„AfD-Regierung in Sachsen absolut möglich“ – mit Antje Hermenau

30. Aug 20246 Kommentare

Nach der Bluttat von Solingen und vor den wichtigen Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg, übertreffen sich die Alt-Parteien mit Abschiebe- und Asylstopp-Vorschlägen. Forderungen, die es vorher in erster Linie bei der AfD gab und für die man als rechtsextrem galt. Werden die Urnengänge im Osten Schicksalswahlen?

„Die Wahl in Sachsen ist eine Blackbox. Alles ist möglich, auch eine AfD-Regierung“, sagt die Ex-Grünen Fraktionsvorsitzende in Sachsen, Antje Hermenau. „Zum ersten Mal sagen mir die Leute nicht, wen sie wählen“. Ein Gespräch auch über das Bündnis Sahra Wagenknecht – „das ist keine echte Partei, sondern ein Konstrukt“ – und über das Demokratieverständnis der Ostdeutschen…

___________

Ich würde mich freuen, wenn ihr meine unabhängige journalistische Arbeit unterstützen würdet, damit ich auch in Zukunft weitermachen kann. Vielen Dank!

Ich möchte mich auch ganz herzlich bei allen bedanken, die mich bereits unterstützen.

Milena Preradovic

Name: Milena Preradovic
IBAN: AT40 2070 2000 2509 6694
BIC: SPFNAT21XXX

oder paypal.me/punktpreradovic

___________​

Interview mit Antje Hermenau (deutsch)

Milena Preradovic: Das Blutbad von Solingen hat den Wahlkampf für die ostdeutschen Länder auf den Kopf gestellt. Vorher Motto der Altparteien Wir müssen die AfD verhindern. Jetzt Wir müssen abschieben. Asylstopp Keine Afghanen und Syrer mehr ins Land. Das sind mehr oder weniger AfD-Forderungen. Und wer das vor Wochen noch vertrat, der galt als rechtsextrem. Die Angst geht um im politischen Establishment. Denn die Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg könnten der Kipppunkt sein für die bisherige Politik und das bisherige Politikversagen. Die Umfragen sind deutlich Ampelparteien versenkt, AfD vorne, CDU mit Chancen und das Bündnis Sahra Wagenknecht als neues Zünglein an der Waage. Wie viel ist die Brandmauer gegen die AfD im Osten wirklich noch wert? Auch darüber sprechen wir jetzt in Punkt Preradovic. Hallo Antje Hermenau, Schön, dass Sie wieder da sind.

Antje Hermenau: Hallo.

Milena Preradovic: Ich stelle Sie kurz vor. Sie waren Politikerin, sind Unternehmerinnen, Diplompädagogin für deutsche und englische Sprache und Literatur und Verwaltungswissenschaftlerin, Schwerpunkt Öffentliche Finanzen und diplomierte Edelmetallkauffrau, außerdem Autorin und Politikberaterin. Sie sind Mitbegründerin der Grünen Partei Sachsen und waren in der Wendezeit 1990 Mitglied am Runden Tisch der Stadt Leipzig. Von 1990 bis 1994 saßen sie als Abgeordnete im Sächsischen Landtag von 94 bis 2004 im Deutschen Bundestag. Dann wechselten Sie als Fraktionsvorsitzende wieder in den Landtag nach Sachsen. 2014 traten sie von allen politischen Ämtern zurück und Anfang 2015 dann nach 25 Jahren aus der Grünen Partei aus. Seitdem sind Sie selbstständig. So das Thema in der Woche vor der Wahl ist die ungezügelte Migration und das Versagen bei der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber nach der Bluttat von Solingen. CDU Chef Merz will jetzt die nationale Notlage ausrufen und treibt den Kanzler mit immer mehr Abschiebevorschlägen vor sich her. Was halten Sie davon?

Antje Hermenau: Naja, machttaktisch ist das richtig. Er hat die Führungsschwäche des Bundeskanzlers erkannt in der Koalition. Offensichtlich ist das ja eher so eine Gruppe, die sich hinter der Führung der Grünen versammelt in diesem Thema und hat das angemahnt, dass der Kanzler jetzt mal beherzt sein muss. Immerhin hat er eigentlich die Richtlinienkompetenz in dieser Ampelregierung. Merkt man halt oft nicht.

Milena Preradovic: Und die Frage der Woche Wird die AfD, die in Sachsen und Thüringen ja laut Umfragen führt, werden die von der Tat in Solingen profitieren?

Antje Hermenau: Die Frage finde ich so nicht gut. Also welche Partei möchte profitieren…?

Milena Preradovic: Nein, nicht von einer Bluttat profitieren, verstehen Sie mich nicht falsch, sondern ich meine das rein sachlich natürlich.

Antje Hermenau: Ja, also diejenigen, die immer schon gesagt haben, dass es ein echtes Integrationsproblem gibt und das war nie die hundertprozentige Infragestellung der Migration, sondern es gibt ein Integrationsproblem. Die haben natürlich Recht behalten, die Tatsachen geben Ihnen recht. Und natürlich wird das den ein oder anderen Wähler überzeugen. Dann nämlich doch die, die das immer schon gesagt und erkannt haben.

Milena Preradovic: Ich fand ja das Ergebnis der U18-Wahl, also der ganz jungen, sehr bemerkenswert. In Sachsen erhält die AfD bei den Jungen 34,5 %, in Thüringen sogar 37,4. Die Grünen hingegen stehen in Sachsen bei 5,7 und 3,7 in Thüringen. Im Osten scheint also das Thema Klima das ist ja eigentlich ein junges Thema, nicht wirklich zu zünden. Was treibt denn die Jungen dort um?

Antje Hermenau: Die Probleme der jungen Leute hier im Osten sind einfach viel handfester und gravierender als die Frage, wie sich das Klima in einigen Jahrzehnten eventuell verhält oder nicht verhält. Die jungen Leute hier brauchen eine gewisse berufliche Sicherheit. Sie wollen nicht, das haben sie in der Schule alles gelernt, ständig zusammengeschlagen oder abgezogen werden. Sie haben viele, auch den Westen bereist und sind, glaube ich, mit der Lage in den Innenstädten dort sehr unglücklich. Die finden das merkwürdig, dass die Innenstädte eigentlich gar nicht mehr so wirken, als lägen sie in Deutschland. Da gibt es eine Menge übereinander. Und zum anderen, glaube ich, ist es ein kulturelles Problem für diejenigen, die früher den Ton angegeben haben in der Gesellschaft. Dieses Rumlabern, 20.000 kleine Minderheiten erfinden, um noch einen zu finden, den man als Opfer betiteln kann und nicht mal den Hintern hochkriegen, wenn es darauf ankommt. Also das finden die jungen Leute hier mehrheitlich alles furchtbar.

Milena Preradovic: Okay, also die Woken haben keine Chance bei den Jungen in Ostdeutschland.

Antje Hermenau: Diese Existenzform wird nicht goutiert, fast parasitär eingestuft.

Milena Preradovic: Okay, das ist sehr interessant, weil da unterscheiden sich ja Ost und West ganz enorm eigentlich. ne?

Antje Hermenau: Das ist eine Frage der materiellen Deckung dieser Lebensweise. Also wenn Sie viel Geld haben als Staat, können Sie sich das leisten, ohne dass man sich gegenseitig ins Gehege kommt. Wenn aber die Leute und die jungen Leute Berufseinsteiger merken das ja alleine, wenn es darum geht, mal den Sprit zu bezahlen fürs Auto, um auf Arbeit zu kommen oder zur Lehrstelle oder andere Sachen. Wenn die aber dann im Alltag so drangsaliert werden und so wenig haben von dem, was sie mit Anstrengung leisten, dann werden die sauer.

Milena Preradovic: Okay.

Antje Hermenau: Man geht auf die, die in deren Augen nicht so hart arbeiten.

Milena Preradovic: Kommen wir noch mal zu den Altparteien. Die sind ja ziemlich aufgeschreckt, fordern plötzlich Abschiebungen, Einreiseverbot für ganze Nationen-Gruppen. Außerdem wie Lindner jetzt Abschaffung von Geldleistungen für Asylanten, vor allem die aus anderen EU Ländern einreisen. Also im Grunde alles AfD-Forderungen. Andererseits versuchen Ampel und Co die AfD für diesen eskalierenden islamischen Terror mitverantwortlich zu machen, ist ganz erstaunlich. Sie nennen jetzt immer Islamismus und Rechtsextremismus in einem Satz. Das ist ja auch eine alte Propagandamasche. Wie kommt denn diese Logik bei den Wählern im Osten an?

Antje Hermenau: Na, ich glaube, dass deutlich mehr Bürger einfach intuitiv erfassen, dass es sich hier um eine psychologische Projektion handelt. Also man will von eigenem Versagen ablenken und beschuldigt erstmal irgendjemand. Man braucht ja immer einen Sündenbock, auf den man es schieben kann. Gesamtpolitisch wird es in Deutschland wahrscheinlich auf dem Rücken der Grünen passieren. Die werden der gesamtpolitische Sündenbock für alles, was in den letzten Jahrzehnten von vier oder fünf Parteien gemeinsam veranstaltet worden ist. Und intern würde ich mal sagen, versucht natürlich dann die anderen Parteien zu überleben. Die SPD will überleben, die CDU will überleben. Selbst die FDP meint, sie könne das überleben. Und dann versuchen die alles Mögliche, um von sich abzulenken auf andere Sündenböcke. Die Grünen haben jetzt erstmal die ganze Energie, Sachen und sowas übergeholfen gekriegt, also muss man jemand anderen für die ganzen Migrationsprobleme zuständig erklären und da ist die AfD sozusagen die Zielscheibe. Der Punkt an der Sache ist aber, wenn ein Herr Merz, wie ich finde, völlig zu Recht eigentlich sagt, er möchte gern die Rechtslage wiederherstellen, wie sie eigentlich seit 2015 sein müsste, aber ausgehebelt worden ist, sowohl von der Merkelregierung als auch von der Scholz Regierung. Dann sagt er eigentlich was ganz Vernünftiges. Dass das die AfD seit 2015 gesagt hat, heißt eigentlich, dass sie sehr Vernünftiges zum Thema seit vielen Jahren gesagt hat.

