„Die 5%-Hürde muss weg“ – mit Marcel Luthe

13. Okt 20225 Kommentare

Wie sinnvoll ist die 5% Hürde bei Wahlen noch? Politiker, Unternehmer und Gewerkschaftsführer Marcel Luthe plädiert dafür, auch kleine Parteien zuzulassen. Es würde die Demokratiefreudigkeit erhöhen, wenn die Bürger mehr Angebote hätten. Denn die Wahlbeteiligung ist seit Jahren mies. Allein bei der kürzlichen Niedersachsenwahl gab es rund 40 Prozent Nichtwähler. Schlecht für die Demokratie, kein Problem für die Parteien. Die bekommen trotzdem so viel Sitze, als hätten 100 % gewählt. Nicht gerecht und auch kein Anreiz für Politiker, mit Bürgern ins Gespräch zu kommen, so Luthe, der eine andere Wahlpraxis vorschlägt. Ein Gespräch außerdem über die unendliche Geschichte der Berliner Pannenwahl und die Abneigung auch der Bundespolitiker, das Wahldebakel durch eine Wiederholung auszubügeln.

Website Good Governance Gewerkschaft: https://www.gg-gewerkschaft.de/

Marcel Luthes Wahlanfechtungsklage ist am Ende des Artikels verlinkt: https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/luthe-berlin-wahl/

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Milena Preradovic

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Interview mit Marcel Luthe (deutsch)

Milena Preradovic: Wenn in einem anderen Land Wahlen unsauber ablaufen, dann ist die deutsche Regierung schnell bereit, das zu verurteilen. Wenn das Gleiche zu Hause passiert, dann ist das etwas anderes. September 2021: Die Wahlen in Berlin zum Berliner Landesparlament, aber auch zum Deutschen Bundestag strotzten nur so vor peinlichen Pannen und Fehlern. Bundesverfassungsrichter Peter Müller nannte dieses Debakel eine Situation wie in einem diktatorischen Entwicklungsland. Heute, ein Jahr später, ist immer noch keine Entscheidung über eine Wahlwiederholung getroffen worden. Der politische Wille scheint gering. Mein Gast kämpft nicht nur für die Wiederherstellung demokratischer Zustände. Er sagt auch: „Wir müssen das Wahlsystem generell ändern, damit wieder mehr Menschen angesprochen werden“. Wie er das meint? Jetzt in Punkt Preradovic. Hallo, Marcel Luthe.

Marcel Luthe: Hallo, Milena.

Milena Preradovic: Ich stell dich kurz vor. Du bist Unternehmer, Politiker, Buchautor und Chef der neuen Good Governance Gewerkschaft. Du hast Wirtschaftswissenschaften studiert und dich schon früh als Unternehmer betätigt. Warst Geschäftsführer und Teilhaber mehrerer Firmen. Politisch warst du schon seit deiner Studentenzeit bei der FDP aktiv und wurdest 2016 für die Liberalen Abgeordneter im Berliner Landesparlament. Dort hast du als investigativer Abgeordneter weit mehr als 2000 parlamentarische Anfragen gestellt. Das ist einsamer Rekord. Im Sommer 2020 hast du dich im Unfrieden von der FDP getrennt. 2021 bist du aus dem Berliner Parlament ausgeschieden. Genau bei dieser Wahl, über die wir auch gleich reden. Du bist Vizepräsident der deutsch-afghanischen Gesellschaft und Autor des Buches „Sanierungsfall Berlin, unsere Hauptstadt zwischen Missmanagement und organisierter Kriminalität“. So, gleich nach der chaotischen Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus im September 2021 hast du Einspruch gegen die Wahl erhoben und den Widerspruch auch beim Berliner Verfassungsgerichtshof eingereicht. Der hält jetzt in einer ersten Tendenz eine vollständige Ungültigkeit dieser Wahl für möglich. Worauf stützt sich diese Einschätzung?

Marcel Luthe: Auch die stützt sich im Wesentlichen auf das, was wir schon vor einem Jahr gesagt haben. Ich habe seinerzeit eine Vielzahl von Argumenten angeführt, die, glaube ich auch jeder kennt, der die Berliner Wahlen noch nicht ganz vergessen hat, der also weiß, dass weit nach 18:00 bis 21:00 gewählt wurde, dass falsche Stimmzettel ausgegeben wurden, dass Leute nicht wählen durften, obwohl sie wahlberechtigt waren und so weiter.

Milena Preradovic: Zum Beispiel durch die Briefwahl. Lasst uns das ruhig noch mal ganz kurz sagen, weil ich glaube, die meisten auch außerhalb von Berlin wissen es nicht mehr.

Marcel Luthe: Ja, also ein großes Thema war in der Tat die Briefwahl. Man hat in Berlin ewig lange auf den Versand der Briefwahlunterlagen gewartet. Mit dem Ergebnis, dass knapp 100.000 Briefwahlstimmen als ungültig gewertet wurden, weil sie eben zum Beispiel zu spät ankamen oder einfach gar nicht rechtzeitig die Briefwahlunterlagen zugegangen waren. Das heißt, du kommst ins Wahllokal, möchtest wählen, weil du nämlich Briefwahl beantragt hast, aber keine Unterlagen gekriegt hast und bekommst dann zur Antwort: „Ja, aber hier steht doch, dass Sie Briefwahl beantragt haben“. „Ja, ja, ja, schon. Aber ich habe ja keine Unterlagen gekriegt“. „Ja, aber dann können Sie nicht wählen“. Das haben wir in etwa 5 % aller Fälle von Wahlberechtigten, da, wo es in den Protokollen auch erfasst ist. Und das ist das große Thema, worauf sich der Verfassungsgerichtshof stürzt: Die Protokolle aus den Wahllokalen, in jedem Wahllokal, bei jeder Wahl ist der Wahlvorstand dafür zuständig, zu protokollieren, was denn da eigentlich alles an Besonderheiten vorgekommen ist. Und da ist ein Wahlberechtigter nicht wählen kann, ist natürlich eine Besonderheit und vieles, vieles andere eben halt auch was sich da an weiteren Problemen ergeben hat, also dass Stimmzettel eben falsch waren, zum Beispiel, dass auch explizit das Bezirksamt in Friedrichshain-Kreuzberg den Leuten gesagt hat: „Ja, ihr habt zwar falsche Stimmzettel, gebt die aber trotzdem mal aus“ und dementsprechend vorsätzlich Wählern falsche Stimmzettel gegeben wurden, die dann erst ungültig waren, was so richtig ist dann und die dann, nachdem klar war, dass 75 % dieser Stimmen auf die Grünen und die SPD entfallen sind, wieder gültig gemacht worden.

Marcel Luthe: Da reden wir auch alleine von knapp 2000 Stimmen. Und so zieht sich das eben alles, alles durch. Und entscheidend für den Verfassungsgerichtshof waren jetzt eben tatsächlich die Niederschriften, aus denen sich eben all diese Probleme ergeben hat und die ich unmittelbar nach der Wahl noch als Abgeordneter haben wollte. Da hätte man es mir einfach geben müssen, weil der Abgeordnete Einsichtsrecht hat in alle Akten der Verwaltung. Das hat man mir damals verweigert, und zwar sowohl in den Bezirken als auch über die Senatsverwaltung für Inneres, also die Landeswahlleitung dort als auch übers Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht und erst vorm Verfassungsgerichtshof, ein halbes Jahr später habe ich dann eben diese Unterlagen sehen können.

Milena Preradovic: Und du hast die alle ausgewertet. Warst du eigentlich der einzige, der die ausgewertet hat?

Marcel Luthe: Ich bin der einzige, der die bis heute überhaupt bekommen hat. Das ist ja das Interessante. Also das Wahlanfechtungsverfahren ist keine Verfassungsbeschwerde im eigentlichen Sinne, sondern ist eben halt ein Verfahren ganz eigener Art. Da arbeitet das Gericht im Prinzip wie eine Staatsanwaltschaft und ermittelt einfach die Wahrheit aus eigenem Antrieb. Und dazu gehört dann eben natürlich auch, dass jeder, der an dem Verfahren beteiligt ist, was unter anderem jeder einzelne Kandidat ist, erfährt, was in dem Verfahren eigentlich gerade los ist, dass er eben zum Beispiel auch diese Niederschriften zu Gesicht kriegt. Ich habe damals bewusst die Original-Niederschriften angefordert, weil ich nicht wollte, dass eine Innenverwaltung irgendwie so aussortiert, was vielleicht nicht so wichtig ist oder so, sondern wirklich sehen wollte, was es denn als Primärquelle quasi passiert. Das kennen Sie aus dem Journalistischen. Und dementsprechend sind also diese Akten damals ans Verfassungsgericht geliefert worden und wir hatten die Gelegenheit, uns die anzusehen. Ich hatte gesagt: „Moment mal, also eigentlich, so kennt man es aus jedem Prozess, schickt einem doch das Gericht die Unterlagen“. Das heißt, das Gericht sieht die Originale, scannt die Originale ein und schickt sie dann eben jedem. Das ist genau ein Aufwand, weil bekanntermaßen kann man der Daten dann beliebig oft kopieren. Das Gericht hatte aber keine Lust, die Daten zu scannen und dementsprechend mussten wir das dann selber machen.

Marcel Luthe: Das habe ich einem Team aus freiwilligen Helfern gemacht, einige davon zufällig im Nebenberuf Journalisten. Und so haben wir dann eben 30.000 Seiten abfotografiert, die ich mir dann danach im Wesentlichen dann tatsächlich alleine, weil es einfach nur so Sinn macht, aber das kenne ich auch schon aus Untersuchungsausschüssen, Du musst einfach jede Seite selbst gesehen haben, um Gesamtbild zu sehen und zum Beispiel sagen, das Muster da findet sich irgendwas wieder, weiß der Teufel. Und dementsprechend habe ich also diese diese Protokolle gesichtet, ausgewertet und all das sowohl im Verfassungsgerichtsverfahren als auch dann medial, ja, ich sage mal verbreitet. Ja und der Verfassungsgerichtshof stützt sich jetzt eben genau auch auf diese Niederschriften, auf diese Einzelheiten daraus und hat jetzt in einer ersten Tendenz, aber eben halt ein Jahr nachdem ichs gesagt habe, auch erkannt, dass diese Wahlen womöglich so dramatisch falsch waren, dass sie keinerlei demokratische Legitimation verleihen können. Was also bedeutet, vorausgesetzt der Verfassungsgerichtshof entscheidet endgültig, so wie er es anfangs gesagt hat, dass wir in Berlin seit über einem Jahr von einem Parlament und einer von diesem Parlament regierten gewählten Regierung regiert werden, die nicht ihre Legitimation aus demokratischen Wahlen ableiten. Das ist in einer Demokratie schlichtweg nicht geben kann.

