preradovic: Ja, wir haben aufgeheizte Zeiten, also verbal eskaliert das ja schon, auch dieser Krieg in der Ukraine auch aus deutscher Sicht. Und auch so ein Atomkrieg kann ja auch mal fast aus Versehen losgehen. Sie haben sich mit Stanislav Petrov kurz vor seinem Tod getroffen. Das war der Offizier der ehemaligen Sowjetarmee, der 1983 einen Atomkrieg verhindert hat. Ganz allein nur er. Was ist damals passiert? Nur so für als Erinnerung.

Dr. Leo Ensel: Ich versuche es mal ganz kurz zusammenzufassen. In der Nacht vom 26. auf den 27. September 1983, das heißt mitten im kältesten Krieg, die Stationierung von Atomraketen von Pershing 2 und Cruise Missiles in Mitteleuropa stand unmittelbar schon bevor. Man weiß auch, dass der damalige Generalsekretär der KPdSU schon fast mit einem atomaren Überfall des Westens gerechnet hatte. In dieser Nacht schrillten im sowjetischen Atomraketen-Abwehrzentrum bei Moskau die Sirenen. Einmal. Dann musste der diensthabende Offizier Stanislaw Petrow innerhalb von wenigen Minuten eine Entscheidung treffen, „ist das tatsächlich ein Angriff der Amerikaner mit Interkontinentalraketen auf unser Terrain? Oder könnte es auch ein Fehlalarm sein?“ Er hatte gelernt in seiner Ausbildung, und es kommt noch dazu per Zufall war er für diese Nacht eingeteilt und er war auch an der Entwicklung der Software für dieses Raketenabwehrsystem beteiligt gewesen. Also er wusste ungefähr, wie diese Software funktioniert. Das war reiner Zufall. Normalerweise wäre ein Militär dort dran gewesen. Er hatte gelernt, wenn die Amerikaner einen Erstschlag, einen atomaren Erstschlag ausüben sollten, dann machen sie das mit einer ganzen Flotte von Atomraketen. Denn es muss ja sozusagen garantiert werden, dass die gegnerische Seite keinen vernichtenden Gegenschlag mehr führen kann. Es war aber nur eine Meldung und er plädierte für Fehlalarm. Er meldete das nach oben, legte den Hörer auf und dann gab es den nächsten Alarm. Das zweite Mal, das dritte Mal, das vierte Mal, fünf Mal hintereinander. Und er blieb bei seiner Entscheidung. Und dann, nach 20 quälenden Minuten, passierte nichts. Gott sei Dank. Hätte dieser Mann anders entschieden, wäre das an den äußerst argwöhnischen Juri Andropow gemeldet worden. Der hätte möglicherweise in der irrigen Annahme, die Amerikaner hätten einen Erstschlag ausgeübt, in der Logik der Abschreckung einen gefühlten Zweitschlag, in Wirklichkeit aber einen Erstschlag ausgelöst, dem dann natürlich der vernichtende Gegenschlag gefolgt wäre.

Milena Preradovic: Also um Haaresbreite kann man sagen.

Dr. Leo Ensel: Um Haaresbreite. Ich wollte mich bei ihm bedanken, deswegen bin ich zu ihm hingefahren.

Milena Preradovic: Ja, wir könnten uns eigentlich alle bei ihm bedanken. Halten Sie eine ähnliche Situation auch heute für möglich?

Dr. Leo Ensel: Ja. Man muss sagen, wenn diese, wie ich das nenne Nachrüstung 2.0, in zwei Jahren tatsächlich kommen sollte, falls nicht bis dahin eine neue, starke, kraftvolle Friedensbewegung entsteht, die das verhindert oder sich vielleicht in unserem Parteienspektrum in der Zusammensetzung des Bundestages durch eine andere Partei, die gerade im Entstehen ist, die Kräfte grundlegend ändern, dann sitzen wir auf einem Pulverfass. Die Logik ist ja nach wie vor die: Wer als Erster schießt, stirbt als Zweiter. Die Raketen, die bei uns in zwei Jahren stationiert werden sollen, Hyperschallraketen, brauchen ungefähr acht Minuten, bis sie die westlichen Städte Russlands erreichen können. Im Gegensatz zu den Raketen früher beschreiben die keine ballistischen Bahnen mehr, das heißt, die können bis zum Schluss in das Ziel gesteuert werden, möglicherweise auch durch künstliche Intelligenz. Sie sind also nach dem heutigen Stand der Technik nicht mehr rechtzeitig zu eliminieren. Jetzt muss man sich einfach in die und das sollte man immer in dieser Situation in die Schuhe der Gegenseite stellen. Völlig egal, ob man Putinfan ist oder ob man ihn aus tiefster Seele hasst oder wer da auch immer sitzen mag. Das kann auch der heilige Franz von Assisi sein, der Mensch, der dort sitzt, muss im eigenen Interesse diese Raketen selbst rechtzeitig ausschalten, bei Strafe seines eigenen Untergangs. Das heißt, wir haben es mit einem Selbstzündungsmechanismus zu tun, der in Krisen- und Kriegszeiten sich verselbstständigen kann. Dazu kommt noch die Vorwarnzeiten sind so kurz und die zu verarbeitenden Informationen werden immer mehr. Es ist in dieser Logik ein sogenannter Sachzwang, immer mehr Teil-Entscheidungen an künstliche Intelligenz zu delegieren. Weil ein einziger Mensch kann in dieser Kürze der Zeit überhaupt nicht mehr alle Informationen verarbeiten. Wenn man das jetzt zu Ende denkt und eins und eins zusammenzählt, dann wird früher oder später die Sicherheit oder die Frage Sein oder Nichtsein für unseren gesamten Planeten von künstlicher Intelligenz, also von Automaten, abhängen, wenn wir nicht Rechtzeitig das Steuer herumreißen.

