Kommt jetzt der Spannungsfall? Journalist und Autor Patrik Baab glaubt, das genau sei der Plan des „deutschen Parteienkartells. Und würde das Ende der zweiten deutschen Demokratie bedeuten. Mit Aussetzung von Grundrechten und Absage von Wahlen.“
Der Politikwissenschaftler ist außerdem sicher, dass die europäischen Eliten keinen Frieden mit Russland wollen. „Ein Frieden würde die wahren Kosten von Krieg und Wiederaufbau ans Licht bringen und die Entscheider würden weggefegt. Sie brauchen den Krieg.“
Der Journalist kommt gerade von seiner Reise aus Moskau zurück. „Dort sind offene Debatten normal, ganz im Gegensatz zu Deutschland“, sagt Baab. Die Sympathie für Deutschland sinke allerdings, in Umfragen seien wir inzwischen Hauptfeind.
Ein Gespräch auch über gefährlichen Propagandakrieg, den verlorenen Sanktionskrieg der EU und Trump, der die Kosten des Krieges Europa aufdrücken wolle.
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Interview mit Patrick Baab (deutsch)
Milena Preradovic: Treffen sich Trump und Putin zum Gipfel in Budapest? Ja. Nein. Ja. Nein. Das ist der Stand der Dinge. Und unsere Medien und die Politik? Sie jubeln über dieses Nein, über das 19. Sanktionspaket der EU und über Donald Trump, der nun ebenfalls Sanktionen verhängt. Es ist ein bisschen so, als würde man über den eigenen Konkurs jubeln. Denn wer hätte mehr von Verhandlungen und einem möglichen Frieden als der Steuerzahler, der diesen Krieg maßgeblich finanziert? Aber viele Bürger sind erfüllt von der Angstpropaganda, Putin könne als Nächstes in Berlin einmarschieren. Klar: Wem es nicht gelingt, die Ukraine zu besiegen, der legt sich direkt mit der NATO an! Deutschland und die EU sind nicht an Verhandlungen interessiert und auch nicht an russischen Argumenten. Mein Gast kommt gerade aus Moskau und weiß, wie Politik und Menschen dort ticken. Denn wie schon der israelische Ministerpräsident Rabin sagte: Wer Frieden will, sollte nicht mit Freunden reden, sondern mit dem Gegner. Jetzt in Punkt Preradovic. Hallo Patrick, wie schön, dich wiederzusehen.
Patrick Baab: Hallo, Milena.
Milena Preradovic: Ich stelle dich kurz vor. Du bist Politikwissenschaftler, Journalist, TV-Redakteur, Buchautor und Filmschaffender. Beim NDR hast du an zahlreichen investigativen Filmen mitgewirkt, unter anderem an dreien über Uwe Barschels mysteriösen Tod und die Hintergründe. Du warst als Reporter in den Kriegen in Afghanistan und im Kosovo. Zuletzt warst du Dozent für praktischen Journalismus an der Uni Kiel und der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Berlin. Beide haben dir gekündigt, weil du auf eigene Faust auf beiden Seiten der Front im Ukrainekrieg für ein Buch recherchiert hast und angeblich als Wahlbeobachter bei den Referenden in den selbsternannten Volksrepubliken tätig warst – was nachweislich nicht den Tatsachen entspricht. Du bist einer der Initiatoren der Veranstaltungsreihe „Reden im Raum“, hältst viele Vorträge, hast jetzt einen Lehrauftrag am Institute for Applied Geopolitics in den USA. Du betreibst deinen eigenen YouTube-Kanal „Gegen den Strom“ und kommst gerade aus Moskau, wo dein Buch „Auf beiden Seiten der Front“ ins Russische übersetzt wird. Gleich sprechen wir darüber, wie die Russen denken, wie dort Debatten laufen und was Russland plant. Jetzt aber kurz ins aktuelle Geschehen: Nach vielen Jahren des Hin und Her nun das vorerst endgültige Nein zum Budapester Gipfel zwischen Trump und Putin. Trump ist sauer, dass Putin nicht von seinen Forderungen abrückt: vier Oblaste des Donbass zu Russland, die Krim bleibt bei Russland, kein NATO-Beitritt der Ukraine. Trump hat vorgeschlagen, den Konflikt an der jetzigen Front einzufrieren. Warum ist das keine Option für Russland?
Patrick Baab: Dies ist keine Option für Russland, weil Russland auf dem Boden der Ukraine einen Entscheidungskrieg führt – keinen Krieg, den man sich aussuchen, beginnen und jederzeit beenden kann. Entscheidend ist, dass Russland nicht akzeptieren kann, dass 500 Kilometer vor seiner Hauptstadt NATO-Raketen stationiert werden, genauso wenig wie 1962 die Vereinigten Staaten akzeptieren konnten, dass sowjetische Raketen auf Kuba aufgestellt wurden. Großmächte wollen einen Cordon um sich herum, damit sie nicht bedroht werden können. Die russischen Kriegsziele lauten: Entnazifizierung der Ukraine – das läuft auf einen Regimewechsel hinaus, also die Entmachtung der Ultranationalisten und Faschisten, die um Selenskyj herum den Sicherheitsapparat kontrollieren. Zweitens die Absicherung – menschlich, zivilisatorisch und kulturell – der russischstämmigen Bevölkerung in der Ostukraine. Diese Gebiete wurden zum großen Teil erst 1922 der Sowjetrepublik Ukraine übergeben und waren ursprünglich russisch. Drittens die Absicherung der Neutralität der Ukraine, also keine NATO-Mitgliedschaft. Dies will der Westen nicht zugestehen. Er möchte einen Waffenstillstand, um der Ukraine Luft zu verschaffen, denn auf der gesamten Frontlinie von 1400 Kilometern ist die Ukraine auf dem Rückzug.
Patrick Baab: Die Front kann kaum noch gehalten werden, die Kräfte sind zu gering. Inzwischen gehen Militäranalysten von einer Verlustrelation von 39 zu 1 zuungunsten der Ukraine aus. Ich habe dafür keine weiteren Belege. Was jedoch von mehreren Seiten bestätigt ist: Die Zahl der getöteten oder vermissten ukrainischen Soldaten hat inzwischen 1,7 Millionen überschritten. Die russischen Verluste liegen irgendwo zwischen 100.000 und 200.000 Mann. Das sind die Relationen. Der Westen sagt: Wir wollen die Front in der Ukraine halten, wir wollen am langfristigen Ziel festhalten, die Russische Föderation auf dem Boden der Ukraine nachhaltig zu beschädigen. Genau dem tritt Russland entgegen. Man muss immer wieder sagen, worum es hier geht: Der Krieg in der Ukraine ist ein Krieg der Vereinigten Staaten und ihrer Vasallen gegen die Russische Föderation auf ukrainischem Boden. Die Ukrainer werden zur Schlachtbank geführt – sie sind das Opfer, vor allem das Opfer des Westens, der Russland schwächen will, um sich anschließend China zuzuwenden.
Milena Preradovic: Gilt das auch für die jetzige Trump-Administration? Trump scheint ja darauf erpicht zu sein, diesen Konflikt zu beenden.
Patrick Baab: Ja, das gilt auch für die jetzige Administration, wobei Trump deutlich realitätstüchtiger ist als die europäischen politischen Führer. Er will den Ukrainekrieg als Verlustgeschäft abschreiben, weil er erkennt, dass es den Russen ernst ist und sie nicht zurückweichen. Die Europäer machen da aber nicht mit. Er will deshalb den Krieg europäisieren, also die Lasten auf die Europäer verschieben und sich zurückziehen, weil die USA nicht mehr in der Lage sind, an zu vielen Fronten gleichzeitig aktiv zu sein. Er will sich auf China konzentrieren. Das ist der Hintergrund dieses Hin und Her. Dass er den Gipfel jetzt absagt, liegt daran, dass er hoch pokert. Er will Putin unter Druck setzen, weil er nicht glaubt, dass Putin weiter eskaliert. Gleichzeitig muss er die Kriegstreiber im eigenen Sicherheitsapparat und im eigenen Parlament zufriedenstellen, sonst verliert er den Rückhalt. Und er muss die Europäer bei der Stange halten, damit sie sich eingebunden fühlen. Zudem versucht er, mit diesem Hin und Her einen Keil in den eurasischen Raum zu treiben. Mit der Absage an den Gipfel gehen Sanktionen einher gegen die großen russischen Ölkonzerne Rosneft und Lukoil. Damit will er vor allem Indien, das stark von russischen Energielieferungen profitiert, aus dem BRICS-Block herauslösen. Das ist schwierig, denn insbesondere Indien ist auf westliche Technologie angewiesen und wirtschaftlich stärker mit dem Westen verflochten als China. China kann sich leisten, den Sanktionen standzuhalten. Das ist die geostrategische Lage hinter diesem Pokerspiel.
