Was ist mit der Jugend los? Ob Grundrechte, Impfdruck, Lockdowns oder rein politische Maßnahmen. Es waren und sind die Älteren, die aus Protest auf die Straße gehen, die sich kritisch engagieren. Die Jungen nehmen es vorwiegend hin. Gerade Studenten akzeptieren die Regeln von oben und hinterfragen nicht. Kommunikationswissenschaftler und Medienforscher Prof. Dr. Michael Meyen – Buch „Der dressierte Nachwuchs“ – ist überzeugt: Die Jugend wird mit Ideologie und Spaltung beschäftigt und von den wahren Problemen abgelenkt. Zum Beispiel der Eigentumsfrage. Und das werde bereits seit den 1960er Jahren vorbereitet…
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Interview mit Prof. Dr. Michael Meyen (deutsch)
Milena Preradovic: Mir ist es in der Coroner Zeit aufgefallen. Es waren vorwiegend die Älteren, die kritisch dachten, sich für Grundrechte engagierten und auf Demos gegen unwissenschaftliche Maßnahmen, Lockdowns und Impfdruck protestierten. Die Jungen, die haben eher brav und auch ängstlich alle Regeln befolgt, vor allem die Studenten. Das hat mich schon gewundert. Wo ist die jugendliche Rebellion geblieben? Was ist los mit der Jugend? Das fragt sich auch mein Gast. Und er ist überzeugt, sie wird mit Ideologie und Spaltung beschäftigt und so von den wahren Problemen abgelenkt. Wir sprechen über den dressierten Nachwuchs. Jetzt in Punkt Preradovic. Hallo Professor Dr. Michael Meyen, schön, dass du da bist.
Prof. Dr. Michael Meyen: Ja, vielen Dank für die Einladung.
Milena Preradovic: Ich stelle dich wie immer kurz vor. Du bist Kommunikationswissenschaftler und seit 2002 Professor beim Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung an der Ludwig Maximilian Universität in München. Du hast in den 90er Jahren selbst schon als Journalist gearbeitet, zum Beispiel beim Sender MDR Info und der Leipziger Volkszeitung und warst Lehrbeauftragter an den Unis Leipzig und Halle. Deine kritische Haltung gegenüber den Corona Maßnahmen und dem real existierenden Journalismus haben dir an deiner Uni viel Ärger eingebracht, weil du als Herausgeber in einer kritischen Zeitung standst, hast du als Disziplinarstrafe eine Gehaltskürzung bekommen. Letzte Stufe vor dem Rauswurf. Außerdem leitest du Kurse für angehende Journalisten und bist Autor einiger Bücher. Dein neuestes heißt „Der dressierte Nachwuchs. Was ist mit der Jugend los?“ Ich denke, diese Frage stellen sich viele Ältere. Was hat dich denn zum Schreiben dieses Buches überhaupt inspiriert?
Prof. Dr. Michael Meyen: Zum einen die Erfahrungen, die ich bei vielen Vorträgen gemacht habe. In der Regel saßen da Leute in meinem Alter und noch ein bisschen älter. Und hinterher haben wir dann gesprochen über die Kinder, und die haben das so ähnlich erlebt, wie ich es auch in meiner Familie erlebt habe, dass es Schwierigkeiten gab, schon vor Corona im Gespräch zwischen den Generationen, dass es gerade bei der Bewertung der Maßnahmen unterschiedliche Ansichten gab, das zum Teil Familien auseinandergebrochen sind. Und ich habe überlegt, ob ich da nicht als Medienforscher einen Beitrag leisten kann. Zumal ich mich selber gefragt habe, ob ich in der Erziehung Dinge falsch gemacht habe. Wie konnte es passieren, dass mein Sohn beim Bayerischen Rundfunk arbeitet?
Milena Preradovic: Aber die Jugend gibt es natürlich nicht. Wo sitzt denn dieser dressierte Nachwuchs? Ich nehme mal an, du meinst jetzt nicht den Jungbauern auf dem Land?
Prof. Dr. Michael Meyen: Genau den meine ich nicht. Ich beschäftige mich vor allen Dingen mit den Leuten, die letztlich über unser Leben bestimmen, weil sie an die Schaltstellen der Bewußtseinsindustrie schon gekommen sind oder langsam kommen. Damit kann man also Kultur, Medien, Politik, eigentlich alles, was irgendwie mit Ideologieproduktion zu tun hat, fassen. Ich spreche eher nicht über die ländliche Jugend, eher nicht Über die ostdeutsche Jugend, eher nicht über die Peripherie-Jugend. Man hat ja bei den Landtagswahlen jetzt in Sachsen und Thüringen gesehen, hat man ein bisschen auch schon bei der Europawahl gesehen, diese Trennlinien, die wir ja nicht nur zwischen Jung und Alt haben, die sieht man mittlerweile auf den Landkarten. Also Trennlinien zwischen Zentrum und Peripherie, Akademiker – Nicht-Akademiker und Ost-West.
Milena Preradovic: Also je mehr Bildung, desto dressierter?
Prof. Dr. Michael Meyen: Könnte man so sagen, weil einfach auch mehr Zeit gewesen ist, sich an die herrschende Rechtfertigungslehre anzupassen, man mehr Kurse gehabt hat, wo man mit der Argumentation vertraut gemacht worden ist und wo man vielleicht auch gelernt hat, dass das eigene Überleben davon abhängt, in der Ideologieproduktion Fuß zu fassen. Wenn ich jetzt in diesen Geistes- und Sozialwissenschaften studiert habe, dann kann ich ja nicht irgendwie Dach decken oder Blumen züchten oder irgendwas machen, womit man jenseits von Ideologie Geld verdienen könnte.
Milena Preradovic: Da musst du zum Staat oder in eine NGO gehen.
Prof. Dr. Michael Meyen: Das Interessante ist ja, wie die Hochschulquote in den letzten Jahren hochgedrückt worden ist. In meiner Jugend ging jeder Fünfte, jeder Sechste auf die Hochschule. Heute ist das mehr als jeder Zweite, ohne dass die Zahl der Positionen, auf denen man akademische Bildung braucht, weil man irgendwie vorausschauend denken muss, planen muss, irgendwelche Dinge machen muss, die längere Bildung voraussetzen, die Zahl dieser Stellen ist ja nicht gestiegen. Wir haben stattdessen sehr viele prekäre Projekte. Wir haben Leute, die auf halben oder 2/3 Stellen sind, die sich permanent neu bewerben müssen, damit sie die nächsten zwei, drei Jahre wieder überleben können.
Milena Preradovic: Und da ist es natürlich besser, man passt sich ein bisschen an. Du schreibst das Bildungssystem wurde seit den 1990 ern in Richtung Alternativlosigkeit, Auswendiglernen und Verhätschelung umgebaut. Was heißt das genau?
Prof. Dr. Michael Meyen: Mein Lieblingsbeispiel sind immer die Multiple Choice Klausuren, die es heute ab dem ersten Semestern in den Sozialwissenschaften gibt. Zumindest an meinem Institut. Bis auf meine Vorlesung gibt es keine Vorlesung, die am Ende des Semesters nicht mit einer Klausur daherkommt, in der Fragen stehen und drei oder vier Antwortmöglichkeiten mit der impliziten Botschaft, dass es nur eine Wahrheit gibt, vielleicht auch zwei. Manchmal sind auch 2/4 richtig. Aber es gibt auf jeden Fall eine Lösung. Der Dozent hat die Lösung und ich als Student muss eigentlich nicht mehr tun, außer Auswendiglernen an einem bestimmten Tag reproduzieren und dann wieder zu vergessen, dass ich selber Teil von Wissensproduktion bin, dass das ein Kampf ist, dass um Wahrheit gestritten und gerungen werden muss. Diese Idee geht verloren, wenn ich von vornherein eigentlich nur wie in der Schule, am besten da noch mit Lückentexten abgefragt werde. Das zieht sich letztlich durch durch das ganze Studium. Diese Idee von nicht mehr Teil des Meinungs- und Wissenskampfes zu sein. Ich habe jetzt ein Buch gelesen, das heißt „Generation Angst“ von Jonathan Haidt, einem US Sozialpsychologen. Der hat das in ganz schöne Begriffe gefasst, was ich an der Uni auch erlebt habe. Er meint, seine Studenten wären in den zehner Jahren vom Entdeckungsmodus „neugierig sein auf die Welt, neues lernen, im Zweifel auch mal scheitern können“, werden von diesem Entdeckungsmodus in einen Verteidigungsmodus übergegangen, geprägt von der Angst, bloß nichts falsch zu machen. Und das ist der Tod für jede Art von akademischem Studium.
Milena Preradovic: Und was ist jetzt das Verhätscheln?
Prof. Dr. Michael Meyen: Das Verhätscheln hat auch mit mit der Demografie zu tun. Die jüngeren Jahrgänge sind ja deutlich kleiner, als das unsere Geburtsjahrgänge waren. Wenn man Deutschland Ost und West zusammenzählt, gibt es zwischen 1961 und 1966 in jedem Jahrgang 1,3 Millionen und mehr Kinder. In den Jahrgängen 2005 bis 13 sind das unter 700.000. Wir haben dazu einen Wohlstandsschub. Wir haben also deutlich mehr Geld in den Familien und einfach auch mehr Leute, die älter werden und noch fit sind, habe ich in meiner eigenen Familie erlebt. Wir hatten zwei Kinder und neben den beiden Eltern noch vier Großeltern, die sich kümmern wollten. Und das führt dann zu diesem Verhätscheln. Bei meinem Sohn war das dann so, der hatte gar keine Wünsche mehr, wenn man gesagt hat: „Jetzt kommt wieder Weihnachten“. Der hatte alles. Es gab gar nicht die Idee, sich noch was wünschen zu können. Es gab letztlich auch nicht die Idee, dass sich nicht jemand kümmert, wenn ein Problem auftaucht. Wenn irgendein Problem in der Schule war, ich erinnere mich noch an einen Vortrag über Albanien, dann fing dann meine Frau an, über Enver Hodscha zu recherchieren und hat am Ende eine super Präsentation über Albanien gemacht. Und so haben wir letztlich unserem jüngeren Kind alle Schwierigkeiten aus dem Weg geräumt, bis hin zu der Möglichkeit, Kontakt zu Menschen zu bekommen, die mit den Händen arbeiten, weil ich habe in jeden Schulferien ab dem Alter von 14 habe ich drei Wochen gearbeitet, um mir Taschengeld zu verdienen.
Prof. Dr. Michael Meyen: In einer Akademikerfamilie, wo noch vier Großeltern da sind, die auch nicht reich sind, aber genug Geld hatten, da war das nicht mehr nötig, sich Taschengeld in den Ferien zu verdienen. Also da fehlt dann auch Kontakt zu Menschen, die anders leben müssen und deswegen auch eine andere Sicht auf die Welt entwickeln. Das ist auch ein Teil der Verhätschelung. Wenn man jetzt noch die etwas jüngeren Kohorten reinguckt, ich ich bedauere manchmal junge Eltern, die ja permanent beobachtet werden. Wenn man heute irgendwo mit dem Kinderwagen in so einer Gaststätte unterwegs ist oder auch in der Bahn, jeder weiß es besser und jeder sagt heute auch, dass er es besser weiß. Es ist nicht mehr so, dass das Eltern autonom sind, da gibt es so eine Art öffentliche Erziehung, die Eltern sagt was gut und richtig ist. Also man kann nicht mehr unbeobachtet Kinder erziehen. Ging irgendwann, ging irgendwann mit schwangeren Frauen los, die sich nicht mehr trauen konnten, in der Öffentlichkeit Alkohol zu trinken. Wobei man da natürlich sicherlich streiten kann, ob das nicht besser ist, wenn nicht mehr geraucht und getrunken wird, wenn man schwanger ist.