Milena Preradovic: Ja, und danach sieht es ja nicht aus. Ich habe es ja gerade schon erwähnt. Es wird täglich verbal eskaliert. Putin wird dämonisiert. Also als Irrer, als der neue Hitler als sowas dargestellt. Also dieses neutrale von oben mal auf die Situation schauen ist völlig abhanden gekommen. Was löst denn das so eine verbale Eskalation auch psychologisch aus? Bei den Menschen, bei den normalen Menschen?

Dr. Leo Ensel: Ich würde gerne Ihre Frage, bevor ich sie beantworte, zuerst umkehren, nämlich in dem Sinne: Was für psychologischen Gründe gibt es denn, dass wir die andere Seite so maßlos dämonisieren, dass wir sie zu solchen zweiten Hitlers oder was auch immer aufblasen? Und da gibt es schon seit den 50er Jahren einen sehr klugen Satz von einem Friedensnobelpreisträger, der Physiker war ein Herr Blackett aus Großbritannien. Der hat folgendes gesagt: „Wenn einmal ein Land über eine absolute Waffe verfügt, dann wird es notwendig sein, an einen absoluten Feind zu glauben“. Und zwar deswegen, wenn wir über eine Waffe verfügen, die Hunderttausende, die Millionen Menschen sofort ausrotten kann, die Massenmord begehen kann, dann können wir das vor unserem Gewissen nur dann rechtfertigen, in Anführungsstrichen, wenn wir den Feind maßlos verteufeln. Das heißt, sobald ich eine absolute Waffe habe, bin ich sozusagen psychologisch gezwungen, an einen absoluten Feind zu glauben. Die Waffe schreibt mir vor, welches Feindbild ich zu erzeugen habe.

Milena Preradovic: Ja, das ist ein sehr interessanter Aspekt und ich frage mich aber auch, ob Bürger nicht so auch kriegsbereit gemacht werden. Es ist ja ein propagandistisch propagandistisches Mittel, immer auch die Wiederholung, immer das Eintrichtern. Das heißt, die Leute gewöhnen sich dran, verrohen auch, würde ich sagen. Leute sind ja inzwischen von allen Seiten begeistert, wenn Menschen sterben. Hauptsache es sind dann die bösen Menschen, die gestorben sind. Und das ist ja eine Verrohung. Kann es sein, dass dann die nächsten Generationen wesentlich kriegsbereiter sind als die jetzt, die ja immerhin noch in der Mehrheit Angst haben?

Dr. Leo Ensel: Was man auf jeden Fall sehen kann, ist, dass es eine gewisse Abstumpfung gibt gegenüber drastischen Formulierungen. Also dieses Wort „kriegsbereit“, das hat ja am Anfang noch einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. „Kriegstüchtigkeit“, so hat der entsprechende Minister das ja genannt. Da haben wir uns mittlerweile schon dran gewöhnt. Wir gewöhnen uns an viele Dinge, die gehen jetzt links rein und rechts raus, die vor zehn, zwölf Jahren noch einen Skandal ausgelöst hätten. Ich kann mich erinnern, dass der damalige Bundespräsident Herr Köhler musste zurücktreten, nachdem er gesagt hatte, ich kriege es nicht mehr wörtlich hin, aber sinngemäß, es wäre im deutschen Interesse, bestimmte Nachschubwege auch militärisch abzusichern. Ich kriege es nicht mehr wörtlich hin, aber dafür musste er damals gehen. Wenn heute das gesagt wird oder wenn heute Bundeswehrmarineschiffe durch die Straße von Taiwan fahren, dann wird das einfach hingenommen. Wir gewöhnen uns an eine gar nicht mehr schleichende, sondern offene Militarisierung. Dazu gehört ja auch diese Zivilschutzübung, die vor kurzem gemacht wurde, wo es plötzlich auf allen Handys in der Bundesrepublik geklingelt hatte, wo so ein Alarm durchgespielt wurde. Das heißt, wir sind schon dabei und uns an eine kriegsbereite Gesellschaft zu gewöhnen. Und das ist schon alarmierend genug.

Milena Preradovic: Ja, ein schönes Schlusswort. Vielen Dank, Dr. Ensel, für diesen spannenden Blickwinkel auf den Krieg und seine Psychologie und auch auf die Stille, die herrscht. Danke, dass Sie da waren.

Dr. Leo Ensel: Sehr gerne. Danke schön auch.

Milena Preradovic: Tja, Leute, es ist natürlich menschlich, unangenehme Dinge zu verdrängen. Ich denke auch nicht dauernd, dass ein großer Krieg ausbrechen könnte. Aber immer, wenn ich das Kriegsgeschrei, wie ich es nenne, höre, den Schrei nach immer mehr Waffen, dann brummt mein Bauch. Eins haben wir in den letzten Jahren gelernt: Die Welt ändert sich schneller als wir jemals dachten und alles ist möglich. Also auch das Gute. Ich wünsche euch eine gute Zeit. Bis bald.