Milena Preradovic: Aber wenn Trump vorhat, die gesamte Last des Krieges auf Europa zu verlagern, warum sind die Europäer dann nicht stärker an Frieden interessiert? Die EU und auch Deutschland wirken eher daran interessiert, diesen Krieg weiterzuführen. Wenn ich an Kiesewetter denke, der sagt, ein Gipfel in Budapest wäre eine Katastrophe und würde den Krieg eskalieren – warum sagt er sowas? Die Kriegsbefürworter in Deutschland und der EU sind gegen Verhandlungen. Das ist doch klar gegen die eigenen Interessen. Sie müssen doch wissen, dass Trump ihnen die Hauptlast aufbürden will.
Patrick Baab: Ja, das wissen sie. Es ist eindeutig gegen die Interessen der Menschen in Europa, vor allem der Menschen in Deutschland. Denn nach den Ukrainern werden die 85 Millionen Menschen in Deutschland das nächste Opfer dieses Krieges sein. Aber es entspricht den Interessen der europäischen Eliten. Sie haben sich im Sinne eines Trittbrettfahrer-Imperialismus von den Vereinigten Staaten in den ukrainischen Schlamassel hineinziehen lassen. Sie merken jetzt: Wenn die Kosten bilanziert werden – die Kriegskosten und die Kosten des Wiederaufbaus – summiert sich das auf eine Summe, bei der jeder Deutsche merkt, dass das mühsam ersparte Geld weg ist. Und dann wären auch die jetzigen politischen Eliten europaweit weg und würden ersetzt – sei es durch Abwahl oder durch Unruhen, was ich nicht hoffe. Das ist die Lage. Deshalb gibt es für die europäischen Eliten nur Krieg und noch mehr Krieg. Und die Bevölkerung zieht mit. Die Stimmung im Land gibt ihnen recht. Versetzen wir uns in die Lage eines Friedrich Merz: Große Teile seiner Altersvorsorge liegen offenbar bei BlackRock, denn er war dort jahrelang beschäftigt.
Patrick Baab: Da hat er sicherlich ein Aktienpaket. Das lässt für ihn den Schluss zu: Wenn es BlackRock gut geht, dann geht es auch mir gut. BlackRock ist in der Ukraine investiert – sowohl in die Schwarzerdeböden als auch vor allem in den militärisch-industriellen Komplex – und verdient Milliarden durch diesen Krieg. Im Übrigen liegt die Refinanzierung des deutschen Staates durch Staatsanleihen aus historischen Gründen, die nach der Finanzkrise entstanden sind, im Schattenbankensystem. Dieses Schattenbankensystem wird geprägt von Finanzinvestoren aus den Vereinigten Staaten. Sie halten einen großen Teil der deutschen Staatsverschreibungen und können insbesondere Deutschland erpressen und unter Druck setzen, wenn es vom Kriegskurs abweicht. In dieser immanenten Logik macht Merz also genau das Richtige. Es nützt diesen Eliten, den Krieg fortzuführen. Und was die europäischen Eliten betrifft, so ist die Europäische Union zu einer antidemokratischen, bellizistischen Despotie mutiert. Sie ist nicht direkt demokratisch wählbar und agiert inzwischen wie im Feudalabsolutismus: Der absolute Herrscher stärkt seine Macht, indem er den Provinzadel schwächt. Daher rührt der Kampf der Europäischen Kommission gegen Mitgliedstaaten, die ausscheren. So stärken sie im Kielwasser der Vereinigten Staaten ihre eigene Macht.
Milena Preradovic: Du sagst also, die europäischen Eliten wollen den Krieg weiterführen, das heißt, sie brauchen ihn, um weiter zu existieren. Dafür spricht ja auch, dass Kiesewetter – einer der größten Kriegsbefürworter in Deutschland – bereits dazu aufgerufen hat, den Spannungsfall auszurufen. Was hätte das für Konsequenzen, auch für die Bürger?
Patrick Baab: Der Spannungsfall ist nach dem Grundgesetz die Vorstufe des Verteidigungsfalls. Er kann mit einer Zweidrittelmehrheit des Bundestages verhängt werden. Danach können zentrale demokratische Rechte per Verordnung außer Kraft gesetzt werden. Dazu gehören insbesondere das Recht, die Grenzen zu überschreiten – also Deutschland zu verlassen –, Versammlungsverbote, stärkere Eingriffe in die Pressefreiheit, Aufenthaltsbeschränkungen und Kapitalverkehrskontrollen. Die Bevölkerung kann zu Dienstverpflichtungen herangezogen werden, also zu Schanzarbeiten. Das bedeutet auch, dass die Wehrpflicht von heute auf morgen ohne weitere rechtliche Schritte wieder eingeführt wäre. Das wäre das Ende der zweiten deutschen Demokratie. In meinen Augen deutet vieles darauf hin, dass das herrschende Parteienkartell verdeckt genau diesen Schritt plant. Das sieht man an den Umfrageergebnissen der AfD.
Milena Preradovic: Das heißt, auch Wahlen könnten ausgesetzt werden.
Patrick Baab: Natürlich könnten auch Wahlen ausgesetzt werden. Dann wäre es zunächst möglich, die AfD weiter kleinzuhalten.
Milena Preradovic: Puh, harter Tobak. Kommen wir zu deiner Reise. Du kommst gerade aus Moskau. Du hast seit langem viele Freunde in Russland, schon seit deiner Zeit beim NDR, der dich damals sehr früh nach Russland geschickt hat. Was hast du jetzt dort erlebt? Wir bekommen hier ja so gut wie nichts mit.
Patrick Baab: Das Erste, was man sagen muss – und ich beobachte diese Entwicklung seit fast 25 Jahren –, ist, was dort geschehen ist. Ich kenne noch die desaströse Situation unter Jelzin und die ersten Putin-Jahre nach 2000. Vieles hat sich in Russland fundamental verändert. Den Reisenden erwartet ein Land, in dem fast alles reibungslos funktioniert. Die Behörden arbeiten höflich, freundlich und korrekt – Polizei wie Verwaltungsstellen. Was immer man braucht: alles läuft vernünftig. Die sichtbare Korruption ist nach meiner Wahrnehmung deutlich eingedämmt, und der Rückhalt für Wladimir Putin ist groß. Ich habe an einem Empfang teilgenommen, dem Empfang zum 20-jährigen Jubiläum des in der EU verbotenen Senders Russia Today. Dort hat Putin eine Rede gehalten, und es war spannend zu sehen, wie das Publikum reagiert hat: mehrfach stehende Ovationen – und das war kein bestelltes Publikum. Putins Zustimmungswerte liegen stabil um die 80 %. Das sind keine bestellten Umfragen. Putin sagte in dieser Rede an RT gewandt: „Setzen Sie als Journalistinnen und Journalisten Ihre stärkste Waffe ein – die Wahrheit.“ Das würde man sich auch einmal von deutschen Politikern wünschen. Und ich zitiere diesen Satz gerne, weil man ihn auch dann heranziehen kann, wenn es darum geht, Recherchen abzusichern, die den Russen im eigenen Land unbequem sind. Das werde ich auch tun. Ich habe dort auch mein Buch vorgestellt. Wir diskutierten über geopolitische Fragen, über das Verhältnis von Russland zu Deutschland und umgekehrt. Viele junge Leute, eine offene Diskussion – wie man sie hierzulande nur noch selten erlebt. Ein Land, in dem nicht Ressentiments die Debatte prägen, sondern vernunftgeleitete Argumentation. Für meinen neuen YouTube-Kanal „Gegen den Strom“ habe ich mehrere Interviews geführt. Auch das lief völlig reibungslos. Wir waren in einem Hotel – es hat hervorragend funktioniert.