Milena Preradovic: Ja, okay, aber meine Mutter hat mich zum Beispiel früher immer mit den wirklich den gruseligsten aussehenden, ich hatte eine schlimme Schrift, Aufsätzen in die Schule gehen lassen. Die hat gesagt: „Mach du dein Ding, wirst schon sehen“. Ja, dann hab ich halt eins auf die Finger gekriegt. Aber verstehst du, das war diese Erfahrung, die ich gemacht habe.
Prof. Dr. Michael Meyen: Ja, ich habe die gleiche Erfahrung zu Hause gemacht. Meine Mutter war ja Lehrerin und da gab es auch wegen der schlechten Schrift gab es die so auf die Finger daheim, damit die Kollegen in der Schule nicht denken, dass sie nicht in der Lage ist, das eigene Kind zu erziehen und damit offenkundig dann ja auch die anderen. Aber gut, man macht das dann durch. Man man lernt, dass es Maßstäbe gibt, an denen man sich orientieren muss, dass man nicht vollkommen ist. Heutige Kinder bekommen permanent gesagt, wie großartig sie sind. Beginnt man mit diesen ganzen Intelligenztests mit der Idee, dass die Kinder was Einzigartiges sind. Und es hat natürlich auch mit unserer Lebenssituation zu tun.
Milena Preradovic: Es gibt so viele Hochbegabte.
Prof. Dr. Michael Meyen: Ein Kind ist heute anders als früher, eine bewusste Entscheidung ist eine Investition, ist mit Verzicht auf andere Wohlstandsgüter verbunden. Also investieren Eltern, dass das rauskommt, was sie sich vorgestellt haben, nämlich ein Kind, was irgendwann über unser Leben bestimmen kann, was mindestens einen tollen Hochschulabschluss hat, wenn nicht eine tolle Promotion mit US Eliteuniversität, Status und ähnlichen Dingen.
Milena Preradovic: Ich habe bei dir im Buch so ein nettes Beispiel gelesen. Da redest du von deinen eigenen Vorlesungen. Und du sagst, du gibst zum Beispiel ein interessantes Debattenthema aus, worüber man wirklich schön debattieren und streiten kann. Wie reagieren dann die Studenten?
Prof. Dr. Michael Meyen: Die sind in diesem Verteidigungsmodus, und das ist anders geworden seit den zehner Jahren. Und ich versuche mir das natürlich zu fragen, ob das an mir liegen könnte. Vielleicht ist mein Abstand zu der jungen Generation mittlerweile so groß, dass meine Probleme, meine Debattenthemen zu langweilig sind. Aber ich war jetzt froh, dass ich bei diesem US Kollegen ganz ähnliche Beobachtungen gefunden haben. Und er begründet das mit der mit der Erfahrung, den die jungen Leute auf den digitalen Plattformen machen. Junge Menschen zwischen 16 und 18 sind heute 64 Stunden pro Woche, heißt fast zehn Stunden am Tag auf den Plattformen. In der Zeit haben wir ja früher auch gelebt. Ich meine, mir war langweilig, oft als Kind. Ich erinnere mich an viele Stunden, wo ich irgendwie Passiencen gelegt habe, aber auch an viele Stunden, wo ich im Dorf mich mit anderen auseinandersetzen musste, wo man versuchen musste, in die Fußballmannschaft gewählt zu werden, nicht im Tor zu stehen, den Elfmeter schießen zu dürfen, also irgendwie Teil einer Gruppe zu sein. Einer Gruppe, die sich auch nicht verändert hat, die blieb über Jahre konstant. Da kamen natürlich neue Kinder dazu, aber letztlich blieb der Kern konstant. Man hat in dieser Zeit gelernt, mit anderen klarzukommen, hat gelernt, die vielen nonverbalen Signale zu lesen, die in Gruppen einfach zu lesen sind. Heute sind die Kinder, Jungs und Mädchen zehn Stunden am Tag auf diesen Plattformen, bekommen also eine ganz andere Art des Umgangs beigebracht. Internetkommunikation ist begrenzt. Ich habe Bilder oft heute KI generiert. Ich sehe bestimmte Dinge. Ich rieche bestimmte Dinge auch nicht, kann mich auch sofort ausklinken, wenn ich will. Ich kann mit einem Klick Gruppen verlassen, geht auf dem Dorf nicht. Die sind einfach am nächsten Tag noch da. Selbst wenn ich mich da ausklinken wollte. Und das führt zu einer völlig anderen Art von Verbindlichkeit im Umgang, auch zu einer anderen Art von Loyalität. Du hast ja nach meinen Erfahrungen als Seminarleiter gefragt.
Milena Preradovic: Also du hast da geschrieben: „die sagen dann nicht: „Oh, spannendes Thema, lass uns mal debattieren oder haben nicht Ideen“, sondern die sagen: „ja welchen Einfluss hat das auf die Benotung am Ende des Semesters?““
Prof. Dr. Michael Meyen: Das ist natürlich ein Punkt. Das ist eine Folge dieser Bolognareform, also letztlich der Formatierung des Bildungssystems, die dazu geführt hat, dass Noten wichtiger geworden sind als Inhalte. Die Frage nach der Note, nach den Kriterien für gute Noten steht in der ersten Stunde und wird permanent gestellt. Viel wichtiger als Streit um Inhalte ist also der Streit um Bewertungskriterien letztlich. Aber was ich halt auch spannend fand, ist, dass das kein Interesse mehr an Debatten steht, weil man gar nicht mehr dem Dozenten irgendwie folgen möchte, ihm seinen Wunsch nach einer Debatte erfüllen möchte. Das ist ja auch Loyalität und was man eigentlich lernt im Umgang mit Menschen. Selbst wenn das eine komische Idee sein sollte ich folge dem einfach mal muss man heute nicht mehr. Ich habe neulich hier in der Dorfkneipe ein schönes Beispiel gehört, jenseits der Universität. Ein Apotheker, der hat es geschafft, eine Abiturienten als Lehrling einzustellen. Abiturquote geht ja auch nach oben und man möchte eigentlich, dass die Kinder was Richtiges lernen, bevor sie sich dann entscheiden für ein Hochschulstudium. Der hat es geschafft, eine Abiturientin einzustellen. Nach vier Wochen sagte ihm diese junge Frau, sie könne nicht mehr weiter in dieser Lehre bleiben, weil sie acht Stunden am Tag nicht auf Instagram und Tiktok sein kann und jeden Tag Follower verliert.
Prof. Dr. Michael Meyen: Also auch da sieht man die Verschiebung von Loyalität. Die eigenen Menschen, der der Lehrmeister, der Ausbilder, das sind die, da hängen auch Eltern dran, die kennen sich ja irgendwie hier auf dem Lande, alle sind weniger wichtig als anonyme Follower. Wahrscheinlich unter irgendwelchen Akronymen. Also die sind wichtiger als die Menschen in der unmittelbaren Umgebung. Das erlebe ich halt auch in solchen Seminaren. Ich habe neulich versucht, eine Debatte über Cancel Culture anzustreben. Ich war mit den Studenten in einer Ausstellung. Da ging es um Zensur in den vergangenen Jahrhunderten, um Zensur in Russland natürlich um Zensur gegen LGBTQ in den USA. Und dann wurde das irgendwie schön gedreht in die Cancel Culture von heute mit dem Zusatz „Naja, ist doch super, dass wir heute weiter sind als die Generationen vor uns. Dass wir verstanden haben, bestimmte Sprachformeln, bestimmte Themen nicht mehr in der Öffentlichkeit zu verwenden“. Ich dachte schön, das nutze ich, um Cancel Culture und Zensur zu parallelisieren. Masterstudenten super Thema. Ich habe es zweimal versucht und ich habe beide Male diesen Verteidigungsmodus erlebt, „oh nee, Cancel Culture wollen wir jetzt nicht“, weil klar war, man hätte sich bekennen müssen, man hätte die eigenen Grundannahmen hinterfragen müssen. Man wäre vielleicht zu neuen Erkenntnissen oder wenigstens neuen Argumenten für das eigene Wissen gekommen oder für die eigene Annahme gekommen. Das wollte man nicht.
Milena Preradovic: Ja, es ist ja generell so, also diese Einschränkung der Debattenkultur, Cancel culture, das Ausgrenzen, Diffamieren anderer Meinungen, das scheint ja die Jungen gar nicht so besonders zu beunruhigen und die machen oft ja auch mit. Der Wissenschaftliche Bibliothekar Dr. Jochum, der hat mir erzählt, Studenten würden an Unis auch in Projekten Bücher nach unerwünschter Sprache und Meinung durchforsten. Das heißt, das ist ein ganz anderes Demokratieverständnis. Also wie verstehen die heute Demokratie, die so was tun?
Prof. Dr. Michael Meyen: Sie definieren, was gut und richtig ist und jede abweichende Meinung kann automatisch gecancelt werden. Ich habe ja schon gesprochen über Multiple Choice Klausuren und die Idee der Alternativlosigkeit, die dort eingeschrieben ist. Man kann in Schulen gucken, wo es Lückentexte gibt, wo man das richtige Wort einzusetzen hat. Man kann über die vielen moralisch aufgeladenen Themen diskutieren, die in den Schulunterricht kommen, aber auch in die Universität. Wir werden also als Dozenten regelmäßig aufgefordert, über Klima, Nachhaltigkeit zu reden, das in unsere Veranstaltung einzubauen. Geschlechtergerechtigkeit ist natürlich ein Thema, die Gendersprache ist ein Thema, was also permanent da ist. Also die Idee, dass es etwas gibt, was gut und richtig ist und unbedingt zu verteidigen ist, wird permanent auf der inhaltlichen, aber auch auf der formalen Ebene Prüfungsmodalitäten zum Beispiel an die Jugend herangetragen. Und dann haben wir halt diese Kanäle, die ja zugleich also Digitalplattformen, die ja zugleich Konformitätsmaschinen sind. Ich lerne dort sehr, sehr schnell, was funktioniert, und lerne auch, was nicht funktioniert. Kein Mensch möchte am digitalen Pranger stehen, kein Mensch möchte den digitalen Tod sterben. Und das ist in diese Jungs und Mädels eingeschrieben. Das haben die fast von der Muttermilch an mit aufgenommen, kann man sagen. Wir wissen ja, dass jeder zweite 10-jährige so ein Smartphone hat, viele sich unter falschen Altersangaben auf Tiktok, Insta usw anmelden, damit im Profil unterwegs sind und sehr genau registrieren, die feinen Schwingungen registrieren, die dazu führen, dass man ausgeschlossen wird. Also haben sie diese Art zu denken, „Es gibt etwas, was gut und richtig ist. Es ist gut, dem Mainstream zu folgen, weil ich dann nicht behelligt werde“. Das haben sie verinnerlicht und bringen das dann in die Universität ein und später natürlich ins Berufsleben. Wir haben das ja nicht nur an den Unis, nicht nur Studenten, die ja nicht nur in den Büchern schauen oder in den Literaturlisten schauen. Es gab an meinem Institut dann wirklich ernsthafte Anfragen, ob man Michael Meyen noch zitieren dürfe, ob das nicht die Hausarbeiten entwertet, wenn man einen umstrittenen Professor da zitiert.