Milena Preradovic: Ja, sie haben gerade die Grünen erwähnt. Da ist ja auch ganz interessant, diese Wendehalspolitik. Ich nenne es mal so am Beispiel der Bundesgrünen von Notz und Mihalic, die haben. Die haben nämlich ein Positionspapier jetzt herausgebracht und kritisieren Innenministerin Faeser scharf, dass sie sich nicht um die innere Sicherheit gekümmert hat und fordert ein konsequentes Abschieben nicht deutscher Gefährder. Da herrscht Panik, oder?

Antje Hermenau: Ja, also wenn auf der einen Seite die ganze Partei unisono tönt, dass jeder Mensch das Recht hat, in Deutschland Asyl zu erfragen, dann ist diese Spezialisierung auf die Straftäter ein bisschen wenig. Natürlich sind es 1 % der Migranten, die besonders viel Ärger machen. Man könnte theoretisch zahlenmäßig das Problem deutlich mildern damit. Das stimmt schon. Der Punkt an der Sache ist, dass daran offensichtlich ja keiner Interesse hat. Wie jetzt auch die Nachforschungen zu dem Attentäter in Solingen gezeigt haben, der also längst hätte nach Bulgarien ausgeschafft werden müssen und nicht ausgeschafft wurde, obwohl die Bulgaren ihn sogar genommen hätten. Also ich frage mich, wenn da keiner Interesse hat in so einem ja ist das dann ein failed State Nordrhein Westfalen? Wenn da keiner Interesse hat, in so einem Land dafür zu sorgen, dass Ordnung und Sicherheit herrschen, dann ist es putzig, wenn CDU Kandidaten dann auf ihren Plakaten für Ordnung und Recht und Sicherheit eintreten.

Milena Preradovic: Ja, ja. Nordrhein Westfalen hat ja auch einen schwarzen Ministerpräsidenten, den Herrn Wüst, der ja auch eigentlich sehr gerne Kanzler werden.

Antje Hermenau: Bei der CDU, das mussten Sie mir jetzt sagen.

Milena Preradovic: Der Wüst ist von der CDU. Ja, der möchte auch gerne Kanzler werden.

Antje Hermenau: Fällt gar nicht auf.

Milena Preradovic: Fällt nicht so auf. Nee, aber der würde gerne Kanzler werden statt Merz. Also die beiden batteln sich auch und das ist noch nicht ganz raus. Also ich glaube, jetzt hat er vielleicht nicht mehr so gute Karten. Aber noch mal zu den Grünen, die aber Einsicht, dass ihre Politik auch zu diesen Umfragewerten im Osten geführt hat, haben die gar nicht. Die schieben immer noch die Schuld auf andere?

Antje Hermenau: Na ich habe ja hier die Spitzenkandidaten der Parteien für die Unternehmer, die ich betreue, mal im privaten Audiofiles interviewt. Und da hat die Spitzenkandidatin der Grünen, Schubert auch gesagt: „Na ja, klar haben wir Fehler gemacht. Aber ich habe auf der Bundesebene geredet und geredet. Aber Sie sehen das nicht.“ Das hat sie ja im Interview so gesagt, und ich gehe davon aus, dass das stimmt, denn ich habe ja selber dasselbe Schicksal gehabt vor 20 Jahren. Ich habe das den Grünen auch immer wieder versucht zu erklären, wie das im Osten ankommt. Aber es hat sie nicht interessiert. Man darf davon ausgehen, dass das auch weiterhin so bleibt. Der Osten ist eine vernachlässigbare Größe in ihren Augen.

Milena Preradovic: Aha, dann sind die Grünen im Osten tot und interessiert sie nicht?

Antje Hermenau: Also im Osten kommen die Grünen als die westlichste aller Parteien rüber und da hier sehr viele, die zugewandert sind und hier auch Spitzenjobs übernommen haben, in denen sie auch eine gewisse Strahlkraft haben, ob in den Medien oder wie auch immer, eher auch ins Grüne hinein oder in dieses Schwarzgrünische da hinein changieren, hat das hier bei uns noch mal einen besonderen Touch. Dann die da oben sind dann die da drüben sind die Grünen. Das ist natürlich dann ganz schwer aufzulösen. Deswegen auch Vorbehalte gegen bestimmte Leute in der Verwaltung oder was immer in der Politik oder so, das hat damit zu tun. Diese grüne Existenz hat hier einfach zu wenig Nährboden. Es gibt ja viele Leute, die sich im Umweltschutz engagieren, im Naturschutz, die inzwischen zu den Grünen sogar strittig stehen, weil die Grünen mit ihrer Energiepolitik eigentlich gegen den Naturschutz handeln. Und der Herr Urban von der AfD zum Beispiel, der war ja früher auch ein engagierter Umweltschützer. Das ist nicht so, dass der Umweltschutz hier in Sachsen keine Heimat hätte.

Milena Preradovic: Ja, und Umweltschutz haben die Grünen ja auch vernachlässigt. Die sagen ja, Klimaschutz ist das einzige, was zählt. Aber der wirkliche Umweltschutz, den man vor Ort betreiben muss, der ist eigentlich in den Hintergrund getreten.

Antje Hermenau: Also durch diese Ansiedlung Flächenversiegelung oder Flächenverbrauch für Windräder, da gibt es ganz viele Konfliktlinien mit dem direkten Naturschutz natürlich.

Milena Preradovic: Genau. Aber noch mal zu dem Notz-Papier. Da steht nämlich auch drin mehr Befugnisse für die Sicherheitsbehörden, unter anderem verdeckte Ermittlungen in sozialen Netzwerken und einen besseren Austausch zwischen Polizei und Geheimdiensten. Und in mir kommt der Verdacht auf, dass der islamistische Terror jetzt dazu benutzt wird, Überwachung und Kontrolle der Bürger zu forcieren.

Antje Hermenau: Der Anlass kann natürlich irgendwann auch mal ein anderer sein, da gebe ich Ihnen völlig recht. Ist die Regelung erst getroffen, ist sie anwendbar auf alle. Es ist auch putzig. Also Herr von Notz gerade hat ja sehr viel zum Thema DSGVO gemacht. Datenschutz, Sicherheit im Internet usw war vor zehn 15 Jahren ständig in aller Munde mit seinem Engagement. Die ganzen User, die Piratenpartei, alle haben geguckt, was macht der Notz beim Thema Datensicherheit und jetzt kommt er so um die Ecke. Das ist eigentlich das ganze Elend der Grünen in einer Person.

Milena Preradovic: Dagegen haben Sie gerade Friedrich Merz kurz gelobt. Aber glauben Sie tatsächlich, dass die Altparteien diese Wende in Sachen Migrationspolitik wirklich durchziehen? Erwarten Sie da Taten auch nach den Wahlen hinaus? Weil ich erinnere mich, vor der Bayernwahl gab es auch schon mal so „Ja, wir müssen da was tun“, es ist nichts passiert. Glauben Sie, dass es diesmal anders ist?

Antje Hermenau: Na ja, in der Politik muss eben das Studio richtig eingerichtet sein, damit sie beide in die Kamera grinsen. Das eine ist sie brauchen die Länder und die Kommunen dazu. Die Kommunen haben im letzten Jahr bereits deutlich gemacht über die Landräte und den Städtetag, dass die Migrationssituation platzt und platzt, dass es nicht mehr geht. Die Länder haben sich vornehm zurückgehalten, weil sie in der einen oder anderen Partei sind, als Ministerpräsident und Wahlkampf war. Wenn es aber jetzt ein Wahlergebnis in Sachsen gibt, was durchaus passieren kann am Sonntag oder auch in Thüringen oder in beiden Ländern, der klar zeigt also sämtliche Altparteien können bitteschön andere Arbeitsbeschäftigungsverhältnisse suchen. Und ansonsten CDU glauben sie auch nicht mehr wirklich. Dann haben wir die Situation, dass die beiden großen Parteien, die alten Volksparteien CDU und SPD, die Chance haben, das ganze Szenario neu aufzusetzen und ein betroffenes „Wir haben verstanden“ ins Publikum rufen. Das macht der Olaf Scholz ja schon auf den Demonstrationen, wo er versucht, ein bisschen Empathie zu zeigen.

Milena Preradovic: Okay. Aber irgendwie ist diese Wahl in den ostdeutschen Ländern ja auch eine Art Kulturkampf zwischen West und Ost. Also die Altparteien in Berlin, die sehen ja nichts wichtigeres als diese Brandmauer gegen die AfD halten und keiner auch nur irgendwie geartete Kooperation mit der AfD im Osten. Aber die im Osten, die Konservativen sehen das durchaus anders. Unter den CDU Mitgliedern im Osten stehen 68 % einer Koalition sogar aus CDU und AfD offen gegenüber. Bundesweit sind es immerhin noch 45 %. Und das wissen ja auch Sachsens Ministerpräsident Kretschmer und auch der CDU-Kandidat Vogt in Thüringen. Sitzt bei denen die Brandmauer genauso fest wie in der Bundespolitik?