Milena Preradovic: Das heißt, kritische Meinungen sind in Russland kein Problem?
Patrick Baab: Durchaus ist es ein Problem, etwa durch den Straftatbestand der „Beleidigung der Armee“. Das ist natürlich ein Gummiparagraph, den man jedem anhängen kann, der eine kritische Bemerkung macht. Ich habe vorhin das Putin-Zitat gebracht, weil man genau das dagegenhalten kann. Auch in Russland hat sich der Meinungskorridor durch den Krieg verengt, aber er ist nicht abgeschaltet. Eine offene Diskussion ist durchaus möglich.
Milena Preradovic: Wie denken denn die Russen, mit denen du dort gesprochen hast, über die Gesamtlage – zum Beispiel über den Krieg?
Patrick Baab: Bezogen auf den Krieg gibt es in Russland kein einheitliches Meinungsbild. Die Zustimmung für die kollektive Führung im Kreml ist groß. Aber es gibt auch starke Kräfte, die sagen: Das läuft zu lange, wir müssen jetzt den Sack zumachen – zur Not auch mit einem harten, möglicherweise nuklearen Schlag. Diese Opposition existiert, sie wird von Intellektuellen vertreten und ist nicht unpopulär. Viele sagen, es zieht sich zu lange hin. Der Krieg kommt natürlich auch in Russland an, vor allem der Drohnenkrieg. Aus mehreren Quellen wurde mir bestätigt, dass inzwischen weniger als die Hälfte der russischen Raffinerien arbeitet – wegen der drohenden Gefahr. Dadurch ist in zahlreichen Regionen der Treibstoff rationiert. So kommt der Krieg bei der Bevölkerung an. Das löst Unmut aus. Aber dieser Unmut führt zunächst dazu, dass sich die gesellschaftlichen Kräfte hinter Putin versammeln. Es führt auch dazu, dass man sagt – daher rührt die hohe Zustimmung, die Prigoschin und seine Wagner-Truppe hatten –, das sind „unsere Jungs“. Die wissen wenigstens, wie man so ein Problem anfasst.
Patrick Baab: Es gibt also verschiedene Meinungsbilder. Bezogen auf Deutschland wächst das Fragezeichen in den Gesichtern. Zunächst sagte man: Die Deutschen sind nicht unsere Feinde, und wir fangen keinen neuen Krieg mit ihnen an. Dann sagte man: Wir müssen deutlich unterscheiden zwischen der deutschen Bundesregierung und den Menschen in Deutschland. Die Regierung wird gehen, die Menschen bleiben. Wir hatten ein gutes Verhältnis, und das soll wieder so sein. Dann kam die nächste Stufe: Mitleid. Warum lassen sich die Deutschen das gefallen? Die Regierung schadet doch der eigenen Bevölkerung. Teuerung, höhere Heizkosten, Annäherung an den Krieg. Danach kam Enttäuschung: Als deutsche Panzer im Donbass rollten, sagte man: Das ist ein Wiederaufflammen faschistischer Tendenzen in Deutschland. Und die fünfte Stufe erlebe ich jetzt: Man sagt, wenn die Deutschen nicht den Mut haben, sich gegen diese Politik zu wehren, dann haben sie es auch nicht besser verdient.
Milena Preradovic: Ja, es gibt Umfragen in Russland, die die Deutschen inzwischen als Hauptfeind sehen. Ist das so? Hattest du diesen Eindruck?
Patrick Baab: Ja, das ist so. Ich selbst spüre das meist nicht – ein wenig im Alltag –, aber ich habe Bekannte, die mich begleiten und mir durchhelfen. Deshalb lässt man mich das nicht spüren. Man begegnet mir respektvoll, höflich, freundlich. Ich verhalte mich natürlich auch entsprechend, wie immer im Ausland. Wenn ich allerdings allein unterwegs bin, etwa mit dem Schnellzug von Sankt Petersburg nach Moskau und zurück, merke ich schon, dass die Distanz im Gespräch größer wird.
Milena Preradovic: Du hast in Moskau ein Interview gegeben, das ich mir angesehen habe. Dein Buch „Auf beiden Seiten der Front“ wird dort verlegt. Ist den Russen bewusst, dass es eine qualifizierte, aber kleine Minderheit in Deutschland gibt, die anders denkt als Regierung und Mainstream-Medien?
Patrick Baab: Ja, selbstverständlich. Das ist diesen Leuten bewusst, und es wird immer wieder das Gespräch gesucht. Ich bin im Gedankenaustausch mit russischen Kriegsreportern, die mir erzählen, was sie erlebt haben, ihre Eindrücke schildern. Das sind alles Menschen, deren Erfahrung von Leid sie bescheiden gemacht hat. Man hört einander zu, diskutiert und lotet aus, welche Möglichkeiten es überhaupt noch gibt – in einem Krieg, in dem das gesamte Gefechtsfeld überwacht wird und die Drohnendrohung immer größer wird.
Milena Preradovic: Die EU hat jetzt das 19. Sanktionspaket gegen Russland beschlossen und festgelegt, dass alle EU-Staaten bis 2028 auf russisches Gas verzichten müssen. Wirtschaftlich waren die Sanktionen bisher eher eine Katastrophe für die EU, auch für Deutschland. Wie ist die wirtschaftliche Situation in Russland?
Patrick Baab: Besser. Die wirtschaftliche Situation ist so, dass die Sanktionen nur in Teilbereichen wirken. Natürlich ist Konnektivität ein Problem: Die Distanzen für Importe und Exporte werden größer, weil sie über Asien laufen. Es gibt Milliardeninvestitionen in Strukturprojekte wie „Power of Siberia“. Das Gas, das für Europa bestimmt war, wird nach China geliefert. Es gibt Milliardeninvestitionen in die Erschließung des Nordkorridors: neue Eisbrecher, neue eisgängige Tankschiffe, sodass man die Nordroute nutzen kann. Das führt dazu, dass sich die Wege nach Asien halbieren, ebenso die Transportkosten und die Reisezeit. Europa gerät dadurch zunehmend ins Abseits. Die Sanktionen sind spürbar, aber sie werden Russland nicht zu Fall bringen. Aus drei Gründen: Erstens handeln der Großteil der in den Vereinten Nationen vertretenen Staaten weiter mit Russland – insgesamt 153. Viele afrikanische Staaten sind etwa auf russisches Getreide angewiesen. Zweitens ist Russland ein ressourcenautarkes Land. Es gibt alles im eigenen Land, ausländische Technologien werden im Kern nicht benötigt. Drittens will die Führung in Peking keinen schwachen, von den USA beeinflussbaren Staat im Norden und benötigt Russland als Partner der BRICS und als Rohstoffrücklage.
Milena Preradovic: Du warst ja auch in Schweden, auch dort wird dein Buch verlegt. Wie blickt man dort auf diese Eskalation? Schweden ist ja nah dran. Offiziell steht das Land ganz fest an der Seite der Ukraine und der NATO. Wie sehen das die Menschen dort, mit denen du gesprochen hast?
Patrick Baab: Es gab in Schweden vor dem Beitritt zur NATO und vor der Aufgabe der Neutralität keine öffentliche Diskussion. Die schwedischen Eliten in Politik, Wirtschaft und Militär, die sehr USA-affin sind, haben das im Handstreich durchgesetzt. Auch dort erlebe ich weithin eine öffentliche Amnesie. Proteste, Friedensorientierung, ein ausgewogenes Verhältnis zu Russland – das sind Gedanken, die nur in einer dissidentischen Minderheit eine Rolle spielen. Diese Minderheit ist nicht sehr groß. In Stockholm, einer Millionenstadt, sind das nur ein paar Hundert Menschen.
Milena Preradovic: In den letzten Wochen hatte man medial den Eindruck, der ganz große Krieg sei schon ausgebrochen. Es ging um Drohnen, plötzlich war das überall Thema: Drohnensichtungen, Drohnengefahr. Keiner wusste genau, woher sie kommen, aber es wurde klar in Richtung Russland geframt, so nach dem Motto: Woher sonst? Dann die Ostsee als mögliches Kriegsszenario – Überflüge russischer Flugzeuge, Kriegsschiffe, die sogenannte russische Flotte. Wie ordnest du diese Gemengelage ein, die jetzt fast verschwunden scheint?