Milena Preradovic: Ja „diktatorisches Entwicklungsland“ hat der Bundesverfassungsrichter Peter Müller das genannt. Also das ist schon verrückt. Aber wieso dauert das alles so lange? Warum wird es ein Jahr nach dieser Wahl immer noch keine Entscheidung darüber getroffen worden, ob sie wiederholt wird oder nicht?

Marcel Luthe: Och, das ist eine sehr gute Frage. Eine, die man allerdings auch Herrn Müller stellen müsste, denn wir haben sechs Wochen nach der Wahl und kurz vor dem Zusammentritt dieses neuen Parlaments haben wir beim Berliner Verfassungsgerichtshof und dann beim Bundesverfassungsgericht eine einstweilige Verfügung beantragt, die diesem, ich nenne es mal Pseudo Parlament untersagen sollte, zusammenzutreten. Hintergrund ist der, dass so steht es im Grundgesetz, so steht es in der Berliner Landesverfassung, die Amtszeit eines Parlamentes erst dann endet, wenn ein neues Parlament zusammentritt. Dass dieses neue Parlament also weil es in der Demokratie keine parlamentsfreie Zeit geben kann, dass dieses neue Parlament natürlich demokratisch gewählt sein muss, versteht sich von selbst. Und ich hatte damals gesagt: „Nee,Moment mal, wenn wir also nicht sicher wissen, ob dieses neue Parlament demokratisch gewählt ist, wir aber wiederum sicher wissen, dass das letzte jedenfalls noch demokratisch gewählt war, dem ich angehöre, dann muss das Zusammentreten des neuen Parlaments so lange aufgeschoben werden, bis diese Zweifel an der Wahl geklärt sind“. Und ich glaube, wenn man das gemacht hätte, wenn das Landesverfassungsgericht oder das Bundesverfassungsgericht gesagt hätte: „Stimmt! Kurze Pause. Bevor ihr anfangen könnt, müssen erst diese Zweifel ausgeräumt werden“. Dann hätte man sich sehr, sehr, sehr viel mehr Mühe gegeben, schnell eine Entscheidung zu treffen und schnell diese Dinge aufzuklären. Und jetzt ist eben halt durch dieses muntere Abwarten von über einem Jahr, ich sage mal mindestens anderthalb Jahren, vermutlich bis zu einer Wahlwiederholung, ist ein Zustand eingetreten, den es in einer Demokratie unmöglich geben kann. Wir haben hier die Situation, dass also Leute, ohne demokratische Legitimation da sitzen, die nicht gewählt sind. Es könnte also auch jeder beliebige andere sein, den ja irgendjemand von der Straße bestimmt, der jetzt hier mal Entscheidungen verantworten soll. Und das geht in einer Demokratie nicht. Wir haben den schönen Satz: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“. Und genau so muss es sein. Nur so geht es.

Milena Preradovic: Ja, ja, aber ich habe so ein bisschen den Eindruck, wenn ich die Berliner Diskussion verfolge, so: „na ja, das ist ja lapidar, so Fehler. Gut, es ist blöd gelaufen, aber das Ergebnis wäre eh so ähnlich“. Vermisst du da auch ein bisschen den demokratischen Willen?

Marcel Luthe: Ja, also die Leute, die sich so äußern, die sind eben halt ganz offenkundig keine Demokraten. Wie das Ergebnis ist, kann man dann sehen, wenn demokratische Wahlen im Sinne des Artikel 38 Grundgesetz Artikel 38 analog der Berliner Landesverfassung stattgefunden haben. Da diese hier nicht stattgefunden haben, das ist meine Überzeugung seit einem Jahr und das ist auch das, was das Verfassungsgericht mittlerweile so äußert, was offensichtlich ja auch das Bundesverfassungsgericht ähnlich sieht, was jetzt nicht sehr überraschend ist, weil es eben eine klare Rechtsprechung dazu gibt, wie demokratische Wahlen auszusehen haben. Und wer sagt: „Ach ja, da kommt es doch hier auf diese und jene Kleinigkeit nicht an“, der hat Demokratie nicht begriffen. Nehmen wir alleine das Wählen nach 18:00. Wir haben die Situation gehabt, dass um 18:00 Hochrechnungen kamen, die gesagt haben, es gibt hier ein Kopf an Kopf Rennen in Berlin zwischen der SPD und den Grünen. In dem Moment war für jeden klar, dass es nicht mehr so sehr darauf ankommen wird, zum Beispiel für jeden CDU Wähler, ob jetzt tatsächlich die CDU eine Chance hat, den Regierenden Bürgermeister zu stellen, sondern da ging es nur noch darum, wen mag man weniger, die Grünen oder die SPD und wen verhindert man dann und dementsprechend was wählt man auf der anderen Seite. Das gleiche galt für alle kleinen Parteien, die nicht mehr in den Hochrechnungen genannt wurden, obwohl sie vielleicht in den Prognosen noch bei drei 4 % waren, die aber den Hochrechnungen nicht auftauchten. Wer in der Hochrechnung nicht auftaucht, ist ganz offensichtlich nicht im Parlament, also muss ich den auch nicht wählen. All das hat also dazu geführt, dass all die vielen, vielen Stimmen nach meiner Schätzung etwa 200.000, die nach 18:00 abgegeben wurden, dass die sämtlich natürlich sich verteilt haben auf andere Parteien. Verteilt haben, auf SPD und Grüne und sicherlich eben nicht auf die anderen Parteien, weil das natürlich das Mediale war, was die ganze Zeit bei den Leuten einprasselt, die in den Warteschlangen vor den Wahllokalen standen, die übrigens ja bis zu zwei Kilometer lang waren.

Milena Preradovic: Wahnsinn, oder? Wie ist eigentlich die Haltung der regierenden Berliner Bürgermeisterin Giffey die ganze Zeit jetzt gewesen? Sie hat jetzt auch nicht unbedingt auf Wahlwiederholung gedrängt, oder?

Marcel Luthe: Nö, die hat ja die Situation, dass man sie jetzt erst mal hat gewähren lassen, dass sie mit ihrer Truppe handeln konnte, also mit der rot-rot-grünen Koalition, die sich so fortgesetzt hat wie beim letzten Mal. Und insofern hat sie ja zunächst mal keinen Grund, sich in Anführungszeichen „persönlich zu beschweren“. Als Demokratin müsste sie sich dann natürlich beschweren und das entsprechend deutlich. Aber das tut sie nicht.

Milena Preradovic: Du hast dich ja selber als unabhängiger Kandidat der Freien Wähler zur Wahl gestellt. Bei dieser Wahl sollte es eine Wahlwiederholung geben, die dann, wenn wahrscheinlich im Frühjahr 2023 stattfinden würde, würdest du dich noch mal zur Wahl stellen?

Marcel Luthe: Also zur Wahl stellen auf jeden Fall. Die Frage ist halt nur erstens, wann diese Wahlwiederholung stattfindet und tatsächlich mit welchen Kandidaten, mit welchen Parteien. Zum einen wird gerne behauptet, es sei ganz klar, dass die Wahlwiederholung im Frühjahr nächsten Jahres stattfinden müsse. Das kommt ganz darauf an: Je nachdem, was das Berliner Landesverfassungsgericht entscheidet, können diejenigen, die betroffen sind von der Entscheidung, also eben auch ich als derjenige, der den Anspruch damals erhoben hat, können gegen diese Entscheidung auch theoretisch noch vors Bundesverfassungsgericht gehen. Dann würde es sicherlich noch etwas länger dauern mit einer Wahlwiederholung. Und die andere Frage ist, ob es tatsächlich so ist, wie im Berliner Wahlgesetz geregelt ist, dass die Parteien mit den gleichen Kandidaten mit den gleichen Listen wie bei der ursprünglichen Wahl antreten müssen und werden. Bei einer Wahlwiederholung oder – dafür muss man dann immer im Gesetz auch den ganzen Satz quasi lesen oder in dem Fall den Nebensatz – oder ob nach Maßgabe des Verfassungsgerichts dieses etwas anderes entscheidet. Und ich bin der Auffassung, dass diese Regelung im Gesetz ursprünglich mal dafür gedacht war zu sagen: „Na ja, wenn wir einen Monat oder zwei oder drei später wählen, dann ist es klar, dann musst du nicht den ganzen Schmodder mit Aufstellungsparteitagen usw noch mal neu machen“. Da wird es in der Kürze der Zeit auch keine neuen Parteien oder Kandidaten oder Menschen geben, die nach Berlin ziehen, die sich entscheiden jetzt kandidieren zu wollen oder so, da kann man das machen. Wir reden aber jetzt hier von mindestens anderthalb Jahren seit der ursprünglichen Wahl und insofern glaube ich, dass es auch da der Freiheit der Wahl, die ja in beide Richtungen funktioniert, also sowohl zu wählen als auch gewählt zu werden, geschuldet ist, dass die Parteien alle neue Kandidaten werden aufstellen müssen.