Milena Preradovic: Schlechte Note wegen Michael Meyen?
Prof. Dr. Michael Meyen: Also das ist natürlich eine Folge dieses Denkens. Ich habe, es ist relativ selten auch in Vorlesungen erlebt, dass nach der Sitzung Studenten zu mir gekommen sind und gesagt haben: „Nicht, dass sie selber jetzt irgendwie sich angegriffen gefühlt haben, aber sie wüssten von Menschen im Saal, die wegen meinen fehlenden Gendern oder wegen Anmerkungen zu der CO2 Erzählung oder was auch immer, sie sich da angegriffen gefühlt hätten“. Passiert mir relativ selten, weil ich glaube, wenn ich selber im Saal stehe, anzufassen bin, eigentlich für jede Frage da bin, dann taucht das nicht so auf, wie ich es von anderen Dozenten gehört habe, die dann auch massiv angegriffen werden mit zum Teil Protesten im Hörsaal, also lautstarken Protesten. Aber es gab diese Nachfragen auch vereinzelt und die letztlich ja dazu führen, dass man die Schere im Kopf einsetzt, sich fragt: „okay, soll ich diese Geschichte über diese Geschlechtsumwandlungsidee wirklich erzählen? Oder bleibe ich einfach beim Stoff, mache dröge Theorie, lade das nicht mit aktuellen Beispielen auf?“
Milena Preradovic: Ja, und das haben sie zum Teil ja auch in der Zeit gelernt und die hatte ja viele Konsequenzen für die Jungen. Also laut einer US Studie hat sich die Hirnrinde von Jugendlichen, die in dieser Zeit aufwuchsen, schneller ausgedünnt, was das Risiko für psychische Erkrankungen wie Schizophrenie oder bipolare Störungen massiv erhöhte. Das schreibt die Welt. Was sind die Auswirkungen der Coronarzeit aus deiner Sicht, aus deiner Perspektive?
Prof. Dr. Michael Meyen: Gut, ich hatte Studenten, die kamen im sechsten Semester das erste Mal wieder unter Menschen. Die hatten fünf Semester Studentenleben auf 16 Quadratmeter erlebt. Ein Extremfall war ein Masterstudent, der für die mündliche Prüfung eigentlich nicht in die Uni kommen wollte. Ich habe gesagt: „das ist der letzte Akt in deinem Studium, das machen wir unter Menschen. Wir sitzen da zu dritt in einem Raum.“ Er hat sich dann ausgedungen, einen großen Saal zu bekommen, weil ihm mein Büro 22 Quadratmeter zu klein war. Hat dieses diesen großen Raum desinfiziert vor unserer Prüfung. Ich habe es dann mitbekommen, als ich pünktlich zur Zeit drin war und er da schon eine Stunde zugange war, gelüftet hatte, alles desinfiziert hatte. Und er konnte in der ersten halben Stunde dieser Prüfung eigentlich nicht vernünftig reden, weil er das gar nicht mehr gewöhnt war, mit Leuten zu reden. Er war also die ganze Zeit zu Hause gewesen. Das macht was mit den Leuten. Bei diesen Studien, die Gehirnrinde messen, bin ich auch immer ein bisschen skeptisch. Aber wir sollten uns immer vor Augen halten, wie unsere Jugend im Vergleich zu der Jugend heute gewesen ist. Was es auch macht, wenn man einfach weil es nicht anders geht, mit anderen Ansichten, mit anderen Lebensverläufen konfrontiert wird. Weil die in der Wirklichkeit da sind. Auf den Plattformen kann ich mich unter meinesgleichen bewegen, da muss ich nicht raus, muss mich nicht auseinandersetzen mit Dingen. Ich bin auch immer im Hier und Jetzt gefesselt. Kein Wunder, dass Geschichte verschwindet, dass Tradition verschwindet, weil die Plattformen jede Sekunde was haben, was es so noch nie gegeben hat. Und darüber wird dann diskutiert. Gestern stürzte irgendwie diese Brücke in Dresden ein und ich war dann ja in Berlin zur Buchpremiere. Und da war das natürlich ein Thema. Man man muss nicht mehr über vergangene Welten reden, man muss sich nicht mehr mit früheren Generationen auseinandersetzen, weil auf den Plattformen permanent Dinge passieren, die so spannend sind, dass wir den Rest vergessen. Das macht sicherlich was mit dem Gehirn. Klar.
Milena Preradovic: Ja, die Aufmerksamkeitsspanne lässt ja auch enorm nach. Ich habe bei dir gelesen und das deckt sich mit Erzählungen von Freunden, dass auch die Schulbücher immer einfacher geschrieben werden, also viel einfacher als zu unserer Zeit.
Prof. Dr. Michael Meyen: Gut, wenn man ein bisschen zurückgeht und das ist ja, wenn man 50 Jahre zurückschaut, ist ja nicht so viel, da haben wir eine Hochschulabsolventenquote von fünf oder 6 %, Fünf oder 6 % eines Jahrgangs bekommen ein oft ja eine Promotion, weil es Magister und Dilpom erst ab den 60er langsam gibt. Also 5 % gehen an eine Universität und beenden das Studium. Wenn wir heute 50 % haben und mal davon ausgehen, dass wir in diesen 50 Jahren keinen Begabungssprung bekommen haben, dann ist anzunehmen, dass das Niveau des Studenten gesunken ist. Auf der anderen Seite erleben wir, dass das Notenniveau immer weiter steigt.
Milena Preradovic: Die Ansprüche sind runtergegangen?
Prof. Dr. Michael Meyen: Ansprüche sind runtergegangen. Die jungen Menschen hören permanent, dass sie was Besonderes sind, weil sie ja selten sind, weil sie verhätschelt werden. Darüber haben wir gesprochen, das hören sie permanent und wollen es dann auch in der Benotung sehen. Und selbst bei Wikipedia gibt es halt einen Eintrag zur Noteninflation. Wikipedia ist ja sozusagen das Schaufenster der aktuellen Rechtfertigungslehre. Da kann ich immer nachlesen, worauf sich die Macht gerade geeinigt hat. Wenn das da schon steht, dann ist das offenbar ein ernstes Problem. Also wir haben sehr viel mehr Studenten, sehr viel mehr Abiturienten und trotzdem sehr viel bessere Noten. Kann am Ende nicht dazu führen, dass junge Menschen sagen: „Ich muss mich quälen, ich muss was tun, damit ich besser werde“. Gibt es natürlich immer noch. Wir müssen ja immer aufpassen, dass wir nicht zu sehr verallgemeinern. Gibt immer noch junge Leute, die sagen, ich richte mich nach den Allerbesten und will selber zu denen gehören und quäle mich. Aber es ist nicht unbedingt mehr nötig, um eine gute Note an der Uni zu bekommen. Da muss ich auch mich selber immer wieder hinterfragen, weil ich ja weiß, wo die Grenze ist, bei der der Stress beginnt. Die ist in meinem Fach schon bei 1,7 bis 2,0, also je nach Student bei 2,0 fangen die Debatten an. Also bei 1,3 ist man auf der sicheren Seite, da gibt es keine Nachfragen. Bei 1,7 einzelne Studenten, die sich sicher für sehr gut halten, kommen schon und fragen nach. Bei 2,0 oder 2,3 gehen die Debatten los. Und dann überlegt man als Dozent „Ist es mir das wert oder mache ich nicht 1,7, obwohl es eigentlich eine drei null ist?“
Milena Preradovic: Ja, also ich glaube, die wahren Intellektuellen finden wir demnächst tatsächlich unter den Handwerkern. Da muss ich sagen, das waren auch die Vernünftigen in der Corona-Zeit aus meiner Sicht der Dinge, die ich mit denen ich da zu tun hatte.
Prof. Dr. Michael Meyen: Ein Handwerker, der ist in vielen Erfahrungsbereichen unterwegs, der muss natürlich sein Handwerk können, der muss Personal führen können, der muss abrechnen können, der muss Angebote machen können, damit er überhaupt Aufträge bekommt. Also der ist in sehr vielen Feldern unterwegs, kann sehr viele unterschiedliche Wissensbestände zusammenführen. Während jetzt so ein Sozialwissenschaftler, der kann eine Sache, der kann Studien konzipieren, vielleicht kann er Tabellen lesen, Statistiken machen, aber mehr kann er nicht richtig.
Milena Preradovic: Gerade so ein Handwerker auf dem Land ist viel pragmatischer und logisch denkender. Meine persönliche Erfahrung, also anekdotische Evidenz, würde die Spiegel stellvertretende Chefredakteurin Mel Amann sagen.
Prof. Dr. Michael Meyen: Da würde sie sich rausklicken.
Milena Preradovic: Ja, das hat sie nämlich Ulrich Wickert vorgeworfen bei Maischberger, weil der Frauen erzählt hat, die Angst auf der Straße hätten in Hamburg, am Jungfernstieg. Worüber auch die Medien häufig berichtet haben. Aber Frau Amann kannte das nicht. Ja, du hast ja zusammen mit deiner Frau auch eine eigene Journalistenschule gegründet, die Freie Akademie für Medien und Journalismus. Wie sind denn da eure Erfahrungen mit der jungen Generation? Das sind ja eigentlich junge Leute, die ein etwas anderes, eine andere Ausbildung haben wollen, eine etwas kritischere.
Prof. Dr. Michael Meyen: Ja, letztlich war das sogar der Anstoß, dieses Buch zu schreiben. Wir haben gedacht, wir. Wir arbeiten mit jungen Leuten. Wer sich bei uns bewirbt, der wird nicht die Idee haben, zur Süddeutschen oder zum Spiegel zu Frau Amann zu wollen. Sondern der wird politisch aufgeklärt sein. Also wird diese Einflussfaktoren aus dem Erziehungssystem abgestreift haben, wird sich auch nicht mehr auf die vielen freien Stellen bewerben wollen, die jetzt durch den Abgang der Babyboomer irgendwie irgendwie da sind, sondern wird genau zu uns passen. Und wir haben gelernt, auch da sind junge Leute, auch da drehen sich junge Leute um sich selbst. Auch da gibt es Einflüsse, die offenbar jenseits von Ideologie und Erziehungssystemen laufen. Und da bin ich dann auf die Digitallogik gekommen, weil mir das zu erklären scheint, warum sich auch politisch aufgeklärte, aufgeweckte junge Leute um sich selbst drehen.
Milena Preradovic: Was sind denn die Erfahrungen? Mal ganz praktisch gesagt.