Antje Hermenau: Na, die beiden haben sich öffentlich als Personen festgelegt und sagen, sie stehen zur Brandmauer. Dahinter werden sie als Person nicht zurückweichen können. Aber wer sagt denn, dass die Sächsische Union nicht lieber auf den Ministerpräsidenten verzichtet und stattdessen eine Koalition mit der AfD geht? Also das ist offen, würde ich sagen. Und ich glaube, wer als Zweiter einläuft in Sachsen, der Urban von der AfD oder der Herr Kretschmer von der CDU, der ist am nächsten Tag nicht mehr im Amt als Parteichef. Der ist dann durch. So hart ist das Rennen. Und ich glaube auch, wenn ich mir angucke, wie entspannt Michael Kretschmer Wahlkampf macht, was gar nicht seinem Naturell entspricht, der ist eigentlich immer ganz schön hibbelig und und wackelig und so unterwegs. Also immer unter Strom. Und wie entspannt Herr Vogt Wahlkampf macht, dann haben die beide ja was in der Hinterhand. Die wissen, dass es um die Grünen und die SPD sehr schlecht steht in beiden Bundesländern. Da machen die sich aber glaube ich keinen wirklichen Kopf. Für Sachsen kann ich das ein bisschen näher beschreiben, da kenne ich mich besser aus. Der Herr Kretschmer würde schon mit der Frau Köpping weiterarbeiten.

Antje Hermenau: Ich glaube, das funktioniert. Da braucht er aber jemanden, denn das reicht mit Schwarzen und SPD nicht. Also braucht er die Grünen, wobei auf die würde ja gerne verzichten, weil die kann ich nicht leiden. So ist auch in Ordnung, das kann ich ja verstehen. So, und dann haben wir also noch verschiedene Szenarien. Der Kretschmer hat schon vor einiger Zeit, wenn nicht der Kretschmer selber dann die CDU Sachsen, mit dem BSW, mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht Verhandlungen geführt. Und diese Verhandlungen sind auch abgeschlossen und es gibt einen Plan B, falls es für die Koalition mit SPD und oder Grüne nicht reicht. Und das ist der BSW. Der BSW ist ein Konstrukt. Das habe ich gemerkt, als ich versucht habe, die Spitzenkandidatin Zimmermann auch zu einem Interview zu bewegen für die Unternehmer, denen ich das zur Verfügung stellen wollte. Wir haben viermal da angerufen, viermal eine Mail geschrieben. Es gab nie eine Antwort. Es gibt die faktisch nicht. Es gibt 70 Mitglieder BSW in Sachsen ungefähr so PI mal Daumen. Das ist eine Konstruktion, damit man etwas hat, mit dem man im Landtag sitzt und den Machterhalt betreiben kann.

Milena Preradovic: Das Bündnis Sahra Wagenknecht ist keine eigenständige Partei?

Antje Hermenau: Die sind schon eigenständig, aber es ist ein Konstrukt. Es ist keine Partei in dem Sinne. Das ist eher, wie das der Gerd Wilders in Holland gemacht hat eine Ein-Mann- Partei oder Ein-Frau-Partei mit ein paar Leuten drunter, die fest eingeschworen werden. Das ist im Prinzip die alte sozialistische Partei neuen Typs. Der harte Kern, die IMs und die Parteigenossen und drumherum ein paar Idioten, die die Plakate aufhängen. Das ist es, was es ist. Aber es reicht natürlich, um Machtstrukturen zu sichern.

Milena Preradovic: Und was halten Sie von Sahra Wagenknecht?

Antje Hermenau: Die finde ich persönlich hochinteressant. Die ist mutig, die ist klug. Deswegen kommt sie ja bei den Leuten gut an ein politisches Talent ohne Partei, wie man sieht, immer schon. Auch bei der Linken.

Milena Preradovic: Okay, interessante Theorie.

Antje Hermenau: Also die Frage werden die Leute das durchschauen mit dem BSW. Oder werden sie das nicht? Die Verhandlungen, die Gespräche sind geführt. Das pfeifen hier zwei Zentner schwere Spatzen von den Dächern. Weiß jeder. Und die Frage ist jetzt, mimmt man die Konstruktion an oder nimmt man sie nicht an?

Milena Preradovic: Na ja, offiziell heißt es ja immer und BSW ganz schwierig, weil die wollen ja die Ukraine-Hilfen einstellen, kein Geld und keine Waffen.

Antje Hermenau: Damit werden im Prinzip die Verhandlungsmöglichkeiten für CDU und SPD auf der Bundesebene erweitert, weil es dann eben Regierungen in Deutschland gibt, wie zum Beispiel der Herr Kretschmann mit dem BSW, die ganz andere Forderungen aufstellen. Da muss man ja mal gucken, ob man sich dazu verhalten will oder nicht. Die brauchen ja mehrere Ausstiegsoptionen. Wenn keine greift, dann wird auf alle Fälle in spätestens 1 bis 2 Wochen der Krieg in der Ukraine wieder ganz nach oben pfeifen. Dann ist das wieder das Thema, wissen Sie. Also ich glaube, es geht ständig nur um Ablenkung. Und die Frage ist, was macht man, wenn die AfD hier sehr hoch gewinnt? Die Wahlen in Sachsen sind für mich auch eine Blackbox und ich kenne hier viele Leute. Das erste Mal seit dem Fall der Mauer erlebe ich, dass Leute, die mir auch vertrauen und die ich kenne, nicht mehr sagen, wen sie wählen. Das ist vorbei. Keiner spricht mehr offen drüber.

Milena Preradovic: Die trauen sich nicht wahrscheinlich, weil ich meine, wenn man bedenkt, dass viele Arbeitgeber inzwischen ja schon Menschen gekündigt haben.

Antje Hermenau: Ja das betrifft, die Leute, die angestellt sind. Aber es sind ja auch viele Leute, die da drüberstehen und auch Rentner und so, keiner spricht mehr drüber aus. Eine reine Blackbox.

Milena Preradovic: Aha. Sie meinen, das kann also sogar sein, dass die AfD nicht bei 30, sondern bei 40 % landet?

Antje Hermenau: Ja es kann auch sein, dass die bei 25 rauskommt oder 20, das weiß ich nicht. Also ich persönlich tippe ja auf eher über 35, aber ich kann völlig falschliegen. Wir haben eine Blackbox. Die Leute sagen nicht mehr, was sie vorhaben am Sonntag. Wissen Sie, ich bin ja Mutter. Wenn es oben im Kinderzimmer still gewesen ist, bin ich immer hoch und habe geguckt, was los ist. In der Situation sind wir jetzt auch. Ich weiß nicht, was da vor sich geht. Das ist okay. Ich lasse mich gerne überraschen und nehme es auch hin. Aber es ist interessant, weil es mir wirklich aufgefallen ist. Und vielleicht hat es auch was mit diesen Sachen zu tun, mit der Konstruktion BSW, oder auch vielleicht zum Beispiel: Es gibt eine Absprache und dazu wurde auch öffentlich innerhalb der linken Medien aufgerufen, bei Compact zum Beispiel oder sowas, dass man vier Wahlkreise in Sachsen, drei in Leipzig und einen in Dresden versuchen soll, mit den Erststimmen für die Grünen oder die Linke zu gewinnen. Das heißt linke Wähler sollen die Erststimme den Grünen geben und umgekehrt. Grün wäre die Erststimme dem Linken. In Leipzig sind das drei Wahlkreise. Ich habe es mir mal rausgesucht, der Wahlkreis 25 im Wahlkreis 28 an die Linke.

Antje Hermenau: Jeweils einmal die Antifa-Frau Juliane Nagel und zum anderen ein mir unbekannter Vietnamesisch-Deutscher. Und dann im Wahlkreis 30 Bündnis 90 Grüne Claudia Maicher, die mal Landesvorsitzende war ganz früher mal, ist lange her, aber die eben da ein bisschen bürgerlicher daherkommt in dem Wahlkreis als der linke Kandidat. Wahrscheinlich dasselbe hier in Dresden im Wahlkreis 41, der Thomas Löser, der auch ein bisschen bürgerlicher daherkommt als der linke Kandidat. Wenn die jeweils zwei Leute in den Landtag kriegen mit Direktmandaten, haben sie eine Gruppe, für die Fraktion brauchen sie 5 %, für die Gruppe reichen zwei Direktmandate. Das ist auch das, was die Freien Wähler versuchen. Die wollen sowohl die 5 % schaffen als auch zwei Direktmandate, also schon drei Parteien mit Absicherungsmechanismus. Wenn aber die Linken und die Grünen sich gegenseitig helfen, werden die hinterher ihre zwei Gruppen auch zusammenlegen. Die Gruppe kommt in der Stärke rein, wie sie gewählt sind. Sagen wir 3 %, 3,5, 4 %. Das heißt zusammen können sie dann eine Fraktion bilden. Eine linksgrüne Fraktion. Dann sind die Grünen endlich in der Wahrheit angekommen, die eigentlich öffentlich längst bekannt sein sollte.