Patrick Baab: Man muss Kriege in drei Ebenen unterteilen. Das eine ist das Geschehen im Konfliktgebiet selbst, an der Front. Das zweite ist der Wirtschaftskrieg. Und das dritte ist die Propagandaschlacht. An der Front ziehen sich die ukrainischen Kräfte schrittweise zurück. Der Westen hat den Krieg in der Ukraine verloren. Der Westen hat auch den Wirtschaftskrieg gegen Russland verloren, die Sanktionen sind zum Bumerang geworden. Der Westen hat allerdings die Propagandaschlacht gewonnen – aber nur in den NATO-Ländern. Außerhalb des NATO-Territoriums glaubt diese Propaganda niemand. Dort hält man insbesondere die Europäer für dem Wahnsinn verfallen. Die Drohnengeschichten, die da aufgebauscht worden sind, ohne dass sie Hand und Fuß haben, sind Teil dieses Propagandakrieges, an dem die westliche Presse und die Medien teilhaben. Die Mainstream-Medien, auch die Öffentlich-Rechtlichen, sind Teil der Propagandaschlacht und haben sich dem Narrativ der NATO vollständig unterworfen. Das ist ein Problem, weil es zu Eskalationen führt, die sich verselbstständigen können. Das hat man gesehen, als die Esten versucht haben, einen Tanker unter neutraler Flagge, der russisches Öl transportierte, aus Primorsk kommend, mit zwei Hubschraubern und einem Schnellboot zu entern. Dann schickten die Russen einen MiG-31-Abfangjäger. Wenn der Pilot einen nervösen Zeigefinger hat und eine Rakete abfeuert und einen Hubschrauber trifft – was er zweifellos tun würde –, dann sind wir im Krieg.
Patrick Baab: Das ist also haarscharf. Und dies wirft ein Licht auf die Strategie der NATO, in einer Zeit, in der die Front in der Ukraine unter Druck gerät, zu versuchen, im Ostseeraum zu eskalieren, um die Russische Föderation zu zwingen, dort ihre Kräfte zu konzentrieren, um die Front in der Ukraine zu entlasten. Dieser Versuch ist zunächst gescheitert, er wird aber weitergehen. Ich bin im Juni durch Karelien gereist. Wir waren mit russischen Freunden auf einer Straße unterwegs, die zu Sowjetzeiten eine geheime, verbotene Straße war. Dorthin durfte niemand. Die Kollegen machten mich darauf aufmerksam, dass diese Straße viele Schlaglöcher hat, obwohl sie ständig repariert wird. Und dann sah ich auch, warum: Da rollen schwere LKW, die alle Bitumen fahren, und dann biegen sie in den Wald ab und verschwinden hinter einem Schlagbaum. Dort werden neue Raketensilos gebaut für Mittelstreckenraketen, die auf Skandinavien und Europa gerichtet sind. Die Russische Föderation bereitet sich also auf einen nuklearen Schlagabtausch vor. Gemäß der neuen russischen Atomdoktrin verzichtet Russland nicht mehr auf eine reine Zweitschlagkapazität – wie bisher: „Wir werden nur nuklear reagieren“ –, sondern kann nun auch bei einer konventionellen Bedrohung des russischen Territoriums, etwa Kaliningrads oder der inzwischen in die Russische Föderation aufgenommenen Gebiete im Donbass, in Noworossija, Atomwaffen einsetzen. Das ist eine weitere Stufe der Eskalation.
Milena Preradovic: Bereiten sich die Russen auch mit Aufrüstung auf einen möglichen Krieg mit der NATO vor?
Patrick Baab: Die Russen haben nach meinen Informationen derzeit rund 780.000 Mann im Kriegsgebiet. Die russische Armee umfasst etwa 1,5 Millionen Soldaten. Auf der europäischen Seite haben wir eine Situation, in der ein Expeditionskorps aus vielleicht 25.000 Engländern, 25.000 Franzosen und – wenn wir uns in Deutschland sehr anstrengen – vielleicht 25.000 deutschen Soldaten bestehen könnte. Wir reden also von 75.000, sagen wir 80.000 Soldaten, die man in die Ukraine schicken könnte. Dieses Expeditionskorps würde meines Erachtens von einer kriegserfahrenen Armee, die über Hyperschallwaffen verfügt, innerhalb weniger Wochen vollständig aufgerieben. Die Russen haben derzeit keine allgemeine Wehrpflicht, sondern ein Subskriptionssystem: Junge Leute können unterschreiben, es gibt – nach russischen Verhältnissen – einen hohen Vorschuss, das wird gut bezahlt, und eine hohe Abschlagszahlung. In den Zentren wie Sankt Petersburg, Moskau oder Kasan kommt das weniger an, aber fahren Sie einmal nach Dagestan oder nach Karelien – dort werden Sie erleben, dass viele junge Leute sich auf dieses Vabanquespiel einlassen und unterschreiben. Dann sind sie drei, vier Jahre an der Front.
Milena Preradovic: Ich weiß, du spekulierst nicht gern, aber für wie groß hältst du die Gefahr eines wirklich großen Krieges, in den wir hineingezogen werden? Wie groß ist sie deiner Ansicht nach?
Patrick Baab: Ich halte die Gefahr für sehr hoch, weil die europäischen Eliten einen Krieg wollen. Sie glauben, sie können diesen Krieg durchstehen. Es gab schon einmal jemanden, der in einem Buch namens „Mein Kampf“ auf Seite 750 sinngemäß schrieb: „Wir treten den Russen die Tür ein, dann fällt das ganze Haus zusammen.“ Das geht zurück auf einen vollständigen Realitätsverlust europäischer Eliten. Sie bewegen sich in einem russophoben Spiegelkabinett. Diese Leute treffen sich in denselben Clubs – Rotary oder wie sie heißen –, gehen in denselben Restaurants essen, werden zu denselben Veranstaltungen eingeladen, kaufen ihre Autos in denselben Autohäusern, bleiben unter sich in denselben Golf- und Tennisclubs und spiegeln sich gegenseitig ihre Meinung. Sie verwechseln das mit der Realität. Russlandkenntnisse sind bei der Mehrzahl dieser Leute gar nicht vorhanden. Sie haben nicht mitbekommen, wie sich Russland verändert hat. Der Militärhistoriker Andrej Martyanov, übrigens ein Amerikaner, weist darauf hin, dass die Russische Föderation bei der Fertigung kriegswichtiger Materialien wie Aluminium und Stahl mit den Vereinigten Staaten gleichgezogen hat. Das bedeutet: Hier steht man nicht irgendwelchen Sandalenkriegern wie in Afghanistan gegenüber, sondern einer schlagkräftigen Armee. Das wird unterschätzt. Die Bewegungsgesetze des Kapitalismus und vor allem des Finanzkapitalismus zwingen die Eliten aber, ihre eigene Bevölkerung immer tiefer in neue Kriege zu treiben. Sie wissen, dass das Schneeballsystem, das sie spätestens seit der Bankenkrise errichtet haben – „Wir pumpen immer mehr Geld ins System, dann läuft der Laden“ – irgendwann eine Korrektur auf die real vorhandenen produktiven Werte erfährt. Davor haben sie die größte Angst.
Milena Preradovic: Dann muss natürlich auch der Bürger vorher schon eingenordet werden, etwa durch den Spannungsfall. In Deutschland fehlt der große Aufschrei dagegen, also gegen die mögliche Kriegsgefahr. Hast du noch Hoffnung, dass die Deutschen diesen Niedergang des Landes auf allen Ebenen – auch wirtschaftlich – wahrnehmen und erkennen, wie nah sie an einer Katastrophe sind?