Prof. Dr. Michael Meyen: Na, wir hatten zum Beispiel den für mich besten Buchdesigner im Land für einen Tagesseminar zu uns eingeladen und ich dachte super, da können die mit jemandem diskutieren, der weiß, wie man Inhalt und Form verbindet, wie man es schafft, Leute zu erreichen, die mit Schrift und vielleicht auch mit Video nicht zu erreichen sind. Aber über ein Superplakat oder über ein super Buchcover zu erreichen sind. Dann saßen wir mit diesem Buch Designer in einer Gaststätte, haben uns unterhalten und die jungen Leute spielten Karten oder kamen zu spät, haben die Pause überzogen, haben sich überhaupt nicht interessiert. Ich dachte, das ist ein Goldangebot, da kriegt man jemanden mal so einen ganzen Tag frei Haus. Einzelne haben das gemacht, haben das genutzt. War schwierig. Kommasetzung war so ein Thema. Da muss man sich quälen, wenn man das in der Schule nicht gelernt hat. Ich finde, wenn ein Text die Kommas nicht an der richtigen Stelle hat, mag ich ihn nicht lesen, weil ich denke, wenn sich da keine Mühe gegeben wird, dann ist der Rest auch mit Vorsicht zu genießen. Aber dann hieß es nur „ja mit den Kommas. Ich lese Texte auch ganz gern 2 bis 3 Mal bis ich es verstanden habe, muss ich mich jetzt nicht kümmern“. Da fehlte also bei 20 bis 22-jährigen die Bereitschaft, besser werden zu wollen. Und das ist immer mit Quälerei verbunden.
Milena Preradovic: Haben denn alle durchgehalten überhaupt bei dem Kurs?
Prof. Dr. Michael Meyen: Ja. Wir haben in diesem Jahrgang mit zwölf angefangen und haben am Ende fünf gehabt, die alle Übungen gemacht haben. Ein bisschen mehr an Leuten, die alle alle Präsenzkurse besucht haben, haben gute Erfahrungen. Wir haben Leute, die jetzt in den freien Medien unterwegs sind, da super Recherchen machen. Mein Lieblingsstudent ist der Hakon von Holst, der eine großartige Sache gemacht hat zur Kündigung von Konten bei Systemen.
Milena Preradovic: Den kenne ich auch.
Prof. Dr. Michael Meyen: Dann hat er was jetzt zu Bargeld gemacht. Auch gerade wieder zu Berlin. Fahrscheine, die man nicht mehr mit Bargeld in den Bussen und Bahnen da kaufen kann. Also da gibt es schon schon Erfolge, wenn man so will. Aber die Lehre war letztlich, dass wir Alt und Jung mischen sollten und nicht mehr voraussetzen, dass die Leute ein Jahr dabeibleiben. Wir machen jetzt Kurse auch noch mit der gleichen Anzahl von Leuten, wo 18 bis 70 jährige zusammenkommen. Und das funktioniert super, weil da die die Grenzen zwischen den Generationen verschwinden, weil die Alten so Sekundärtugenden würde ich sagen, einbringen, Pünktlichkeit, Verbindlichkeit, Loyalität. Und die Jungen können einfach Sachen erzählen, die die Alten oft noch nicht gehört haben, weil in den Familien das Gespräch zwischen den Generationen abgebrochen worden ist.
Milena Preradovic: Du hast ja in deinem Buch noch eine weitere Ebene, eine viel tiefere Ebene. Jetzt haben wir viel über die Jugend gesprochen, aber du sagst, dieser dressierte Nachwuchs ist lange geplant. Also von wem und warum?
Prof. Dr. Michael Meyen: Die Grundidee ist, dass jede Macht, jede Regierungsform darauf aus sein muss, die Jugend zu gewinnen. Die Jugend ist gefährlich. Die Jugend hat noch ein sehr, sehr langes Leben vor sich und wird sich nur ungern in Verhältnisse einfinden, mit denen sie unzufrieden ist. Also muss ich versuchen, die Jugend zu gewinnen. Das haben die Nationalsozialisten gemacht. Ich habe es für den Medienbereich natürlich untersucht. Man muss sich mal anschauen, wie alt die Chefredakteure waren, wie alt die Minister waren, Joseph Goebbels, Leni Riefenstahl, die die Köpfe der NS Propaganda sind, Anfang 30, Mitte 30, als sie in Spitzenpositionen kommen. Ich habe es mir für die DDR angeschaut. DDR lässt eine ganze Generation, die Aufbaugeneration, um 30 bis 35 geboren, in den Fünfzigern in Spitzenpositionen aufsteigen. Und die zahlen zurück mit Loyalität. Es gibt immer so eine Formel Karriere gegen Dankbarkeit. Also hat man in den Sechzigern als auch in westlichen Ländern die Jugend aufbegehrt hat gegen den Vietnamkrieg protestiert, hat gegen Rassentrennung in den USA protestiert hat. In Frankreich und in Italien kommunistische Parteien gewählt hat, in 20-30 % Ausmaß. Das ist bedrohlich für die wenigen, denen fast alles gehört. Also hat man überlegt, ich muss eine Rechtfertigungslehre, eine Ideologie entwickeln, die die Jugend bindet, die der Jugend suggeriert „Ihr seid fortschrittlich, ihr kämpft für das Gute“, sie aber ablenkt von der Eigentumsfrage. Und das hat 50, 60 Jahre gedauert. Und wenn man überlegt, wann, wann ist dieser Genderstern endgültig in die akademische Sprache, auch in die Sprache der öffentlich rechtlichen Anstalten eingezogen? Wann saß Greta Thunberg das erste Mal freitags da in Schweden vor dem Parlament? Das dauert 50 Jahre, bis ich all das, was in den 60 ern entwickelt wird, was wir heute als Identitätspolitik kennen, als CO2 Erzählung, da findet man in den 60er Jahren die Anfänge. Also insofern glaube ich, dass wir es auch noch mit einer langen Strecke zu tun haben. Wir müssen also einen langen Weg gehen. Es wird nicht von heute auf morgen funktionieren die Jugend wieder zurückzugewinnen und auf andere Ideen zu bringen als die, denen sie im Moment hinterherlaufen.
Milena Preradovic: Aber habe ich das richtig verstanden? Also wurde von den Herrschenden eine neue Linke geschaffen, die im Gegensatz zur alten die Herrschaftsverhältnisse nicht in Frage stellt?
Prof. Dr. Michael Meyen: Ja, die Herrschenden können wir hier sogar noch sehr konkret benennen. Das ist der US Sicherheitsapparat. Ist ja gut belegt für die Frühgeschichte der CIA. Es gab in den 70er so eine Kommission, die das alles dokumentiert hat. Daher wissen wir, dass die CIA über den Kongress für kulturelle Freiheit alles aus der Bewusstseinsindustrie gefördert hat, bis hin zu Kunst. Also vieles von dem, was man im Westen für fortschrittliche Malerei, Musik usw gehalten hat, war als Gegengift gegen den sozialistischen Realismus, überhaupt gegen die Verlockungen des Moskauer Systems konzipiert worden, ist groß gemacht worden, weil man in den Redaktionen Leute hatte, in den großen Ausstellungshallen Leute hatte, weil man dafür sorgen konnte, dass bestimmte Künstler und ihre Ausdrucksformen zum Weltstandard gemacht wurden und dann halt eher in Richtung abstrakte Malerei ist man da gegangen usw. Also wir kennen das alles. Wir wissen, dass die CIA schon in den 50er, 60er, das wissen wir aus diesem großartigen Buch von Talbot „Schachbrett des Teufels“, wissen wir, dass das in jeder Redaktion Leute saßen, die entsprechend gesteuert werden konnten. Also von daher kann man das mit den Herrschern hier noch sehr, sehr viel konkreter machen. Wenn man das dann über die lange Linie verfolgt und heute sieht, wie aus dem, was zum Beispiel der Club of Rome ab den frühen Siebzigern propagiert hat, Grenzen des Wachstums, Umweltzerstörung, der Mensch als Feind der Menschheit, wie daraus dann in der Verfeinerung die Klimaerzählung gemacht worden ist, die uns heute Verzicht abverlangt, die heute von uns verlangt, uns einzuschränken. All das, was frühere Generationen toll fanden mein Haus, mein Auto, mein Motorboot usw, das ja nicht mehr akzeptabel ist. Auch die Kreuzfahrtreise ist ja in der Erzählung nicht mehr akzeptabel. Was machen junge Leute, wenn sie all das nicht mehr all das nicht mehr bekommen können?
Milena Preradovic: Ja, es ist eh eine Frage, was machen die eigentlich, was für Ziele können die noch haben? All diese Ziele, die wir hatten jetzt eine Familie, ein bisschen Wohlstand, vielleicht ein Häuschen auf dem Land oder eine schöne Wohnung, Reisen, Auto. Ist ja alles kaputt gemacht worden also als Ziel von dieser ganzen Erzählung, von dieser Ideologie. Leiden die auch ein bisschen an Ziellosigkeit?
Prof. Dr. Michael Meyen: Ich glaube, die, die ganz Jungen haben sehr konkret gelitten. Die haben unter der Politik gelitten, die ja nicht nur in der Universität zu beobachten war, sondern auch in der Schule. Die leiden letztlich durch die Aussicht, wieder Uniform anziehen zu müssen, vielleicht sogar an die Front zu müssen. Die sehen auch bei den etwas Älteren, dass sich Konformität nur bedingt auszahlt. Man lebt ja nicht so toll in diesen ganzen Bewusstseinsjobs. Wir haben ja schon drüber gesprochen, dass es eher befristete Verträge sind, eher kleine Bezahlungen, die permanente Angst rauszufallen, moralisch aufzufallen und am digitalen Pranger zu stehen. Das ist alles keine tolle Aussicht, was meiner Meinung nach die Wahlergebnisse erklärt, die wir im Juni 24 bei Europa erlebt haben, die wir jetzt in Thüringen und Sachsen erlebt haben. Junge Leute, die plötzlich konservativ rechts wählen, nachdem über Jahre hinweg die Grünen bei den entsprechenden Studien und auch an der Wahlurne in dieser Alterskohorte sehr gut abgeschnitten haben. Auf der anderen Seite hat es die Großindustrie, haben es die Konzerne auch zum Beispiel Finanzindustrie, private Equities usw gelernt, dass sie Dinge, die die Welt nicht braucht über diesen neuen Sinn, Nachhaltigkeit, Gleichberechtigung, kein Rassismus usw, dass sie auf diese Weise begabte junge Leute für Jobs begeistern können, die sie eigentlich lieber nicht machen sollten, wenn sie tatsächlich daran interessiert wären, dass die Welt in irgendeiner Weise besser wird.
Prof. Dr. Michael Meyen: Also das Kapital hat sehr dankbar diese Rechtfertigungslehre aufgenommen, weil es natürlich viel billiger ist, einen Regenbogen auf die Webseite zu malen, als einen ordentlichen Tarifvertrag zu machen, als Gewerkschaften im eigenen Haus zu fördern, als echte Mitbestimmung zum Beispiel zuzulassen. Und interessant finde ich, dass all die Elemente dieser neuen Rechtfertigungslehre ja Konsens sind. Es wird ja keinen Menschen geben, der sagt: „die Frauen sollen zu Hause bleiben, behandelt die Frauen schlechter, Schlagt die Menschen, die aus einem anderen Milieu kommen, aus einem anderen Hintergrund kommen, eine andere Hautfarbe haben. Wir wollen in dreckigen Städten leben. Kippt euren Müll wieder in die Flüsse“. Das wird ja kein Mensch sagen. Nur deshalb funktioniert die Moralisierung. Nur deshalb funktioniert dieser Pranger, den wir auf den digitalen Plattformen erleben, weil es das, was verlangt wird, ja eigentlich längst Konsens ist, von Leuten erkämpft, die so alt sind wie wir.