Milena Preradovic: Dass sie mit den Linken eigentlich zu den Linken gehören?

Antje Hermenau: Ja.

Milena Preradovic: Okay. Aber halten Sie eine Regierung unter AfD Ministerpräsidenten oder mit AfD Regierungsbeteiligung in sagen wir mal in Sachsen, wo Sie sich so gut auskennen, für möglich?

Antje Hermenau: Natürlich. Natürlich ist das möglich. Also zum einen, wenn viele rausfallen von den Parteien, dann haben sie bei Sonstiges den letzten Balken im Diagramm abends dann bei der Hochrechnung ungefähr 20 % stehen. Die müssen sie ja abziehen. Es reichen dann also 39 oder 40 oder 41 %, um eine Mehrheit zu haben und alleine regieren zu können. Logisch. Es kann auch sein, dass die AfD vielleicht das nicht schafft und vielleicht 37 % oder 38 % hat und fast regieren könnte und bloß ein paar Leute braucht, damit es hinkommt. Dann kann sie eine Minderheitenregierung anbieten. Es gibt bestimmt welche in der CDU, mit denen man reden kann, weil es ja viele in der CDU gibt, die die AfD nicht so schlimm finden wie Sarah Wagenknecht. Das kann ich auch verstehen, ehrlich gesagt. So, und dann ist die Frage, wie es ausgeht und ich denke, da laufen fleißig Gespräche hinter den Kulissen. Jeder rechnet sich was aus, alle machen sich ihre Gedanken und ich halte das für möglich. Ob das so kommt, weiß ich nicht, aber ich halte es für möglich. Und ich wette darauf, dass die AfD mindestens genauso gut auf eine Regierungsübernahme vorbereitet ist wie die CDU. Egal mit welchem Partner oder welcher Konstruktion.

Milena Preradovic: Ja, das ist wirklich hochspannend. Und wenn wir uns überlegen, wie damals, also verfassungswidrig, Merkel ihm in Thüringen reagiert hat, als der FDP Politiker Kemmerich mithilfe der AfD zum Ministerpräsidenten gemacht wurde. Der wurde ja so unter Druck gesetzt, die Kinder, also es wurden seine Familie unter Druck gesetzt, er unter Druck gesetzt, bis er zurücktrat. Das wurde Merkel auch, also gerichtlich wurde es gesagt verfassungswidrig, wie sie sich dort eingemischt hat, aber glauben Sie so was könnte wieder passieren?

Antje Hermenau: Wer soll es denn diesmal zurückrufen, wenn die AfD mit einfacher Mehrheit gewinnt? Wer soll es denn zurückrufen? Die Frau Merkel konnte den Herrn Lindner ja locker erpressen. Die hat gesagt: „Du pfeifst den Kemmerich zurück oder ich kündige alle Landesregierungen mit FDP Beteiligung“, unter anderem damals glaube ich auch NRW. Also hat Lindner gekuscht.

Milena Preradovic: Jetzt haben Sie so viele Möglichkeiten aufgezählt.

Antje Hermenau: Ja, das ist eine echte Blackbox. Ich kann es nicht ändern.

Milena Preradovic: Also, eine richtige Prognose können Sie gar nicht abgeben?

Antje Hermenau: Nein, nein, kann ich nicht. Ich habe vielleicht ein paar Indizien, wo man weiterdenken kann. Also ein Indiz ist, dass die Leute nicht mehr lauthals wütend sind. Also das Geschimpfe, die Schimpfwörter haben aufgehört. Das ist alles vorbei. Es wird noch mal kurz mit den Augen nach oben gerollt und dann „na ja, wir haben ja bald Wahlen.“ Ende. Mehr wird nicht mehr gesagt zu dem Thema. Und das finde ich interessant. Früher haben sie sich ewig aufgeregt über die Regierung und was nicht alles. Es wurden entweder Witze gerissen oder wüste Schimpfkanonaden losgelassen. Das ist alles irgendwie vorbei. Die Leute sind tiefenentspannt und ruhig.

Milena Preradovic: Das heißt eigentlich „unsere Rache“ kommt an der Wahlurne. Und das würde für eine hohe AfD Wahlwählerschaft sprechen?

Antje Hermenau: In meinen Augen ist das so! Das ist das stille Kinderzimmer. Mal gucken, ne? So und das ist also gut möglich. Es kann auch sein, dass jetzt die Umfragen von ARD und ZDF, die jetzt in den letzten Tagen noch mal gespielt worden sind, die ja die Roten und die Grünen in Sachsen und Thüringen schon ganz raus, die Grünen in Sachsen noch Unbekannte identifizieren. Ich glaube, das ist geschönt. Man kann ja, das steht im Kleingedruckten drin. Das ist keine Verschwörungstheorie, das der Umfrager selbst. Man kann immer so 2 bis 3 % Verschnitt rechnen bei den Ergebnissen, wenn die Grünen bei fünf oder sechs stehen, die SPD auch. Nehmen Sie 2 % runter, das Ding ist gelutscht, ne? Wenn die AfD bei 31 steht, dann nehmen sie 3 % drauf und die CDU steht bei 30, nehmen sie 3 % runter, dann kommt man vielleicht der Wahrheit näher.

Milena Preradovic: Reden Sie gearde von Wahlfälschung habe ich das jetzt rictig verstanden?

Antje Hermenau: Nein, nein, das sind Umfragen. Und in den Umfragen gibt es immer statistische Irrtümer. Die liegen bei 2 bis 3 %. Und ich glaube, dass ARD und ZDF zusammen denen ein bisschen mehr statistischen Spielraum nach oben geben, den sie gerne haben, und statistischen Spielraum nach unten, die sie nicht so gerne haben, um sozusagen den Wähler zu zeigen. „Lohnt sich ja nicht, die AfD schafft das ja nie und die CDU hat sowieso schon gewonnen. Und ja, die Grünen, die kriegen es auch noch mal gebacken.“ Und das sind so Ermutigungssignale über den öffentlich rechtlichen Rundfunk. Ich weiß ja nicht, wer das alles guckt, aber man wird ja sehen, was dabei rauskommt.

Milena Preradovic: Tatsächlich gucke ich das und daher weiß ich auch, dass die Berichterstattung sehr, sehr einseitig ist und natürlich sehr regierungsunterstützend.

Antje Hermenau: Na klar die die anderen wollen ja das Geld wegnehmen, das ist ja klar, die wollen den Geldhahn zudrehen. Logisch.

Milena Preradovic: Genau das sehe ich auch so. Und es gibt ja noch so einen Punkt, dass westliche Politiker und also gerade auch die durchfinanzierten NGO Vertreter, die ganzen Politologen, die dann im ZDF auftreten, die werfen den Menschen in Ostdeutschland ja mangelndes Demokratiebewusstsein vor. Was ist ihre Antwort darauf?

Antje Hermenau: Also die Antwort ist doch eindeutig: Unsere Leute gehen zur Wahl. Sie akzeptieren die Wahl als Instrument der Demokratie. Sie wählen die Parteien, die zugelassen sind, und dann suchen sie sich die aus, die ihnen gefällt. Also demokratischer geht es eigentlich nicht. Ich halte Sachsen für die kleine Schweiz.

Milena Preradovic: Der Sächsische Schweiz gibt es ja auch. Ja, aber jetzt ich sehe das häufig unter den Kommentaren meiner Sendung, dass viele Menschen erwarten, im Grunde von der AfD alle anstehenden Probleme zu lösen.

Antje Hermenau: Das kann sie natürlich nicht, das ist klar.

Milena Preradovic: Das ist aber auch eine Partei, halt, ne? Also Sie können sich im Parteiengeschäft aus. Also wie berechtigt ist diese Hoffnung?

Antje Hermenau: Na ja, also die wird nicht alle Probleme gleich lösen können. Die Frage ist: die Bevölkerung erwartet ja gar nicht, dass jemand sofort alle Probleme löst. Sie wäre ja schon dankbar, wenn jemand mal ein Problem einfach nur so ausspreche, wie es wirklich ist. Also alleine die Wahrheit auszusprechen wäre schon ein warmer Regen aufs Land. Und dann sagen: „Und jetzt versuchen wir mal, nachdem wir das geklärt haben das Problem anzugehen“, würde auch schon reichen, um zwei Jahre erstmal zu gucken Was machen Sie denn nun.

Milena Preradovic: Ja, also man muss ja auch sagen, es ist das Demokratischste, wenn man wählt. Also eine Partei gewinnt, die darf dann regieren. Und dann, wenn sie einem nicht gefällt, wählt man sie wieder ab.

Antje Hermenau: Also in Sachsen ist die Partei, ich glaube, im ganzen Osten ist das so, ist die Parteienbindung nicht so sklavisch wie im Westen. Also einmal SPD, immer SPD oder so, das gibt es ja nicht so sehr, sondern man guckt sich an, wie ist die Lage? Also wir brauchen mal jemanden jetzt mit ein bisschen ökonomischem Sachverstand oder vielleicht brauchen wir ein bisschen weniger die ganzen NGO Sachen und so ein Zeug. Das kann man dann in zehn Jahren machen, wenn wieder Geld verdient haben. So, dann werden die Leute sich das so zurecht wie sie es denken, wie sie es brauchen. Wer macht was für den ländlichen Raum? Die kannst du gleich ganz vergessen. Deswegen kriegen die Grünen höchstens 3 % im ländlichen Raum insgesamt, wenn überhaupt, wahrscheinlich weniger. Also so ist die Lage. Und dann guckt sich das der Bürger an und sagt: „Na ja, nee, die wähle ich jetzt nicht. Und das brauchen wir jetzt nicht. Aber die wähle ich jetzt, die brauchen wir jetzt und so“. Das ist eher so nach Situation.