Patrick Baab: Natürlich merken die Menschen diesen Niedergang, aber viele wollen es nicht sehen. Wir haben verschiedene Faktoren, die eine Rolle spielen. Zum einen haben wir überall prekäre Beschäftigungsverhältnisse, insbesondere im akademischen Bereich. Die Leute hangeln sich von Projektarbeit zu freier Mitarbeit, zu Zeitverträgen. Und das sieht man auch in den aktuellen Diskussionen über das ZDF: Wer den Mund aufmacht, fliegt raus. Das ist der erste Punkt. Zweitens haben im privatwirtschaftlichen Mediensektor die Verleger das Sagen. Es gibt das sogenannte Verlegerprivileg: Die Verleger geben die politische Linie eines Blattes vor. Innerhalb dieses Korridors kann sich der Redakteur bewegen – entscheidend ist, wie eng er ist. Drittens machen sich viele gar nicht klar, dass wir – von Suchmaschinen über Internetplattformen bis hin zum Digital Services Act der EU – in einer geschlossenen Welt der Zensur leben. Schon das, was im Internet zu sehen ist, was hochgeladen wird, folgt bestimmten Interessen. Es wird unglaublich viel aus dem Netz gelöscht – auf Ansage der EU oder im vorauseilenden Gehorsam privater Konzerne. Denn der Internetmarkt und damit der Informationsmarkt sind im Wesentlichen in privater Hand. Viertens haben wir die direkte Propaganda nach der NATO-Agenda der „kognitiven Kriegsführung“. Hier geht es nicht nur darum, Wissen zu prägen und bestimmte Informationen aus der Welt herauszuhalten. Es geht darum, die Struktur des Denkens selbst zu zerstören. Und das gelingt weithin. Ich rede mit vielen Menschen, die überhaupt nicht mehr vernunftgeleitet argumentieren können. Stattdessen tauchen sofort Ressentiments auf.
Milena Preradovic: Klar, man hat es ihnen angewöhnt – so nach dem Motto: „Mit denen musst du nicht reden, das sind die Schmuddelkinder.“ Das kennen wir von Corona, das kennen wir vom Klima. Immer wenn „Leugner“ dahintersteht, darf man mit denen nicht reden. Das hat den Vorteil, dass man nicht diskutieren muss und keine Argumente austauschen muss. Und viele Leute haben natürlich Angst. Was ich vorhin erfahren habe: Selbst bei dem wirklich moderaten und sehr klugen Medienwissenschaftler Professor Bolz – auch ein geschätzter Gast dieses Kanals – wurde im Morgengrauen eine Hausdurchsuchung durchgeführt, wegen eines Tweets. „Bestrafe einen, erziehe Hunderte.“ Das sehen andere und halten erst recht den Mund. Das wird schon sehr totalitär.
Patrick Baab: Ja, die Repression ist da, und große Teile der Justiz lassen sich leider instrumentalisieren – zur Zerstörung der Demokratie, aus purer Selbstermächtigung. Es gehört sich nicht, dass eine Kölner Demonstration so lange gegängelt wird, bis man irgendwann einen Vorwand hat, gegen Demonstranten vorzugehen und sie niederzuknüppeln. Polizei und Justiz – also die repressiven Staatsorgane – lassen sich zur Abschaffung der Demokratie einsetzen. Und ich kann dir eines sagen: Diesmal werden die Namen der verantwortlichen Polizeioffiziere in den Geschichtsbüchern stehen. Sie sollten sich genau überlegen, ob sie – wenn sie drei Jahre vor der Rente stehen – sagen: „Ich mache das Spiel noch mit, mir ist das egal“, oder ob sie sich berufend auf das Grundgesetz einmal verweigern. Denn solche Eingriffe sind verfassungsfeindlich, und das wissen die Verantwortlichen natürlich.
Milena Preradovic: Die wissen das natürlich alles. Kommen wir zum Schluss noch zu etwas Positivem nach all diesen dystopischen Geschichten. Du hast – wir haben es vorhin schon erwähnt – einen Lehrauftrag an einer US-Universität. Erzähl doch mal: Wie, wo, wer, was?
Patrick Baab: Ich habe einen Artikel in der Schweizer Zeitschrift „Zeitfragen“ geschrieben: „Ukraine – fünf Kriege in einem“. Darin habe ich versucht, analytisch zu strukturieren, was sich dort abspielt, und das in historische Phasen gegliedert. Das hat ein Institutsleiter in den USA – vom Institute for Applied Geopolitics – gelesen. Er hat mich angerufen, und Professor Smith sagte: „Ich würde mich freuen, wenn wir das für unsere Studenten aufbereiten könnten.“ Dann haben wir gemeinsam – ich wusste ja nicht, wie eine amerikanische Universität genau vorgeht – eine Lerneinheit entwickelt, die die Analyse eines solchen Krieges in fünf Phasen und fünf Ebenen operationalisiert. So können die Studenten 25 Felder ausfüllen und aus 25 Perspektiven auf den Konflikt schauen. Dadurch sind sie gezwungen, anhand eines analytischen Modells alles genau durchzudenken. Das macht viel Spaß. Wir zeichnen derzeit die Lerneinheiten auf, weil es auch eine Online-Option gibt, und planen Präsenzvorlesungen in den Vereinigten Staaten. Das zeigt, welchen Unterschied es zwischen den USA – auch im akademischen Bereich – und Europa gibt. Dort versucht man, Wissen hereinzuholen, Möglichkeiten zu nutzen und sagt: „Arbeiten Sie für uns, machen Sie das bitte. Sie haben Erfahrung im Kriegsgebiet, Sie können den Studenten erklären, wie das ist.“ Und wenn ich dann auf deutsche Universitäten schaue – insbesondere die beiden, die mir gekündigt haben –, dann kann ich nur sagen: Da sind Krämerseelen unterwegs.
Milena Preradovic: Jetzt habe ich doch ein bisschen Hoffnung – wenigstens für ein paar Studenten in den USA. Vielen Dank, Patrick, für deine wie immer spannende und erhellende Analyse. Danke, dass du da warst.
Patrick Baab: Danke dir für deine wichtige Arbeit.
Milena Preradovic: Tja, Leute, wollt ihr den totalen Krieg? Wenn nicht, dann müsst ihr euch wehren – als mündige Bürger. Die Umfragen zeigen: Es gärt in Bad Old Germany. Aber das wird nicht reichen. Wir müssen alle raus und runter vom Sofa. Sonst schlittern wir vielleicht in Situationen, vor denen uns unsere Großeltern warnen würden. Ich wünsche euch eine gute Zeit. Bis bald.
Interview with Patrick Baab (english)
Milena Preradovic: Will Trump and Putin meet for a summit in Budapest? Yes. No. Yes. No. That’s the state of affairs. And our media and politicians? They are rejoicing over this “no,” over the EU’s 19th package of sanctions, and over Donald Trump, who is now also imposing sanctions. It’s a bit like cheering about your own bankruptcy. After all, who would benefit more from negotiations and a possible peace than the taxpayers who are largely financing this war? But many citizens are filled with fearmongering propaganda that Putin could march into Berlin next. Sure: if you can’t defeat Ukraine, you’ll take on NATO! Germany and the EU are not interested in negotiations, nor are they interested in Russian arguments. My guest has just arrived from Moscow and knows how politics and people work there. As Israeli Prime Minister Rabin once said, if you want peace, you should talk not to your friends, but to your enemies. Now to Punkt Preradovic. Hello Patrick, it’s great to see you again.
Patrick Baab: Hello, Milena.
Milena Preradovic: Let me introduce you briefly. You are a political scientist, journalist, TV editor, author, and filmmaker. At NDR, you have worked on numerous investigative films, including three about Uwe Barschel’s mysterious death and the circumstances surrounding it. You were a reporter in the wars in Afghanistan and Kosovo. Most recently, you were a lecturer in practical journalism at the University of Kiel and the University of Media, Communication, and Economics in Berlin. Both institutions terminated your employment because you conducted research on your own initiative on both sides of the front lines in the Ukraine war for a book and allegedly worked as an election observer in the referendums in the self-proclaimed people’s republics—which has been proven to be untrue. You are one of the initiators of the event series “Reden im Raum” (Talks in Space), give many lectures, and now have a teaching position at the Institute for Applied Geopolitics in the USA. You run your own YouTube channel “Gegen den Strom” (Against the Tide) and have just returned from Moscow, where your book “Auf beiden Seiten der Front” (On Both Sides of the Front) is being translated into Russian. In a moment, we’ll talk about how Russians think, how debates are conducted there, and what Russia is planning. But first, let’s briefly turn to current events: after many years of back and forth, the Budapest summit between Trump and Putin has been definitively canceled for the time being. Trump is angry that Putin is not backing down from his demands: four oblasts of Donbass to Russia, Crimea remains with Russia, no NATO membership for Ukraine. Trump has proposed freezing the conflict at the current front. Why is that not an option for Russia?