Milena Preradovic: Also ist das eigentlich pure Ablenkung alles von den wahren Problemen?
Prof. Dr. Michael Meyen: Ist Ablenkung. Wie wir gesagt haben man muss die Energie der Jugend so binden und sie so lenken, dass sie nicht gefährlich werden kann, dass die Eigentumsfrage nicht gestellt wird. Als ich noch in München gewohnt habe, hätte man ja eigentlich jeden Tag schreien mögen, wenn man selber 2.000 € Miete im Monat zahlt. Und andere besitzen ganze Straßenzüge. Das kann ja irgendwie nicht okay sein. Trotzdem gibt es keine Massendemos gegen diese Dinge. Trotzdem sagen die Leute: „Ist okay“. Scheint ja irgendwie so normal zu sein, dass manche Milliardenvermögen anhäufen und andere nicht wissen, wie sie morgen ihren Einkaufswagen da bezahlen sollen an der Supermarktkasse.
Milena Preradovic: Und das alles wird ja durch die sozialen Plattformen, du hast es ja gerade selbst gesagt, natürlich erheblich unterstützt, zum Teil ja auch überhaupt erst richtig ausgelöst. Gehört das Internet auch zu dieser Rechtfertigungslehre? Ist das auch ein Projekt der Herrschenden oder ist das pure Fantasie?
Prof. Dr. Michael Meyen: Kommunikationskanal und Botschaft passen zusammen wie die Faust aufs Auge. Wir haben einen Kommunikationskanal, der nach der Logik eins und null funktioniert. Eins und null und nichts dazwischen. Der funktioniert nach einer Moralisierungslogik, wenn ich Erfolg haben will, auf X, tiktok, Instagram, dann muss ich klar bekennen, was ich für gut halte und was ich für böse halte. Außerdem produzieren diese Kanäle Konformität, wie wir schon gesagt haben. Wir haben auf der anderen Seite eine Rechtfertigungslehre. Das ist mein Begriff für Ideologie. Eine Rechtfertigungslehre, die ja relativ platt ist. „Intellektuelle Barrierefreiheit“, sagt Alexander Wendt, der bei Tichys Einblick arbeitet. Ich muss jetzt nicht viel lesen, um die Idee von letzter Generation Black Lives Matter Identitätspolitik zu verstehen gegenüber dem, was sagen wir in den Sechzigern an Universitäten diskutiert wurde, noch bei mir in den Achtzigern. Ich erinnere mich noch an die Kapitalkurse, waren anderthalb Stunden, da haben wir zwei Seiten geschafft von diesem Buch und haben es immer noch nicht verstanden gehabt. Heute, da reicht mir ein Fünf-Minuten Podcast, um zu verstehen, was letzte Generation umtreibt und auf die Straßen zum Kleben bringt.
Milena Preradovic: Ja, genau. Sie werden ja auch mit Argumenten immer gefüttert. Also das heißt, Sie müssen sich auch nicht selber bemühen eigentlich, oder?
Prof. Dr. Michael Meyen: Gibt gar nicht so viele Argumente. Also ist ja relativ klar: Wer CO2 produziert, bringt uns in den Hitzetod. Also ist CO2 schlecht, Kreuzfahrt schlecht, Fleischessen schlecht, Autofahren schlecht usw.
Milena Preradovic: UNd jeder der was anderes sagt, ist ein Verschwörungstheoretiker, ein Rechtsradikaler. So einfach ist es geworden, oder?
Prof. Dr. Michael Meyen: Und ich kann mich auch auf die Straße kleben und kann auch den Lastwagenfahrer daran hindern sein Geld zu verdienen, weil der ist in fünf Jahren eh tot, wenn wir alle verbrannt sind.
Milena Preradovic: Ja schön, das ist Dystopie statt Utopie. Das ist das Motto der neuen Jugend. Am Ende des Buches schreibst du, dass viele Menschen nach deinen Vorträgen sagen: „Jetzt ist aber genug mit der Analyse, jetzt müssen wir ins Handeln kommen“. Und das lese ich auch häufig unter meinen Videos. Was antwortest du?
Prof. Dr. Michael Meyen: Ja, wir sind ungeduldig. Wenn meine Beobachtung stimmt und die Leute in meinen Vorträgen eher 50 und älter sind, dann ist der Lebenshorizont begrenzt. Und der Wunsch, noch selbst die Veränderungen zu erleben, die man gerne hätte, ist natürlich groß. Ich sage dann immer, es hat seit den Sechzigern gedauert, um in diesen Zustand zu kommen, und wir haben eine lange Strecke vor uns. Wir sollten also uns gesund halten, uns mit denen Menschen umgeben, die uns gut tun, damit wir möglichst alt werden und die Wahrscheinlichkeit steigt, dass wir diese Dinge noch erleben.
Milena Preradovic: Ja, aber es ist ja auch nicht gesagt, dass das jetzt hier endet und ab hier der Umkehrprozess läuft. Also ich glaube, wenn für mich kommt es so ein bisschen so vor, dass das Ziel schon auch noch ist, die Freiheit des Einzelnen weiter einzuschränken. Also uns weiter mundtot zu machen und den Bürger immer mehr unter Kontrolle zu bringen. Und das eigentlich weltweit. Ja, wenn die UNO selber in der Agenda 2030 sagt, sie strebt eigentlich eine ein Global government, eine globale Regierung an, weil die Probleme der Welt sonst nicht zu lösen sind, dann ist das ja das Ende selbst der Fassadendemokratie.
Prof. Dr. Michael Meyen: Ja, wir können es auf der großen Ebene beobachten. Wir sehen es auch auf der kleinen Ebene. Kurz bevor wir gesprochen haben, ist bekannt geworden, dass der bayerische Verfassungsschutz die Berliner Zeitung und den Freitag negativ erwähnt hat wegen Russlandberichterstattung. Das heißt für einen Beamten wie mich, dass ich eigentlich für beide Zeitungen nicht mehr schreiben kann.
Milena Preradovic: Glaube bei der Berliner Zeitung haben Sie es korrigiert.
Prof. Dr. Michael Meyen: Haben Sie es korrigiert? Aber letztlich ist das natürlich ein Versuch, wieder das Zensurregime noch eine Schraube weiter zu drehen, sobald man in einem dieser Papiere auftaucht. Oder die Organisation, mit der man vielleicht was machen will, in einem dieser Papiere auftaucht, ist das für bestimmte Personengruppen verbrannt. Geht nicht mehr. Also da sehen wir es im Kleinen. Also von daher ist die Diagnose richtig. Es wird weitergehen. Wir sind noch längst nicht am Boden angekommen. Einer meiner Lieblingsautoren, den ich auch in diesem Buch wieder verwende, ist Vaclav Havel mit dem Buch „Versuch, in der Wahrheit zu leben“. Der glaubte sich Ende der 70er schon am Tiefpunkt angekommen in der Tschechoslowakei damals. Und es hat dann noch mal zehn Jahre gedauert, bis es soweit war, bis die Leute endgültig genug hatten und bis dieser Wechsel möglich war, der aus ihm ja einen Präsidenten gemacht hat. Also wenn wir heute analysieren, alles schon ziemlich dramatisch, dann wird das noch viel dramatischer werden müssen, bis es zu Änderungen kommt.
Milena Preradovic: Ja, mit diesen hoffnungsfrohen Worten, es wird ein langer Weg… Vielen Dank, Michael, für dieses wirklich interessante Gespräch und auch dein Buch, das mir sehr viele Fragen beantwortet hat. Also ich glaube, das wird auf anderen Leuten Fragen beantworten, gerade was die Jugend angeht. Danke, dass du da warst.
Prof. Dr. Michael Meyen: Ja, danke, dass ich mit dir sprechen durfte, aber immer gerne.
Milena Preradovic: Tja Leute, dieser dressierte ge- und verbildete Nachwuchs fängt gerade an, wir haben es besprochen, die wichtigen Posten zu übernehmen. Ja, vor allem beim Staat und bei staatsnahen Institutionen. Das ist kein gutes Zeichen für Freiheit und Demokratie. Umso wichtiger, dass wir kritisch und aufmerksam bleiben. Und vor allem: Wir müssen laut bleiben. Wir dürfen uns nicht ducken und ansonsten auch mal einfach abschalten und Spaß haben. Ich wünsche euch eine gute Zeit. Bis bald.
Interview with Prof. Dr. Michael Meyen (english)
Milena Preradovic: I noticed it during the coronavirus period. It was mainly the older generation who thought critically, stood up for fundamental rights and protested at demonstrations against unscientific measures, lockdowns and pressure to get vaccinated. The young people, on the other hand, tended to follow all the rules obediently and anxiously, especially the students. That surprised me. Where is the youthful rebellion? What is wrong with the youth? My guest also wonders that. And he is convinced that they are preoccupied with ideology and division and thus distracted from the real problems. We are talking about the trained offspring. Now in point Preradovic. Hello Professor Dr. Michael Meyen, nice to have you here.
Prof. Dr. Michael Meyen: Yes, thank you for the invitation.
Milena Preradovic: As always, I will briefly introduce you. You are a communication scientist and have been a professor at the Institute for Communication Science and Media Research at the Ludwig Maximilian University in Munich since 2002. In the 1990s, you yourself worked as a journalist, for example at the MDR Info radio station and the Leipziger Volkszeitung newspaper, and you were a lecturer at the universities of Leipzig and Halle. Your critical attitude towards the Corona measures and the real existing journalism have earned you a lot of trouble at your university, because you were the editor of a critical newspaper, you received a salary cut as a disciplinary penalty. Last step before being fired. You also teach courses for aspiring journalists and are the author of several books. Your latest book is called „The Trained Young Generation. What’s Wrong with Young People?“ I think many older people are asking themselves this question. What inspired you to write this book in the first place?
Prof. Dr. Michael Meyen: On the one hand, the experiences I have had during many lectures. Usually, people my age and a bit older were sitting there. And afterwards, we talked about our children, and they had similar experiences to mine in my family, that there were difficulties, even before Corona, in the conversation between the generations, that there were different views, especially in the evaluation of the measures, that families partly broke up because of them. And I thought about whether I, as a media researcher, could make a contribution. Especially since I myself wondered whether I did things wrong in raising him. How did it happen that my son works at Bayerischer Rundfunk?
Milena Preradovic: But of course there is no such thing as the youth. Where is this trained offspring to be found? I assume you don’t mean the young farmers in the countryside?
Prof. Dr. Michael Meyen: That’s exactly who I don’t mean. I am mainly concerned with the people who ultimately determine our lives because they have already come to the control centers of the consciousness industry or are slowly coming. So that includes culture, media, politics, actually everything that somehow has to do with the production of ideology. I tend not to talk about rural youth, not about East German youth, not about peripheral youth. We have seen from the recent state elections in Saxony and Thuringia, and to some extent from the European elections, that these dividing lines, which we have not only between young and old, can now be seen on maps. That is, dividing lines between center and periphery, academics and non-academics, and east and west.