Marcel Luthe: Nehmen wir die SPD. Andreas Geisel ist ein herausragender Kandidat für die SPD in Berlin immer gewesen. Der war Innensenator, der war Abgeordneter und jetzt ist er Bausenator. Nachdem das Verfassungsgericht schon sehr, sehr deutlich gemacht hat, dass er als Innensenator natürlich ganz wesentlich Schuld daran trägt, dass wir die Situation haben, dass wir kein demokratisch gewähltes Parlament zu haben scheinen. gegenwärtig, bin ich mir ziemlich sicher, dass auch die Genossen bei der SPD in Lichtenberg, wo er herkommt, sich zweimal überlegen werden, ob die wirklich Andreas Geisel noch mal als Kandidaten aufstellen wollen. Und auch da ist es der Demokratie geschuldet, dass man sagt: „Moment mal, nach anderthalb Jahren, nach komplett neuen Erkenntnissen muss jede Partei sich überlegen können, ob sie mit anderen Kandidaten antritt. Und es muss auch jeder Bürger sich überlegen können, ob er womöglich vielleicht auch eine eigene Partei gründet, mit einer Wählervereinigung neu antritt oder in irgendeiner anderen Weise sich einbringen will“. Weil nehmen wir mal den Fall, es wäre jetzt rausgekommen, dass alle Parteien, wirklich alle restlos inklusive junge Hüpfer sich verschworen haben, diese Wahl zu sabotieren und irgendeiner hätte es jetzt aufgedeckt. Dann muss man doch sagen: „Moment mal, dann will ich doch nicht nur die Möglichkeiten haben, diese Leute zu wählen, sondern ich hoffe doch dann darauf, dass ich auch irgendeine neue Partei wählen kann, die das jetzt anders machen wird“. Und insofern gesagt, bin ich mir sicher, dass das Verfassungsgericht entscheiden wird, dass es neue Listen geben muss mit neuen Kandidaten. Und wenn das Verfassungsgericht das nicht entscheidet, dann muss eben halt das Bundesverfassungsgericht entscheiden, das ich dann anrufen werde.

Milena Preradovic: Ich bin ja wirklich mal gespannt, wie lange das doch dauert, bis zu einer Wiederholungswahl. Viele denken ja, dass es nur um die Landeswahlen geht, also um das Berliner Parlament. Aber es geht ja auch um den Bundestag, der ja am selben Tag gewählt wurde. Steht da auch eine Wiederholung der Berliner Ergebnisse an?

Marcel Luthe: Das scheint so zu sein. Es sind ja zwei parallele Verfahren. Das ist bei vielen deiner Kollegen auch gerne durcheinander geschmissen. Das eine ist der Verfassungsgerichtshof, der entscheidet über das Landesparlament und das andere sind die Bundestagswahlen. Darüber entscheidet kurioserweise der Deutsche Bundestag zunächst mal selbst. Und dagegen kann man dann wiederum vors Bundesverfassungsgericht ziehen. Und ich habe sowohl die Landtagswahl als auch die Bundestagswahl in Berlin angefochten, was ja genau die gleiche Situation war. Also die Briefwahlunterlagen sind ja nicht separat für den Bundestag verschickt worden, sondern das Problem, über das wir vorhin gesprochen haben: für die Landtagswahlen gab es ja dann auch bei der Bundestagswahl. Genauso wie das Wählen nach 18:00 und alle weiteren Sachen. Und dementsprechend bin ich der Auffassung, genau wie der Verfassungsgerichtshof zum Ergebnis kommen muss, so kann es nicht sein, es muss komplett Berlin wiederholt werden, wird auch der Prüfungsausschuss des Bundestages zu diesem Ergebnis kommen müssen. Nun habe ich aber ja schon mal den einen oder anderen Bekannten da ja auch im Deutschen Bundestag sowohl aus meiner FDP Zeit, man kennt sich ja aus Podiumsdiskussionen auch mit Leuten aus anderen Parteien. Ich kenne da auch den einen oder anderen Wahlprüfungsausschuss und hatte die frühzeitig angesprochen und gesagt: „Guck mal, all das, was ich in den Niederschriften habe, ist doch dramatisch. Also auf der Grundlage könnt ihr doch gar nicht anders“. „Ja, na ja, ich glaube, das wird nicht passieren“. „Also, wieso denn?“. Ja, und dann lächelte man milde und dann kam das Gespräch quasi auf anderes. Mittlerweile habe ich aber verstanden, warum das wohl nicht passieren wird. Wir haben die Situation, dass die Linke mit nicht ganz 5 %, tatsächlich aber trotzdem im Deutschen Bundestag sitzt, weil sie drei Direktmandate errungen hat, das heißt in drei Wahlkreisen sich als stärkste Kraft durchgesetzt hat. Zwei dieser Wahlkreise liegen in Berlin, und einer dieser Wahlkreise war relativ knapp. Jedenfalls so knapp, dass man bei einer Wahlwiederholung bzw. wenn man berücksichtigt, was alles vorher bei der Wahl schief gelaufen ist, durchaus auf die Idee kommen könnte, dass auch jemand anders diesen Wahlkreis hätte gewinnen können.

Milena Preradovic: Und dann wären die Linken raus aus dem Bundestag.

Marcel Luthe: Dann wären die Linken als Fraktion bzw als jenseits der FünfProzenthürde agierende fraktionslose…

Milena Preradovic: Weniger Abgeordnete im Bundestag.

Marcel Luthe: Genau. Die würden, ich glaube 35 Mandate verlieren und hätten dann statt 37 noch zwei. Und auch da würde ja jetzt jeder sagen: „Ja Moment mal, aber da müssten doch alle anderen total dafür sein, einen politischen Mitbewerber zu schwächen“. Und genau das habe ich mich auch gefragt. Also welche Interessenlage könnte denn da jemand haben, zu sagen: „Ach nee wir wollen lieber, dass die Linken im Bundestag bleiben“. Und da kommen wir zu der Frage des ach so aufgeblähten Bundestages, diese Super-Parlaments mit den Ausgleichs- und Überhangmandaten. Wenn man die Bertelsmann Stiftung ist das glaube ich, hat auf ihrer Webseite einen schönen Rechner, wo man die Größe des Bundestags mit Ausgleichs- und Überhangmandaten berechnen kann. Und wenn man da einfach mal die Linke auf zwei setzt, dann kommt man auf das Ergebnis, dass der Bundestag nicht 736 Abgeordnete hätte, sondern nur die Regel Situation von 598, 599 Mandaten, weil dadurch, dass die Linke außergewöhnlich im Parlament sitzt, natürlich für alle anderen die Größenverhältnisse ausgeglichen werden müssen. Und wenn das wegfällt, so jedenfalls dieser Rechner der Bertelsmann Stiftung, hat nämlich erst mal kein Grund zu zweifeln, dann verlieren auch CDU, SPD, Grüne, FDP und AfD Mandate und das nicht zu knapp. Also insgesamt wären es dann 100 Abgeordnete insgesamt im Deutschen Bundestag weniger und dementsprechend haben natürlich auch alle anderen Parteien nur ein sehr mäßiges Interesse daran, die Wahlen in Berlin in diesem Wahlkreis ebenfalls wiederholen zu lassen.

Milena Preradovic: Und wann entscheiden die darüber?

Marcel Luthe: Der Wahl-Prüfungsausschuss wollte eigentlich schon vor dem Landesverfassungsgericht darüber entscheiden. Nachdem das Landesverfassungsgericht sich dann mal deutlich geäußert hat, hat man diese Entscheidung noch mal nach hinten geschoben. Also genau weiß es im Moment niemand. Ich habe auch die Gelegenheit noch mal genutzt, dem Whl-Prüfungsausschuss schreiben zu lassen über unsere Anwälte, dass ich mir doch vorstellen würde, dass jetzt mal anfangen, sich die Protokolle anzugucken, was sie eben bis zum heutigen Tage nicht gemacht haben und eine Entscheidung treffen wollten, bei der man einfach mal ganz fest die Augen verschließt vor all den Problemen, die da waren. Ich bin gespannt, ob sie das jetzt machen werden und ob sie dann zu einem anderen Ergebnis kommen. Und wenn nicht, gibt es eben auch da das Bundesverfassungsgericht.

Milena Preradovic: Aber du hältst es für möglich, dass der Bundestag quasi die Wahlwiederholung ablehnt?

Marcel Luthe: Ich gehe davon aus, dass der Deutsche Bundestag ein und so hat es ja auch die die Ampelkoalition im Wahl-Prüfungsausschuss vorgeschlagen, dass man in kleinen homöopathischen Dosen dem Affen ein bisschen Zucker geben wird. Man redet hier von 300 Wahllokalen, von etwa 2500, die wir insgesamt in Berlin hatten, und in den 300 Wahllokalen solle ein Teil der Stimmen wiederholt werden. Das ist für dieses „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“ und vor allem Bitte verhindere, dass ein Ergebnis rauskommt, das Sie nicht gebrauchen können aus den gerade erwähnten Gründen. Also das ist eine eine vollkommene Kosmetik, ein vollkommener Unfug. Und zu so einem Vorschlag kann man eben nur dann kommen, wenn man sich weder die Schriftsätze, die sind übrigens auch bei uns online entsprechend veröffentlicht, die wir vorgetragen haben angeschaut hat, noch die Niederschriften aus den Wahllokalen angeschaut hat. Und der Wahl-Prüfungsausschuss hat hier die Aufgabe, ähnlich wie ein Verfassungsgericht zu ermitteln, was tatsächlich wahr ist und nicht, was er gerne politisch wahr gemacht hätte.

Milena Preradovic: Wahnsinn! Kommen wir mal zur aktuellen Niedersachsenwahl vom letzten Sonntag. Da haben ja im Grunde die Nichtwähler mit 40 % gewonnen. Das muss man sich mal vorstellen. Also fast die Hälfte der Menschen hat gar nicht mit entschieden. Fast 6 % landen unter Sonstige, die dann auch nicht gefragt sind. Und ich frage mich dann schon, wie legitim eine Regierung aus den Siegern der restlichen nicht mal 60 % ist. Ist dieses Wahlsystem so noch ein demokratisches, bei so einer großen Zahl von Nichtwählern?