Patrick Baab: This is not an option for Russia because Russia is waging a decisive war on Ukrainian soil—not a war that can be chosen, started, and ended at any time. The key point is that Russia cannot accept NATO missiles being stationed 500 kilometers from its capital, just as the United States could not accept Soviet missiles being deployed in Cuba in 1962. Great powers want a cordon around themselves so that they cannot be threatened. Russia’s war aims are: denazification of Ukraine – which amounts to regime change, i.e., the removal from power of the ultra-nationalists and fascists who control the security apparatus around Zelensky. Secondly, the protection – human, civilizational, and cultural – of the Russian-speaking population in eastern Ukraine. These areas were largely only transferred to the Soviet Republic of Ukraine in 1922 and were originally Russian. Thirdly, securing Ukraine’s neutrality, i.e. no NATO membership. The West does not want to concede this. It wants a ceasefire to give Ukraine some breathing space, because Ukraine is in retreat along the entire 1,400-kilometer front line.
Patrick Baab: The front line can hardly be held anymore; the forces are too weak. Military analysts now estimate a loss ratio of 39 to 1 against Ukraine. I have no further evidence for this. However, what has been confirmed by several sources is that the number of Ukrainian soldiers killed or missing has now exceeded 1.7 million. Russian losses are somewhere between 100,000 and 200,000 men. Those are the ratios. The West says: We want to hold the front in Ukraine, we want to stick to the long-term goal of causing lasting damage to the Russian Federation on Ukrainian soil. That is exactly what Russia is opposing. It must be said again and again what this is all about: The war in Ukraine is a war by the United States and its vassals against the Russian Federation on Ukrainian soil. The Ukrainians are being led to the slaughter – they are the victims, above all the victims of the West, which wants to weaken Russia in order to then turn its attention to China.
Milena Preradovic: Does that also apply to the current Trump administration? Trump seems eager to end this conflict.
Patrick Baab: Yes, that also applies to the current administration, although Trump is much more realistic than European political leaders. He wants to write off the war in Ukraine as a losing proposition because he realizes that the Russians are serious and will not back down. But the Europeans are not going along with that. He therefore wants to Europeanize the war, i.e., shift the burden to the Europeans and withdraw, because the US is no longer in a position to be active on too many fronts at once. He wants to focus on China. That is the background to this back and forth. The reason he is now canceling the summit is that he is playing high stakes poker. He wants to put pressure on Putin because he does not believe that Putin will continue to escalate. At the same time, he has to satisfy the warmongers in his own security apparatus and in his own parliament, otherwise he will lose their support. And he has to keep the Europeans on board so that they feel involved. He is also trying to drive a wedge into the Eurasian region with this back and forth. The cancellation of the summit is accompanied by sanctions against the major Russian oil companies Rosneft and Lukoil. His main aim is to remove India, which benefits greatly from Russian energy supplies, from the BRICS bloc. This is difficult because India in particular is dependent on Western technology and is more economically integrated with the West than China. China can afford to withstand the sanctions. That is the geostrategic situation behind this poker game.
Milena Preradovic: But if Trump intends to shift the entire burden of the war to Europe, why aren’t Europeans more interested in peace? The EU and Germany seem more interested in continuing this war. When I think of Kiesewetter, who says that a summit in Budapest would be a disaster and would escalate the war—why does he say that? The warmongers in Germany and the EU are against negotiations. That is clearly against their own interests. They must know that Trump wants to burden them with the main burden.
Patrick Baab: Yes, they know that. It is clearly against the interests of the people of Europe, especially the people of Germany. Because after the Ukrainians, the 85 million people in Germany will be the next victims of this war. But it is in the interests of the European elites. They have allowed themselves to be drawn into the Ukrainian mess by the United States in the spirit of free-riding imperialism. They now realize that when the costs are tallied—the costs of war and the costs of reconstruction—it adds up to a sum that will make every German realize that their hard-earned money is gone. And then the current political elites across Europe would also be gone and replaced—either through being voted out or through unrest, which I hope will not happen. That is the situation. That is why the only option for the European elites is war and more war. And the population is going along with it. The mood in the country proves them right. Let’s put ourselves in Friedrich Merz’s shoes: A large part of his retirement savings are apparently with BlackRock, because he worked there for many years.
Patrick Baab: He certainly has a block of shares there. That leads him to conclude: if BlackRock is doing well, then I’m doing well too. BlackRock has invested in Ukraine – both in the black soil and, above all, in the military-industrial complex – and is earning billions from this war. Incidentally, for historical reasons that arose after the financial crisis, the German state is refinanced through government bonds in the shadow banking system. This shadow banking system is dominated by financial investors from the United States. They hold a large portion of German government bonds and can blackmail and put pressure on Germany in particular if it deviates from the war course. In this intrinsic logic, Merz is doing exactly the right thing. It is in the interests of these elites to continue the war. And as far as the European elites are concerned, the European Union has mutated into an anti-democratic, bellicose despotism. It is not directly democratically elected and now acts like a feudal absolutist regime: the absolute ruler strengthens his power by weakening the provincial nobility. This is the reason for the European Commission’s fight against member states that break ranks. In the wake of the United States, they are strengthening their own power.
Milena Preradovic: So you’re saying that the European elites want to continue the war, that is, they need it in order to continue to exist. This is also supported by the fact that Kiesewetter – one of the biggest advocates of war in Germany – has already called for a state of tension to be declared. What consequences would this have, including for citizens?
Patrick Baab: According to the Basic Law, the state of tension is the preliminary stage to a state of defense. It can be imposed by a two-thirds majority in the Bundestag. After that, key democratic rights can be suspended by decree. These include, in particular, the right to cross borders—i.e., to leave Germany—bans on assembly, greater restrictions on freedom of the press, restrictions on residence, and capital controls. The population can be called upon to perform compulsory labor, i.e., fortification work. This also means that conscription would be reintroduced overnight without further legal steps. That would be the end of Germany’s second democracy. In my view, there are many indications that the ruling party cartel is secretly planning precisely this step. This can be seen in the AfD’s poll results.
Milena Preradovic: That means elections could also be suspended.
Patrick Baab: Of course, elections could also be suspended. Then it would initially be possible to keep the AfD small.
Milena Preradovic: Phew, that’s tough stuff. Let’s talk about your trip. You’ve just come back from Moscow. You’ve had many friends in Russia for a long time, ever since your time at NDR, which sent you to Russia very early on. What did you experience there now? We don’t hear much about it here.
Patrick Baab: The first thing to say—and I’ve been observing this development for almost 25 years—is what has happened there. I still remember the disastrous situation under Yeltsin and the early Putin years after 2000. A lot has changed fundamentally in Russia. Travelers can expect a country where almost everything runs smoothly. The authorities, both the police and the administrative offices, are polite, friendly, and professional. Whatever you need, everything runs smoothly. In my opinion, visible corruption has been significantly curbed, and Vladimir Putin enjoys strong support. I attended a reception to mark the 20th anniversary of Russia Today, a channel that is banned in the EU. Putin gave a speech there, and it was exciting to see how the audience reacted: multiple standing ovations – and this was not a hired audience. Putin’s approval ratings remain stable at around 80%. These are not commissioned polls. In his speech to RT, Putin said: “As journalists, use your strongest weapon – the truth.” One would like to see German politicians do the same. And I like to quote this sentence because it can also be used when it comes to securing research that is uncomfortable for Russians in their own country. I will do that too. I also presented my book there. We discussed geopolitical issues, the relationship between Russia and Germany, and vice versa. Many young people, an open discussion – the kind you rarely see in this country anymore. A country where debate is not shaped by resentment, but by reasoned argument. I conducted several interviews for my new YouTube channel, “Gegen den Strom” (Against the Tide). That also went very smoothly. We were in a hotel – it worked out perfectly.
Milena Preradovic: So critical opinions are not a problem in Russia?
Patrick Baab: It is definitely a problem, for example through the criminal offense of “insulting the army.” Of course, this is a vague clause that can be applied to anyone who makes a critical comment. I quoted Putin earlier because this is exactly what can be used to counter that. In Russia, too, the corridor of opinion has narrowed as a result of the war, but it has not been shut down. Open discussion is still possible.