Milena Preradovic: Ja viel pragmatischer. Ich glaube, das wird auch noch im Westen etwas mehr ankommen. Also so ganz sklavisch ist es auch nicht mehr. Aber welche Themen sind denn im Osten? Also neben Migration und innerer Sicherheit die wichtigsten Themen?

Antje Hermenau: Also da hat Frau Wagenknecht ja den Sensor. Nee, die hat der AfD genau die Themen so versucht streitig zu machen, die wirklich bei den Leuten zünden. Kriegt es aber eben zum Teil nur gebacken. Das eine ist das Thema Krieg und Russland ist nicht der Teufel und Ukraine ist nicht der Engel. Ich glaube da will man einfach mehr Wahrheit haben, weil beide Seiten haben sich da nicht mit Ruhm bekleckert aus der Sicht vieler Leute hier und da möchte man einfach eine ehrliche, faire Berichterstattung haben. Ja, aber nicht einmal das gibt es. Und das andere ist das Thema mit der Migration, wo die Integration sehr mangelhaft ist. Also die logistische Überforderung bei Massenmigration und die völlige kulturelle Überforderung bei der Integration. Und dieses Thema ist geeignet, alles zu zerstören, was wir Sachsen oft gerne lieb haben und nach außen auch sagen und vertreten wollen. „Wir sind Deutsche. Wir haben eine lange, Jahrhunderte währende Kultur. Wir haben prachtvolle Städte aufgebaut, wir haben Dinge erfunden, die heute noch benutzt werden, weil wir so schlau sind. Wir sind stolz auf uns. Ja, Luther hat hier die Bibel übersetzt. Naja, fast. Thüringen gehörte mal zu Sachsen.“ Also das ist ein Kulturvolk und wir wollen nicht aufgehen wie der Zucker im Tee und verschwinden.

Milena Preradovic: Das kann ich verstehen. Sachsen sind ja auch sehr fleißig. Gerade im Ausland sind ja viele Sachsen auch in Österreich. Und sind sehr fleißige Leute und sehr beliebt bei Arbeitgebern, soweit ich weiß. Also noch mal zu den Politikern, mich beschleicht ja oft der Eindruck, der Bürger ist der natürliche Feind des Berufspolitikers. Können Sie das nachvollziehen?

Antje Hermenau: Nein, nicht wirklich. Also ich habe ja selber auch an der Front vorne sozusagen als Spitzenkandidaten noch Wahlkampf gemacht und ich finde nicht, dass das dass Bürger sozusagen nicht das Recht hätten, mit ihren Politikern direkten Draht zu pflegen. Ich habe ab und zu mal einen Desperado dabei, da denke ich auch „Oh Gott, jetzt muss ich mir eine halbe Stunde das Seelenleid dieser gequälten Seele anhören“. Manchmal gehört es eben auch dazu. Aber im Kern finde ich, es ist ja eine Stellvertreterdemokratie. Das haben wir ja verstanden. So, und wenn man seinen Wahlkreis nicht direkt verpflichtet ist, wenn man das Direktmandat nicht hat, ist es eben schwieriger, wenn man in der Partei ist und abgelöst ist von den Wählern, die einen so abstrakt über eine Parteiliste gewählt haben. Deswegen bin ich inzwischen ja auch zu der Auffassung gekommen, dass wir nur noch Direktmandate zulassen sollten und Parteimandate gar nicht mehr. Also keine Zweitstimme mehr.

Milena Preradovic: Das würden die Abgeordneten auch stärker machen gegenüber der Fraktion.

Antje Hermenau: Die Abgeordneten stärker in den Fraktionen, auch gegenüber der Regierung. Es gibt ihnen auch mehr Rechenschaftspflichten gegenüber der Wählerschaft ab. Sie sind auch erreichbar. Die müssen ja in dem Wahlkreis wohnen, für den sie antreten. Das würde ich auch zur Bedingung machen. Dann haben wir eine Stellvertreterdemokratie, die ihren Namen auch verdient.

Milena Preradovic: Wunderbarer Schlussworte. Vielen Dank, Antje Hermenau, für diese sehr muntere Einordnung. Schön, dass Sie da waren. Ich wusste schon, warum ich mich auf dieses Gespräch freue.

Antje Hermenau: Ja, wissen Sie, wenn wir den Humor verlieren, ja, dann haben wir gar keine Möglichkeit mehr, mit den Dingen umzugehen, die über uns gebracht werden.

Milena Preradovic: Ich sage immer: „Galgenhumor kann Leben retten“.

Antje Hermenau: Das ist wirklich so! Also, vielen Dank. Gerne. Tschüss.

Milena Preradovic: Tja, Leute, was werden die Wahlen in Ostdeutschland bewirken? Und wandert die Brandmauer in die Tonne? Es ist sehr spannend, wie wir gerade gehört haben. In Schweden ist die Brandmauer in die Tonne gewandert. Dort regieren die sogenannten Rechten seit 2022 mit. Ergebnis Historischer Tiefpunkt bei Asylanträgen. Mal abgesehen davon, dass eine Brandmauer den Wählerwillen undemokratisch abwürgt. Wir leben wirklich in interessanten Zeiten. Ich wünsche euch eine gute. Bis bald.

Interview with Antje Hermenau (english)

Milena Preradovic: The Solingen bloodbath has turned the election campaign for the eastern German states upside down. Before, the motto of the old parties was „We must prevent the AfD“. Now it’s „We must deport“. „No more asylum“. „No more Afghans and Syrians in the country“. These are more or less AfD demands. And anyone who advocated this just a few weeks ago was considered a right-wing extremist. Fear is spreading throughout the political establishment. The elections in Saxony, Thuringia and Brandenburg could be the tipping point for the current policy and the current policy failure. The polls are clear: the traffic light parties have sunk, the AfD is in the lead, the CDU has a chance, and the alliance with Sahra Wagenknecht as the new tip of the scales. How much is the firewall against the AfD really still worth in the east? We will also be talking about this in the Preradovic segment. Hello Antje Hermenau, it’s great to have you back.

Antje Hermenau: Hello.

Milena Preradovic: I’ll briefly introduce you. You were a politician, are an entrepreneur, a graduate pedagogue for German and English language and literature and administrative scientist, with a focus on public finance and a graduate precious metal merchant, as well as an author and political consultant. You are a co-founder of the Green Party of Saxony and were a member of the Leipzig Round Table in 1990 at the time of reunification. From 1990 to 1994, she was a member of the Saxon state parliament and from 1994 to 2004 she was a member of the German Bundestag. Then she returned to the Saxon state parliament as parliamentary group leader. In 2014, she resigned from all political offices and at the beginning of 2015, after 25 years, she left the Green Party. Since then she has been self-employed. The hot topic in the week before the election is the unbridled migration and the failure to deport rejected asylum seekers after the bloody deed of Solingen. CDU leader Merz now wants to declare a national emergency and is driving the Chancellor with more and more deportation proposals. What do you think of that?

Antje Hermenau: Well, in terms of power tactics, it’s the right thing to do. He has recognized the weakness of the Chancellor’s leadership in the coalition. Obviously, this is more of a group that gathers behind the leadership of the Greens on this issue and has urged that the Chancellor must now be courageous. After all, he actually has the authority to set the agenda in this coalition government. You just don’t notice it often.

Milena Preradovic: And the question of the week: Will the AfD, which according to the polls is leading in Saxony and Thuringia, benefit from the act in Solingen?

Antje Hermenau: I don’t like that question. So which party wants to benefit…?

Milena Preradovic: No, not benefit from an act of violence, don’t get me wrong, I mean that purely factually, of course.

Antje Hermenau: Yes, well, those who have always said that there is a real integration problem and that was never the hundred percent questioning of migration, but there is an integration problem. Of course they were proved right, the facts prove them right. And of course this will convince one or the other voter. Namely those who have always said and recognized this.

Milena Preradovic: I found the result of the under-18 vote, that is, the very young, very remarkable. In Saxony, the AfD received 34.5% of the vote from young people, and in Thuringia as much as 37.4%. The Greens, on the other hand, received 5.7% in Saxony and 3.7% in Thuringia. So in the east, the issue of climate, which is actually a young issue, does not really seem to ignite. What concerns young people there then?

Antje Hermenau: The problems of young people here in the east are simply much more tangible and serious than the question of how the climate will behave or not behave in a few decades. The young people here need a certain job security. They don’t want to be constantly beaten up or ripped off, as they have learned all this at school. They have traveled to many places, including the West, and I think they are very unhappy with the situation in the inner cities there. They find it strange that the inner cities no longer seem to be in Germany. There is a lot of resentment. And on the other hand, I think it is a cultural problem for those who used to set the tone in society. This blathering, inventing 20,000 little minorities to find one more that you can call a victim and not even get off your backside when it comes down to it. So the majority of young people here find all of this terrible.

Milena Preradovic: Okay, so the Woken have no chance with young people in East Germany.

Antje Hermenau: This form of existence is not appreciated, almost considered parasitic.

Milena Preradovic: Okay, that’s very interesting, because that’s where East and West differ quite enormously, don’t you think?