Milena Preradovic: So the more education, the more trained?
Prof. Dr. Michael Meyen: You could say that, because there was simply more time to adapt to the prevailing doctrine of justification, there were more courses where you were familiarized with the argumentation and where you might have learned that your own survival depends on gaining a foothold in the production of ideology. If I have studied in these humanities and social sciences, then I can’t just go and work on the roof or grow flowers or do something that could make money outside of ideology.
Milena Preradovic: You have to go to the state or an NGO.
Prof. Dr. Michael Meyen: What is interesting is how the university quota has been pushed up in recent years. In my youth, one in five or six went to university. Today, it’s more than one in two, without the number of positions that require academic training because you have to think ahead somehow, plan, do things that require longer education, the number of these positions has not increased. Instead, we have a lot of precarious projects. We have people who are in part-time or two-thirds positions who have to constantly reapply so that they can survive the next two or three years.
Milena Preradovic: And of course it’s better to adapt a little. You write that the education system has been rebuilt since the 1990s in the direction of lack of alternatives, rote learning and coddling. What does that mean exactly?
Prof. Dr. Michael Meyen: My favorite example is always the multiple-choice exams that are now used in the social sciences from the first semester onwards. At least at my institute. Except for my lecture, there is no lecture that does not end the semester with an exam that contains questions and three or four possible answers with the implicit message that there is only one truth, maybe two. Sometimes two out of four are correct. But there is definitely a solution. The lecturer has the solution and I, as a student, don’t really have to do more than reproduce by heart on a certain day and then forget again that I myself am part of the production of knowledge, that it is a struggle, that truth must be argued and fought for. This idea is lost if I am only questioned from the outset, as in school, preferably with cloze texts. Ultimately, this runs through the whole course of study. This idea of no longer being part of the battle of opinions and knowledge. I have now read a book called „Generation Angst“ by Jonathan Haidt, a US social psychologist. He has put into very nice terms what I have also experienced at the university. He says that his students, who in the 1990s were still in the discovery mode of „being curious about the world, learning new things, and being able to fail if necessary,“ have moved from this discovery mode to a defense mode characterized by the fear of merely not doing something wrong. And that is the death of any kind of academic study.
Milena Preradovic: And what is coddling?
Prof. Dr. Michael Meyen: Coddling also has to do with demographics. The younger age groups are significantly smaller than our birth cohorts were. If you add up eastern and western Germany, there were 1.3 million or more children in each year between 1961 and 1966. In the years from 2005 to 13, there were fewer than 700,000. We also have a prosperity boost. So there is significantly more money in families and, quite simply, more people who are getting older and are still fit, as I have experienced in my own family. We had two children and, in addition to the two parents, four grandparents who wanted to take care of them. And that leads to this pampering. It was the same with my son: he no longer had any wishes when you said, „Now it’s Christmas again.“ He had everything. It didn’t even occur to him that he could still have wishes. Ultimately, it also didn’t occur to him that someone wouldn’t take care of him if a problem arose. If there was any kind of problem at school – I still remember a lecture about Albania – my wife would start researching Enver Hodscha and ended up doing a great presentation about Albania. And so, in the end, we cleared all the difficulties out of the way for our younger child, right down to the possibility of getting in touch with people who work with their hands, because I worked for three weeks during every school vacation from the age of 14 to earn pocket money.
Prof. Dr. Michael Meyen: In an academic family, where there are still four grandparents who are not rich either, but had enough money, it was no longer necessary to earn pocket money during the holidays. So then there is also a lack of contact with people who have to live differently and therefore also develop a different view of the world. That is also part of the pampering. If you look at the slightly younger cohorts, I sometimes feel sorry for young parents, who are constantly being watched. If you go somewhere with a stroller in a restaurant or on the train, everyone knows better and everyone says today that they know better. It is no longer the case that parents are autonomous; there is a kind of public education that tells parents what is good and right. So you can no longer raise children unobserved. It happened at some point, pregnant women went out who no longer dared to drink alcohol in public. Although of course you can certainly argue whether it’s not better if you don’t smoke and drink when you’re pregnant.
Milena Preradovic: Yes, okay, but my mother, for example, always made me go to school with the really scariest-looking, I had a bad handwriting, essays. She said, „Do your thing, you’ll see.“ Yes, then I just got one on the fingers. But you understand, that was the experience I had.
Prof. Dr. Michael Meyen: Yes, I had the same experience at home. My mother was a teacher and because of her poor handwriting, she was also given a telling off at home so that colleagues at school would not think that she was not able to educate her own child and obviously then the others as well. But well, you go through that. You learn that there are standards to which you have to orient yourself, that you are not perfect. Today’s children are constantly being told how great they are. Do all these intelligence tests start with the idea that children are unique? And of course it also has to do with our life situation.
Milena Preradovic: There are so many highly gifted people.
Prof. Dr. Michael Meyen: A child today is different from children in the past. A conscious decision is an investment, and it involves doing without other material goods. So parents invest in order to get what they have in mind, namely a child who can determine our lives at some point, who has at least a great college degree, if not a great doctorate with an elite US university, status and similar things.
Milena Preradovic: I read a nice example in your book. You talk about your own lectures. And you say that you give an interesting topic for debate, for example, which is really nice to debate and argue about. How do the students react then?
Prof. Dr. Michael Meyen: They are in this defense mode, and that has changed since the 2010s. And of course I try to ask myself whether it could be because of me. Maybe my distance to the young generation is now so great that my problems, my debate topics, are too boring. But I was glad that I had found very similar observations in this US colleague. And he explains this with the experience that young people have on the digital platforms. Young people between the ages of 16 and 18 today are on the platforms 64 hours a week, which is almost ten hours a day. We used to live in that time as well. I mean, I was often bored as a child. I remember spending hours playing solitaire, but also many hours dealing with others in the village, where you had to try to be elected to the football team, not to be in the goal, to be allowed to take the penalty, in other words, to somehow be part of a group. A group that hasn’t changed either, it remained constant for years. Of course, new kids joined, but ultimately the core remained constant. During that time, you learned to get along with others, learned to read the many non-verbal signals that are easy to read in groups. Today, children, boys and girls, are on these platforms ten hours a day, so they are taught a completely different way of interacting. Internet communication is limited. I often have AI-generated images today. I see certain things. I don’t smell certain things either, and I can opt out immediately if I want. I can leave groups with a single click, which is not possible in the village. They’re still there the next day, even if I wanted to opt out. And that leads to a completely different kind of commitment in dealing with each other, and to a different kind of loyalty. You asked about my experiences as a seminar leader.
Milena Preradovic: So you wrote: „They don’t say, ‚Oh, exciting topic, let’s debate it or don’t have ideas,‘ but they say, ‚Yes, what influence does it have on the grading at the end of the semester?'“
Prof. Dr. Michael Meyen: That is of course one point. It is a consequence of the Bologna reform, ultimately the formatting of the education system, which has led to grades becoming more important than content. The question of grades, of the criteria for good grades, is raised in the first hour and is constantly asked. So ultimately the dispute about assessment criteria is much more important than the dispute about content. But what I also found interesting is that there is no longer any interest in debate, because people no longer want to follow the lecturer in some way, to fulfill his desire for a debate. That’s also loyalty and what you actually learn in dealing with people. Even if it’s a strange idea, I just follow it, you don’t have to do that anymore. I recently heard a nice example here in the village pub, outside of the university. A pharmacist who managed to hire a high school graduate as an apprentice. The high school graduation rate is going up, and people actually want their children to learn something useful before they decide to go to college. He managed to hire a high school graduate. After four weeks, this young woman told him that she couldn’t continue the apprenticeship because she couldn’t be on Instagram and Tiktok for eight hours a day and was losing followers every day.
Prof. Dr. Michael Meyen: So here, too, you can see the shift in loyalty. Your own people, the teacher, the trainer, these are the ones that parents are attached to, too, they somehow know each other here in the countryside, all of them are less important than anonymous followers. Probably under some kind of acronym. So they are more important than the people in their immediate environment. I also experience that in such seminars. Recently, I tried to start a debate about cancel culture. I was with students at an exhibition. It was about censorship in past centuries, about censorship in Russia, of course, about censorship against LGBTQ people in the United States. And then it was somehow nicely twisted into today’s cancel culture with the addition, „Well, it’s great that we’re further along today than the generations before us. That we have understood not to use certain language formulas, certain topics in public anymore.“ I thought, great, I’ll use that to parallelize cancel culture and censorship. Master’s students, great topic. I tried it twice and both times I experienced this defensive mode, „oh no, we don’t want cancel culture now,“ because it was clear that one would have had to commit, one would have had to question one’s own basic assumptions. Perhaps they would have come to new insights or at least new arguments for their own knowledge or their own assumptions. They didn’t want that.
Milena Preradovic: Yes, it’s generally the case that this restriction of the culture of debate, cancel culture, the exclusion, defamation of other opinions, doesn’t seem to particularly worry young people, and they often go along with it. The academic librarian Dr. Jochum told me that students at universities also scour books for undesirable language and opinions in projects. That is, this is a completely different understanding of democracy. So how do they understand democracy today, those who do such things?
Prof. Dr. Michael Meyen: They define what is good and right and any dissenting opinion can be automatically canceled. I have already spoken about multiple-choice exams and the idea of there being no alternatives, which is inscribed there. You can see in schools where there are cloze tests where you have to insert the right word. You can discuss the many morally charged topics that come up in school lessons, but also at university. As lecturers, we are regularly asked to talk about climate and sustainability and incorporate these topics into our courses. Gender equality is of course a topic, gender language is a topic, so it is constantly present. So the idea that there is something that is good and right and must be defended is constantly being conveyed to young people in terms of content, but also in terms of form – examination modalities, for example. And then we have these channels, which are also digital platforms, which are also conformity machines. I learn very, very quickly what works there, and I also learn what doesn’t work. Nobody wants to be in the digital pillory, nobody wants to die digital death. And that is written into these boys and girls. You could say that they have absorbed it almost from their mother’s milk. We know that every second 10-year-old has a smartphone, many sign up for Tiktok, Insta, etc. under false age statements, use them in their profiles and register very precisely, register the fine vibrations that lead to being excluded. So they have this way of thinking, „There is something that is good and right. It’s good to follow the mainstream because then I won’t be bothered.“ They have internalized this and then bring it into the university and later, of course, into their professional lives. We don’t just have this at the universities, not only students, who don’t just look at the books or at the lists of literature. At my institute, there were really serious questions as to whether one could still quote Michael Meyen, whether it would devalue the term papers if one quoted a controversial professor.
Milena Preradovic: Bad grade because of Michael Meyen?