Milena Preradovic: What do the Russians you spoke to there think about the overall situation – for example, about the war?
Patrick Baab: There is no consensus in Russia on the war. There is strong support for the collective leadership in the Kremlin. But there are also powerful forces that say: This has gone on too long, we have to finish it now – if necessary with a hard, possibly nuclear strike. This opposition exists, it is represented by intellectuals and is not unpopular. Many say it is dragging on too long. Of course, the war is also having an impact in Russia, especially the drone war. Several sources have confirmed to me that less than half of Russian refineries are now operating due to the imminent danger. As a result, fuel is rationed in many regions. This is how the war is affecting the population. It is causing discontent. But this discontent is initially leading to social forces rallying behind Putin. It also leads people to say – hence the high approval ratings enjoyed by Prigoschin and his Wagner group – that these are “our boys.” At least they know how to deal with such a problem.
Patrick Baab: So there are different opinions. With regard to Germany, the question mark on people’s faces is growing. At first, people said: The Germans are not our enemies, and we are not starting a new war with them. Then they said: We must make a clear distinction between the German federal government and the people of Germany. The government will go, but the people will remain. We had a good relationship, and that should be the case again. Then came the next stage: pity. Why are the Germans putting up with this? The government is harming its own population. Inflation, higher heating costs, the approach of war. Then came disappointment: when German tanks rolled into Donbass, people said: this is a resurgence of fascist tendencies in Germany. And now I’m experiencing the fifth stage: people are saying that if the Germans don’t have the courage to stand up against these policies, then they don’t deserve any better.
Milena Preradovic: Yes, there are polls in Russia that now see the Germans as the main enemy. Is that true? Did you get that impression?
Patrick Baab: Yes, that’s true. I don’t usually feel it myself—a little in everyday life—but I have friends who accompany me and help me out. That’s why I don’t feel it. People treat me with respect, politeness, and friendliness. Of course, I behave accordingly, as I always do when abroad. However, when I’m traveling alone, for example on the express train from Saint Petersburg to Moscow and back, I do notice that people are more distant in conversation.
Milena Preradovic: You gave an interview in Moscow that I watched. Your book “Auf beiden Seiten der Front” (On Both Sides of the Front) is being published there. Are Russians aware that there is a qualified but small minority in Germany who think differently from the government and mainstream media?
Patrick Baab: Yes, of course. These people are aware of this, and they are always looking for dialogue. I am exchanging ideas with Russian war reporters who tell me what they have experienced and describe their impressions. These are all people whose experience of suffering has made them humble. We listen to each other, discuss and explore what options are still available – in a war where the entire battlefield is monitored and the threat of drones is growing.
Milena Preradovic: The EU has now adopted its 19th package of sanctions against Russia and stipulated that all EU states must stop using Russian gas by 2028. Economically, the sanctions have so far been something of a disaster for the EU, including Germany. What is the economic situation in Russia?
Patrick Baab: Better. The economic situation is such that the sanctions are only having an effect in certain areas. Of course, connectivity is a problem: the distances for imports and exports are getting longer because they have to go via Asia. Billions are being invested in infrastructure projects such as “Power of Siberia.” The gas that was destined for Europe is now being delivered to China. Billions are being invested in the development of the northern corridor: new icebreakers, new ice-going tankers, so that the northern route can be used. This means that the distances to Asia are halved, as are transport costs and travel time. As a result, Europe is increasingly being sidelined. The sanctions are noticeable, but they will not bring Russia down. There are three reasons for this: First, the majority of the countries represented in the United Nations – 153 in total – continue to trade with Russia. Many African countries, for example, are dependent on Russian grain. Second, Russia is a resource-rich country. It has everything it needs within its own borders and does not fundamentally require foreign technology. Thirdly, the leadership in Beijing does not want a weak state in the north that is influenced by the US and needs Russia as a partner in the BRICS and as a source of raw materials.
Milena Preradovic: You were also in Sweden, where your book is also being published. How do people there view this escalation? Sweden is close by. Officially, the country stands firmly on the side of Ukraine and NATO. How do the people you spoke to there see it?
Patrick Baab: There was no public discussion in Sweden before it joined NATO and gave up its neutrality. The Swedish elites in politics, business, and the military, who are very pro-US, pushed this through in a coup. There, too, I see widespread public amnesia. Protests, a focus on peace, a balanced relationship with Russia—these are ideas that only play a role among a dissident minority. This minority is not very large. In Stockholm, a city of over a million people, it’s only a few hundred people.
Milena Preradovic: In recent weeks, the media has given the impression that a major war has already broken out. It was all about drones; suddenly it was a topic everywhere: drone sightings, drone danger. No one knew exactly where they were coming from, but it was clearly framed in the direction of Russia, along the lines of: Where else could they be coming from? Then there was the Baltic Sea as a possible war scenario—overflights by Russian aircraft, warships, the so-called Russian fleet. How do you assess this conflict, which now seems to have almost disappeared?
Patrick Baab: Wars must be divided into three levels. The first is what is happening in the conflict zone itself, on the front lines. The second is economic warfare. And the third is the propaganda battle. Ukrainian forces are gradually retreating from the front. The West has lost the war in Ukraine. The West has also lost the economic war against Russia; the sanctions have backfired. However, the West has won the propaganda battle – but only in NATO countries. Outside NATO territory, no one believes this propaganda. There, Europeans in particular are considered to have gone mad. The drone stories that have been hyped up without any basis in fact are part of this propaganda war, in which the Western press and media are participating. The mainstream media, including the public broadcasters, are part of the propaganda battle and have completely submitted to NATO’s narrative. This is a problem because it leads to escalations that can take on a life of their own. We saw this when the Estonians tried to board a tanker flying a neutral flag and transporting Russian oil from Primorsk with two helicopters and a speedboat. Then the Russians sent a MiG-31 interceptor. If the pilot has a nervous trigger finger and fires a missile and hits a helicopter—which he undoubtedly would—then we are at war.
Patrick Baab: So it’s a close call. And this sheds light on NATO’s strategy of trying to escalate in the Baltic region at a time when the front in Ukraine is under pressure, in order to force the Russian Federation to concentrate its forces there and relieve the front in Ukraine. This attempt has failed for now, but it will continue. I traveled through Karelia in June. We were traveling with Russian friends on a road that was a secret, forbidden road in Soviet times. No one was allowed there. My colleagues pointed out to me that this road has many potholes, even though it is constantly being repaired. And then I saw why: heavy trucks carrying bitumen drive along it, then turn into the forest and disappear behind a barrier. There, new missile silos are being built for medium-range missiles aimed at Scandinavia and Europe. The Russian Federation is therefore preparing for a nuclear exchange. According to the new Russian nuclear doctrine, Russia no longer refrains from a pure second-strike capability – as it has done up to now: “We will only respond with nuclear weapons” – but can now also use nuclear weapons in the event of a conventional threat to Russian territory, such as Kaliningrad or the areas in Donbass and Novorossiya that have now been incorporated into the Russian Federation. This is a further escalation.
Milena Preradovic: Are the Russians also preparing for a possible war with NATO by arming themselves?
Patrick Baab: According to my information, the Russians currently have around 780,000 troops in the war zone. The Russian army comprises around 1.5 million soldiers. On the European side, we have a situation in which an expeditionary force could consist of perhaps 25,000 British, 25,000 French, and—if we make a great effort in Germany—perhaps 25,000 German soldiers. So we are talking about 75,000, let’s say 80,000 soldiers who could be sent to Ukraine. In my opinion, this expeditionary force would be completely wiped out within a few weeks by an army experienced in warfare and equipped with hypersonic weapons. The Russians currently do not have universal conscription, but rather a subscription system: young people can sign up, there is a high advance payment (by Russian standards), it is well paid, and there is a high down payment. This is less popular in centers such as Saint Petersburg, Moscow, or Kazan, but if you go to Dagestan or Karelia, you will see that many young people are willing to take this gamble and sign up. Then they spend three or four years on the front lines.
Milena Preradovic: I know you don’t like to speculate, but how great do you think the danger of a really big war is, one that we could be drawn into? How great is it in your opinion?