Interview with Dr. Leo Ensel (english)

Milena Preradovic: Every child knows that war is the ultimate hell, even in Germany. The two lost world wars, especially the last one, dominate school books and the media to this day. Never again, they say. And yet the just war is now being propagated again as a possible means, an enemy stereotype is being demonized and long-range missiles are being stationed in Germany that make the country a target. Especially in these heated times. And the public outcry is completely absent. Difficult to understand. Shouldn’t we all be vehemently committed to peace? In our own interest? Surveys show that the majority is afraid of an escalation of the war in Ukraine. And yet there is silence. Why is that? Now in point Preradovic. Hello, Dr. Leo Ensel. Nice to have you here.

Dr. Leo Ensel: Hello, Ms. Preradovic.

Milena Preradovic: So, I’ll introduce you briefly. You are a conflict researcher, author and intercultural trainer with a focus on Eastern Europe and the post-Soviet space. You studied education and were very active in the peace movement in the 80s, so in the 1980s, as you can see from the button you are wearing. You have published extensively on the research fields of fear and nuclear armament and the social psychology of reunification, as well as conducting studies on Germany’s image in the post-Soviet space and writing one of your books about it. In the new West-East conflict, your main concern is overcoming false narratives, de-escalation and rebuilding trust. To this end, they have written around 250 essays since the beginning of March 2014, traveled extensively in the post-Soviet space, and led intercultural training there since the mid-1990s, including at local Goethe Institutes. They are members of the German-Russian Forum, have met with Mikhail Gorbachev twice, write for the Nachdenkseiten, among others, and it is very important to them to emphasize their independence. You also deal extensively with this new belligerence in Germany, of all places. There we have rearmament. Conscription is to be reintroduced, US long-range missiles are to be stationed, fear of a major war is being stirred up, the Russians are being demonized, no efforts are being made to communicate and there is no policy of détente at all, which is what distinguished Germany after the Second World War. Where does this change of direction come from? Why are we where we are?

Dr. Leo Ensel: That’s a very good question, and one that I’ve been puzzling over for a long time. I would perhaps like to qualify the term belligerence a little bit, because I don’t think it applies to the majority of the population.

Milena Preradovic: I’m talking a bit more about politics.

Dr. Leo Ensel: There are certain parties that used to be very, very different and have almost completely changed course. So what I basically blame our government for, but also the EU, NATO and the US, what you might call the collective West, is the total refusal of diplomacy. Right now, nothing is happening. There are diplomatic initiatives, but they are not coming from the West. They are coming from Brazil, China, India and even the Vatican. Nothing is coming from our side. Why is that? I don’t think I can pull a plausible answer out of the hat quickly, because I keep asking myself the same question. And because it sometimes leaves me speechless.

Milena Preradovic: But could it be that it’s also because, let’s say the Germans, German politics look very much to the US, so that means many even speak of a vassal state that has now developed even more.

Dr. Leo Ensel: You took the words right out of my mouth. Yes, well, in my opinion, our government does not represent German interests. German European interests would mean that we have no wars here on our continent, by the way, not even around our continent. And if there are wars, that they are settled peacefully as quickly as possible. Our government is obviously not pursuing these interests. On the contrary. If you look at what our Chancellor announced en passant from Washington two months ago – I’ll call this something I’ve summarized somewhat loosely as „rearmament 2.0“ – you can see that our country is being held hostage. The decision to possibly deploy medium-range missiles, which will be with us in two years, lies solely with the United States. This is almost a harakiri option. And in fact, these are not our interests. I can only imagine that in the meantime, the top positions in both politics and, above all, the media are almost exclusively occupied by trans-Atlanticists, which can probably be traced back to a very sustainable policy of the USA in terms of promoting elites in Germany. Transatlantic networks.

Milena Preradovic: Yes, well, the news that Scholz brought back from the US, namely that long-range, medium-range and cruise missiles capable of hitting Moscow at any time will be stationed in Germany from 2026, has never been signed by Germany, by the way. There is no treaty, there is only a declaration by the US. That is also significant, of course.

Dr. Leo Ensel: It can’t even be voted on in the Bundestag. That’s another difference to the situation in the 80s.

Milena Preradovic: Exactly. They simply decided that it doesn’t have to be discussed and doesn’t have to be voted on. There was also no major debate about it. That is also something that is typical of our time. In surveys, 61 or even 70% of people say they fear an escalation of the Ukraine war. Germany would of course be involved then. But there are no major peace movements like in the 80s. There is complete silence, actually. Do you have an explanation for that?

Dr. Leo Ensel: Well, first of all, this silence is eerie and actually this silence is a scandal. We do indeed see it the same way you do: you can’t say that the population is now belligerent or lustful. The problem is not that, but the problem is that the population is largely reacting apathetically or remains in a state of shock. I think there are a number of reasons for this. It cannot be traced back to one single cause. There are current reasons and there are also reasons that are rooted in this nuclear situation itself. I’ll start with the current reasons. It’s scandalous that climate protectors are completely blind to the issue of armaments policy. Actually, one would think that climate protection and antimilitarism go together, because after all, nothing can destroy the climate faster than a nuclear strike. And it does so permanently. The question is why, for example, this young generation, as I call it, is blind to the issue of armaments policy? One aspect, as I said, there are more, but let’s start with that. I think there are several reasons for this. The first is that this generation had the invaluable good fortune to grow up unburdened by fears of war and, in particular, of nuclear war. That was different, as you probably remember, not only for me but also for you in our generation; we are, at least I think so, both still children of the Cold War. So we knew, we grew up with the feeling that it could happen at any time. And if it does, then both German states will be the battlefield of the superpowers. This war will be waged with nuclear weapons. No stone will be left unturned here. We all had to grow up with this fear. Of course, this has also led to us being highly sensitized on this point.