Prof. Dr. Michael Meyen: Well, that is of course a consequence of this way of thinking. I have experienced, relatively rarely even in lectures, that after the session students came to me and said, „Not that they themselves felt somehow attacked, but they knew of people in the room who felt attacked because of my lack of gender or because of comments on the CO2 narrative or whatever.“ It happens relatively rarely to me because I believe that when I’m in the room, I’m approachable and actually there for every question. It doesn’t come up as much as I’ve heard from other lecturers, who are then also massively attacked, sometimes with protests in the lecture hall, so loud protests. But there were also isolated questions, which ultimately lead to you using the scissors in your head, asking yourself: „Okay, should I really tell this story about this gender reassignment idea? Or do I just stick to the material, do boring theory, not load it with current examples?“
Milena Preradovic: Yes, and that’s partly what they learned in the period and it had many consequences for young people. So, according to a US study, the cerebral cortex of young people who grew up during this period thinned out more quickly, which massively increased the risk of mental illnesses such as schizophrenia or bipolar disorders. That’s what the world writes. What are the effects of the coronary period from your point of view, from your perspective?
Prof. Dr. Michael Meyen: Well, I had students who didn’t come into contact with people again until their sixth semester. They had experienced five semesters of student life in a 16-square-meter room. One extreme case was a master’s student who actually didn’t want to come to the university for the oral exam. I said, „this is the last act in your studies, we’ll do it in front of people. There are three of us sitting in a room.“ He then decided to get a large hall because my office of 22 square meters was too small for him. He disinfected this large room before our exam. I then noticed that he had been there for an hour, ventilating and disinfecting everything. And he actually couldn’t talk properly for the first half hour of this exam because he wasn’t used to talking to people anymore. So he had been at home the whole time. That does something to people. I am always a bit skeptical about these studies that measure the cerebral cortex. But we should always bear in mind how our youth was compared to today’s youth. Whatever it is, when you are simply confronted with different views and different life experiences because there is no other way, because that’s the reality. On the platforms, I can move among my own kind, I don’t have to go out, I don’t have to deal with things. I’m always tied up in the here and now. No wonder history is disappearing, that tradition is disappearing, because the platforms have something every second that has never existed before. And that’s what people discuss. Yesterday, that bridge in Dresden somehow collapsed and I was in Berlin for the book launch. And of course that was a topic of conversation. You no longer have to talk about past worlds, you no longer have to deal with earlier generations, because things are constantly happening on the platforms that are so exciting that we forget the rest. That certainly does something to the brain. Sure.
Milena Preradovic: Yes, attention spans are also decreasing enormously. I have read from you and this coincides with stories from friends that school books are also being written in an increasingly simpler way, much simpler than in our time.
Prof. Dr. Michael Meyen: Well, if you go back a bit and that’s if you look back 50 years, there’s not so much, we have a university graduate rate of five or 6%, five or 6% of a year group often get a doctorate because the Magister and Dilpom only started to be offered in the 60s. So 5% go to university and finish their studies. If we now have 50% and assume that we have not seen a leap in aptitude in these 50 years, then we can assume that the standard of students has fallen. On the other hand, we are seeing that grades are continuing to rise.
Milena Preradovic: So standards have fallen?
Prof. Dr. Michael Meyen: Expectations have gone down. Young people are constantly being told that they are special because they are rare and are being pampered. We have talked about this, they hear it all the time and then they want to see it in the grades. And even Wikipedia has an entry about grade inflation. Wikipedia is, so to speak, the shop window of the current doctrine of justification. I can always read there what the powers that be have just agreed on. If it’s already there, then it’s obviously a serious problem. So we have many more students, many more high school graduates and yet much better grades. Can’t it lead to young people saying, „I have to torture myself, I have to do something to get better“? Of course it still exists. We always have to be careful not to generalize too much. There are still young people who say, „I’m going by the very best and I want to be one of them, so I’m torturing myself.“ But it’s not absolutely necessary to get a good grade at university. I also have to keep questioning myself, because I know where the line is where the stress begins. In my subject, that’s already between 1.7 and 2.0, so depending on the student, the debates start at 2.0. So at 1.3 you’re on the safe side, there are no questions. At 1.7, individual students who certainly consider themselves very good come and ask. At 2.0 or 2.3, the debates start. And then you as a lecturer think to yourself, „Is it worth it to me or should I not give a 1.7 even though it’s actually a 3.0?“
Milena Preradovic: Yes, well, I think we’ll actually find the true intellectuals among the tradespeople in the near future. I have to say that, from my point of view, they were also the sensible ones during the coronavirus pandemic, the ones I dealt with.
Prof. Dr. Michael Meyen: A craftsman is involved in many areas of experience. Of course, they have to be able to do their job, they have to be able to manage staff, they have to be able to bill, they have to be able to make offers so that they get orders at all. So they are involved in a great many fields and can combine a wide range of different types of knowledge. Whereas a social scientist can do one thing, they can design studies, maybe they can read tables, do statistics, but that’s about it.
Milena Preradovic: A tradesman in the countryside is much more pragmatic and logical. My personal experience, so anecdotal evidence, would say the Spiegel deputy editor-in-chief Mel Amann.
Prof. Dr. Michael Meyen: She would just click her way out of it.
Milena Preradovic: Yes, she accused Ulrich Wickert of that on Maischberger, because he told women who were afraid on the streets of Hamburg, on the Jungfernstieg. Which the media also reported on frequently. But Ms. Amann didn’t know that. Yes, you and your wife also founded your own journalism school, the Free Academy for Media and Journalism. What are your experiences with the young generation there? These are actually young people who want a slightly different, a different education, a slightly more critical one.
Prof. Dr. Michael Meyen: Yes, ultimately that was even the impetus to write this book. We thought, we. We work with young people. Those who apply to us will not have the idea of wanting to go to Ms. Amann at Süddeutsche or Spiegel. Rather, they will be politically enlightened. So they will have shed these influencing factors from the education system, and will no longer want to apply for the many vacancies that are now somehow there due to the departure of the baby boomers, but will be a perfect fit for us. And we have learned that there are young people out there who also think only of themselves. There are influences at work that seem to be beyond ideology and education systems. And that’s when I came across digital logic, because it seems to explain why even politically enlightened, bright young people think only of themselves.
Milena Preradovic: What are the experiences then? To put it very practically.
Prof. Dr. Michael Meyen: Well, for example, we invited the best book designer in the country to a one-day seminar and I thought, great, they can discuss with someone who knows how to combine content and form, how to reach people who can’t be reached with writing and maybe with video. But can be reached with a great poster or a great book cover. Then we sat with this book designer in a restaurant, talked and the young people played cards or were late, overstayed their break, weren’t interested at all. I thought, this is a godsend, you can get someone like that for a whole day for free. A few people did that, took advantage of it. It was difficult. Comma placement was one of those topics. You have to struggle with it if you haven’t learned it in school. I find that if a text doesn’t have commas in the right place, I don’t want to read it because I think if no effort has been made there, then the rest should be taken with a pinch of salt. But then it was just „yes with the commas. I also like to read texts 2 or 3 times until I understand them, I don’t have to worry about it now.“ So the willingness to want to get better was lacking in 20 to 22-year-olds. And that is always associated with torment.
Milena Preradovic: Did everyone persevere at all in the course?
Prof. Dr. Michael Meyen: Yes. We started with twelve in this year and in the end we had five who did all the exercises. A few more people who attended all the face-to-face classes had good experiences. We have people who are now working in the free media doing great research. My favorite student is Hakon von Holst, who did a great job of closing accounts in systems.
Milena Preradovic: I know him too.
Prof. Dr. Michael Meyen: Then he did something about cash. Also in Berlin. Tickets that you can no longer buy with cash on buses and trains. So there have been some successes, if you will. But the lesson learned was that we should mix young and old and no longer require people to stay for a year. We now also run courses with the same number of people, where 18 to 70-year-olds come together. And that works great because the boundaries between the generations disappear because the old ones, I would say, bring in secondary virtues, punctuality, commitment, loyalty. And the young ones can simply tell stories that the old ones often haven’t heard because the conversation between the generations has been broken off in families.
Milena Preradovic: In your book, you have another level, a much deeper level. We have talked a lot about youth, but you say that this trained offspring is planned long in advance. So by whom and why?
Prof. Dr. Michael Meyen: The basic idea is that every power, every form of government must seek to win over the youth. Youth is dangerous. Youth still has a very, very long life ahead of them and will be reluctant to accept conditions with which they are dissatisfied. So I have to try to win over the youth. That’s what the Nazis did. I have examined this for the media sector, of course. You have to look at how old the editors-in-chief were, how old the ministers were, Joseph Goebbels, Leni Riefenstahl, who are the heads of Nazi propaganda, in their early to mid-30s when they reach top positions. I looked at it for the GDR. In the GDR, a whole generation, the „building generation“, born in their 30s to 40s, rose to top positions in their 50s. And they repaid with loyalty. There is always a kind of formula of career in return for gratitude. So in the 60s, when young people in Western countries also rebelled against the Vietnam War and protested against racial segregation in the USA, In France and Italy, they voted for the communist parties, to the extent of 20-30%. This is threatening for the few who own almost everything. So they thought, I have to develop a doctrine of justification, an ideology that binds the youth, that suggests to the youth „You are progressive, you fight for the good“, but distracts them from the question of ownership. And that took 50 or 60 years. And when you think about when this gender star finally found its way into academic language, and into the language of public broadcasters, when was Greta Thunberg sitting in front of parliament in Sweden for the first time on Fridays? It will take 50 years until I see all the developments that took place in the 60s, what we now know as identity politics, as a CO2 narrative, the beginnings of which can be found in the 60s. So in that respect, I believe that we still have a long way to go. We have a long way to go. It won’t work overnight to win back the youth and to give them ideas other than those they are pursuing at the moment.
Milena Preradovic: But have I understood that right? So a new left was created by those in power, which, in contrast to the old one, does not question the power relations?
Prof. Dr. Michael Meyen: Yes, we can even name the rulers here very specifically. It is the US security apparatus. This is well documented for the early history of the CIA. There was a commission in the 70s that documented all of this. That’s how we know that the CIA, through the Congress for Cultural Freedom, funded everything from the consciousness industry, right down to art. So much of what was considered progressive painting, music, etc. in the West was conceived as an antidote to socialist realism, to the temptations of the Moscow system in general, was made big, because you had people on the editorial boards, in the big exhibition halls, because you could make sure that certain artists and their forms of expression were made the world standard, and then you went more in the direction of abstract painting, etc. So we know all this. We know that the CIA was already in the 50s, 60s, we know that from this great book by Talbot „Schachbrett des Teufels“, we know that there were people sitting in every editorial office who could be controlled accordingly. So from that point of view, you can make it much, much more concrete with the rulers here. If you then follow this over the long term and see today how, for example, the Club of Rome’s propaganda from the early seventies onwards, limits to growth, environmental destruction, man as the enemy of humanity, how the climate narrative was then refined from this, which demands renunciation from us today, which demands that we restrict ourselves. Everything that previous generations thought was great – my house, my car, my motorboat, etc. – is no longer acceptable. Even a cruise is no longer acceptable in the narrative. What do young people do when they can no longer get all that?
Milena Preradovic: Yes, it’s a question of what they actually do, what goals they can still have. All the goals we had: a family, a bit of prosperity, maybe a house in the country or a nice apartment, traveling, a car. All that has been destroyed as a goal of this whole narrative, of this ideology. Do they also suffer a bit from a lack of direction?