Marcel Luthe: Unser das Wahlsystem als solches halte ich schon für demokratisch. Es hat ja jeder die Möglichkeit wählen zu gehen. Das Problem ist die Auswertung des Wahlergebnisses quasi hinterher. Das heißt, wir haben ja in Deutschland die Situation anders als im Übrigen, auch in weiten Teilen Europas, dass wir mit einer historisch genannten in Wirklichkeit gar nicht historisch sein, sondern relativ neuen 5 % Sperrklausel arbeiten. Das heißt, jede Partei, die nicht 5 % der Stimmen erreicht, ist automatisch raus, wird nicht gezählt. Und letztlich werden deren Parlamentssitze dann eben halt den anderen Parteien zugeschlagen. Das gleiche gilt eben auch für das für das Thema Wahlbeteiligung. Es muss ja die Gewählten überhaupt gar nicht interessieren, wer alles nicht gewählt hat. Theoretisch könntest du also auch mit der Wahlbeteiligung von zehn Leuten bundesweit, hättest du ein Parlament, in dem 600 Leute sitzen, die dann alle mal munter regieren, die aber eigentlich keiner mehr gewählt hat, nach dem Hinweis: „naja, ihr hättet ja wählen können“. Nun ist die Frage, warum wählen denn so viele Leute nicht? Und diese Frage treibt mich auch letztlich eigentlich, seit ich den Tegel Volksentscheid 2014 gemacht habe, ganz intensiv um. Ich war der Überzeugung, dass man konkrete Angebote machen muss und das ist auch darauf ankommt, dass die Leute, die irgendwo kandidieren, auch glaubhaft für die Themen stehen, dass man auch weiß, wen man überhaupt wählt. Das heißt ja bei den Parteien mit den Listen-Wahlen in aller Regel eben überhaupt nicht, sondern da stehen Leute auf der Liste, die noch nie vorher gesehen hast, die dir danach auch medial nie wiedersehen wirst, aber die eben halt vier oder fünf Jahre dich vermeintlich vertreten sollen. Also wir haben zwei Aspekte: Einmal die 5%-Prozenthürde und auch die habe ich jetzt vorm Verfassungsgericht in meinem Antrag hier in Berlin angegriffen, weil ich sie für mit allgemeinem Verfassungsgrundsätzen nicht mehr vereinbar halte.

Marcel Luthe: Das wird immer wieder gerne mal angeführt, auch über die Jahrzehnte. Und dann kommt immer: „Ja, aber die Fünf-Prozenthürde. Es kann man nicht, gab es doch schon immer. Und so weiter“. Da würde ich empfehlen, Achtung, ganz großes Schwurbler-Argument; Ich würde einfach mal empfehlen, sich die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anzuschauen, für die Leute, die glauben, dass das richtig ist. Das Bundesverfassungsgericht, dass jetzt des Schwurbelns unverdächtig sein dürfte, hat im Jahr 2013 entschieden, dass die Fünf-Prozenthürde genau wie eine 3 % Hürde für das Europaparlament oder auch jede andere Sperrklausel für das Europaparlament, unzulässig ist und hat sehr ausführlich erklärt, warum das so ist. Nämlich weil natürlich im Grundsatz es gilt, dass alle Stimmen gleich sein müssen, die bei einer Wahl abgegeben werden und die ich eben halt nicht sagen kann: „Du hast dir den Falschen ausgesucht, der hat eben halt nicht genug andere Stimmen bekommen und deswegen ist deine Stimme soeben wertlos geworden“. Das darf ich nur in ganz, ganz, ganz engen Grenzen machen. Und diese Grenzen müssen bei jeder Wahl neu bestimmt werden. Und weil der Gesetzgeber das nicht getan hat, weil natürlich die großen Parteien, die schon im Parlament sind, gar kein Interesse daran haben, dass sie plötzlich Sitze abgeben müssen an kleine Parteien, die neu dazukommen, wird das einfach nicht gemacht. Und man sagt: „Na ja, haben wir schon immer so gemacht mit der Fünf-Prozenthürde, das muss auch so bleiben“. Das Bundesverfassungsgericht hat also gesagt, es ist kein Grund erkennbar, warum bei einem so kleinen Parlaments-Anteil, also wir haben ja 99 Europaabgeordnete, die aus Deutschland kommen bei einem so kleinen Parlament, also letztlich diesen 99 Leuten, die wir ins Europäische Parlament entsenden, warum es da schwierig sein sollte, wenn mal 1,2,3,4,5 Leute jeweils einer einzelnen Partei angehören, die werden sich dann schon zu Fraktionen zusammenschließen, die werden schon irgendwie arbeiten. Da kann niemand sagen, dass das das Parlament in irgendeiner Weise behindern würde. Im Gegenteil. Und meine Überzeugung ist, dass das genau ein Parlament extrem beleben würde. Wir haben in Berlin die Situation gehabt, dass knapp zwölf, ich glaube 12,5 %, vorausgesetzt eben man kann dem Wahlergebnis vertrauen, aber 12,5 % nach diesem Wahlergebnis nicht nur nicht Nichtwähler, sondern sonstige Parteien waren. Und wenn man einfach mal davon ausgeht, so wie ich es tue, dass eine Sperrklausel hier in Berlin auch mit der Verfassung gegenwärtig gar nicht zu vereinbaren war und dementsprechend also das rechnerische Ergebnis neu ausgezählt werden, also neu verteilt werden müsste, dann hätten wir 16 statt sechs Parteien im Parlament. Wir haben auch jetzt in meiner Wahlperiode, also die theoretisch 20/21 zu Ende gegangen ist, mal gucken, ob das tatsächlich so ist, in meiner Wahlperiode hatten wir eben auch sechs Fraktionen und vier fraktionslose Abgeordnete, also auch schon zehn Gruppierungen. Das hat wunderbar funktioniert, weil man natürlich an verschiedensten Stellen einfach ganz automatisch mit anderen zusammenarbeitet. Und wenn man sich die Qualität der Diskussionen im Parlament anschaut, ich kann nur jedem empfehlen, einfach mal einzuschalten und sich anzugucken, wie viele meiner Kollegen dann einfach irgendwas vom Zettelchen ablesen, von dem wir selbst nicht wissen, was es ist. Zwischenfragen nicht gestatten, weil sie nämlich dann ertappt würden dabei, dass sie das Thema nicht verstanden haben. Und so weiter und so fort. Glaube ich, dass ein bisschen frisches Blut, frischer Wind den Parlamenten ausgesprochen gut tun würde.

Milena Preradovic: Aber besteht da nicht die Gefahr, dass jetzt nur noch ganz schwammige Kompromisse verabschiedet werden, wenn man, dass man sich überhaupt einigen kann in irgendeiner Form, wenn 16 Parteien da sitzen?

Marcel Luthe: Also wie viel schwammiger sollen denn die Kompromisse schon sein als das, was wir jetzt im Moment beispielsweise bei dieser Bundesregierung, bei dieser Koalition erleben? Wenn ich mir angucke, dass eine FDP eine sogenannte Gaspreis-Bremse mitmacht, bei der es also letztlich ja darum geht, dass man die Gaspreise staatlich subventioniert, was wiederum bedeutet wir geben Geld aus, das wir nicht haben, das die Bürger erst mal erwirtschaften wollen. Machen Schulden, um es dann auf der anderen Seite irgendwann mal wieder zurückzugeben. Die Subventionitis ist etwas, wofür die FDP noch nie stand. Das Problem bei den Gaspreisen ist ja nun mal ein anderes, nämlich dass durch die sogenannte Energiewende die Preise so massiv hochgetrieben wurden. Da hat man aber trotzdem eine FDP, die sich komplett aufweichen lässt, um diesen grünen Unfug mitzumachen. Und dementsprechend Schwammigkeit haben wir gerade deshalb, weil es so große Fraktionen gibt, in denen der einzelne Abgeordnete wenig zählt, dementsprechend auch seine Stimme nicht erhebt, weil er sagt: „Ja, dann habe ich ja keine Chance, da bin ich ja beim nächsten Mal weg, kann gar nichts mehr machen“. Und dementsprechend man im Wesentlichen eine amorphe Masse in den Parlamenten hat, die, nehmen wir uns doch mal Wahlprogramme von SPD, CDU, FDP und Grünen und legen die mal alle nebeneinander. Ich bin mir sicher, dass die allermeisten meiner Kollegen nicht erkennen werden, welches das Programm ihrer eigenen Partei ist und welches das einer jeweils anderen, der gerade genannten.

Milena Preradovic: Aber das heißt, möchtest du diese Sperrklauseln, die Fünf-Prozenthürde dann auch für alle Wahlen in Deutschland abschaffen?

Marcel Luthe: Also ich sag mal, die sind per se schon abgeschafft, wenn man sich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu 2013 anschaut.

Milena Preradovic: Davon merken wir nichts davon.

Marcel Luthe: Genau das ist das Problem. Da, wo niemand darauf drängt, dass das umgesetzt wird, wird es natürlich auch nicht umgesetzt. Ich habe das jetzt für die Berliner Landtagswahlen und für die Berliner Bezirksverordnetenversammlung getan. Auch da haben wir eine 3 % Klausel. Auch die gibt es eben in anderen Großstädten nicht. Köln zum Beispiel kennt die nicht, München auch nicht. Aber auch gerade bei einer Bundestagswahl muss es eben Leute geben, die dagegen auch vor dem Verfassungsgerichten vorgehen. Das ist im Moment einfach nicht der Fall. Ich glaube tatsächlich, weil viele kleine Parteien und Kandidaten zu unprofessionell agieren, sich mit solchen Fragen gar nicht auseinandersetzen oder einfach sagen: „Da kannst du ja eh nix machen“ und die großen Parteien daran natürlich überhaupt kein Interesse haben. Aber dieses Interesse müssen sie haben. Wenn du dir anschaust, wie die Wahlbeteiligung sich entwickelt, und zwar seit Jahrzehnten entwickelt, im Prinzip konstant weiter nach unten. Und gerade jetzt leben wir in hochpolitischen Zeiten so politischen Zeiten wie wir, die meines Erachtens seit den 70er Jahren nicht mehr hatten. Trotzdem ändert sich nichts an der Wahlbeteiligung. Und das liegt nicht daran, dass der Nichtwähler, keine Ahnung auf dem Sofa sitzt, die ganze Zeit Chips in sich reingestopft und irgendwelche Netflix Serien guckt, sondern dass den Leuten kein brauchbares Angebot gemacht wird. Und was das verhindern brauchbaren Angebots angeht, da geht es eben auch sehr, sehr stark um die Fünf-Prozenthürde. Es gibt sicherlich viele Leute, die davon überzeugt sind, dass dieser oder jener Mensch, den sie kennen, besonders gut geeignet wäre, ihre Interessen zu vertreten. Dass auch Leute unterschiedlichste Parteien gut finden und eigentlich gerne wählen würden, dann aber ihr Kreuz lieber bei einer der großen Parteien machen, sonst verliere ich ja meine Stimme, dann ist die ja verschenkt. Verschenkt ist die Stimme dann, wenn ich sie jemandem gebe, den ich gar nicht wählen will, weil ich ja nichts dafür bekomme.