Dr. Leo Ensel: And because the generation of climate protectors fortunately did not have to grow up with these fears, it is completely understandable that they have not developed a corresponding awareness of the problem. In addition, since German reunification, the war or the threat of war has been felt to have shifted 1000 kilometers to the east. We are not the center of attention at the moment, but active fighting is currently taking place in Ukraine. That seems far away. Of course, it could quickly spill over into our country, but that idea is relatively abstract for now. It is not as tangible as it was in our times. The second point, that is, the threat of war, has not felt real, but it has felt like it has shifted 1000 kilometers to the east. The generation that experienced the war, the Second World War, is dying off. And my generation, the generation of the Cold War, the children of the Cold War, we are no longer the youngest either. This means that those who are now 30 know war, for them it must date back to paleontological times and, I believe, no longer have any direct connection to war, what war actually means. My final point, if I may add one, is that every generation has a certain potential for outrage. In my opinion, on the one hand, this is directed very strongly, and quite justifiably, at the issue of climate change and global warming. What is left then is directed at veganism, political correctness and gender issues. I don’t think there’s any more potential for outrage. And the terrible thing I see in all this is that there is actually a generation of polarity, possibly even a generational conflict, along the lines of „peace for the old and the climate for the young“. But actually, they belong together.

Milena Preradovic: Yes, but of course there is also great silence among the elderly. You can’t say otherwise. So not only among the young. And what we’ve heard a lot about Corona: „Oh, I can’t change anything anyway.“ Yes, and many people feel powerless. Is the dream of the citizen as sovereign perhaps also over, who was still more alert in the 80s?

Dr. Leo Ensel: I hope not. Let’s put it this way: the problem is also that there are indeed demonstrations of outrage. It’s not as if you could simply say that our society is asleep politically or something like that. I would put it this way: there are desired fears, there are desired demonstrations and there are unwanted fears and unwanted demonstrations. Everything that has to do with climate is desired. Giant demonstrations on Christopher Street Day are also welcome. What else is there? „Against the right“, very important, everyone goes there. And if we define it a little more precisely in the sense of „no further armament, no further escalation between the West and Russia or between the West and China“, then it becomes difficult. And these people, thank God they exist too, but there are not enough of them. And in fact, I was at both of the big peace demonstrations in Berlin, which were huge for today’s times, and the 60-plus generation dominated. Which doesn’t mean that everyone in this generation who used to take to the streets is doing so again, because otherwise there should be at least 100,000 of us.

Milena Preradovic: Yes, yes, the problem is that anyone who advocates peace and negotiations in this war, anyone who takes to the streets, has basically been called Putin’s lackey since the war began. Maybe that’s another reason why people have gotten used to it, that they tend to cower and not attract attention?

Dr. Leo Ensel: I have to say, frankly, that this is part of any normal war, that the opposing side is demonized and that if you advocate de-escalation, you are then defamed as a lackey of the other side.

Milena Preradovic: We are not really a warring party. That’s not really our opponent.

Dr. Leo Ensel: Ask our foreign minister. She recently made herself very clear, and I have no reason to contradict her on this point. What I wanted to say is, we still know this well. The same phrases. Today it is called „Putin-Versteher“, „Putin Knecht“. In the past, we were told, „Go over there. Go over to the GDR if you don’t like it here“. I still remember the first big peace demonstration of the then new peace movement of the 80s. That was in October 1981. There were 300,000 of us in Bonn and a helicopter was circling above us with a banner that said: „Who is demonstrating in Moscow?“ So that means it’s all old, and it’s part of every war that those who advocate de-escalation are, of course, defamed as agents of the enemy side. In that sense, it’s something quite normal.

Milena Preradovic: Yes, only the difference is that back then people didn’t let themselves be deterred. There were a lot of young people too. Yes, they said: „so no, we, we stay, we insist on it, we insist on it“. That just doesn’t happen today. And that’s why that was also my question about the responsible citizen. And I wonder if, since the Corona era, we have a, let’s say, a citizen who has gotten used to being told what to do. For example, going to government demonstrations or demonstrations co-organized by political parties and pro-government organizations.

Dr. Leo Ensel: To what extent Corona plays a role in this, I can’t say. To be honest, I didn’t follow it that closely back then either. As for my generation, I always think that not all of them can be dead and in need of care yet. So we’re not that old yet. I can’t shake the feeling that quite a few people simply have this attitude, either tacitly or explicitly. It’s like, „We fulfilled our peace quota for life 40 years ago, now we’ve had enough. Now we can sit back and twiddle our thumbs, now it’s the others‘ turn.“

Milena Preradovic: Okay, then I’m from a different generation. We already touched on this earlier. You said that the important posts are also occupied by transatlantics in politics and the media. But it is quite astonishing that the Greens are now calling for more and more weapons and tanks. That’s the former peace party. And how did the Greens become these transatlantics?