Prof. Dr. Michael Meyen: I think the very young have suffered very concretely. They have suffered from the politics that could be observed not only at the university but also at school. Ultimately, they suffer from the prospect of having to put on a uniform again, maybe even having to go to the front. They also see among the slightly older generation that conformity only pays off to a limited extent. You don’t live that great in all these consciousness jobs. We’ve already talked about the fact that it’s more likely to be temporary contracts, more likely to be small payments, the constant fear of falling out, morally standing out and being in the digital pillory. None of this is a great prospect, which, in my opinion, explains the election results that we experienced in Europe on June 24 and that we have now experienced in Thuringia and Saxony. Young people who suddenly vote for the far right after years of the Greens doing very well in the relevant studies and also at the ballot box in this age cohort. On the other hand, big industry, corporations, for example in the financial industry, private equities, etc., have also learned that they can use things that the world doesn’t need, such as this new sense of purpose, sustainability, equality, no racism, etc., to get talented young people excited about jobs that they’d actually rather not do if they were actually interested in making the world a better place in some way.
Prof. Dr. Michael Meyen: Well, big business has been very grateful for this doctrine of justification because it is, of course, much cheaper to paint a rainbow on a website than to make a decent collective agreement, to promote trade unions in your own company, than to allow real co-determination, for example. And I find it interesting that all the elements of this new doctrine of justification are indeed consensus. There won’t be anyone saying, „Women should stay at home,“ or „Treat women worse,“ or „Beat people who come from a different background, have a different skin color.“ We want to live in dirty cities. Throw your garbage back into the rivers. No one will say that. That’s the only reason why this moralization works. The only reason this pillorying we’re seeing on digital platforms works is because what’s being demanded has actually been a consensus for a long time, fought for by people our age.
Milena Preradovic: So it’s actually pure distraction from the real issues?
Prof. Dr. Michael Meyen: It’s a distraction. As we said, you have to bind the energy of the youth and direct it so that it can’t become dangerous, so that the question of property is not asked. When I still lived in Munich, you really wanted to scream every day when you pay €2,000 a month in rent yourself. And others own entire streets. That can’t be okay somehow. Nevertheless, there are no mass demonstrations against these things. Nevertheless, people say: „It’s okay.“ Somehow it seems so normal that some accumulate billions in wealth and others don’t know how they’re going to pay for their shopping tomorrow.
Milena Preradovic: And all of this is, of course, greatly supported by social platforms, as you just said yourself, and in some cases it’s only really been triggered by them. Does the internet also belong to this doctrine of justification? Is that also a project of those in power or is it pure fantasy?
Prof. Dr. Michael Meyen: Communication channel and message go together like chalk and cheese. We have a communication channel that works according to the logic of one and zero. One and zero and nothing in between. It works according to a moralizing logic: if I want to be successful on X, tiktok, Instagram, then I have to clearly profess what I consider good and what I consider evil. Besides, these channels produce conformity, as we have already said. On the other hand, we have a doctrine of justification. That’s my term for ideology. A doctrine of justification, which is relatively flat. „Intellectual accessibility,“ says Alexander Wendt, who works at Tichy’s Insight. I don’t have to read much now to understand the idea of last generation Black Lives Matter identity politics in contrast to what was discussed, say, in the sixties at universities, or even in the eighties with me. I still remember the capital courses, which lasted an hour and a half, we managed two pages of this book and still hadn’t understood it. Today, a five-minute podcast is enough for me to understand what is driving the last generation and getting them out on the streets.
Milena Preradovic: Yes, exactly. They are always fed arguments. So that means you don’t have to make any effort yourself, do you?
Prof. Dr. Michael Meyen: There aren’t that many arguments. So it’s relatively clear: anyone who produces CO2 will kill us with heat. So CO2 is bad, cruises are bad, eating meat is bad, driving is bad, etc.
Milena Preradovic: And anyone who says otherwise is a conspiracy theorist, a right-wing radical. It’s become that simple, hasn’t it?
Prof. Dr. Michael Meyen: And I can also stick myself to the street and prevent the truck driver from earning his money, because he’ll be dead in five years anyway when we’re all burnt to death.
Milena Preradovic: Yes, that’s dystopia instead of utopia. That’s the motto of the new youth. At the end of the book, you write that many people say after your lectures: „But now is enough with the analysis, now we have to get into action“. And I also read that often under my videos. What do you answer?
Prof. Dr. Michael Meyen: Yes, we are impatient. If my observation is correct and the people in my lectures are more likely to be 50 and older, then their life horizon is limited. And of course, the desire to still experience the changes that one would like to see is great. I always say that it has taken since the sixties to get to this state, and we have a long way to go. So we should keep ourselves healthy, surround ourselves with people who are good for us, so that we live as long as possible and increase the likelihood that we will still experience these things.
Milena Preradovic: Yes, but it’s not a given that it ends here and the reversal process starts from here. Well, I think that for me it seems a bit like the goal is also to further restrict the freedom of the individual. So to further gag us and to bring the citizen more and more under control. And that actually worldwide. Yes, when the UN itself says in Agenda 2030 that it is actually striving for a one global government, a global government, because otherwise the world’s problems cannot be solved, then that is the end of even the facade democracy.
Prof. Dr. Michael Meyen: Yes, we can see it on a large scale. We also see it on a small scale. Shortly before we spoke, it became known that the Bavarian Office for the Protection of the Constitution had mentioned the Berliner Zeitung and the Freitag negatively because of their coverage of Russia. For a civil servant like me, this means that I can no longer write for either newspaper.
Milena Preradovic: I think you corrected it with the Berliner Zeitung.
Prof. Dr. Michael Meyen: Have you corrected it? But ultimately, of course, this is an attempt to tighten the censorship regime even further as soon as you appear in one of these papers. Or the organization with which you might want to do something appears in one of these papers, it is burned for certain groups of people. It doesn’t work anymore. So there we see it on a small scale. So from that point of view the diagnosis is correct. It will continue. We are still far from hitting rock bottom. One of my favorite authors, whose work I use again in this book, is Vaclav Havel with the book „Attempts to Live in the Truth“. He thought he had already hit rock bottom in Czechoslovakia at the end of the 70s. And then it took another ten years before people finally had enough and before this change was possible, which made him president. So if we analyze today, everything is already quite dramatic, then it will have to become much more dramatic before there are any changes.
Milena Preradovic: Yes, with these hopeful words, it will take a long time… Thank you, Michael, for this really interesting conversation and also for your book, which answered a lot of questions for me. I think it will answer questions for other people, especially when it comes to young people. Thanks for being here.
Prof. Dr. Michael Meyen: Yes, thank you for having me, but always happy to be here.
Milena Preradovic: Well guys, as we discussed, this trained and educated young generation is just starting to take over the important posts. Yes, especially in the state and in state-related institutions. That is not a good sign for freedom and democracy. It is all the more important that we remain critical and attentive. And above all: we must remain loud. We must not cower and just switch off and have fun. I wish you a good time. See you soon.
ich halte Herrn Meyen für einen feinen und anständigen Menschen. Das reicht als Kommentar.
Das Gejammer der Professoren über die „Jugend von heute“ kannte man schon in der Antike. Das ist unfair, denn die Studenten sind ja nur in die Welt hineingewachsen, welche die Professoren gebaut hatten! Warend die „68er“ wirklich bessere Studenten, oder ist nicht die „Klimakleberei“ von heute nur die Hightech-Version der Sitzstreiks von damals?
Es gibt allerdings einen Umstand, der erwähnenswert gewesen wäre:
Was den Menschen von der Erkenntnis trennt, ist sein Ego. Das Ego filtert von allen Informationen nur die heraus, die es als nützlich für unser Vorankommen erachtet. Solange unsere Hormone auf „paare und mehre dich“ eingestellt sind, blockiert dies Informationen, die uns im Kampf um Fortpflanzung zurückwerfen würden und deshalb wollen die Studenten von Professor Meyen keine Vorträge über Cancel-Culture hören. Was sollen sie mit einer Information anfangen, die direkt ins gesellschaftliche Abseits führt?
Wer also nach Erkenntnis strebt braucht erstens Geduld und er muss weiterhin bestrebt sein, sein Ego zu überwinden. Dies ist auch die Lehre in äutoritären Gesellschaften, aber wir leben seit 1949 in einer liberalen Gesellschaft. Der Liberalismus rät aber den Menschen, sich selbst zu verwirklichen, also ihr Ego zu stärken anstatt es zu überwinden. Dieser Weg führt weg von der Erkenntnis und sperrt das Individuum in einer „bubble“ ein, die ein Micro-Universum für sich ist und keinen Zusammenhang zur Außenwelt hat.
Wer Bildung will, der muss auch ein autoritäres System wollen, denn der Liberalismus ist per se bildungsfeindlich!
Wer sich sich selber nicht in ein übergeordnetes System einordnet, der kann auch keine Aussagen treffen, die außerhalb seiner „bubble“ Gültigkeit haben. Ich unterstütze deshalb das Kalifat…
Sehr witzig…
Traurigerweise glaube ich allerdings, daß die jungen Menschen mit ihrer schlechten Bildung und Erziehung die verwöhnt und verzärtelt sind und ja nichts dafür können- da gebe ich Ihnen Recht- in Ihrem Leben bald merken werden, wie die Wirtschaft erodiert und sie aber ein heftiges Erbe mit Staatsschulden und einer katastrophalen Alterssstruktur übernehmen werden während junge Menschen aus anderen Teilen der Welt an ihnen vorbeiziehen werden…
@Kerstin Schubert
Ja, das werden sie!
Ich hörte bereits in den 90ern von einem amerikanischen Gastprofessor im Seminar für Pädagogik, dass in den USA die asiatischen Schüler bereits die amerikanischen Schüler abgehängt hatten und alle Bildungswettbewerbe – z.B den berüchtigten Buchstabierwettbewerb „speeling bee“ – gewannen. Er führte dies darauf zurück, dass die asiatischen Schüler eine Verpflichtung spürten, ihrer Familie und der Gesellschaft, die ihnen das Studium ermöglicht hat, etwas zurückzugeben, während die amerikanischen Jugendlichen alles nur für sich selber täten und konsequenterweise sich nicht allzusehr anstrengten sondern versuchten, cool auszusehen.
Er berichtete außerdem, dass in den schwarzen Wohngegenden die Lehrer sich teilweise nicht mehr mit ihren Schülern verständigen konnten, weil diese nur die Sprache ihrer Subkultur sprachen und nicht verstanden, was der Lehrer von ihnen wollte. Auf diesen Zustand steuern wir ja auch gerade zu, weil wir die Bildung von Subkulturen zulassen.
Wie Sie richtig erkannt haben, bin ich eigentlich nicht für das Kalifat, sondern wollte mal zum Nachdenken anregen, wie es denn nun weitergehen soll. Bei uns werden nur die Nachteile eines autoritären Systems benannt und die Vorteile werden verschwiegen. Umgekehrt werden vom Liberalismus nur die Vorteile und nicht seine Nachteile genannt. Dieses (politische) Dogma gilt es zu überwinden wenn wir nicht komplett den Bach runtergehen wollen!
Achten Sie mal darauf, was uns die „alternativen“ Parteien zu dem Thema sagen – irgendwie gar nicht alternativ, oder?
Danke für dieses tolle und interessante Gespräch!