Marcel Luthe: Jedenfalls nicht das, was ich haben wollte. Das nennt man klassisch verschenken. Und insofern kann ich durchaus nachvollziehen, warum Menschen in dieser Situation sagen: „Nee, dann wähle ich lieber nicht, bevor ich den Falschen wähle“. Und ich glaube, dass wir, dass wir damit Demokratie ganz massiv beleben können, auch die Debatten in den Parlamenten beleben könnten. Wenn wir uns erinnern, was an Turbulenz ins Parlament gekommen ist, als die ersten Grünen in Deutschen Bundestag gezogen sind, die Sachen ganz anders gemacht haben. Ich könnte mir vorstellen, dass zum Beispiel auch eine Partei wie „die Partei“ durchaus in Landesparlamenten oder im Bundestag belebend wirken kann. Ich kann mir das aber auch für eine Tierschutzpartei vorstellen, die Themen hat. Ich kann mir das auch vorstellen für weiß ich nicht eine ÖDP, für Freie Wähler, für alle möglichen Parteien, auch im Übrigen für Parteien, die aus unterschiedlichen Rändern kommen. Wir haben jetzt beispielsweise auch in Nordrheinwestfalen verschiedene islamisch geprägte Parteien. Auch da ist es durchaus interessant, mal zu sehen, was machen die denn eigentlich konkret, wenn davon ein oder zwei Kollegen in im Parlament sitzen? Wie verhalten sie sich, wie äußern die sich so? Was kann dazu beitragen, auch Extremismus ganz, ganz schnell zu entzaubern. Es kann aber auch dazu beitragen zu zeigen Mensch, hört, die Leute sind doch gar nicht so verkehrt. Das ist ja alles, alles Mythos gewesen. Für all das, diese Transparenz, braucht man eben halt die Bühne des Parlaments. Und dass eine Mehrheit eben der etablierten Parteien das den kleineren Wettbewerbern verweigert, liegt in der Natur der Sache. Dem hat das Bundesverfassungsgericht mit der Entscheidung zum Europaparlament einen Riegel vorgeschoben. Es wird nur noch nicht umgesetzt.

Milena Preradovic: Es ist ja auch so, dass die großen Volksparteien ja gar nicht mehr so große Volksparteien sind. Ich meine auch da, diese ganze Parteienlandschaft hat sich ja mehr zerfasert. Das wäre ja fast auch eigentlich auch ein Argument dafür, mehr zuzulassen, weil es gibt ja nicht mehr 40-40 und der Rest ist nur noch bei einem 1 %.

Marcel Luthe: Das ist so, das muss man sich auch historisch anschauen. Mit der Einführung der Fünf-Prozenthürde gab es halt die Situation, dass wir drei Parteien im Deutschen Bundestag hatten. CDU und SPD und FDP, die jeweils deutlich über der Fünf-Prozenthürde lagen. Und tatsächlich, glaube es müssen die Republikaner mit 0,3 % gewesen sein. Und ich glaube, die DKP mit auch so 0,2-0,3 %. Das war es. Es sind damals 0,5 % der Stimmen weggefallen durch die Fünf-Prozenthürde. Das kann man verschmerzen. Zwölf in Berlin, über 20 % im Saarland bei der Landtagswahl zum Beispiel, weil auch da ja mehrere Parteien sogar knapp an der Fünf-Prozenthürde gescheitert sind. Und wenn sowieso nur so wenige Menschen noch wählen, dann kann ich es mir nicht leisten auch da wiederum einfach aus letztlich parteitaktischem Machtkalkül andere Wähler und ihre Stimmen einfach mal aus der Verteilung der Mandate herauszulassen. Das ist meines Erachtens ein absolutes Programm für Demokratieverdrossenheit und zeigt eben auch einfach die Angst mancher Parteien vor dem Wähler.

Milena Preradovic: Und es gibt ja noch einen anderen Punkt. Wenn, sagen wir mal 40 % nicht wählen, aber hinterher bei der Zusammensetzung des Parlaments wird so getan, als ob irgendwie alle gewählt haben?

Marcel Luthe: Ja, auch da. Natürlich ist es eine Frage der Anreize und ja, der letztlich Leistungsanreize, die ich an die Parteien setze. Ich hatte vorhin das Beispiel gebracht: Dann wählen eben bundesweit nur noch zehn Leute und trotzdem sind 600 Plätze in im Parlament besetzt. Auch da gibt es den Ansatz, aber den muss eben ein Gesetzgeber umsetzen oder im Übrigen auch im Wege der Direktdemokratie. Ich habe ja schon mit Tegel damals einen Volksentscheid gemacht, könnte auch ein Volksentscheid eine Änderung des Wahlrechts hier in Berlin zum Beispiel beschließen, hinzugehen, zu sagen, das Berliner Abgeordnetenhaus hat zum Beispiel regulär 130 Sitze. Und wenn wir eine Wahlbeteiligung von, sagen wir mal 60 % haben, dann werden auch nur 60 % dieser 130 Regelsätze besetzt. Das würde für jede Partei einen massiven Anreiz schaffen, tatsächlich Menschen dazu zu bekommen, dass sie wählen gehen, indem man eben halt vielleicht sich inhaltlich auch mal wieder ein bisschen mehr voneinander unterscheidet, eine FDP was anderes macht als eine CDU und SPD oder die Grünen zum Beispiel. Oder in jeder beliebigen anderen Konstellation. Das heißt 100 % der regulären Parlamentssitze werden dann besetzt, wenn wir eine Wahlbeteiligung von 100 % haben. Und bis dahin wird eben weniger besetzt. Das führt ganz konkret dazu, dass viele amtierende Abgeordnete sich plötzlich Mühe geben werden, dafür zu sorgen, dass tatsächlich auch Menschen zur Wahl gehen. Das heißt, sich vielleicht einfach mal aus ihrem Kämmerlein herausbewegen, in den Dialog mit den Menschen gehen, sich damit beschäftigen, was die Leute eigentlich wirklich interessiert. Und so weiter und so fort.

Milena Preradovic: Echte Gespräche statt Kugelschreiber.

Marcel Luthe: Genau. Statt Kugelschreiber, Feuerzeug und einem Flyer.

Milena Preradovic: Ja, Mensch Marcel, wenn es so weit kommt, bin ich sicher, dass du einer von denen, bis die das mit heraufbeschworen haben. Vielen Dank, dass du da warst. Hochachtung vor deinem Arbeitseinsatz. 30.000 Seiten. Wow, Vielen Dank, dass du da warst.

Marcel Luthe: Herzlichen Dank für die Einladung. Tschüss.

Milena Preradovic: Tja, Leute, Demokratie ist ein fragiles Gut. Und wenn wir nicht aufpassen, dann ist sie weg. Und dann bleibt nur die Schale. Aber das ist Arbeit, wie wir auch heute mal wieder gelernt haben. Und da sind wohl alle gefordert. Zugucken reicht nicht mehr. Ich wünsche euch eine gute Zeit. Bis bald.

Interview with Marcel Luthe (english)

Milena Preradovic: When elections are messy in another country, the German government is quick to condemn it. When the same thing happens at home, it’s a different story. September 2021: The elections in Berlin for the Berlin state parliament, but also for the German Bundestag, bristled with embarrassing mishaps and mistakes. Federal Constitutional Court judge Peter Müller called this debacle a situation like in a dictatorial developing country. Today, one year later, still no decision has been made on a repeat election. There seems to be little political will. My guest is not only fighting for the restoration of democratic conditions. He also says: „We need to change the electoral system in general so that more people are addressed again.“ How he means that? Now in point Preradovic. Hello, Marcel Luthe.

Marcel Luthe: Hello, Milena.

Milena Preradovic: Let me introduce you briefly. You’re an entrepreneur, politician, book author and head of the new Good Governance Union. You studied economics and became an entrepreneur early on. You were managing director and partner of several companies. Politically, you were active in the FDP since your student days and became a member of the Berlin state parliament for the Liberals in 2016. There, as an investigative MP, you asked well over 2000 parliamentary questions. That’s a unique record. In the summer of 2020, you parted ways with the FDP in discord. In 2021, you left the Berlin parliament. Exactly in this election, which we’ll also talk about in a moment. You’re vice president of the German-Afghan Society and author of the book „Sanierungsfall Berlin, unsere Hauptstadt zwischen Missmanagement und organisierter Kriminalität“ („Berlin – a case of reorganization, our capital between mismanagement and organized crime“). So, right after the chaotic election for the Berlin House of Representatives in September 2021, you filed an objection against the election and also submitted the objection to the Berlin Constitutional Court. In a first tendency, the court now considers a complete invalidity of this election to be possible. What is the basis for this assessment?

Marcel Luthe: It is also essentially based on what we said a year ago. At that time, I put forward a number of arguments that I think everyone who has not completely forgotten the Berlin elections knows, i.e. that people voted well after 6:00 p.m. until 9:00 p.m., that false ballots were issued, that people were not allowed to vote even though they were entitled to vote, and so on.

Milena Preradovic: For example, through absentee voting. Let’s just say that again very briefly, because I think most people even outside of Berlin don’t know anymore.

Marcel Luthe: Yes, so a big issue was indeed the postal vote. In Berlin, people waited an eternally long time for the postal voting documents to be sent out. The result was that almost 100,000 absentee ballots were counted as invalid because they arrived too late, for example, or simply because the absentee ballots were not received in time. In other words, you come to the polling station, want to vote because you applied for a postal vote but didn’t receive any documents, and then you get the answer: „Yes, but it says here that you applied for a postal vote. „Yes, yes, yes, I did. But I didn’t get any documents“. „Yes, but then you can’t vote“. We have that in about 5% of all cases of eligible voters, where it is also recorded in the protocols. And that’s the big issue that the Constitutional Court is pouncing on: the protocols from the polling stations, in every polling station, in every election, the election committee is responsible for recording everything that actually happened there in terms of special features. And there is an eligible voter can not vote, is of course a peculiarity and many, many other just also what has arisen there at other problems, so that ballots were just wrong, for example, that even explicitly the district office in Friedrichshain-Kreuzberg has said to the people: „Yes, you have the wrong ballot papers, but hand them out anyway“ and accordingly voters were deliberately given the wrong ballot papers, which were then first invalid, which is so correct, and then, after it was clear that 75% of these votes went to the Greens and the SPD, were made valid again.

Marcel Luthe: We’re talking about just under 2,000 votes alone. And that’s how it all, all of it goes through. And the decisive factor for the Constitutional Court was actually the minutes from which all these problems arose and which I wanted to have as a member of parliament immediately after the election. I should simply have been given them, because members of parliament have the right to inspect all administrative files. This was denied to me at that time, both in the districts and via the Senate Administration for the Interior, i.e. the state election administration there, as well as via the Administrative Court and the Higher Administrative Court, and it was only before the Constitutional Court, half a year later, that I was able to see these documents.

Milena Preradovic: And you evaluated all of them. Were you actually the only one who evaluated them?

Marcel Luthe: I am the only one who has received them at all. That’s the interesting thing. The election contestation procedure is not a constitutional complaint in the true sense of the word, but rather a procedure of its own kind. In principle, the court works like a public prosecutor’s office and simply determines the truth on its own initiative. And of course this also means that everyone involved in the proceedings, which includes every single candidate, learns what is actually going on in the proceedings, for example, that they also get to see these transcripts. At that time, I deliberately requested the original transcripts because I didn’t want an internal administration to somehow sort out what might not be so important or so, but really wanted to see what was happening as a primary source, so to speak. You know that from journalism. And so accordingly, these files were delivered to the Constitutional Court at that time and we had the opportunity to look at them. I had said, „Wait a minute, so actually, you know it from every process, the court sends you the documents.“ That is, the court sees the originals, scans the originals and then sends them to everybody. This is exactly an effort, because as you know, you can copy the data as often as you want. But the court didn’t feel like scanning the data, so we had to do it ourselves.

Marcel Luthe: I did that with a team of volunteers, some of whom happened to be journalists on the side. And so we photographed then evenly 30,000 sides, which I then afterwards in the essentials then actually alone, because it makes simply only in such a way sense, but I know that also already from investigation committees, you must have seen simply each side even, in order to see total picture and for example say, the sample there something finds itself again, the devil knows. And accordingly, I have sifted through these protocols, evaluated them and disseminated them in the constitutional court proceedings as well as in the media. Yes, and the Constitutional Court is now basing itself precisely on these transcripts, on these details from them, and has now recognized in a first tendency, but just a year after I said it, that these elections were possibly so dramatically wrong that they cannot confer any democratic legitimacy. Which means, assuming the Constitutional Court makes a final decision, as it did at the beginning, that we in Berlin have been governed for over a year by a parliament and an elected government governed by that parliament that does not derive its legitimacy from democratic elections. That simply cannot exist in a democracy.

Milena Preradovic: Yes „dictatorial developing country“ is what the Federal Constitutional Court judge Peter Müller called it. So that’s crazy. But why does it all take so long? Why is it that a year after this election, there is still no decision made on whether it will be repeated or not?

Marcel Luthe: Oh, that’s a very good question. One that you would also have to ask Mr. Müller, though, because six weeks after the election and shortly before this new parliament convened, we applied to the Berlin Constitutional Court and then to the Federal Constitutional Court for an interim injunction to prohibit this, I’ll call it pseudo parliament, from convening. The background to this is that the term of office of a parliament only ends when a new parliament convenes, as stated in the Basic Law and the Berlin state constitution. It goes without saying that this new parliament must be democratically elected, because there can be no parliament-free period in a democracy. And I had said at that time, „Nah, wait a minute, so if we don’t know for sure whether this new parliament is democratically elected, but we know for sure that the last one, in any case, was still democratically elected, to which I belong, then the convening of the new parliament must be postponed until these doubts about the election are clarified.“ And I think if that had been done, if the state constitutional court or the federal constitutional court had said, „Right! Short pause. Before you can start, these doubts have to be cleared up first.“ Then much, much, much more effort would have been made to make a decision quickly and to clear up these things quickly. And now, because of this blithe waiting of more than a year, I would say at least a year and a half, probably until a new election, a situation has arisen that cannot possibly exist in a democracy. We have the situation here that there are people sitting there without democratic legitimacy who are not elected. So it could also be any other person, who is appointed by someone from the street, who is supposed to take responsibility for decisions here. And that is not possible in a democracy. We have the beautiful sentence: „All state power emanates from the people“. And that’s exactly how it has to be. That is the only way.

Milena Preradovic: Yes, yes, but I have a bit of an impression when I follow the Berlin discussion: „Well, that’s so succinct, so mistakes. Well, it went stupidly, but the result would have been similar anyway“. Do you also miss a bit of democratic will there?

Marcel Luthe: Yes, the people who make comments like that are obviously not democrats. How the result is, one can see then, if democratic elections in the sense of the article 38 Basic Law article 38 analogous to the Berlin national constitution took place. Since these did not take place here, that is my conviction since one year and that is also that, which the Constitutional Court expresses meanwhile in such a way, which sees obviously also the Federal Constitutional Court similarly, which is now not very surprising, because there is evenly a clear iurisdiction to it, how democratic elections have to look. And anyone who says: „Oh yes, it doesn’t matter about this or that little thing“ has not understood democracy. Let’s take voting after 6:00 p.m. We had the situation that at 6:00 p.m. projections came in that said there was a neck-and-neck race in Berlin between the SPD and the Greens. At that moment, it was clear to everyone that it would no longer matter so much, for example for every CDU voter, whether the CDU actually had a chance of becoming the governing mayor, but rather it was just a matter of who do you like less, the Greens or the SPD, and who do you then prevent and accordingly what do you vote for on the other side. The same was true for all the small parties that were no longer mentioned in the projections, even though they might still have been at three 4% in the forecasts, but did not show up in the projections. Whoever doesn’t appear in the projections is obviously not in parliament, so I don’t have to vote for him. All this has led to the fact that all the many, many votes, according to my estimate, about 200,000, which were cast after 6:00 p.m., that all of them, of course, have been distributed to other parties. They were distributed among the SPD and the Greens, and certainly not among the other parties, because that was of course the media thing that was hitting the people all the time who were standing in the queues in front of the polling stations, which, by the way, were up to two kilometers long.

Milena Preradovic: Crazy, isn’t it? What was the attitude of the governing mayor of Berlin, Giffey, all this time? She didn’t necessarily push for a repeat election, did she?

Marcel Luthe: No, she has the situation that she has been allowed to act with her troops, that is, with the red-red-green coalition, which has continued as it did last time. And in this respect, she has no reason to „complain personally,“ in quotation marks. As a democrat, of course, she would have to complain and do so clearly. But she does not do that.

Milena Preradovic: You yourself stood for election as an independent candidate of the Free Voters. In this election, there should be an election repetition, which would then, if probably take place in the spring of 2023, would you stand for election again?

Marcel Luthe: Well, I would definitely stand for election. The question is, first of all, when this election will be repeated and actually with which candidates, with which parties. On the one hand, people like to claim that it is quite clear that the election must be repeated in the spring of next year. It all depends: Depending on what the Berlin State Constitutional Court decides, those who are affected by the decision, including me as the person who made the claim at the time, can theoretically still go to the Federal Constitutional Court against this decision. Then it would certainly take a little longer with a rerun of the election. And the other question is whether it is actually the case, as regulated in the Berlin election law, that the parties must and will run with the same candidates with the same lists as in the original election. In the case of an election repetition or – for this one must then always read in the law also the whole sentence, so to speak, or in the case the subordinate clause – or whether according to the constitutional court this decides something else. And I am of the opinion that this regulation in the law was originally meant to say: „Well, if we vote a month or two or three later, then it’s clear, then you don’t have to redo the whole mess with party conventions etc.“. There will be in the short time also no new parties or candidates or people who move to Berlin, who decide now to want to run or so, you can do that. But we’re talking about at least a year and a half since the original election, and in this respect I believe that it is also due to the freedom of the election, which works in both directions, i.e. both to vote and to be elected, that the parties will all have to put up new candidates.

Marcel Luthe: Let’s take the SPD. Andreas Geisel has always been an outstanding candidate for the SPD in Berlin. He was senator of the interior, he was a member of parliament and now he is senator for construction. After the Constitutional Court has already made it very, very clear that he, as Interior Senator, is of course very much to blame for the fact that we have the situation that we don’t seem to have a democratically elected parliament. currently, I’m pretty sure that the comrades in the SPD in Lichtenberg, where he comes from, will also think twice about whether they really want to put Andreas Geisel up as a candidate again. And there, too, it’s due to democracy to say: „Wait a minute, after one and a half years, after completely new findings, every party must be able to consider whether it wants to run other candidates. And every citizen must also be able to consider whether he or she might want to found his or her own party, start a new campaign with a voters‘ association or get involved in some other way. Because let’s assume that it had now come out that all the parties, really all of them, including all the young people, had conspired to sabotage this election and that someone had now uncovered it. Then you have to say: „Wait a minute, then I don’t just want to have the opportunity to vote for these people, but I hope that I can also vote for a new party that will do things differently now. And to that extent, I am sure that the Constitutional Court will decide that there must be new lists with new candidates. And if the Constitutional Court does not decide that, then it will be up to the Federal Constitutional Court to decide, which I will then appeal to.

Milena Preradovic: I’m really curious to see how long it will take for a repeat election. Many people think that it is only about the state elections, i.e. about the Berlin parliament. But it’s also about the Bundestag, which was elected on the same day. Will there also be a repeat of the Berlin results?

Marcel Luthe: That seems to be the case. There are two parallel procedures. Many of your colleagues like to mix that up. One is the Constitutional Court, which decides on the state parliament, and the other is the federal elections. Curiously enough, the German Bundestag decides on this itself first of all. And then you can appeal against that to the Federal Constitutional Court. And I contested both the state parliamentary elections and the federal elections in Berlin, which was exactly the same situation. So the absentee ballots were not sent out separately for the Bundestag, but the problem we talked about earlier: for the state elections there were then also for the Bundestag elections. Just like voting after 18:00 and all the other things. And accordingly I am of the opinion, just as the Constitutional Court must come to the conclusion, it cannot be like that, it must be repeated completely Berlin, also the examination committee of the Bundestag will have to come to this conclusion. Now I have however already times the one or other acquaintance there yes also in the German Bundestag both from my FDP time, one knows itself yes from panel discussions also with people from other parties. I also know one or the other of the election audit committees and had addressed them at an early stage and said: „Look, all the things I have in the transcripts are dramatic. So on that basis, you guys can’t help yourselves.“ „Yeah, well, I don’t think that’s going to happen“. „Well, why?“. Yes, and then one smiled mildly and then the conversation came to other things, so to speak. In the meantime, however, I understood why it probably won’t happen. We have a situation in which the Left Party, with not quite 5%, is nevertheless in the German Bundestag because it has won three direct mandates, i.e. it has become the strongest force in three constituencies. Two of these constituencies are in Berlin, and one of them was relatively close. So close, in fact, that if the election were to be repeated, or if one were to take into account everything that had gone wrong in the election beforehand, one could well come up with the idea that someone else could have won this constituency.

Milena Preradovic: And then the left would be out of the Bundestag.

Marcel Luthe: Then the Left would be out of the Bundestag as a parliamentary group or as a non-factional party operating beyond the five-percent hurdle….

Milena Preradovic: Fewer members in the Bundestag.

Marcel Luthe: Exactly. They would lose, I think, 35 seats and would then have two instead of 37. And everyone would say: „Yes, wait a minute, but everyone else would have to be totally in favor of weakening a political competitor. And that’s exactly what I asked myself. So what interests could anyone have in saying, „Oh, no, we’d rather the left remain in the Bundestag. And that brings us to the question of the oh-so-inflated Bundestag, this super-parliament with the balancing and overhang mandates. If you the Bertelsmann Foundation is that I think, has on its website a nice calculator where you can calculate the size of the Bundestag with equalizing and overhang mandates. And if you simply set the left to two, then you get the result that the Bundestag would not have 736 deputies, but only the rule situation of 598, 599 mandates, because by the fact that the left sits exceptionally in parliament, of course, for all the others the size ratios must be balanced. And if that falls away, at least according to this calculator of the Bertelsmann Foundation, there is no reason to doubt that the CDU, SPD, Greens, FDP and AfD will also lose seats, and not too few. So altogether it would be then 100 delegates altogether in the German Bundestag less and accordingly have naturally also all other parties only a very moderate interest in it to let repeat the elections in Berlin in this constituency likewise.

Milena Preradovic: And when will they decide on that?

Marcel Luthe: The election review committee actually wanted to decide on this before the state constitutional court. After the national constitutional court expressed itself then times clearly, one pushed this decision back again. So nobody knows exactly at the moment. I have also taken the opportunity to write to the Whl examination committee again via our lawyers that I would imagine that they would now start to look at the protocols, which they have not done to date, and want to make a decision in which they simply close their eyes to all the problems that were there. I am curious to see whether they will do that now and whether they will come to a different conclusion. And if not, there is the Federal Constitutional Court.

Milena Preradovic: But you think it’s possible that the Bundestag will reject the election repetition?

Marcel Luthe: I assume that the German Bundestag will give a little sugar to the monkey in small homeopathic doses, and that is what the traffic light coalition proposed in the election review committee. They are talking here about 300 polling stations, about 2500 that we had in total in Berlin, and in the 300 polling stations a part of the votes should be repeated. That is for this „wash me, but don’t get me wet“ and above all please prevent a result from coming out that you can’t use for the reasons that I just mentioned. So this is a complete cosmetic, a complete nonsense. And you can only come to such a proposal if you have neither looked at the pleadings, which, by the way, are also published online, which we have presented, nor have you looked at the transcripts from the polling stations. And the Election Scrutiny Committee has the task here, similar to a constitutional court, to determine what is actually true and not what it would have liked to be politically true.

Milena Preradovic: Awesome! Let’s take a look at the current Lower Saxony election last Sunday. Basically, the non-voters won by 40%. You have to imagine that. Almost half of the people did not vote at all. Almost 6% landed under „other“, which is then also not in demand. And I wonder how legitimate a government made up of the winners of the remaining 60% is. Is this electoral system still a democratic one, with such a large number of non-voters?

Marcel Luthe: I consider our electoral system as such to be democratic. Everyone has the opportunity to vote. The problem is the evaluation of the election results afterwards, so to speak. That means that in Germany we have a situation that differs from that in other parts of Europe in that we are working with a 5% threshold clause, which in reality is not historical, but relatively new. This means that any party that does not achieve 5% of the vote is automatically out, is not counted. And in the end, their seats in parliament will be allocated to the other parties. The same applies to the issue of voter turnout. The elected parties don’t have to be interested at all in who didn’t vote. Theoretically you could have also with the voter turnout of ten people nationwide, you would have a parliament, in which 600 people sit, which then all times govern blithely, which however actually nobody more selected, after the reference: „well, you could have selected yes“. Now the question is, why do so many people not vote? And this question has been on my mind ever since I took part in the Tegel referendum in 2014. I was convinced that you have to make concrete offers and that it is also important that the people who run for office somewhere also credibly stand for the issues, that you also know who you are voting for in the first place. In the case of the parties with the list elections, that usually doesn’t mean anything at all, but there are people on the list whom you’ve never seen before, whom you’ll never see again in the media, but who are supposed to represent you for four or five years. So we have two aspects: One is the 5% percentage hurdle, which I have now also attacked before the Constitutional Court in my application here in Berlin, because I consider it to be no longer compatible with general constitutional principles.

Marcel Luthe: That’s what people always like to say, even over the decades. And then always comes: „Yes, but the five-percent hurdle. You can’t, it’s always been there. And so on. So I would recommend, attention, very big Schwurbler argument; I would simply recommend to take a look at the case law of the Federal Constitutional Court, for the people who believe that this is right. The German Federal Constitutional Court, which should now be unsuspicious of waffling, ruled in 2013 that the five-percent hurdle, just like a 3% hurdle for the European Parliament or indeed any other blocking clause for the European Parliament, is inadmissible and explained in great detail why that is so. Namely, because in principle it applies that all votes cast in an election must be equal and that I just can not say: „You chose the wrong person, he just did not get enough other votes and therefore your vote has just become worthless“. I can only do that within very, very, very narrow limits. And these limits have to be redefined for every election. And because the legislature has not done that, because of course the large parties that are already in parliament have no interest at all in suddenly having to give up seats to small parties that are new, it is simply not done. And they say: „Well, we’ve always done it this way with the five-percent hurdle, it has to stay that way. The Federal Constitutional Court has therefore said that there is no discernible reason why, with such a small parliamentary share, i.e. we have 99 MEPs from Germany in such a small parliament, i.e. ultimately these 99 people that we send to the European Parliament, why it should be difficult if 1, 2, 3, 4, 5 people each belong to a single party, they will then join together to form parliamentary groups, they will work somehow. Nobody can say that this would hinder the parliament in any way. On the contrary. And my conviction is that this is precisely what would extremely enliven a parliament. In Berlin, we had the situation that just under twelve, I think 12.5%, assuming you can trust the election results, but 12.5% after this election result were not only non-voters, but other parties. And if one simply assumes, as I do, that a blocking clause here in Berlin was not at all compatible with the constitution at the moment, and accordingly the mathematical result would have to be recounted, i.e. redistributed, then we would have 16 instead of six parties in parliament. In my term of office, which theoretically ended in 20/21, let’s see if that’s actually the case, we also had six parliamentary groups and four non-attached deputies, i.e. ten groupings. That worked wonderfully, because of course you automatically work together with others at various points. And if you look at the quality of the discussions in Parliament, I can only recommend that everyone simply tune in and see how many of my colleagues simply read something off a piece of paper that we ourselves don’t know what it is. We don’t allow interposed questions, because then they would be caught not having understood the topic. And so on and so forth. I think that a bit of fresh blood, a breath of fresh air would do parliaments a lot of good.

Milena Preradovic: But isn’t there a danger that now only very wishy-washy compromises will be adopted, if one can agree at all in any form, when 16 parties are sitting there?

Marcel Luthe: So how much more wishy-washy should the compromises be than what we are currently experiencing, for example, with this federal government, with this coalition? When I look at the fact that an FDP is participating in a so-called gas price brake, which is ultimately about state subsidies for gas prices, which in turn means that we are spending money that we don’t have, that the citizens first want to earn. We incur debts in order to give them back at some point on the other side. Subsidyitis is something the FDP has never stood for. The problem with gas prices is a different one, namely that the prices were driven up so massively by the so-called energy turnaround. But you still have an FDP that allows itself to be completely softened up in order to go along with this green nonsense. And accordingly, we have sponginess precisely because there are such large groups in which the individual MP counts for little and accordingly does not raise his voice because he says: „Yes, then I have no chance, I’ll be gone next time, I can’t do anything anymore“. And accordingly, you essentially have an amorphous mass in the parliaments that, let’s take the election programs of the SPD, CDU, FDP and Greens and put them all next to each other. I am sure that the vast majority of my colleagues will not recognize which is the program of their own party and which is that of a different one, the one just mentioned.

Milena Preradovic: But that means, would you like to abolish these blocking clauses, the five-percent hurdle, for all elections in Germany?

Marcel Luthe: Well, I’d say they’re already abolished per se, if you look at the decision of the Federal Constitutional Court on 2013.

Milena Preradovic: We don’t notice anything about that.

Marcel Luthe: That’s exactly the problem. Where no one is pushing for it to be implemented, of course it won’t be implemented. I’ve done that now for the Berlin state elections and for the Berlin district assembly. There, too, we have a 3% clause. Other large cities do not have this clause either. Cologne, for example, does not have one, nor does Munich. But also just with a federal election there must be evenly people, who proceed against it also before the constitutional courts. That is simply not the case at the moment. I actually believe that many small parties and candidates act too unprofessionally, don’t deal with such issues at all or simply say: „You can’t do anything about it anyway,“ and the large parties naturally have no interest in this at all. But they must have this interest. If you look at how voter turnout is developing, and has been developing for decades, in principle constantly further down. And right now we’re living in highly political times as political as we’ve had, which I don’t think we’ve had since the ’70s. And yet, nothing is changing in terms of voter turnout. And that’s not because the non-voter, I don’t know, is sitting on the sofa all the time stuffing chips down his throat and watching some Netflix series, it’s because people aren’t being made a viable offer. And as far as preventing a useful offer is concerned, it’s also very, very much about the five-percent hurdle. There are certainly many people who are convinced that this or that person they know would be particularly well suited to represent their interests. People also like a wide variety of parties and would actually like to vote, but then prefer to place their crosses with one of the big parties, otherwise I’ll lose my vote and it will be wasted. The vote is wasted if I give it to someone I don’t want to vote for, because I don’t get anything in return.

Marcel Luthe: At least not what I wanted. That’s what’s known as a classic giveaway. And in this respect I can understand why people in this situation say: „No, I’d rather not vote before I vote for the wrong person. And I believe that we could, that we could revive democracy quite massively with this, also revive the debates in the parliaments. If we remember what turbulence came into parliament when the first Greens moved into the German Bundestag, who did things quite differently. I could imagine that, for example, a party like „die Partei“ could have a revitalizing effect in state parliaments or in the Bundestag. But I can also imagine that for an animal protection party that has issues. I can also imagine it for, I don’t know, an ÖDP, for the Free Voters, for all kinds of parties, including, incidentally, parties that come from different margins. In North Rhine-Westphalia, for example, we now have various Islamic parties. Here, too, it is interesting to see what they actually do when one or two of their colleagues sit in parliament. How do they behave, how do they express themselves? This can help to demystify extremism very, very quickly. But it can also help to show people, listen, these people are not so wrong after all. It’s all been a myth. For all this transparency, you need the stage of parliament. And it is in the nature of things that a majority of the established parties denies this to the smaller competitors. The Federal Constitutional Court has put a stop to this with its decision on the European Parliament. It’s just not being implemented yet.

Milena Preradovic: It’s also the case that the major parties are no longer major parties at all. I mean, this whole party landscape has become more frayed. That would almost be an argument for allowing more parties, because there are no longer 40-40 and the rest are only 1%.

Marcel Luthe: That’s the way it is, you also have to look at it historically. With the introduction of the five-percent hurdle, there was simply the situation that we had three parties in the German Bundestag. CDU and SPD and FDP, each of which was well above the five-percent hurdle. And actually, I think it must have been the Republicans with 0.3 percent. And I think the DKP with also so 0,2-0,3 %. That was it. At that time, 0.5% of the votes were lost due to the five-percent hurdle. You can get over that. Twelve percent in Berlin, over 20 percent in the Saarland in the state elections, for example, because there, too, several parties fell just short of the five-percent hurdle. And if so few people still vote anyway, then I can’t afford to simply leave other voters and their votes out of the distribution of mandates for reasons of party tactics. That is in my opinion an absolute program for democracy disenchantment and shows evenly also simply the fear of some parties before the voter.

Milena Preradovic: And there is another point. If, let’s say, 40% don’t vote, but afterwards, when it comes to the composition of parliament, it’s pretended that somehow everyone voted?

Marcel Luthe: Yes, there too. Of course, it’s a question of incentives and yes, ultimately performance incentives that I set for the parties. I gave the example earlier: Only ten people vote nationwide, and yet 600 seats are filled in parliament. There, too, there is an approach, but it has to be implemented by a legislator or, incidentally, also by means of direct democracy. I have already made a referendum with Tegel at that time, a referendum could also decide a change in the electoral law here in Berlin, for example, to go, to say, the Berlin House of Representatives has, for example, regular 130 seats. And if we have a voter turnout of, let’s say, 60%, then only 60% of these 130 regular seats will be filled. That would create a massive incentive for each party to actually get people to vote by perhaps differentiating a bit more from each other again in terms of content, with an FDP doing something different from a CDU and SPD or the Greens, for example. Or in any other constellation. That means that 100% of the regular parliamentary seats will be filled when we have a voter turnout of 100%. And until then, fewer seats will be filled. In concrete terms, this means that many incumbent members of parliament will suddenly make an effort to ensure that people actually go to the polls. In other words, they might simply get out of their closets, engage in dialog with people, and find out what really interests them. And so on and so forth.

Milena Preradovic: Real conversations instead of pens.

Marcel Luthe: Exactly. Instead of pens, lighters and a flyer.

Milena Preradovic: Yes, man Marcel, if it comes so far, I’m sure that you are one of those, until that have conjured up with. Thank you so much for being there. Respect for your work effort. 30,000 pages. Wow, thank you so much for being there.

Marcel Luthe: Thank you very much for the invitation. Bye.

Milena Preradovic: Well, folks, democracy is a fragile thing. And if we’re not careful, it’s gone. And then all that’s left is the shell. But that is work, as we have learned once again today. And that’s a challenge for everyone. Watching is no longer enough. I wish you a good time. See you soon.

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5 Kommentare

  1. .TS.

    Gute Analyse und einige interessante Ideen!

    Was noch fehlt: Grundlage des Übels ist das Parteienunwesen, speziell die dadurch verursachten Karrierepolitiker und die alles überlagernde Fraktionsdisziplin.
    Stattdessen sollten nur noch Einzelpersonen antreten, und damit es nicht zu amerikanischen Verhältnissen führt – jeder Wähler mehrere Stimmen haben um diese gemäß seiner Präferenz zu verteilen anstatt sich für das kleinste Übel als faulen Kompromiss entscheiden (oder der Wahl ganz fernzubleiben) zu müssen.

    Mehr direkte Demokratie wäre auch dringend nötig, diese müßte allerdings auch differenzierte Möglichkeiten bieten: Die meisten Themen sind komplex genug um sich nicht mit einer einzigen ja/nein-Antwort abhandeln zu lassen. Andernfalls wäre auch eine Volksabstimmung nur eine Fassade und diejenigen welche die Frage in ihrem Sinne passend ausrichten weiterhin die eigentlichen Entscheider.

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  2. Daniel Hünig

    Die Anzahl der Mandate, die auf die Gewählten verteilt werden, an der Wahlbeteiligung zu bemessen, ist absolut einleuchtend.
    Die anderen Sitze müssten aber nicht leer bleiben, sie können im Losverfahren vergeben werden – nicht an Parteien, sondern an Bürger, analog den Bürgerräten.
    Das würde sicher mindestens so belebend sein, wie die Einzelstimmen der Tierschützer und Satiriker. Die sollen natürlich auch mit rein, die Sperrklausel muss weg!
    Danke für das inspirierende Interview!

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    • .TS.

      Oder ganz einfach jeden leeren Platz bei Abstimmungen stets als „Antrag Abgelehnt“ werten – schwupps wären die ganzen Mehrheiten der großen Einheizpartei vorbei, und die Volks(ver)treter müßten sich ernsthaft bemühen für alle sinnvolle Ziele voranzubringen.

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  3. Arturo

    Ich habe nie verstanden, warum Wahlergebnisse nicht auf die Gesamtheit aller Wahlberechtigten bezogen werden.

    Zum einen ist diese ‚Gesamtheit‘ ja schon eine Auswahl der Bevölkerung.
    Zum anderen wäre die Mär der ‚Volkspartei‘, von den ‚Wahlgewinnern‘, sofort vom Tisch.

    Leere Abgeordnetensitze auf die Gesamtheit aller Wahlberechtigten bezogen würde schon optisch was her machen: seht her ihr Abgeordneten, ihr vetretet uns gar nicht! Das Volk ist immer ausserparlamentarisch …

    Danke für das schöne Interview.

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  4. Chris

    Danke für den guten Beitrag.

    Das mit der 5% Hürde sehe ich genauso. Weg damit. Als Anreiz für jeden der Wählen will, dass seine Stimme Gewicht hat.

    Auch finde ich die Idee gut, dass Sitz entsprechend der Wahlbeteiligung leer gelassen werden. Das wäre ein Anreiz für Wähler und Politiker zugleich.

    Mir erschließt sich die Sache mit der Wahl-„Pflicht“ nur nicht. Ist es nun ein „kannste machen“ oder ein „musste machen“?

    Und ich finde folgende stichpunktartigen Dinge noch wichtig:
    – keine Berufspolitiker mehr
    – begrenzte Amtsperioden für Abgeordnete mit Pausen dazwischen
    – nur geschultes Personal, also Leute vom Fach in entsprechenden Ämtern und Positionen
    – kein Einfluss von Lobbyisten und Spendern mehr auf die Politik
    – keine Nebenjobs mehr für Abgeordnete (die ganze Kraft, Zeit und Energie als Volksvertreter)
    – jeden feuern, der mault er würde in der freien Wirtschaft mehr bekommen
    – Möglichkeiten einführen Abgeordnete ernsthaft zur Rechenschaft zu ziehen
    – Wiederherstellung des vollen Grundgesetzes
    – Möglichkeiten einer direkten Demokratie à la Schweiz bei wichtigen (Volks-/Staats-)Entscheidungen
    – Möglichkeiten Abgeordnete und Minister wieder aus dem Amt zu wählen
    – weniger Bürokratie in so ziemlich allen Lebensbereichen
    – mehr Rechenschaften der Staatsausgaben
    – nur noch Gewissensfragen und keine Parteirichtung oder „auf Linie halten“ aller Parteimitglieder
    – Reduzierung der Parlamentssitze auf ein „vernünftiges“ Maß

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