Dr. Leo Ensel: Three days ago I saw the movie „Petra Kelly Act Now“. And it just started now, and it seems to me that the director’s intention is to turn Petra Kelly into an early Luise Neubauer. Or, conversely, to sell us Luise Neubauer as a return or reincarnation of Petra Kelly. The only problem is that precisely in this production, Ms. Kelly’s anti-militarism, her pacifism, her clear stance against nuclear weapons, all of that falls through the cracks. That is, this film is perfectly compatible for the ruling party of the Greens. The question is, how could it come to this and what are the underlying reasons? I think the original sin of the Greens was indeed their approval of NATO’s illegal war of aggression against the Federal Republic of Yugoslavia. It was illegal, as former German Chancellor Schröder later admitted without beating around the bush. Joschka Fischer’s achievement was to force the Greens, then still against bitter resistance, into this war. Now it’s a completely different generation that’s calling the shots. So the last thorn in the side of the Greens, in the form of their smartest politician ever, namely Antje Vollmer, died a year and a half ago.

Dr. Leo Ensel: She was actually the walking guilty conscience of her party, which had turned around. The smartest woman. And now? Vicious, I’d say. Now it’s just the transatlantic playback generation’s turn. There has been a complete change of personnel and the issues that dominate are, in my opinion, perfectly compatible with the prevailing thinking, i.e. „environmental protection“ is okay to a certain extent, „promotion of women“ is wonderful, „against the right“ is very vague, without mentioning the reasons, without going into the causes of why so many people, most of whom are, I hope, not Nazis, Using the right as a protest option, that’s all gone. I can also put it another way: instead of political analysis, perceived moral superiority dominates. I myself come from a very conservative Catholic household in the Rhineland, and in the 1950s there was a hymn that went: „We are in true Christianity. We thank you, O Lord.“ That’s the same attitude that you find today among the Greens. We are on the right side. The rest of the world should kindly become like us. We should not question ourselves.

Milena Preradovic: What I also wonder about and what I question is precisely with the Greens in the fight for climate protection and also with these Fridays for Future and with these whole organizations, the climate stickers, there are also industrial donors, so from corporations, billionaires are behind it and I wonder if it might also have to do with the fact that these, let’s say, the wars are not doubted because maybe these parties also benefit from them?

Dr. Leo Ensel: It could well be.

Milena Preradovic: That’s all you know about it?

Dr. Leo Ensel: I don’t have any background information on that, but I think it’s quite plausible. Yes, in any case, you can say it the other way around. We people who take to the streets and advocate de-escalation are not supported by Moscow.

Milena Preradovic: Yes, that’s another wonderful narrative. Which is also a big contradiction, at the same time warmongers, I mean the Greens and climate protectors. That kind of bites its own tail, doesn’t it?

Dr. Leo Ensel: Yes, it is. The military is one of the biggest climate killers in peacetime and an environmental killer in wartime. As I said, we briefly had the option of a limited nuclear exchange that could destroy the climate forever. It should be perfectly clear to anyone who can put two and two together. It would be obvious that both sides belong together. Incidentally, 40 years ago, I don’t want to say that everything was better in the past, but there was a word 40 years ago that summed it up nicely, and this word has, significantly, been completely forgotten. The word that was on everyone’s lips at the time, including Petra Kelly’s, was Ecopax. Eco and Pax, peace. So the fight against the military destruction of our planet and the fight against the so-called peaceful destruction of our planet are factually inseparable.

Milena Preradovic: You met with Mikhail Gorbachev twice and he once said: „I remember the loud voice of the peace movement against war and nuclear weapons in the 1980s“. That voice was heard. What are the Russians hearing today?

Dr. Leo Ensel: I don’t see any Russian media, so I can’t tell you much. I think that above all, an image of the West is drawn, not without good reason, at least in some points, as far as the political, the official policy is concerned, which is not interested in an agreement. And personally, I also have a slightly different view of things, as far as the whole history of the war is concerned. I also notice – and this is very surprising – from people I know well who live in Moscow, that there is still great love for the Germans among the „normal Russians“, as I will call them. And the people I know, the Germans who are currently living in Russia, have no problems at all with the general population. That means that they are not held hostage by the population for what our government does. And many are still interested in contacts. I think that’s the most important thing, which is why I’m in the German-Russian Forum and still in the German-Russian Forum right now. We should actually do everything we can to ensure that interpersonal contacts are not broken off. On the contrary, they should be encouraged. The problem is that the restrictions imposed by our side regarding travel options alone have made this difficult. For example, there are no more direct flights from EU countries to Moscow and vice versa. Russians hardly have any chance of getting normal Russian citizens visas for the European Union. City partnerships are on hold. It is essential to continue at this level. And there are also some people who are doing that. Thank God they are connected with difficulties. I know of a German-Russian peace initiative that makes music together. They are now meeting in Turkey, in Izmir, and are doing projects there. This neutral space is relatively accessible for both sides.

Milena Preradovic: How is the current situation, that is, this war, being discussed in the German-Russian Forum?

Dr. Leo Ensel: In the first phase, we were all paralyzed. I can only speak for myself, but I’m not the only one. We in the German-Russian Forum have been very keen to promote contacts between Russians and Germans since the early 1990s. Even before the war, we were criticized for „understanding Russia.“ In this respect, Putin’s invasion of Ukraine was of course also a stab in the back for us. So that’s what he’s like, he hasn’t exactly made things easier for us either. I can see that the West has a large share in this, in the dual sense of the word, that it has come to this. But I also think that it has not been made any easier for me by the Russian side either. It took us quite a while to reorient ourselves in the German-Russian forum. We have decided not to make any immediate political statements. It’s a bit like walking through a minefield, and you can only lose, whichever way you turn. Our motto is: „We are here“ if anyone is looking for a point of contact. We are still here. There were suggestions that the German-Russian forum should change its name. We deliberately stuck with this name. This seemingly harmless name is almost provocative in today’s world. And I think we should be able to withstand the provocation that it creates.

Milena Preradovic: Yes, we have heated times, so verbally it escalates, also this war in Ukraine also from a German point of view. And even a nuclear war can start almost by accident. You met with Stanislav Petrov shortly before his death. He was the officer of the former Soviet Army who prevented a nuclear war in 1983. All by himself. What happened back then? Just as a memory.

Dr. Leo Ensel: I’ll try to summarize it very briefly. On the night of September 26-27, 1983, that is, in the middle of the Coldest War, the deployment of Pershing 2 and Cruise missiles in Central Europe was imminent. It is also known that the then General Secretary of the CPSU had almost expected a nuclear attack by the West. That night, the sirens went off at the Soviet nuclear missile defense center near Moscow. Once. Then the officer on duty, Stanislav Petrov, had to make a decision within minutes: „Is this really an attack by the Americans with intercontinental missiles on our territory? Or could it also be a false alarm?“ He had learned in his training, and it just so happened that he was on duty that night, and he had also been involved in developing the software for this missile defense system. So he knew roughly how this software works. It was pure coincidence. Normally, a military would have been on it. He had learned that when the Americans were to carry out a first strike, a nuclear first strike, they would do so with a whole fleet of nuclear missiles. Because it must be guaranteed, so to speak, that the opposing side can no longer carry out a devastating counterstrike. But it was just a report and he pleaded for a false alarm. He reported this upwards, put down the receiver and then there was the next alarm. The second time, the third time, the fourth time, five times in a row. And he stuck to his decision. And then, after 20 agonizing minutes, nothing happened. Thank God. If this man had made a different decision, it would have been reported to the extremely suspicious Yuri Andropov. He would have possibly triggered a perceived second strike in the logic of deterrence, but in reality a first strike, in the mistaken belief that the Americans had carried out a first strike. This would then, of course, have been followed by a devastating counterstrike.

Milena Preradovic: So it was a matter of inches, you could say.

Dr. Leo Ensel: A matter of inches. I wanted to thank him, that’s why I went to see him.

Milena Preradovic: Yes, we could all thank him, actually. Do you think a similar situation is possible today?

Dr. Leo Ensel: Yes. It must be said that if this, as I call it, retrofitting 2.0, should actually come in two years, if not until then a new, strong, powerful peace movement arises that prevents it or perhaps in our party spectrum in the composition of the Bundestag by another party that is just emerging, the forces fundamentally change, then we sit on a powder keg. The logic is still the same: the first to shoot is the first to die. The missiles that are to be stationed with us in two years, hypersonic missiles, take about eight minutes to reach the western cities of Russia. In contrast to earlier missiles, they no longer describe ballistic trajectories, which means that they can be steered into the target until the very end, possibly also by artificial intelligence. So, according to the current state of technology, they can no longer be eliminated in time. Now, you just have to put yourself in the shoes of the other side, and you should always do that in this situation. It doesn’t matter whether you’re a fan of Putin or whether you hate him with every fiber of your being, or whoever is sitting there. It could also be Saint Francis of Assisi. The person sitting there must, in their own interest, switch off these missiles in time, under penalty of their own destruction. That means we are dealing with a self-ignition mechanism that can become self-sustaining in times of crisis and war. In addition, the advance warning times are so short and the amount of information to be processed is constantly increasing. In this logic, it is a so-called practical constraint to delegate more and more partial decisions to artificial intelligence. Because a single person can no longer process all the information in such a short time. If you think this through to the end and put two and two together, then sooner or later security or the question of being or not being for our entire planet will depend on artificial intelligence, that is, on machines, if we don’t change course in time.

Milena Preradovic: Yes, and it doesn’t look like it’s going to happen. I just mentioned it. There is a verbal escalation every day. Putin is demonized. So as a madman, as the new Hitler, he is portrayed as something like that. So this neutral view of the situation from above has been completely lost. What does such a verbal escalation trigger psychologically? In people, in normal people?

Dr. Leo Ensel: Before I answer your question, I would like to turn it around and ask: What are the psychological reasons for demonizing the other side to such an extent, for blowing them up into second Hitlers or whatever? And there has been a very clever sentence from a Nobel Peace Prize winner, a physicist from Great Britain, since the 1950s. He said the following: „If a country has an absolute weapon, then it will be necessary to believe in an absolute enemy“. And that is because if we have a weapon that can exterminate hundreds of thousands, millions of people instantly, that can commit mass murder, then we can only justify this to our conscience, in quotation marks, if we excessively demonize the enemy. That means that as soon as I have an absolute weapon, I am, so to speak, psychologically forced to believe in an absolute enemy. The weapon dictates to me what image of the enemy I have to create.