Antje Hermenau: It’s a question of the material coverage of this way of life. So if you have a lot of money as a state, you can afford it without getting in each other’s way. But when the people and the young people starting their careers realize that they have to pay for fuel to get to work or to their apprenticeships or other things, they are pushed to the brink. When they are then harassed in everyday life and have so little of what they earn with effort, then they get angry.

Milena Preradovic: Okay.

Antje Hermenau: They are going after those who, in their eyes, don’t work as hard.

Milena Preradovic: Let’s come back to the old parties. They are quite alarmed, suddenly demanding deportations, entry bans for entire groups of nations. Also, like Lindner, the abolition of cash benefits for asylum seekers, especially those entering from other EU countries. So basically, all AfD demands. On the other hand, the SPD, the Greens and the Left Party are trying to make the AfD partly responsible for this escalating Islamic terror, which is quite astonishing. They now always mention Islamism and right-wing extremism in the same sentence. That’s an old propaganda trick, too. How is this logic received by voters in the east?

Antje Hermenau: Well, I think that many citizens intuitively grasp that this is a psychological projection. It’s a way to distract from one’s own failures by blaming someone or something. You always need a scapegoat to blame. In terms of overall politics, it will probably happen in Germany at the expense of the Greens. They will become the scapegoat for everything that has been jointly organized by four or five parties in recent decades. And internally, I would say that the other parties are then trying to survive, of course. The SPD wants to survive, the CDU wants to survive. Even the FDP thinks it can survive this. And then they try everything possible to divert attention from themselves onto other scapegoats. The Greens have now been handed all the energy, things and such, so someone has to be declared responsible for all the migration problems and the AfD is the target, so to speak. The point is, though, when someone like Mr. Merz, quite rightly in my opinion, says that he would like to restore the legal situation to what it should have been since 2015, but has been undermined by both the Merkel and Scholz governments. Then he actually says something quite sensible. The fact that the AfD has been saying this since 2015 actually means that it has been saying very sensible things on the subject for many years.

Milena Preradovic: Yes, you just mentioned the Greens. It’s also quite interesting to see this turncoat policy. I’ll give you the example of the federal Greens of Notz and Mihalic, who have. They have now published a position paper and sharply criticize Minister of the Interior Faeser for not having taken care of internal security and demand a consistent deportation of non-German offenders. There is panic, isn’t there?

Antje Hermenau: Yes, well, when on the one hand the whole party is saying in unison that every person has the right to seek asylum in Germany, then this specialization on the offenders is a bit little. Of course, it is 1% of the immigrants who are particularly troublesome. Theoretically, this could significantly alleviate the problem in terms of numbers. That much is true. The point is that obviously no one is interested in doing this. As the investigations into the attacker in Solingen have now shown, he should have been deported to Bulgaria long ago, but was not deported, even though the Bulgarians would have taken him. So I wonder, if no one is interested in such a country, is it then a failed state North Rhine-Westphalia? If no one is interested in ensuring that order and security prevail in such a country, then it’s cute when CDU candidates stand up for order and justice and security on their posters.

Milena Preradovic: Yes, yes. North Rhine-Westphalia also has a black prime minister, Mr. Wüst, who would actually also very much like to become chancellor.

Antje Hermenau: With the CDU, you had to tell me that now.

Milena Preradovic: Wüst is from the CDU. Yes, he would also like to become chancellor.

Antje Hermenau: It’s not noticeable.

Milena Preradovic: Not so noticeable. No, but he would like to be chancellor instead of Merz. Well, the two are also battling it out and it’s not quite clear yet. I think he might not have such good cards now. But back to the Greens, who have no insight into the fact that their policies have also led to these poll results in the east. They still blame others?

Antje Hermenau: Well, I interviewed the top candidates of the parties for the entrepreneurs I look after in private audio files. And the top candidate of the Greens, Schubert, also said: „Well, sure, we made mistakes. But I was talking at the federal level and talking. But you don’t see that.“ She said it in the interview, and I assume that it’s true, because I myself had the same fate 20 years ago. I tried to explain to the Greens over and over again how it is received in the East. But they weren’t interested. One can assume that it will continue that way. The East is a negligible quantity in their eyes.

Milena Preradovic: So you’re saying that the Green Party is dead in the east and that no one there is interested in it?

Antje Hermenau: Well, in the East, the Greens come across as the most western of all parties, and since there are a lot of people here who have migrated and also taken on top jobs here, in which they also have a certain charisma, whether in the media or whatever, they tend to change into the Greens or into this black-green thing, it has a special touch here with us. Then those up there are the Greens over there. Of course, that’s very difficult to resolve. That’s why there are reservations about certain people in the administration or whatever in politics or something, it has to do with that. This green existence just doesn’t have enough fertile soil here. There are many people who are involved in environmental protection, in nature conservation, who now even have a dispute with the Greens because the Greens actually act against nature conservation with their energy policy. And Mr. Urban from the AfD, for example, was also a committed environmentalist in the past. It’s not that environmental protection has no home here in Saxony.

Milena Preradovic: Yes, and the Greens have also neglected environmental protection. They say climate protection is the only thing that counts. But real environmental protection, which you have to do locally, has actually taken a back seat.

Antje Hermenau: So, through this settlement, soil sealing or land use for wind turbines, there are many lines of conflict with direct nature conservation, of course.

Milena Preradovic: Exactly. But back to the von Notz paper. It also calls for more powers for the security authorities, including undercover investigations in social networks and better exchange between police and intelligence services. And I can’t help but suspect that Islamist terror is now being used to justify increased surveillance and control of citizens.

Antje Hermenau: Of course, the reason may be different at some point, I completely agree with you. Once the regulation has been made, it can be applied to everyone. It’s also cute. Mr. von Notz, for example, has done a lot on the subject of DSGVO. Data protection, security on the Internet, etc. was constantly on everyone’s lips ten to fifteen years ago with his commitment. All the users, the Pirate Party, everyone was watching to see what von Notz would do on the subject of data security, and now he comes along and does this. That’s actually the whole misery of the Greens in one person.

Milena Preradovic: On the other hand, you just praised Friedrich Merz briefly. But do you really believe that the old parties will really go through with this turnaround on migration policy? Do you expect action to be taken even after the elections? Because I remember, before the Bavarian election, there was also the „Yes, we have to do something“ attitude, but nothing happened. Do you think it will be different this time?

Antje Hermenau: Well, in politics, the studio has to be set up just right for them to both grin at the camera. They need the federal states and the municipalities to do that. The municipalities have already made it clear over the last year, through the district administrators and the German Association of Cities, that the migration situation is exploding and that it can no longer be contained. The federal states have held back because they are in one party or another when the prime minister was in the election campaign. But if there is an election result in Saxony, which could well happen on Sunday, or in Thuringia, or in both states, it will clearly show that all the old parties can please look for other ways of keeping people busy. And otherwise, they no longer really believe the CDU either. Then we have the situation that the two big parties, the old people’s parties CDU and SPD, have the chance to reset the whole scenario and call a concerned „we have understood“ into the audience. Olaf Scholz is already doing that at the demonstrations, where he is trying to show a little empathy.

Milena Preradovic: Okay. But somehow this election in the eastern German states is also a kind of culture war between West and East. The old parties in Berlin see nothing more important than keeping this firewall against the AfD and no cooperation whatsoever with the AfD in the East. But the conservatives in the East see it quite differently. Among CDU members in the east, 68% are open to a coalition between the CDU and AfD. Nationwide, the figure is still 45%. And Saxony’s Prime Minister Kretschmer and the CDU candidate Vogt in Thuringia are well aware of this. Is the firewall as firm for them as it is for federal politics?

Antje Hermenau: Well, the two have publicly committed themselves as individuals and say they stand by the firewall. Behind it, they will not be able to back down as individuals. But who says that the Saxon Union would not rather do without the prime minister and instead go into a coalition with the AfD? I would say that is an open question. And I believe that whoever comes in second in Saxony, AfD’s Urban or Mr. Kretschmer of the CDU, will no longer be the party leader the next day. He will be through. That’s how hard the race is. And I also think, when I look at how relaxed Michael Kretschmer is campaigning, which is not at all his nature, he’s actually always quite nervous and shaky and so on. So always under pressure. And how relaxed Mr. Vogt is campaigning, then the two of them have something up their sleeve. They know that the Greens and the SPD are doing very badly in both federal states. But I don’t think they’re really worried about that. I can describe it in a little more detail for Saxony, as I know more about it. Mr. Kretschmer would continue working with Ms. Köpping.

Antje Hermenau: I think it works. But he needs someone, because it’s not enough with the CDU and SPD. So he needs the Greens, although she would like to do without them because she doesn’t like them. That’s fine too, I can understand that. So, and then we still have various scenarios. Kretschmer, if not Kretschmer himself then the CDU Saxony, has been negotiating with the BSW, with Sahra Wagenknecht’s alliance, for some time. And these negotiations have also been concluded and there is a plan B in case it is not enough for a coalition with the SPD and/or the Greens. And that is the BSW. The BSW is a construct. I noticed that when I tried to persuade the top candidate, Ms. Zimmermann, to give an interview for the entrepreneurs to whom I wanted to make it available. We called four times, sent four emails. There was never an answer. It doesn’t actually exist. There are 70 members of BSW in Saxony, roughly speaking, PI times Daumen. That’s a construction so that you have something to sit in the state parliament with and to maintain power.

Milena Preradovic: The Sahra Wagenknecht alliance is not an independent party?