Patrick Baab: I think the danger is very high because the European elites want a war. They believe they can survive this war. There was once someone who wrote in a book called Mein Kampf, on page 750, something along the lines of: “We’ll kick in the Russians‘ door, and then the whole house will collapse.” This goes back to a complete loss of touch with reality on the part of the European elites. They move in a Russophobic hall of mirrors. These people meet in the same clubs—Rotary or whatever they’re called—eat at the same restaurants, are invited to the same events, buy their cars at the same dealerships, stay among themselves in the same golf and tennis clubs, and mirror each other’s opinions. They confuse this with reality. The majority of these people have no knowledge of Russia. They haven’t noticed how Russia has changed. Military historian Andrei Martyanov, who is American, points out that the Russian Federation has caught up with the United States in the production of war-critical materials such as aluminum and steel. This means that we are not facing some sandal-wearing warriors like in Afghanistan, but a powerful army. This is underestimated. However, the laws of capitalism, and especially financial capitalism, are forcing the elites to drive their own populations deeper and deeper into new wars. They know that the pyramid scheme they have been building since the banking crisis at the latest – “We pump more and more money into the system, then the shop runs” – will eventually be corrected to the real productive values that exist. That is what they fear most.
Milena Preradovic: Then, of course, the citizens must also be prepared in advance, for example through the fall in tension. In Germany, there is no great outcry against this, i.e., against the possible threat of war. Do you still have hope that Germans will perceive the decline of their country on all levels – including economically – and recognize how close they are to disaster?
Patrick Baab: Of course people notice this decline, but many don’t want to see it. There are various factors at play here. On the one hand, we have precarious employment conditions everywhere, especially in the academic sector. People are moving from project work to freelance work to temporary contracts. And you can see that in the current discussions about ZDF: if you speak up, you’re out. That’s the first point. Secondly, in the private media sector, publishers call the shots. There is what is known as publisher privilege: publishers dictate the political line of a newspaper. Editors can operate within this corridor – the decisive factor is how narrow it is. Thirdly, many people do not realize that we live in a closed world of censorship, from search engines and internet platforms to the EU’s Digital Services Act. Even what can be seen on the internet, what is uploaded, follows certain interests. An incredible amount is deleted from the internet – at the behest of the EU or in anticipatory obedience by private corporations. This is because the internet market, and thus the information market, is essentially in private hands. Fourthly, we have direct propaganda in line with NATO’s “cognitive warfare” agenda. This is not just about shaping knowledge and keeping certain information out of the world. It is about destroying the structure of thought itself. And this is largely succeeding. I talk to many people who are no longer able to argue rationally. Instead, resentment immediately arises.
Milena Preradovic: Sure, they’ve been conditioned to think that way – along the lines of, “You don’t have to talk to them, they’re dirty kids.” We know this from Corona, we know this from climate change. Whenever “deniers” are behind it, you’re not allowed to talk to them. This has the advantage that you don’t have to discuss anything or exchange arguments. And of course, many people are afraid. What I learned earlier: Even the truly moderate and very intelligent media scientist Professor Bolz – also a valued guest on this channel – had his home searched at dawn because of a tweet. “Punish one, educate hundreds.” Others see this and keep their mouths shut even more. This is becoming very totalitarian.
Patrick Baab: Yes, repression is there, and large parts of the judiciary are unfortunately allowing themselves to be instrumentalized – to destroy democracy, out of pure self-empowerment. It is not right that a demonstration in Cologne is harassed for so long until at some point there is a pretext to take action against demonstrators and beat them down. The police and the judiciary – in other words, the repressive organs of the state – are being used to abolish democracy. And I can tell you one thing: this time, the names of the police officers responsible will go down in the history books. They should think carefully about whether they want to say, three years before retirement, “I’ll play along, I don’t care,” or whether they want to refuse to comply, invoking the Constitution. Because such interventions are unconstitutional, and those responsible know that, of course.
Milena Preradovic: Of course they know all that. Let’s end on a positive note after all these dystopian stories. As we mentioned earlier, you have a teaching position at a US university. Tell us about it: how, where, who, what?
Patrick Baab: I wrote an article in the Swiss magazine “Zeitfragen”: “Ukraine – five wars in one.” In it, I tried to analytically structure what is happening there, dividing it into historical phases. A director of an institute in the US – the Institute for Applied Geopolitics – read it. He called me, and Professor Smith said, “I would be delighted if we could adapt this for our students.” Then, together – I didn’t know exactly how an American university works – we developed a learning unit that operationalizes the analysis of such a war in five phases and five levels. This allows students to fill in 25 fields and look at the conflict from 25 perspectives. This forces them to think everything through carefully using an analytical model. It’s a lot of fun. We are currently recording the learning units because there is also an online option, and we are planning face-to-face lectures in the United States. This shows the difference between the US – also in the academic field – and Europe. There, they try to bring in knowledge, take advantage of opportunities, and say, “Work for us, please do this. You have experience in the war zone, you can explain to the students what it’s like.” And when I look at German universities—especially the two that fired me—I can only say: there are petty-minded people at work there.
Milena Preradovic: Now I have a little hope – at least for a few students in the US. Thank you very much, Patrick, for your analysis, which was, as always, exciting and enlightening. Thank you for being here.
Patrick Baab: Thank you for your important work.
Milena Preradovic: Well, folks, do you want total war? If not, then you have to fight back—as responsible citizens. The polls show that things are brewing in Bad Old Germany. But that won’t be enough. We all have to get off the couch. Otherwise, we may slide into situations that our grandparents would warn us about. I wish you all the best. See you soon.
beeindruckend und berührend…
vor patrick baabs aufrechtem gang ziehe ich den hut –
jedes wort seiner realitätsbasierten aussagen wiegt ein vielfaches von dem, was uns politiker und leidmedien (insbesondere seit fünf jahren) großkotzig als realität verkaufen wollen –
ich hoffe,daß putin angesichts des zunehmend provokativen wertewestlichen rumschwurbelns ruhe bewahrt…
„… der liebe gott beschütze mich vor meinen freunden,vor meinen feinden will ich mich schon selber schützen…“
Dank für die Präsentation dieses in Deutschland weitgehend unbekannten, aber erschreckend plausiblen Standpunktes zum aufziehenden neuen großen Krieg.
Letztens unterhielt ich mich mit einer Verfechterin bellizistischer feministischer Außenpolitik, nach deren Auffassung eine Dezimierung der Menschheit durch großen Krieg angesagt wäre, um Natur, Klima und Ressourcen für die Verbliebenen zu retten. Sie selbst versucht allerdings gerade, ihren jüngsten Sohn in der Schweiz einzubürgern, um ihn vor dem Marsch gen Moskau zu bewahren.
Mein Hinweis, dass eine wirklich Dezimierung der Menschheit nur effektiv wäre, wenn auch viele reproduzierende Frauen an die Front und in den Tod gingen, irritierte sie zunächst. Aber ihr fiel kein Gegenargument ein. Wenn sie nun noch erfährt, dass eben nicht nur einfach irgendwelche Männer auf freiem Feld erschossen und pulverisiert werden wie in den üblichen Kriegs-Androziden, sondern ein Einstieg der EU in den Krieg auch Atomschläge auf Mitteleuropa nach sich ziehen würde, weicht ihr Bellizismus vielleicht pazifistischen Empfindungen.
Es ist erstaunlich, wie entscheidend die Meinung von Frauen für die Zukunft der Gesellschaften ist. Sie können nicht nur die NS-Diktatur an die Macht wählen, sie könnten vielleicht auch die große aufziehende Zerstörung verhindern. Dazu müssen sie aber Angst um ihr eigenes Leben und das ihrer Liebsten bekommen.
Wahrheit bleibt, Lüge geht
Es gibt viele Dinge, die sind wie sie sind,
Daten, Zahlen, Fakten erkennt selbst ein Kind,
die hat die Natur oder Gott so geschaffen,
trotzdem gibt es immer wieder ein paar Affen,
die meinen, weil sie über Deppen regieren,
können sie das alles so einfach negieren.
Das Fehlurteil der Typen darin besteht,
die Wahrheit verbleibt, die Lüge vergeht.
Aber nur der verbleibt, der die Wahrheit verkündet,
der Wahrheitsleugner mit der Lüge verschwindet.
Wenn es manchem Herrscher am Anfang gelang,
mit Unwahrheiten sein System zu errichten,
am Ende stand immer der Untergang.
In Deutschland mangelt’s an solchen Einsichten.