Milena Preradovic: Yes, that’s a very interesting aspect, and I also wonder if this isn’t how citizens are prepared for war. It’s a propagandistic means of propaganda, always repeating, always hammering it into people. That means people get used to it, I’d say they brutalize. People are thrilled by the death of people from all sides, meanwhile. The main thing is that they are bad people who have died. And that is brutalization. Is it possible that the next generations will be much more willing to go to war than the ones now, who, after all, are still afraid in the majority?

Dr. Leo Ensel: What you can see in any case is that there is a certain dulling of drastic formulations. So this word „willing to go to war“, that caused a storm of indignation at the beginning. „Willingness to go to war“, that’s what the corresponding minister called it. We’ve gotten used to it in the meantime. We’re getting used to a lot of things. They go in on the left and out on the right, and would have caused a scandal ten or twelve years ago. I remember that the then Federal President, Mr. Köhler, had to resign after saying, I can’t get it word for word, but the gist of it, it would be in Germany’s interest to secure certain supply routes militarily as well. I can’t remember the exact words, but that’s why he had to go. If the same thing were said today, or if Bundeswehr naval ships were to sail through the Strait of Taiwan today, it would simply be accepted. We are getting used to a militarization that is no longer creeping up on us, but is instead being openly displayed. Part of this is the civil defense exercise that was recently conducted, where suddenly all cell phones in Germany rang, and an alarm was tested. That means we are already in the process of getting used to a society ready for war. And that is alarming enough.

Milena Preradovic: Yes, a nice final word. Thank you very much, Dr. Ensel, for this exciting perspective on war and its psychology and also on the silence that reigns. Thank you for being here.

Dr. Leo Ensel: My pleasure. Thank you too.

Milena Preradovic: Well, guys, it’s only human to repress unpleasant things. I don’t constantly think that a big war could break out. But whenever I hear the war cries, as I call them, the cries for more and more weapons, then my stomach rumbles. We have learned one thing in the last few years: the world is changing faster than we ever thought and anything is possible. So is the good. I wish you a good time. See you soon.

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13 Kommentare

  1. Hallo

    Für die Jugend ist „Protest“ nur noch Lifestyle. Teil des eigenen Image-Managements, der Karriere, der Insta-Pflege, …

    Die Restlichen sind apathisch, haben resigniert. Keinen Rechtsstaat mehr, Verfolgung für Meinung am Arbeitsplatz, Ohnmacht, Diffamierung, all diese Dinge.
    Manche sind zum Beten übergegangen, passiver geht es wohl kaum noch, und es gibt eine Bewegung, die propagiert, unser Beten wäre das, was die andere Seite am meisten von allem fürchte (kann das sein? ich bin da ja skeptisch).

    Antworten
    • Hallo

      Und mit solchen Statements wie meinem füttern wir dann noch die KI, damit sie noch bessere Strategien entwickeln kann, um uns zu bekämpfen und z.B. noch apathischer zu machen…

      Antworten
    • G.Nau

      Servus Grüezi und Hallo,
      wann war denn „Protest“ für die Jugend jemals mehr als Lifestyle?
      Was hatten denn die langen Haare der „68er“ mit ernsthaftem Protest zu tun? Das war doch auch nur Lifestyle!
      Wie kann man überhaupt noch ernsthaft protestieren, wenn der US-Präsident billige Zaubertricks aufführt, um die öffentliche Meinung zu steuern (Fake-Attentat)? Wenn man nicht mehr weiß, was real ist, dann fällt das Protestieren schwer und darunter litten auch schon die „68er“. Die Generation Wolfgang Niedecken interpretierte das Schweigen ihrer Eltern über die Nazizeit als Schuldeingeständnis – dabei schwiegen die Eltern bloß, um nicht lügen zu müssen. Die Wahrheit sagen durften sie nicht – lügen wollten sie nicht – also schwiegen sie lieber und hofften, dass ihre Kinder irgendwann ihr Hirn einschalten und die Wahrheit selber herausfinden würden. Leider hat das nicht bei allen – z.B. bei Wolfgang Niedecken – geklappt…

      Antworten
  2. Kerstin Schubert

    Nimmt man nicht Ketchup bei solchen Gelegenheiten?
    Vielleicht würde es Ihnen gut tun, bei alem berechtigten Mißtrauen nicht jeden Quatsch bereitwillih zu glauben, der in Social Media wabert…

    Antworten
  3. Klawitter

    Na, dann hoffen wir mal auf Trump und Kennedy. Trump war der bisher einzige US-Präsident, der in seiner Amtszeit keinen Krieg geführt hat und zusammen mit Kennedy der Kriegstreiberei und der Korruption ein Ende setzen will. Wenn Harris gewinnt, dann fürchte ich, dass das predictive Programming erfolgreich sein wird. Dann geht es Richtung Matrix (da sind wir schon fast, siehe die ganzen Lemminge, die bei Krieg und Impfung Hurra schreien) und Terminator (dann übernehmen die Maschinen/KI – und dann wird es richtig übel).
    Interessant in Bezug auf die Lemminge ist übrigens eine Aussage des WEF, welche schon seit 2022 auf deren Webseite steht, nämlich dass Covid19 ein Test war, ob die Menschheit auch den größten Blödsinn mitmacht. Dieser Test wurde von dem Großteil bestanden. Und weiter geht’s mit SMART Cities und Klimawahnsinn. https://www.weforum.org/agenda/2022/09/my-carbon-an-approach-for-inclusive-and-sustainable-cities/
    Ich ertrage diesen ganzen Irrsinn nur mit der Attitude, dass ich im Kino bin und mir einen völlig durchgeknallten Film von Quentin Tarantino ansehe.