Antje Hermenau: They are independent, but it is a construct. It is not a party in that sense. It is more like what Gerd Wilders did in the Netherlands: a one-man or one-woman party with a few people underneath who are firmly sworn in. In principle, it’s the old socialist party of a new type. The hard core, the IMs and the party comrades, and around them a few idiots who put up the posters. That’s what it is. But of course it’s enough to secure power structures.

Milena Preradovic: And what do you think of Sahra Wagenknecht?

Antje Hermenau: I personally find her very interesting. She is brave, she is clever. That’s why she is well received by people – a political talent without a party, as you can see, always has been. Even on the left.

Milena Preradovic: Okay, interesting theory.

Antje Hermenau: So the question is whether people will see through the BSW. Or won’t they? The negotiations and talks have been held. It’s common knowledge. Everyone knows. And the question now is whether to accept the construction or not.

Milena Preradovic: Well, officially it is always called yes and BSW very difficult, because they want to stop the Ukraine aid, no money and no weapons.

Antje Hermenau: In principle, this will expand the CDU and SPD’s options for negotiation at the federal level, because there are governments in Germany, such as Mr. Kretschmann’s with the BSW, that make completely different demands. You have to see whether you want to take a stand on this or not. They need several exit options. If none of them works, then in any case in one to two weeks at the latest, the war in Ukraine will be at the top of the agenda again. Then that will be the hot topic again, you know. So I think it’s all about distraction. And the question is, what do you do if the AfD wins a lot of votes here? The elections in Saxony are also a black box for me and I know a lot of people here. For the first time since the fall of the Wall, I am experiencing that people who trust me and who I know no longer say who they are voting for. That’s over. Nobody talks about it openly anymore.

Milena Preradovic: They probably don’t dare, because I mean, when you consider that many employers have already fired people.

Antje Hermenau: Yes, that affects people who are employed. But there are also many people who are above that and also pensioners and so on, nobody talks about it anymore. It’s a black box.

Milena Preradovic: I see. So you think it’s even possible that the AfD doesn’t get 30 percent but 40 percent?

Antje Hermenau: Yes, it’s also possible that it gets 25 or 20 percent, I don’t know. Personally, I’m betting on more than 35, but I could be completely wrong. We have a black box. People no longer say what they are planning to do on Sunday. You know, I’m a mother. When it was quiet up in the children’s room, I always went up and saw what was going on. That’s the situation we’re in now, too. I don’t know what’s going on. That’s okay. I like to be surprised and I accept it. But it’s interesting because I really noticed it. And maybe it also has something to do with these things, with the construction of BSW, or maybe, for example, there is an agreement and there have also been public calls within the left-wing media, in Compact for example, that in four constituencies in Saxony, three in Leipzig and one in Dresden, an attempt should be made to win over first votes for the Greens or the Left Party. That means left-wing voters should give their first vote to the Greens and vice versa. The first vote for the Greens would go to the Left Party. In Leipzig, there are three constituencies. I looked it up and found that in constituency 25, the first vote went to the Left Party in constituency 28,

Antje Hermenau: in each case, the Antifa woman Juliane Nagel and, on the other hand, a Vietnamese-German whom I don’t know. And then in constituency 30, Alliance 90/The Greens Claudia Maicher, who used to be the state chairwoman a long time ago, but who comes across as a bit more bourgeois in that constituency than the left-wing candidate. Probably the same here in Dresden in constituency 41, Thomas Löser, who also comes across as a bit more middle-class than the left-wing candidate. If they each get two people into the state parliament with direct mandates, they have a group. They need 5% for the faction, but two direct mandates are enough for the group. That’s also what the Free Voters are trying to do. They want to get the 5% and also get two direct mandates, so there are already three parties with a safety mechanism. But if the left and the Greens help each other, they will also merge their two groups afterwards. The group comes in at the strength at which they are elected. Let’s say 3%, 3.5, 4%. That means together they can then form a faction. A left-wing green faction. Then the Greens will finally have come to terms with the truth, which should actually have been publicly known long ago.

Milena Preradovic: That they actually belong with the leftists?

Antje Hermenau: Yes.

Milena Preradovic: Okay. But do you think a government under an AfD prime minister or with AfD government participation is possible in, say, Saxony, where you are so familiar with the area?

Antje Hermenau: Of course. Of course it is possible. Well, on the one hand, if a lot of people drop out of the parties, then you have the last bar in the diagram for „other“ in the evening projection, and it says about 20%. You have to subtract that. So then 39 or 40 or 41% is enough to have a majority and be able to govern alone. Logical. It may also be that the AfD might not make it and might get 37% or 38% and could almost govern and just need a few people to make it happen. Then they can offer a minority government. There are certainly people in the CDU to talk to, because there are many in the CDU who don’t think the AfD is as bad as Sarah Wagenknecht. I can understand that, to be honest. So, and then the question is how it turns out and I think there are busy talks behind the scenes. Everyone is thinking about it and I think it’s possible. Whether it will happen, I don’t know, but I think it’s possible. And I bet that the AfD is at least as well prepared to take over the government as the CDU. No matter with which partner or which construction.

Milena Preradovic: Yes, that is really exciting. And if we consider how, at the time, Merkel reacted unconstitutionally in Thuringia when the FDP politician Kemmerich was made Minister President with the help of the AfD. He was put under so much pressure, the children, his family was put under pressure, he was put under pressure, until he resigned. Merkel was also told by the courts that her interference was unconstitutional, but do you think something like that could happen again?

Antje Hermenau: Who is supposed to call him back this time if the AfD wins with a simple majority? Who is supposed to call him back? Ms. Merkel could easily blackmail Mr. Lindner. She said, „You call the Kemmerich back or I’ll quit all state governments with FDP participation,“ including, I think, North Rhine-Westphalia at the time. So Lindner caved.

Milena Preradovic: You have listed so many possibilities.

Antje Hermenau: Yes, it’s a real black box. I can’t change that.

Milena Preradovic: So you can’t make a proper prediction?

Antje Hermenau: No, I can’t. I might have a few clues as to where we can take it from here. One clue, for example, is that people are no longer loudly angry. The ranting and raving and the expletives have stopped. That’s all over. They might roll their eyes briefly and then say, „Well, there’s an election coming up.“ And that’s the end of it. That’s all that’s said on the subject. And I find that interesting. They used to get worked up about the government and all sorts. They would either crack jokes or unleash wild torrents of abuse. That’s all kind of gone away. People are deeply relaxed and calm.

Milena Preradovic: That actually means „our revenge“ comes at the ballot box. And that would speak for a high AfD voter turnout?

Antje Hermenau: In my eyes it is! This is the quiet children’s room. Let’s see, shall we? So that’s a distinct possibility. It could also be that the polls by ARD and ZDF, which have been shown again in the last few days, which already completely rule out the Reds and the Greens in Saxony and Thuringia, the Greens in Saxony still identify unknowns. I think that’s embellished. You can see that in the fine print. That’s not a conspiracy theory, that’s the pollster himself. You can always expect a 2 to 3% margin of error in the results when the Greens are at five or six, and the SPD too. Take 2% off, and the thing is screwed, right? If the AfD is at 31, then add 3% and the CDU is at 30, take 3% off, then maybe you get closer to the truth.

Milena Preradovic: Are you talking about vote rigging, have I understood that correctly?

Antje Hermenau: No, no, these are surveys. And in surveys there are always statistical errors. They are between 2 and 3%. And I believe that ARD and ZDF together give them a bit more statistical leeway upwards, which they like to have, and statistical leeway downwards, which they don’t like to have so much, in order to show the voter, so to speak. „It’s not worth it, the AfD will never make it and the CDU has already won anyway. And yes, the Greens, they’ll get it too.“ And these are the kind of encouraging signals coming from public broadcasting. I don’t know who’s watching all this, but we’ll see what the outcome is.

Milena Preradovic: I actually watch that and that’s how I know that the reporting is very, very one-sided and of course very supportive of the government.

Antje Hermenau: Well, of course the others want to take away the money, that’s clear, they want to cut off the money supply. Logical.

Milena Preradovic: That’s exactly how I see it too. And there is another point, that Western politicians and especially the well-financed NGO representatives, the entire political scientists who then appear on ZDF, accuse the people in East Germany of lacking democratic awareness. What is your response to that?

Antje Hermenau: Well, the answer is clear: our people go to the polls. They accept the election as an instrument of democracy. They vote for the parties that are allowed, and then they choose the ones they like. It doesn’t really get more democratic than that. I think Saxony is like little Switzerland.

Milena Preradovic: There is also Saxon Switzerland. Yes, but now I often see that among the comments on my program that many people expect the AfD to solve all the problems.

Antje Hermenau: Of course it can’t, that’s clear.

Milena Preradovic: But it’s also a party, stop, right? So you know the party business. So how justified is this hope?

Antje Hermenau: Well, it won’t be able to solve all the problems right away. The question is: the population doesn’t expect anyone to solve all the problems immediately. They would be grateful if someone just spoke about a problem as it really is. Just telling the truth would be a real boost for the country. And then saying, „Now that we’ve clarified that, let’s try to tackle the problem,“ would be enough to get people to see what needs to be done for the next two years. What do you do now?

Milena Preradovic: Yes, well, you have to say that voting is the most democratic thing you can do. A party wins, and then it’s allowed to govern. And then, if you don’t like it, you vote it out of office again.