    Antworten
    • G.Nau

      @Klawitter
      Ich kann Ihnen definitiv versichern, dass es völlig egal ist, wer die nächste PräsidentIn sein wird, denn der Präsident hat nichts zu sagen, sondern ist lediglich der Repräsentant des Kapitals. Der Anschlag auf ihn war übrigens getürkt: Er wurde überhaupt nicht am Ohr verletzt, sondern ein Mitarbeiter des secret service hat ihm rote Farbe ins Gesicht geschmiert, als er hinter dem Pult verborgen war. Sagen Sie nicht, sie haben diesen Schwindel geglaubt…

      Antworten
      • Kerstin Schubert

        Nimmt man nicht Ketchup bei solchen Gelegenheiten?
        Vielleicht würde es Ihnen gut tun, bei alem berechtigten Mißtrauen nicht jeden Quatsch bereitwillih zu glauben, der in Social Media wabert…

        Antworten
        • G.Nau

          @Kerstin Schubert
          Sie haben keine Medienkompetenz, denn Sie glauben, Sie hätten gesehen wie Trump von einer Gewehrkugel getroffen wurde. Was Sie tatsächlich gesehen haben ist: Trump unterbricht sich und schaut nach rechts – Trump fasst sich ans Ohr – Trump duckt sich hinter das Pult – Trump steht wieder und hat etwas rotes im Gesicht. Das wäre nicht verdächtig, wenn nicht mehrere Augenzeugen ausgesagt hätten, dass sie den Mann mit dem Gewehr gemeldet hätten, ohne dass etwas unternommen wurde. Das heißt, dass der secret service nicht überrascht war sondern bereits von diesem Mann wusste.
          Übrigens: Ich plappere keine Theorien von anderen Leuten nach, denn ich bin anderen Leuten meist einen Schritt voraus…

          Antworten
  4. Bayer Erich

    Ich bin für Frieden und Göttliche Manifestation,
    Wünsche Ihnen von ganzen Herzen eine schöne Zeit.
    Ich warte auf Ihre geschätzte Rückantwort.
    Ich ersuche um Kenntnisnahme.
    Für Rückfragen und Auskünfte bin ich erreichbar.
    Mit freundlichen Grüßen
    Erich Bayer
    Hasengasse 35-41/1/20
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  5. G.Nau

    Einstein hat einmal gesagt, dass es Wahnsinn sei, immer wieder das Gleiche zu probieren und andere Ergebnisse zu erwarten. Dem folgend stelle ich fest, dass die älteren Leute, die nicht mehr für Frieden und Abrüstung demonstrieren, etwas aus der Geschichte gelernt haben während die, welche es trotz aller Beweise seiner Unwirksamkeit immer noch tun, dem Wahnsinn zuneigen.

    Warum die Deutschen sich diese Politik gefallen lassen, will Herr Ensel wissen. Diese Frage kann ich beantworten:
    Bei uns in Hamburg sagte man noch in den 70er Jahren für stehlen „englisch Einkaufen“, weil sich die britischen Kriegsgewinner ungeniert alles nahmen, was sie haben wollten. Wagte es jemand, dagegen zu protestieren, dann hielten die „Befreier“ ihm einen Gewehrlauf unter die Nase und fragten ihn, ob er vielleicht ein Nazi sei. Das bedeutete, dass der Soldat einen ohne Verhandlung erschießen konnte, ohne dass er dafür eine Strafe befürchten musste.
    Erst gestern lief eine Sendung über den KDF-Wagen (Käfer) im Fernsehen, in der genau die gleichen Erfahrungen geschildert wurden: Die Briten stahlen alles, was sie gebrauchen konnten. „Beschlagnahmt“ – und das Auto, Motorrad oder sogar Fahrrad war weg!

    Man musste damals nicht Politologie studiert haben um zu erkennen, ob Deutschland befreit oder ganz einfach besetzt worden war. Die Deutschen wurden damals überfallen, vergewaltigt, gefoltert und versklavt – und wer das immer noch nicht begriffen hat, der leidet am Wahnsinn nach der Definition Albert Einsteins. Damals wurden übrigens auch Messer verboten, die größer als ein Kartoffelschäler waren, denn die Briten wussten, dass jeder anständige Mensch in Deutschland sie hasste und sie am liebsten umbringen würde.

    Das ist der Grund, warum die Deutschen sich alles gefallen lassen!

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    • Hallo

      Wohin flehen? In eine dieser Freien Privatstädte? Die werden dann ja auch bei erster Gelegenheit ausgeraubt oder plattgemacht (Konkurrenz-Programm darf nicht existieren).
      Ich habe für ein Überleben in D. keine Hoffnung mehr, schon gar nicht mit Vermögen.

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      • Hallo

        Bitte doppelten Post löschen, danke.

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    • Hallo

      Wohin flehen? In eine dieser Freien Privatstädte? Die werden dann ja auch bei erster Gelegenheit ausgeraubt oder plattgemacht (Konkurrenz-Programm darf nicht existieren).
      Ich habe für ein Überleben in D. keine Hoffnung mehr, schon gar nicht mit einem kleinen eigenen Vermögen.

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