Antje Hermenau: Well, in Saxony the party, I think in the whole East it is like that, the party affiliation is not as slavish as in the West. So it’s not always SPD or always the CDU, but you look at the situation and say, „Do we need someone with a bit of economic expertise right now, or maybe we need to focus a bit less on all the NGO stuff and that kind of thing?“ You can do that in ten years when we’ve made some money again. So then people vote the way they think is right, the way they need to. Who is doing what for rural areas? You can forget them altogether. That’s why the Greens get a maximum of 3% in rural areas overall, if at all, probably less. So that’s the situation. And then the citizens look at it and say, „Well, no, I’m not going to vote for them now. And we don’t need that now. But I’ll vote for them now, we need them now, and that’s that.“ That’s more of a situation.

Milena Preradovic: Yes, much more pragmatic. I think that will also be more accepted in the West. So it’s no longer so slavish. But what issues are important in the East? Besides migration and internal security, what are the most important issues?

Antje Hermenau: Well, Mrs. Wagenknecht has her finger on that. No, she has the AfD trying to dispute exactly the topics that really ignite people. But she only gets it done to some extent. One is the topic of war and Russia is not the devil and Ukraine is not an angel. I think people just want more truth because both sides have not covered themselves in glory from the point of view of many people here and there, they just want honest, fair reporting. Yes, but not even that exists. And the other thing is the issue of migration, where integration is very poor. That is, the logistical overload of mass migration and the complete cultural overload of integration. And this topic is likely to destroy everything that we Saxons often like to love and want to say and represent to the outside world. „We are Germans. We have a long, centuries-old culture. We have built magnificent cities, we have invented things that are still used today because we are so smart. We are proud of ourselves. Yes, Luther translated the Bible here. Well, almost. Thuringia once belonged to Saxony.“ So that is a cultured people and we do not want to disappear like sugar in tea.

Milena Preradovic: I can understand that. Saxons are also very hardworking. There are a lot of Saxons living abroad, especially in Austria. And they are very hardworking people and very popular with employers, as far as I know. So, back to the politicians. I often get the impression that the citizen is the natural enemy of the professional politician. Do you understand that?

Antje Hermenau: No, not really. I myself have also been on the front line, so to speak, as a top candidate in election campaigns, and I don’t think that citizens don’t have the right to maintain a direct line with their politicians. Every now and then I have a desperado with me, and I also think „Oh God, now I have to listen to the soul-searching of this tormented soul for half an hour“. Sometimes it’s just part of the job. But at its core, I think it’s a representative democracy. We’ve understood that. So if you don’t have a direct mandate from your constituency, it’s more difficult to be in a party and detached from the voters who have elected you in the abstract via a party list. That’s why I’ve come to believe that we should only allow direct mandates and no more party mandates. So no more second votes.

Milena Preradovic: That would also make the members of parliament stronger in relation to the faction.

Antje Hermenau: The members of parliament are stronger in the factions, also in relation to the government. It also makes them more accountable to the electorate. They are also more accessible. They have to live in the constituency for which they are standing. I would also make that a condition. Then we would have a representative democracy worthy of the name.

Milena Preradovic: Wonderful closing words. Thank you very much, Antje Hermenau, for this very lively classification. It’s great that you were there. I already knew why I was looking forward to this conversation.

Antje Hermenau: Yes, you know, if we lose our sense of humor, then we no longer have any way of dealing with the things that are brought upon us.

Milena Preradovic: I always say: „Gallows humor can save lives“.

Antje Hermenau: That’s really true! So, thank you. You’re welcome. Bye.

Milena Preradovic: Well guys, what will the elections in East Germany bring? And will the wall go in the bin? It’s very exciting, as we’ve just heard. In Sweden, the wall has been thrown in the bin. The so-called right has been part of the government there since 2022. The result: a historic low in asylum applications. Not to mention the fact that a wall undemocratically thwarts the will of the voters. We really are living in interesting times. Have a good one. See you soon.

Beitrag teilen

6 Kommentare

  1. Gast

    Genauso wie 2021 offensichtlich war, dass die CDU nicht gewählt werden/gewinnen wollte und die Medien jeden Lacher entprechend negativ zu einem Skandal inszenierten, während die SPD hochgepusht wurde, genau ist jetzt unübersehbar die CDU der geplante Wahlsieger. Man erkennt es am Mainstream, denn der berichtet plötzlich entsprechend kritisch anderen Parteien gegenüber, was er früher niemals getan hätte. Also alles Plan.

    Und was ist die Schnittmenge aus BSW und CDU? Genau: Die Impf- und Maßnahmenkritik des BSW muss dann wohl leider, leider untern Tisch fallen. Übrig bleibt die ENTEIGNUNG.
    Und genau das ist im Sinne von Merzens Blackrocki und der Agenda.

    Etwas „Migrationskritik“ kann man sogar auch noch mit abfrühstücken, wenn man will, denn damit kann man unser aller digitale Total-Überwachung einführung.

    Es hat sich NICHTS geändert. Es läuft weiter nach Plan. Die nächste Gruppierung darf vordergründig an die Macht un ihren Baustein im Mosaik abliefern, wie es zuvor die Grünen durften.

    Antworten
  2. Kerstin Schubert

    Vielen Dank liebe Frau Preradovic und liebe Frau Hermanau für dieses tolle Gespräch!
    Es ist immer ein absolutes Highlight, Sie beide zu hören.
    In meinen Augen sind Sie die klügsten und menschlichsten Analystinnen unserer Zeit und haben einfach Schneid…
    Und es macht außerdem noch Spaß Ihnen zuzuhören- Sie bringen mich zum Lachen und das tut richtig gut…
    Alles Gute für Sie beide!
    🙂

    Antworten
  3. Paula Knackstedt

    Der Sarah Wagenbrett… trau ich nicht über den Weg.Die ist und bleibt eine subkutane Stalinistin und „Chanel“-Kommunistin.Wahrscheinlich mit dem Parteiauftrag,dass Überleben der Linkspartei zu organisieren . Frau Weidel ist nicht das alleinige Gesicht der AFD,ich denke,man tut da dem Herrn Gauland Unrecht…Er wäre ein guter Bundespräsident.Frau Preradovic,wo ist denn heute Ihr Hündchen.Ich vermisse das Bellen im Hintergrund.Ich möchte Ihnen noch meine Hochachtung für Ihre Arbeit ausdrücken.Ihr Podkast ist eine fester Bestandteil meiner pol. Kultur…machen Sie weiter so!

    Antworten
  4. Freigeist

    Danke, erfrischend angenehmes Interview. Das richtige für einen heißen Sommernachmittag in der Hängematte.

    Antworten
  5. G.Nau

    Neulich las ich einen interessanten Satz:
    „Der beste Weg um die Opposition zu kontrollieren ist, sie anzuführen!“

    Diese Stategie wurde tatsächlich bereits angewendet, wie man beim (gescheiterten) NPD – Verbot sehen konnte: Das Verfassungsgericht weigerte sich damals die Partei zu verbieten, weil sich herausgestellt hatte, dass mehrere Mitglieder des NPD – Vorstands Mitarbeiter des Verfassungsschutzes waren.

    Wenn ich jetzt an Björn Höcke denke, dann frage ich mich, ob ich hier wieder das Gleiche sehe wie damals bei der NPD. Ich meine – was wäre denn das Gesicht der AfD, wenn Höcke weg wäre? Das Gesicht der AfD wäre Alice Weidel – eine Frau mit dem Vornamen von Deutschlands bekanntester Feministin, die genau wie diese lesbisch ist und in einer eingetragenen homosexuellen Partnerschaft lebt. Das ist nicht nur nicht rechtsextrem – das ist noch nicht einmal konservativ, sondern liberal!
    Ohne Höcke wäre die AfD nur eine weitere liberale Partei (als ob wir davon nicht schon genug hätten).

    Ich habe den Verdacht, dass Björn Höcke ein falsches Spiel treibt.
    Bei Sarah Wagenknecht bin ich mir sicher…

    Antworten
    • .TS.

      Herzlichen Glückwunsch, sie haben nach über 10 Jahren kapiert wie diese nicht mehr ganz so neue Partei funktioniert. Und insbesondere im BRD-sozialisierten Westen des Landes ist die Herkunft aus dem CDU-FDP-dominierten Umfeld des letzten Jahrtausends bevor „sein Mädchen“ Erika antrat Grundlage und Kern der Blauen, nicht Altlast.

      In der früheren DDR ist nach 40-jähriger real existierender Sozialismuserfahrung das Mißtrauen in die Politik als auch das Bedürfnis nach nationaler Souveränität deutlich stärker ausgeprägt, daher ist man dort weniger der alten Konsensbehäbigkeit verhaftet und wagt mehr Aufbruch, auch wenn es aneckt.

      Und der „Bernd“ aus Thüringen ist vor allem ein massenmediales Zerrbild, wenn man ihn im Original hört ist er seiner west-BRD-lichen Herkunft deutlich näher als viele glauben, wünschen oder wahrhaben wollen.

      Und ganz ehrlich: Eine Korrektur zurück zu mehr Vernunft im Rahmen des „Systems“ entspricht dem was auch ein Großteil der altparteienvergrätzten Bevölkerung bevorzugt. Wer einen radikalen Umbruch will wird anderswo bedient, sollte sich aber mal Gedanken machen warum das trotz aller immensen Veränderungen weiterhin eine winzige Minderheitennische geblieben ist.

      Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert